Ostwürttemberg meets Berlin

Selbstbewusst und lösungsorientiert

Gut vorbereitet und mit großem Engagement hat die Region Ostwürttemberg ein kräftiges Ausrufezeichen in der Hauptstadt gesetzt. Bei ihrer Präsentation in der Landes-vertretung in Berlin ging es ausschließlich um Themen, die für das Bewältigen der Herausforderungen der Transformation grundlegend sind. Knapp zwei Dutzend Impulsgeber bereicherten die fünf Expertendialoge, in denen konkrete Themen und Projekte aufgegriffen wurden, die Ostwürttemberg als besonders leistungsstark und zur Modellregion für Transformation machen.
© Regio TV | IHK Ostwürttemberg
Wir vertreten selbstbewusst und dennoch bodenständig hier in Berlin unsere Anliegen. Wir zeigen modellhaft auf, wie wichtige Zukunftsthemen angegangen werden. Das ist unser konstruktiver Beitrag zur Bewältigung der großen Herausforderungen“,
sagte IHK-Präsident Markus Maier bei seiner Begrüßung zur Abendveranstaltung.
Die Botschaften aus Ostwürttemberg wurden auch vor den Medienvertretern bei der Bundespressekonferenz kommuniziert. Die beiden Landräte der Region, die fünf Oberbürgermeister sowie der IHK-Hauptgeschäftsführer standen dabei Rede und Antwort. Für die Beobachter ein klares Zeichen: Die Region ist kooperativ unterwegs und stellt sich den volkswirtschaftlichen Herausforderungen. Diese wurden im Rahmen der Offensive Zukunft Ostwürttemberg seit 2021 mit einem Masterplan und strategischen Zielsetzungen angegangen – hinterlegt mit konkreten Lösungsvorschlägen und politischen Forderungen.
„Auch deshalb sind wir hier nach Berlin gekommen“,
betonte IHK-Hauptgeschäftsführer Thilo Rentschler.
Und: Ostwürttemberg kann mit Besonderheiten glänzen. Die Schlüssel für künftigen wirtschaftlichen Erfolg wurden in den Dialogen mit den Experten ausgearbeitet. Sie lauten: Starke Forschung und Entwicklung, durchgängige und qualitative Bildung und Qualifizierung sowie eine funktionierende Infrastruktur.
Dazu kommt ein konkret benannter Plan für die Energieversorgung, der Sicherheit und Stabilität gibt und Energie bezahlbar erhält“,
formulierte Thilo Rentschler, der durch die Pressekonferenz führte. Den beiden Landräten Peter Polta (Heidenheim) und Dr. Joachim Bläse (Ostalbkreis) sowie den Oberbürgermeistern aus der Region war es vorbehalten, aus den fünf Expertendialogen Erkenntnisse zusammenzufassen und bei der Bundespressekonferenz vorzustellen.

Energiewende ist Thema

Peter Polta stellte als Erfahrung aus den Expertendialogen dar, warum Energiekosten, zuverlässige Energieversorgung und Planungssicherheit in Energiefragen entscheidende Wettbewerbsfaktoren für die industriell geprägte Region Ostwürttemberg sind. Zur Notwendigkeit zählt auch eine künftige Versorgung mit Wasserstoff. Ostwürttemberg produziere bereits überdurchschnittlich viel Strom erneuerbar.
„Um die Energiewende erfolgreich zu meistern, erfordert es einen genauen Blick auf ein kommen-des flexibles Energieversorgungssystem – hinterlegt mit einem Gesamtkonzept“,
sagte Polta.
Konzeptionell wurde für den Energieträger Wasserstoff in der Region durch die Projekte H2Ostwürttemberg und H2NOW Vorarbeit geleistet und wird weiter geleistet. Nun müssen die Ausbauschritte für die Wasserstoff-Infrastruktur rasch festgezurrt werden (Netzübergabepunkte, Konkretisierung Netz, Anbindung Ankerkunden, Baubeginn der SEL-Leitung bis spätestens 2027). Es fallen nach heutiger Regelung für den Stromexport „raus aus Ostwürttemberg“ enorme Netznutzungsentgelte an. Und: Der Ausbau des Stromnetzes inklusive Speichermöglichkeiten, Transformatoren und neuer Leitungen kostet enorm viel Geld.
Landrat Polta benannte explizit die regionalen Best-Practice-Beispiele der Firmen Voith, Papierfabrik Palm und Schwenk Zement. Allesamt thematisieren sie Wasserstoff als künftigen Energieträger.
„Unterbleiben jetzt Investitionen in notwendige Innovationen bei systemrelevanten und energieintensiven Branchen und die Energieinfrastruktur, kann der jetzige Wohlstand nicht gehalten werden“,
so Polta weiter. Die planfestgestellte SEL-Pipeline muss in jedem Fall als Teil des Wasserstoffkernnetzes gebaut werden, sagte der Heidenheimer Landrat.

Forschung und Bildung müssen stimmen

Ostwürttemberg kann bezüglich Forschung, Technologie und Bildung einige Leuchttürme vorweisen. Eine durchgängige berufliche Bildung der Beschäftigten ist dabei fundamental und genießt bei Unternehmen einen hohen Stellenwert, erläuterte Landrat Dr. Joachim Bläse (Ostalbkreis). Gerade MINT-Fähigkeiten werden in der Region bei Jugendlichen von klein auf gefördert.
„Wichtig ist und bleibt das Zusammenspiel von Unternehmen, Forschungseinrichtungen und Hochschulen. Ostwürttemberg hat traditionell ein hohes Interesse an der Verknüpfung von beruflicher Qualifikation, Forschung und einem ausgeprägten und funktionierendem Technologietransfer“,
sagte Dr. Joachim Bläse.
Diese enge Vernetzung und Kooperation zwischen Forschungs- und Bildungseinrichtungen, Technologie-Clustern und Unternehmen ist das Erfolgsrezept für ein künftiges erfolgreiches Wirtschaften. Der Ostalb-Landrat beschrieb als Beispiele das Wirken der Hensoldt AG sowie des Forschungsinstituts für Edelmetall und Metallchemie (fem). Zudem ging er auf die Batterieforschung bei der Ellwanger Varta AG ein.
„Wenn wir wollen, dass Deutschland ein erfolgreiches Land bleibt, müssen wir in Bildung und Forschung investieren – und zwar kräftiger und auch zielgerichteter. Bildungsinfrastruktur muss sicher und solide finanziert sein. Nur so können neue Arbeitsplätze entstehen, neue Geschäftsmodelle bieten Wachstumschancen und sichern den Wohlstand für uns alle“,
sagte Dr. Bläse.

Transformation konkret gemacht

Den Aufbau des nachhaltigen Technologieparks H2 Aspen in Schwäbisch Gmünd als
„ein absolut grünes Gewerbegebiet“
thematisierte OB Richard Arnold. Die Flächen dienten als Transformationsflächen, um Firmen Möglichkeiten zu bieten, Arbeitsplätze in Zukunftstechnologien zu schaffen. Als eines von bundesweit 27 vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Transformationsnetzwerken für die Automobilindustrie leistet das Transformationsnetzwerk Ostwürttemberg seit 2022 eine starke Hilfestellung für die Unternehmen in Ostwürttemberg.
„Das bundesweite Netzwerk sollte auf die Gesamtindustrie und deren Zulieferer ausgeweitet werden. Vor allem braucht es konkrete Fördermöglichkeiten für Unternehmen, aber auch die Netzwerkpartner, um Angebote weiter aufrecht zu erhalten“,
sagte Richard Arnold.
Als Beispiele für gelungene Transformationsarbeit nannte er die Firmen Chocal Packaging Solutions sowie Robert Bosch Automotive Steering. Chocal ist Gewinner des Sustainable Packaging Awards 2024 und nominiert für den Deutschen Nachhaltigkeitspreis 2024 –
"innovativer geht fast nicht mehr“,
sagte Arnold. Chocal ersetzt Plastikverpackungen durch nachwachsende natürliche Materialien.
„Die neue Technologie von Bosch AS reformiert das Lenksystem“,
attestierte Arnold. Solche Transformationsprozesse bedingen starke Veränderung der Anforderungen an Beschäftigte.
„Die Qualifizierungsbedarfe sind sehr hoch. Beschäftigte und Unternehmen müssen bei der beruflichen Qualifizierung gefördert und zielgenau unterstützt werden“,
so Arnolds Resümee.

Fachkräfte müssen vorhanden sein

Strategisch von enormer Bedeutung für die Sicherung des Wohlstandes ist die Verfügbarkeit von Fachkräften. Durch den Fachkräftemangel entgeht der deutschen Wirtschaft bereits heute eine Wertschöpfung von fast 100 Mrd. Euro pro Jahr. Fachkräfte fehlen bei wichtigen Transformationsthemen wie der Energiewende. So stieg OB Michael Dambacher (Ellwangen) in das Thema ein. In Ostwürttemberg haben sich alle maßgeblichen Akteure in einer eigenen Fachkräfteallianz zusammengeschlossen, das Thema ist innerhalb der Zukunftsoffensive fest verankert.
„Die Partner versuchen, alle Reserven am Arbeitsmarkt zu aktivieren“,
sagte OB Dieter Henle (Giengen) bereits im Vorfeld der Berliner Veranstaltung. Ohne Zuwanderung aus dem Ausland werden jedoch nicht genügend Fachkräfte zur Verfügung stehen. Bei der Gewinnung und Integration von internationalen Fachkräften haben die beiden Oberbürgermeister schon bei der Vorbereitung auf die Präsentation in Berlin Verbesserungspotenzial ausgemacht.
„Auch bei der Offenheit der Beschäftigten für neue Technologien in der Arbeitswelt muss mehr getan werden“,
betonte OB Michael Dambacher.
Als Best-Practice-Beispiele nannten die beiden Oberbürgermeister auch das Klinikum Heidenheim bezüglich der Personalakquise und Fachkräftesicherung ausländischer Mitarbeitenden. Die Region packt das Thema Fachkräftezuwanderung aus dem Ausland aktiv an.
„Die in Ellwangen ansässige Europäische Ausbildungs- und Transferakademie (EATA) bietet Jugendlichen aus dem Ausland einen Rundumservice von Sprachkursen, Wohnen bis hin zur betrieblichen Ausbildung – das ist ein wichtiger Mosaikstein bei der Fachkräftesicherung“,
erläuterte OB Dambacher. Und OB Henle betonte in seiner Ausarbeitung:
„Besonders in Regionen mit einem hohen Anteil an An- und Ungelernten ist es entscheidend, Weiterbildungsprogramme anzubieten, die auf die aktuellen und zukünftigen Anforderungen des Arbeitsmarktes zugeschnitten sind. Unser Programm ´Unsere Jobs – Ihre Chance‘ zeigt, wie erfolgreich solche Initiativen sein können.“

Den Wohnungsbau forcieren

Ostwürttemberg hat seit mehreren Jahren einen Bevölkerungszuwachs, der vor allem durch die Zuwanderung von Fachkräften getrieben wird. Eine zentrale Herausforderung ist deshalb die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum. Um den Fachkräftebedarf zu decken, rekrutieren die Unternehmen am Standort immer stärker überregional Fachkräfte. Infolgedessen steigt die Zahl der Pendler stetig an. Diesen Zusammenhang arbeiteten die Oberbürgermeister Frederick Brütting (Aalen) und Michael Salomo (Heidenheim) bereits als Vorbereitung der Tagung aus.
„Unsere Erkenntnis daraus ist: Kommunen und Unternehmen müssen künftig stärker zusammenarbeiten bei den Themen Wohnen und Mobilität“,
sagten die beiden Oberbürgermeister und verwiesen auf die gemeinsame Erklärung von Kommunen und Unternehmen zum Wohnbau, die 2024 in der Region verabschiedet wurde.
Um Erfolge zu erzielen, bedarf es aber politischer Entscheidungen.
„Dabei bedanken wir uns ausdrücklich für die Erhöhung der Fördermittel des Bundes auf 3,5 Milliarden Euro. In Baden-Württemberg sind ebenfalls zusätzliche Mittel notwendig, um den Fördermittelstau zu beseitigen – bekannt unter Wellenbrecher-Förderung“,
postulierte OB Salomo. Steuerliche Anreize für Unternehmen, die sich beim Bau von Mitarbeiterwohnungen engagieren, müssten geschaffen und verbessert werden. Und es müsse genügend Bauland bereitstehen.
Im Expertendialog wurden Ansätze zur Schaffung von mehr Wohnraum diskutiert und Einblicke in die komplexen Mechanismen gegeben, die die Parameter für erfolgreichen Wohnbau bestimmen. Als Best-Practice-Beispiel wurde das „Kleehof-Areal“ in Heidenheim beschrieben: Die Aalener Merz Objektbau errichtet dort in modularer und klimafreundlicher Bauweise 96 Wohnungen mit Mietpreis- und Belegungsbindung auf 40 Jahre. Die Stadt Heidenheim übernimmt ein Drittel der Wohnungen.
„Eine ähnliche Förderkultur und Projektierung ist für Mitarbeiterwohnungen denkbar“,
sagte Michael Salomo.


Prominente Gäste bei der Abendveranstaltung 14. Oktober

An der Abendveranstaltung in der Landesvertretung Baden-Württemberg nahmen am 14. Oktober 2024 auch politische und wirtschaftliche „Hochkaräter“ teil. Dort sprach Bundesbauministerin Klara Geywitz vor rund 200 Vertretern aus Unternehmen und Wissenschaft aus Ostwürttemberg sowie Bundes- und Landespolitikern und von Verbänden Entsandten zu den Plänen der Bundesregierung. Wohnbau ist essenziell für weitere Prosperität im Land – das wurde den Zuhörenden rasch klar. Die Ministerin lobte die Region für ihre

„sehr guten Ansätze, beispielsweise der Quote für mietgebundene Wohnungen bei Neubauten."
Sie ging auf die von ihrem Ministerium aufgelegten Förderszenarien ein.
„Wir müssen die Produktivität in der Bauwirtschaft steigern und mehr Mitarbeiter-Wohnungen schaffen“,
sagte Geywitz. Viele Firmen hätten Grundstückspotenziale.
In der Runde aus fünf Vordenkern und Innovatoren aus Wirtschaft, Wissenschaft und Sport wurden tiefe Einblicke in die jeweiligen individuellen Erfolgsformeln gegeben. Dabei hatten Britta Fünfstück, Vorstandschefin bei der Heidenheimer Paul Hartmann AG, fem-Institutsleiter Prof. Dr. Holger Kaßner (Schwäbisch Gmünd), Susan-Stefanie Breitkopf, Vorstandsmitglied der Carl Zeiss AG (Oberkochen), Holger Sanwald, Vorstandsvorsitzender des 1. FC Heidenheim, sowie Prof. Dr. Harald Riegel, Rektor der Hochschule Aalen, die Zukunft fest vor Augen. In erfrischender Form gaben sie Auskunft auf die Fragen von Moderatorin Hendrike Brenninkmeyer. Unterhaltsam und dennoch informativ gab es Informationen zur Forschungsförderung ebenso wie die Hindernisse, die sich für Unternehmen aufgrund der Rahmenbedingungen ergeben.
Zuvor hatte IHK-Präsident Markus Maier die Stärken der Region Ostwürttemberg betont und Alleinstellungsmerkmale der Firmen Zeiss, Schwenk Zement und der Papierfabrik Palm hervorgehoben. Ostwürttemberg mache vieles richtig, beispielsweise beim Umgang mit der Natur mit Maß und Ziel oder beim Technologietransfer, der die Unternehmen wie die wissenschaftlichen Einrichtungen befruchte.
„Dafür stehen wir. Als selbstbewusste Region stellen wir aber auch unmissverständlich klar, was wir brauchen, um unsere Ziele schneller und nachhaltig zu erreichen. Das ist unsere Mission hier in Berlin“,
sagte der IHK-Präsident mit Nachdruck.
Bereits am Nachmittag hatte Dr. Karl Lamprecht, Vorstandsvorsitzender der Carl Zeiss AG, über die Unternehmens-DNA des Optik- und Technologiekonzerns gesprochen. Charakterisiert durch Pioniergeist in Kombination mit Bodenhaftung, hat der Weltkonzern und Spezialist für komplexe Optiken wichtige deutsche Wirtschaftsgeschichte geschrieben. Die Zeiss-Sparte Halbleitertechnologie (SMT) hat es seit der Jahrtausendwende hin zur Weltspitze geschafft. Ab 2025 werden auf Molekül-Ebene mithilfe der Zeiss-Lithografieoptiken noch kleinere und leistungsfähigere Mikrochips hergestellt werden können.
„Für die Zeiss Gruppe ist es sehr wichtig, für die Region Flagge zu zeigen. Denn Ostwürttemberg ist ein fruchtbarer Boden für Zeiss“,
unterstrich Dr. Lamprecht das
„große Standortbekenntnis“
seines Konzerns.

Zu Gast bei der DIHK

Parallel zum Auftritt der Region im Haus der Bundespressekonferenz erhielten die Gäste aus Ostwürttemberg am 15. Oktober 2024 im Haus der DIHK sozusagen Informationen aus erster Hand zur aktuellen Wirtschaftspolitik von hochkarätigen Experten. Dr. Rainer Kambeck ist Bereichsleiter Wirtschafts- und Finanzpolitik, Mittelstand bei der DIHK, Freya Lemcke die Leiterin der DIHK-Vertretung bei der EU in Brüssel. Der dritte Referent und Gesprächspartner war Dr. Sebastian Bolay, Bereichsleiter Energie, Umwelt und Industrie der DIHK. Moderiert wurde der Vormittag von Dr. Ilja Nothnagel, Mitglied der Hauptgeschäftsführung der DIHK.

Wettbewerb um rasche Entscheidungen

Pünktlich stieß dann die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Dr. Franziska Brantner (Grüne), zu den Besuchern von der Ostalb. Die aus Baden-Württemberg stammende Politikerin, die auch als mögliche neue Bundeschefin ihrer Partei gilt, kam schnell und mutig zur Sache:
„Wir brauchen eine Föderalismus-Reform“,
forderte sie. Sieben Ebenen, vom Gemeinderat bis zur EU, seien im internationalen Wettbewerb für rasche Entscheidungen nicht mehr machbar, meinte sie.
Und Brantner warf in dem sich rasch anschließenden Austausch weitere kritische Blicke auf die aktuellen Gegebenheiten.
„Kein anderes EU-Land hat die Datenschutzgrundverordnung so umgesetzt wie Deutschland – das kann man auch wieder rückgängig machen“,
sagte sie. Um an anderer Stelle festzustellen:
„Wenn wir keine Produktivitätssteigerung hinkriegen, müssten pro Jahr 400.000 Fachkräfte nach Deutschland einwandern.“
Auch hier sprach Thilo Rentschler die große Notwendigkeit der rechtzeitigen Versorgung Ostwürttembergs mit Wasserstoff an. Brantner sah die Situation für Baden-Württemberg allerdings eher gelassen: Im besten Falle, so meinte sie, stünden für den Südwesten einmal Wasserstoffzuflüsse aus drei Hauptrichtungen zur Verfügung: aus dem Norden Deutschlands, aus Frankreich und aus Italien.

Dramatische Situation

Ohne Umschweife, mit klaren und deutlichen Worten, so erlebten die Besucher aus Ostwürttemberg den Auftritt von DIHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Martin Wansleben, der spontan in die große Runde mit Brantner gestoßen war.
„Die Unterschiede zwischen der Bundes- und der Europapolitik und der Wirklichkeit in unseren Betrieben werden immer größer“,
sagte Wansleben. Und:
„Die Situation ist dramatisch.“
Dramatischer, als sie öffentlich wahrgenommen werde. Die deutsche Industrie, so Wansleben weiter, baue derzeit fundamental ab, derweil lebe die Politik lediglich von einer
„Scheinblüte des Arbeitsmarkts“.
Als ein Beispiel für die aus seiner Sicht alles andere als guten Zustände im Land nannte Wansleben die Infrastruktur. Viele Brücken seien bereits vor 30 Jahren abgeschrieben gewesen.
„Und jetzt wundert sich die ganze Republik, wenn eine Brücke zusammenkracht. Man könnte die Wände hochlaufen!“
Und viele Gesetze aus Berlin und Brüssel seien viel zu ideologisch und viel zu wenig pragmatisch in der Anwendung.
„Was nicht klappt, ist die Transformation von der Politik in die Werkshalle in Heidenheim“,
sagte Wansleben.

Bessere Verzahnung

Eher spontanen Charakter hatte schließlich auch der Besuch des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister für Digitales und Verkehr, Dr. Gero Hocker (FDP). Erst seit drei Wochen im Amt, nannte er als eines seiner Hauptanliegen, die verschiedenen Verkehrsträger noch viel besser miteinander zu verzahnen. Und auch er warf einen kritischen Blick auf die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland.
„Wir sind Mobilitäts- und Logistikdrehscheibe in Europa“,
dem sei ein derartiger Investitionsstau alles andere als zuträglich. Immerhin setze die momentan laufende Korridorsanierung der Riedbahn zwischen Mannheim und Frankfurt das Signal, dass man sich aufmache, diesen Investitionsstau abzuarbeiten.