Fachtag Wohnen
Wohnbau: ein Erfolgsfaktor für die Region
Eine Wohnung zu haben, ist zwar existenziell, aber nicht für jeden Menschen selbstverständlich. Ausreichender Wohnraum ist aber auch wichtig für die Region Ostwürttemberg, denn er ist ein Erfolgsfaktor und ohne ihn funktioniert eine Volkswirtschaft nicht. Wird nicht investiert, kann der Mangel sogar den Fachkräftemangel verschärfen. Dies ist beim Fachtag Wohnen am, 7. März 2025 in den Räumen der IHK Ostwürttemberg deutlich geworden, bei welchem ausgewiesene Fachleute das Thema von vielen Seiten beleuchtet haben. Sie unterstrichen zugleich eindrucksvoll, wie vielfältig und ideenreich die Bemühungen in Ostwürttemberg sind, für ausreichend Wohnraum zu sorgen und neuen zu schaffen.
Wohnen, so hieß es schon in der Einladung, ist mehr als ein Ort, es ist ein elementares Grundbedürfnis und ein Menschenrecht. Es ist der Ausgangspunkt für ein erfülltes Leben, für Begegnungen und ein starkes Gemeinschaftsgefühl. Dass es sich dabei auch um einen Erfolgsfaktor handelt, habe die IHK Ostwürttemberg erkannt. Neben guten Arbeitsplätzen brauche es für Fachkräfte auch Wohnraum und deswegen habe sie vor über zwei Jahren eine 18 Punkte umfassende Initiative „Wohnraum jetzt!“ zusammen mit den Landräten und den Oberbürgermeistern gestartet, unterstrich Hauptgeschäftsführer Thilo Rentschler im Gespräch mit Dr. Andreja Benkovic, die zusammen mit Sarah Wörz, Referentin für Wohnungsbau und Immobilienwirtschaft bei der IHK Ostwürttemberg, den Fachtag moderierte.
Jede und jeder müsse eine Chance auf eine eigene, bezahlbare Wohnung haben, betonte Landrat Dr. Joachim Bläse (Ostalbkreis). Sein Heidenheimer Kollege Peter Polta unterstrich, die Standortfaktoren müssten stimmen, damit Investitionen angeschoben werden und kostengünstig gebaut werden könne. Er verwies zudem darauf, dass am Heidenheimer Klinikum ein „wunderbares Stadtquartier“ mit 350 Wohneinheiten entsteht, das auch Möglichkeiten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikums eröffne.
„Da kommt etwas in Bewegung“,
bilanzierte IHK-Hauptgeschäftsführer Rentschler und rief dazu auf, den Mut zu haben, zu investieren und zu bauen, damit Wohnraum bezahlbar ist und wird.
Welche Anstrengungen die Stadt Schwäbisch Gmünd unternimmt, um mit einem aktiven Leerstandmanagement Wohnraum aufzuspüren und zu akquirieren, machte Baubürgermeister Julius Mihm deutlich. Er sprach von „unsichtbarem Wohnraum“, also Wohnungen, die leer stehen, weil deren Eigentümer aus verschiedenen Gründen Bedenken haben, sie zu vermieten. Andererseits hätten vor allem einkommensschwache und benachteiligte Bürger Schwierigkeiten, angemessenen Wohnraum zu finden. Dem wolle die Gmünder Wohnrauminitiative abhelfen, indem Mitarbeiter der Verwaltung Vermieter verlässlich begleiten, sie bei der Suche nach Mietern unterstützen, ihnen beim Erstellen von Mietverträgen, beim Ausfüllen von Formularen und bei der Berechnung der ortsüblichen Miete zur Seite stehen und ihnen baurechtliche Auskünfte geben. Möglich seien eine Ausfallgarantie der Stadt für zwei Jahre bei Miete, Nebenkosten und Kaution sowie Zuschüsse für Renovierungen.
Die Bilanz kann sich sehen lassen: Seit 2018 wurden 932 Wohnungen angeboten und 328 Wohnungen und 964 Personen in private Mietverträge vermittelt. Lohn der Mühe: Beim bundesweiten Wettbewerb „Soziale Stadt 2023“ mit über 100 eingereichten Projekten aus ganz Deutschland erhielt die „Gmünder Wohnraumoffensive“ einen von fünf Preisen.
Klarer Zusammenhang
Wohnungsnot und Fachkräftemangel hängen zusammen, unterstrich der Giengener Oberbürgermeister Dieter Henle. Seine Stadt begreife Wohnraum als Standortfaktor und handle proaktiv. Und das, obwohl Giengen den Vorteil einer verkehrsgünstigen Lage an der Autobahn habe und die Einwohnerzahl stabil über 20.000 liege. Dennoch seien inzwischen auch kleinere Städte vom Mangel an Wohnraum betroffen. Um ihn zu schaffen, brauche es viele Partner.
In Giengen wird Henle zufolge der sozial geförderte Wohnraum forciert, auch in den vier Stadtteilen. Dazu brauche es einen Kümmerer und es müssten einige Standards gesenkt werden. Henles Devise:
„Das Baurechtsamt soll Dinge ermöglichen und nicht verhindern!“
Ein Teil der Lösung seien Mitarbeiterwohnungen, fuhr der OB fort. Daher müsse man die Unternehmen zu Beteiligten machen und das habe man in Giengen getan. Man habe Anreize geschaffen, um Partner für die Wohnraumentwicklung zu gewinnen und flexible, zukunftsorientierte Wohnraumkonzepte entwickelt. Dabei setze man auch auf Förderprogramme des Bundes.
Wohnen wird auch im Beratungsdienst der Caritas zunehmend zum Thema, denn es gebe immer mehr Menschen, bei denen eine Vermittlung schwierig sei. Davon berichteten Markus Mengemann, der Regionalleiter der Caritas Ost-Württemberg, und Wolfgang Lohner, bei der Wohlfahrtsorganisation Leiter der Wohnungslosenhilfe. Diese besteht seit 30 Jahren an den Standorten Aalen, Schwäbisch Gmünd und Heidenheim und ist Lohner zufolge ein „Komplettangebot aus einer Hand an einem Ort“. Sie wendet sich an alleinstehende Erwachsene ohne festen Wohnsitz und an Personen in besonderen sozialen Schwierigkeiten. Dabei gehe es sowohl um kurzfristige Unterbringungen als auch um die Eingliederung in die Gesellschaft.
Das eigentliche Ziel sei, die Menschen von der Straße zu bringen und dabei ihre Potenziale einzubauen. Man wolle Wohnungslosigkeit verhindern, denn das bewahre vor sozialem Abstieg, sozialen Konflikten, menschlichem Leid und Verelendung. Betroffen seien oftmals Familien mit Kindern, wobei die Zahl letzterer alarmierend hoch sei.
Begleitung von Mieter und Vermieter
Die Wohnungslosenhilfe sucht Lohner zufolge nicht nur selbst Wohnraum, sondern begleitet auch Mieter und Vermieter. Das Ziel ist, den Verlust der Wohnung zu verhindern und die Lage der Betroffenen zu stabilisieren. Außerdem biete man ein Wohnraumcoaching für die Empfänger von Bürgergeld an, was eine Herausforderung sei, weil die Lage auf dem Markt immer prekärer werde, da viele Eigentümer ihre Wohnung lieber leer stehen ließen als sie zu vermieten. Geplant ist Mengemann zufolge eine betriebliche Sozialberatung, denn es müsse alarmieren, wenn es zu den ersten Lohnpfändungen komme.
Bezahlbarer Wohnraum und Stadtentwicklung
Am Beispiel der Wohnungsbau Aalen stellte Geschäftsführer Michael Schäfer Bemühungen um bezahlbaren Wohnraum dar, die in die Stadtentwicklung eingebunden sind. Als kommunales Unternehmen agiere man mit sozialer Verantwortung, arbeite kundenorientiert und wirke mietpreisdämpfend. Teilweise habe man „Tafelsilber“ verkauft, um geförderten Wohnraum finanzieren zu können. Die Gesellschaft investiere aber auch in Kindertagesstätten oder Bildungs-Campi. Man stehe vor großen Herausforderungen und Problemen wie Liquiditätsengpässen und steigenden Baukosten. Kommunale Unternehmen werden aber nach Schäfers Überzeugung weiterhin eine tragende Rolle bei der Schaffung von gefördertem Wohnraum spielen.
Über effiziente Bauabläufe informierte Maximilian Weik, Geschäftsführer der Weik Immobiliengesellschaft mbH in Westhausen. Sein Unternehmen greift seinen Angaben zufolge auf keine öffentliche Förderung zurück, weil Auflagen so hoch seien, dass sie nicht einzuhalten sind. Zwischen Bewerbungsfrist und Ausführung liege zudem ein so langer Zeitraum, dass die Förderung eigentlich nichts mehr wert sei.
Blackbox Behörde
Außerdem bedeute der Umgang mit Behörden, dass man es mit einer Blackbox zu tun habe. Dabei sei es wichtig, Prozesse schnell und möglichst reibungslos hinzubekommen. Dies beginne bei seinem Unternehmen mit der Überlegung, welchen Mehrwert der Kunde habe, es bedeute weiter, dass kein Arbeiter warten müsse, dass alles kontinuierlich laufe, nichts unnötig gelagert werde, es keine Bearbeitungspausen gebe und Fehler möglichst vermieden werden. Geplant würden Projekte von hinten her gedacht, also vom Schlusspunkt aus und die Prozesse würden dann ständig optimiert und analysiert.
Beim Fachtag Wohnen in den Räumen der IHK Ostwürttemberg in Heidenheim machten die Referenten deutlich, wie wichtig es ist, genügend Wohnraum zu schaffen, um Fachkräfte zu gewinnen. (v. l. Dr. Andreja Benkovic, IHK; Maximilian Weik, WEIK Immobiliengesellschaft mbH; Landrat Dr. Joachim Bläse (Ostalbkreis); Michael Schäfer, Wohnungsbau Aalen GmbH; Oberbürgermeister Dieter Henle (Giengen); IHK-Hauptgeschäftsführer Thilo Rentschler; Landrat Peter Polta (Heidenheim); Markus Mengemann Caritas Ost-Württemberg)