Wirtschaftsgespräch der IHK zu Dortmund in Unna
Wie Nachhaltigkeit auch in Krisenzeiten gelingen kann
Das Schwerpunktthema des Wirtschaftsgesprächs Unna der Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Dortmund war, wie nachhaltiges Wirtschaften auch vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine gelingen kann. Dazu konnten Andreas Tracz, IHK-Vizepräsident und Geschäftsführer der K&K Networks GmbH in Unna, sowie der stellv. IHK-Hauptgeschäftsführer Wulf-Christian Ehrich mehr als 50 Gäste aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung im Restaurant Voss am Chaussee begrüßen.
In seiner Begrüßung berichtete Andreas Tracz von der Sehr-Guten-Ehrung von 124 Prüfungsabsolventen der Winter-Abschlussprüfung in der Erich-Göpfert-Stadthalle, die er gemeinsam mit IHK-Hauptgeschäftsführer Stefan Schreiber vorgenommen hat: „Es hat mich mal wieder begeistert, was für tolle junge Leute wir bei uns in der Region haben und welche Spitzenleistungen in der dualen Ausbildung möglich sind. Auch von dieser Stelle noch mal einen herzlichen Glückwunsch an alle Absolventen und natürlich auch an die Ausbildungsbetriebe.“
IHK-Wirtschaftsgespräch in Unna (v.l.): Michael Ifland, Volker A. Findeisen, Jürgen Schneider, Andreas Tracz, Dirk Wigant, Ralph Breuer, Wulf-Christian Ehrich und Sascha Dorday
© IHK zu Dortmund/Stephan Schütze
Der Stand der Neueintragungen von Ausbildungsverträgen deute angesichts der Beeinträchtigungen durch die Corona-Pandemie auf eine Verbesserung der Situation hin. Im Vergleich zum 30.04. des Vorjahres habe die IHK zu Dortmund 9,1 Prozent Verträge mehr registriert. „Für die Stadt Unna kann ich sagen, dass sich der Rückgang der Ausbildungsverträge im gleichen Verhältnis wie in der ganzen IHK-Region darstellt. Im Jahr 2020 war ein Minus von 18,7 Prozent zu verzeichnen und im Jahr 2021 hat sich die Lage mit einem Plus von 1,8 Prozent nur leicht erholt“, so der IHK-Vizepräsident weiter. Sicherlich habe nicht nur die Einstellungsbereitschaft der Betriebe für den großen Rückgang gesorgt, sondern ebenso der Rückgang an Bewerbungen. Die Schließung der Schulen habe zu einem spürbaren Bruch in der Berufsorientierung geführt und durch den Wegfall der persönlichen Kontakte zu den potenziellen Bewerbern wurden diese auf anderen Wegen nicht erreicht. Aber auch hier bestehe wieder Anlass zur Hoffnung: „Die IHK plant für diesen Herbst wieder ihre Azubi-Speed-Datings in Präsenz. Ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns von dem Einbruch in der Ausbildung wieder erholen.“
Ausbildung beugt dem Fachkräftemangel vor und unternehmerisches Engagement sichert den Wohlstand in der Region – diese gedankliche Brücke zu Traczs Ausführungen baute Unnas Bürgermeister Dirk Wigant: „Wir brauchen das unternehmerische Element bei uns in Deutschland, NRW und auch Unna dringender denn je. Sonst wird es schwerfallen, in Zukunft Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit auf so hohem Niveau zu halten.“
Der stellv. IHK-Hauptgeschäftsführer Wulf-Christian Ehrich richtete in seinem Vortrag zunächst den Blick auf den Krieg in der Ukraine, dessen Auswirkungen die Wirtschaft in Dortmund, Hamm und dem Kreis Unna schon sehr konkret spüre. Bereits Mitte März wurden mehr als 100 Unternehmen in der IHK-Region befragt. „Lieferschwierigkeiten und Energiepreise auf Rekordhöhe machen ihnen stark zu schaffen. Es betrifft Betriebe sämtlicher Branchen und Größenklassen, aber natürlich im besonderen Maße die Industrie sowie die Logistik- und Taxibranche. Jedes vierte Unternehmen ist direkt durch die Auswirkungen des Ukraine-Krieges betroffen und mehr als die Hälfte gibt an, indirekt – etwa wegen steigender Preise – konfrontiert zu sein“, so Ehrich. Höhere Energiekosten spüren laut Umfrage fast 85 Prozent der Unternehmen, Störungen in der Liefer- und Logistikkette immer noch 68 Prozent. Zum Abschluss seines Vortrags zeigte Ehrich den neuen IHK-Imagefilm.
IHK-Vizepräsident Andreas Tracz leitete dann in den letzten Tagesordnungspunkt des Wirtschaftsgespräches über, einem Podiumsgespräch zum Schwerpunktthema Nachhaltigkeit in Wirtschaft. So habe die EU 2010 den Green Deal als politische Selbstverpflichtung beschlossen, die EU bis zum Jahr 2050 klimaneutral werden zu lassen. Der Green Deal unterstütze Wandel hin zu einer fairen und wohlhabenden Gesellschaft mit einer modernen und wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Um dieses Ziel zu erreichen, sein ein ganzheitlicher und sektorenübergreifender Ansatz erforderlich, bei dem alle relevanten Politikbereiche zum übergeordneten Klimaziel beitragen: Klima, Umwelt, Energie, Verkehr, Industrie, Landwirtschaft und nachhaltiges Finanzwesen.
Die konkreten Auswirkungen des Green Deals für die Unternehmen erläuterte der stellv. IHK-Hauptgeschäftsführer Ehrich in einer kurzen Einführung und leitete dann das Podiumsgespräch mit Ralph Breuer, Geschäftsführer der Stromag GmbH, Volker A. Findeisen, Mitglied des Vorstandes der Aluminiumwerk Unna AG, und Jürgen Schneider, Mitglied des Vorstandes der Sparkasse UnnaKamen. Sie diskutierten beispielsweise darüber, wie sich unterbrochene Lieferketten, explodierende Energiepreise und „sustainable finance“ ganz konkret auf regionale Unternehmen und deren Aktivitäten im Bereich der Nachhaltigkeit auswirken.
„Nachhaltigkeit bedeutet für uns mehr als nur ein Trend und ist vielmehr Bestandteil der Unternehmensstrategie. Das beginnt beim Designprozess unserer Produkte über energieeffiziente Fertigungseinrichtungen bis zur Verpackung der Produkte und anschließender Logistik“, betonte Ralph Breuer. Natürlich spiele auch die Energie- und Heizungsversorgung eine zentrale Rolle im Rahmen der nachhaltigen strategischen Ausrichtung der Stromag GmbH.
Volker Findeisen macht sich große Sorgen um den aktuellen Hype rund um grünen Wasserstoff: „Man kombiniert den schlechten Wirkungsgrad der Photovoltaik mit dem fast ebenso schlechten Wirkungsgrad der Wasserstoff Elektrolyse und vergisst komplett die Netze.“ Schon heute werde regelmäßig erneuerbarer Strom exportiert oder Wind tagsüber bei Sonnenschein teilabgeschaltet. „Bei dem notwendigen extremen Ausbau der Netze muss die Politik den Menschen und den Firmen die vollständige Wahrheit über die Kosten des Netzausbaus und Betriebs sagen.“
Jürgen Schneider berichtete, dass die Sparkasse UnnaKamen in diesem Jahr erstmals einen eigenen Nachhaltigkeitsfonds auflegen werde. Im Bereich von Finanzierungen werden die Bemühungen von Privatpersonen und Unternehmen durch die Bereitstellung von zum Teil zinsverbilligten Förderdarlehen auf Bundes- und Landesebene unterstützt. „Darüber hinaus bestehen bei der Bankenaufsicht Bestrebungen, dass Kreditinstitute bei ihrer Kreditvergabe auch Nachhaltigkeitsaspekte berücksichtigen“, so Schneider. Beispielsweise sollen „Ratings“ erstellt werden, die den Grad der Nachhaltigkeit eines Kreditnehmers klassifizieren sollen.
3. Mai 2022