Abgrenzung zum Handwerk

Unerheblicher handwerklicher Nebenbetrieb

Eine Meisterprüfung ist für die Ausübung einer handwerklichen Tätigkeit nicht erforderlich, wenn diese innerhalb eines handwerklichen Nebenbetriebes für Dritte erbracht wird und unter die Unerheblichkeitsgrenze der Handwerksordnung (HwO) fällt. Für die Überprüfung, ob die eigene Geschäftstätigkeit unter diesen sogenannten "unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieb" fällt, gibt dieses Merkblatt eine Hilfestellung. Ob die Handwerkskammer diese Einordnung für Ihren Betrieb bestätigt, sollte direkt dort erfragt werden.

1. Voraussetzungen für das Vorliegen eines Nebenbetriebes

  • Verbindung mit einem Hauptbetrieb (Vorliegen eines Hauptbetriebes)
Hauptbetrieb ist der Betrieb, auf dem das eindeutige Schwergewicht (Bestimmungskriterium ist der Umsatz) liegt.
  • Verbindung mit einem Hauptbetrieb bestimmter Art
Der Hauptbetrieb kann ein Unternehmen des Handwerks (auch zulassungsfreies oder handwerksähnliches Gewerbe), der Industrie, des Handels, der Landwirtschaft oder sonstiger Wirtschafts- und Berufszweige sein.
  • Verbindung mit einem Nebenbetrieb bestimmter Art
a) Der Nebenbetrieb muss handwerklich betrieben werden; in ihm müssen gem. § 3 Abs. 1 HwO Waren zum Absatz an Dritte handwerksmäßig hergestellt oder Leistungen für Dritte handwerksmäßig bewirkt werden. Der Nebenbetrieb muss also den Voraussetzungen nach § 1 HwO genügen. Ein zulassungsfreies Handwerk oder ein handwerksähnliches Gewerbe nach § 18 HwO ist als Nebenbetrieb nicht möglich.

b) Der Nebenbetrieb muss eine gewisse Selbstständigkeit aufweisen. Dies setzt nicht etwa eine tatsächliche Trennung oder Teilung in Haupt- und Nebenbetrieb, sondern nur eine gewisse funktionelle Abgrenzbarkeit hinsichtlich der Programme voraus.
Das Fehlen eigener kaufmännischer Organisationsmerkmale ist für Nebenbetriebe geradezu typisch.
Das Erfordernis der Selbständigkeit ist nur dann erfüllt, wenn jeder der beiden Betriebe bei einer Trennung nach einer Vervollständigung seiner Organisation selbständig weiterarbeiten könnte.
  • Personelle Verbindung zwischen Haupt- und Nebenbetrieb
Die Inhaber beider Betriebe müssen zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht identisch sein; eine rechtliche Identität ist nicht notwendig.
  • Organisatorische Verbindung
Die Geschäftsbetriebe beider Unternehmen sind aufeinander abgestimmt, das heißt, dass zum Beispiel innerbetriebliche Einrichtungen bestehen, dass Arbeitsvorgänge und Betriebsabläufe ineinander greifen.

Die organisatorische Verbindung muss eine gewisse Unterordnung des Nebenbetriebes unter den Hauptbetrieb deutlich machen, also insofern eine dienende Funktion gegenüber dem Hauptbetrieb haben.
  • Fachliche Verbindung
Diese ist dann gegeben, wenn das Betriebsprogramm des Nebenbetriebes bei Berücksichtigung der technischen und wirtschaftlichen Entwicklung und der Interessen der Verbraucher eine vom fachlichen Standpunkt aus sinnvolle Ergänzung oder Erweiterung des Betriebsprogramms des Hauptunternehmens darstellt. Das ist dann zu bejahen, wenn die Leistungen aus Sicht des Kunden ähnlich sind bzw. sich ergänzen und aus der Sicht des Hauptbetriebes dessen Betriebsprogramm vervollständigen.
  • Wirtschaftliche Verbindung
Dieses Kriterium besagt, dass die Verbindung zwischen Haupt- und Nebenbetrieb „vom Standpunkt des wirtschaftenden Unternehmers“ aus als zweckmäßig erscheinen muss. Dies kann (auch) dergestalt sein, dass die Leistungen des Nebenbetriebes den Betriebsablauf im Hauptbetrieb erleichtern oder rationeller gestalten oder dass der Nebenbetrieb Erzeugnisse oder Abfallprodukte des Hauptbetriebes weiter verarbeitet oder ergänzt. Damit trägt dann der Nebenbetrieb dazu bei, dass die Wirtschaftlichkeit und der Gewinn des Hauptbetriebes gesteigert werden.

2. Voraussetzungen für das Vorliegen der Unerheblichkeit

Sie liegt vor, wenn die Tätigkeit während eines Jahres die durchschnittliche Arbeitszeit eines ohne Hilfskräfte Vollzeit arbeitenden Betriebs des betreffenden Handwerkszweigs nicht übersteigt (ca. 1664 Stunden/Jahr). Die Grenze gilt auch für Ein-Mann-Betriebe.

3. Nicht im Rahmen eines Hilfsbetriebs

Der Begriff des Hilfsbetriebes hat für die Handwerksordnung in § 3 Abs. 3 eine besondere Bestimmung erfahren.
Ein Hilfsbetrieb (im engeren Sinne) wird nicht für Dritte, sondern lediglich für den Hauptbetrieb tätig. Er führt Arbeiten für den Hauptbetrieb oder für andere dem Inhaber des Hauptbetriebs ganz oder überwiegend gehörende Betriebe aus.
Ein Hilfsbetrieb (im weiteren Sinne) liegt jedoch auch dann vor, wenn Leistungen für Dritte bewirkt werden, die

(1) als handwerkliche Arbeiten untergeordneter Art zur gebrauchsfertigen Überlassung üblich sind. Dabei kann es sich um einfachere Zusammensetzungs- und Anschlussarbeiten für die von Industrie und Handel gelieferten Anlagen handeln oder aber um die Beseitigung von kleinen Mängeln, die bei der Lieferung von Gegenständen entstanden sind.
Die Arbeiten müssen - isoliert betrachtet - einfach und dürfen nicht zu aufwendig sein. Sie müssen zudem branchenüblich sein. Konkret wird man dies jeweils nur im Einzelfall für die einzelnen Branchen beantworten können.
ODER
(2) in unentgeltlichen Pflege-, Installations-, Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten bestehen. Diese Arbeiten dürfen sich nur auf solche Gegenstände beziehen, die im Rahmen des Hauptbetriebes geliefert wurden. Dabei wird davon ausgegangen, dass diese Wartungsarbeiten bereits im Preis der Hauptleistung enthalten sind. Wird hingegen die Wartung nur gegen einen Preisaufschlag übernommen, so ist die Unentgeltlichkeit nicht mehr gegeben.
ODER
(3) in entgeltlichen Pflege-, Installations- Instandhaltungs- oder Instandsetzungsarbeiten an solchen Gegenständen bestehen, die in einem Hauptbetrieb selbst hergestellt worden sind oder für die der Hauptbetrieb als Hersteller im Sinne des Produkthaftungsgesetzes gilt.
Hersteller ist nach dieser Definition, wer das Endprodukt, einen Grundstoff oder ein Teilprodukt hergestellt hat oder wer sich durch Anbringung seines Namens, seiner Marke oder eines anderen unterscheidungskräftigen Kennzeichens als Hersteller ausgibt. Ferner gilt als Hersteller, wer ein Produkt zum Zwecke des Verkaufs, der Vermietung, des Mietkaufs oder einer anderen Form des Vertriebs mit wirtschaftlichem Zweck im Rahmen seiner geschäftlichen Tätigkeit in den Geltungsbereich des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einführt oder verbringt.
Wie bei einem unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieb ist auch in einem Hilfsbetrieb eine Meisterprüfung nicht erforderlich. Eine Handwerksrolleneintragung erübrigt sich. Anders als im unerheblichen handwerklichen Nebenbetrieb gibt es hier keine quantitative Beschränkung nach der Arbeitszeit.
Hinweis: Dieses Merkblatt soll – als Service Ihrer IHK – nur erste Hinweise in übersichtlicher Form geben und erhebt daher keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Obwohl es mit größtmöglicher Sorgfalt erstellt wurde, kann eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit nicht übernommen werden.
Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der IHK für München und Oberbayern
Stand: 2015