Presse/Publikation

NRW-Schwerpunktkammer für Brasilien dringt auf raschen Abschluss des Handelsabkommens der EU mit Mercosur

Vor dem Hintergrund der Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftstage vom 12. – 14. März in Belo Horizonte/Brasilien - unter Teilnahme von Minister Habeck - dringt die Industrie- und Handelskammer für Essen, Mülheim an der Ruhr und Oberhausen zu Essen (IHK) in ihrer Rolle als Schwerpunktkammer für Brasilien in Nordrhein-Westfalen auf den raschen Abschluss der Verhandlungen zum Handelsabkommen der Europäischen Union mit dem südamerikanischen Länderverbund Mercosur (Argentinien, Brasilien, Uruguay und Paraguay).

Wirtschaftliche Vorteile mit Nachhaltigkeit verbinden 
„Es gilt die Gunst der Stunde zu nutzen und ein ausgewogenes Handelsabkommen mit dem Mercosur-Raum zum Abschluss zu bringen. Mit dem neuen brasilianischen Präsidenten Lula ist ein Abkommen möglich, das einen großen Markt für unsere Wirtschaft öffnet, ohne den Schutz des Amazonas aus dem Blick zu verlieren. Hierfür ist eigens ein rechtsverbindliches Kapitel vorgesehen. Das macht ein Abkommen auch für große Teile unserer Unternehmen überhaupt erst tragbar“, so Kerstin Groß, Hauptgeschäftsführerin der IHK zu Essen.
Indem zahlreiche Zölle und Handelshemmnisse abgebaut werden, kann das Abkommen kurzfristig die Diversifizierung der deutschen Lieferketten stützen. Es bietet einen verbesserten und regelbasierten Zugang zu Branchenmärkten wie Maschinenbau, Automotive und der Ernährungsindustrie sowie dem wichtigen Sektor der erneuerbaren Energien. Zudem kann es ein wichtiger Baustein bei der Rohstoffversorgung Europas sein.  
Befürchtete negative Auswirkungen auf die Natur Südamerikas – der wesentliche Grund für die Ablehnung des Abkommens durch Kritiker – gilt es ernst zu nehmen und zu begegnen.  Die Nachhaltigkeitskapitel des Abkommens bieten hierfür ein Instrument, das die Wirtschaft zur Einhaltung von Sozial- und Umweltschutz verpflichtet. Zu begrüßen ist, dass aktuell ein Zusatzinstrument zum Abkommen mit rechtlich bindendem Charakter verhandelt wird, das verhindern soll, dass diese Nachhaltigkeitskapitel bei Regierungswechseln ausgehebelt werden können.
Das Ziel, durch das Abkommen wirtschaftliche Interessen und Klimaziele in Einklang zu bringen, wird auch von Global Playern der MEO-Region wie der Turck-Gruppe aus Mülheim an der Ruhr oder der ifm electronic GmbH in Essen betont: 
Christian Wolf, Geschäftsführer der Turck-Gruppe
„Grundsätzlich gilt es auch bei diesem Abkommen die ökonomischen, ökologischen und sozialen Interessen aller Verhandlungspartner in einen ausgewogenen Gleichklang zu bringen, um ein nachhaltiges Abkommen zu erreichen, welches auch die globalen Klima- und Nachhaltigkeitsziele der EU sowie der deutschen Industrie unterstützt und zugleich Chancen für die Wirtschaft eröffnet“, so Christian Wolf, Geschäftsführer der Turck-Gruppe. „Durch das Abkommen wird besonders die deutsche mittelständische Zulieferindustrie erheblich wettbewerbsfähiger und in die Lage versetzt, signifikante Marktanteile zu gewinnen, weiteres Wachstum in dieser Region zu fördern und dadurch letztlich auch Beschäftigung in Deutschland zu sichern“, führt er weiter aus. 
Andreas Fobbe, Prokurist und Hauptabteilungsleiter ifm
„Das Abkommen kann ein Katalysator zur Lösung einer der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit werden – der Bereitstellung von sauberer Energie. Weshalb? Brasilien ist einer der globalen Top-Perspektivmärkte bei der Entwicklung von erneuerbaren Energien und hat unter anderem hervorragende Voraussetzungen für die zukünftige Produktion von grünem Wasserstoff in großen Mengen. Mit einem erleichterten Marktzugang können Produkte und Lösungen aus Deutschland diesen Prozess beschleunigen, damit sich das volle Potenzial bereits in naher Zukunft entfalten kann“, erläutert Andreas Fobbe, Prokurist und Hauptabteilungsleiter für das Südamerika-Geschäft des Sensorik-Herstellers ifm. 
Europäischen Startvorteil nutzen 
Die letzten Jahre sind geprägt von geopolitischen Spannungen, handelspolitischen Konflikten, gestörten Lieferketten und der Abkehr vom Handel mit multilateralem Regelwerk. „Das Abkommen wäre ein sehr positives Signal in diesen Zeiten und ein stabilisierender Faktor für die Wirtschaft“, so Christian Wolfs Bewertung. 
Aktuell hätte die EU einen Startvorteil im Mercosur-Raum, denn es wäre das erste große Abkommen, das dieser Wirtschaftsverbund mit einem anderen Block abschließt – mitgeprägt von europäischen Werten und Interessen. Diesen Vorteil gilt es zu nutzen, denn der Mercosur führt auch mit anderen Staaten Verhandlungen, u.a. mit China. Bleibt die Chance ungenutzt, werden andere Staaten in diese Lücke vorstoßen, wie dies in Asien bereits mit dem RCEP-Abkommen geschehen ist.

Ihre Ansprechpartner/-innen  
IHK zu Essen
Simone Stachelhaus

ifm electronic gmbh
Simone Felderhoff
simone.felderhoff@ifm.com
0201 24221411
 
Hans Turck GmbH & Co. KG
Klaus Albers
klaus.albers@turck.com
0208 4952-149
 
Hintergrundinformationen zum Handelsabkommen

Die Deutsch-Brasilianischen Wirtschaftstage stehen unter dem Motto  „Moderne Ansätze für Energie, Klima und Digitalisierung“. Für Wirtschaftsminister Robert Habeck  könnte der Spagat zwischen Wirtschaft und Umwelt durch einen Durchbruch bei den Verhandlungen zu den bindenden Rahmenbedingungen gelingen.

Bisher unterliegen 85 Prozent der europäischen Ausfuhren in den Mercosur – einem Markt mit über 270 Millionen Menschen – einem Zoll. Das verursacht Kosten in Höhe von jährlich vier Milliarden Euro für deutsche und europäische Unternehmen. 12.500 deutsche Betriebe exportieren in den Mercosur-Raum, 72 Prozent von ihnen sind KMU. Rund 200 Unternehmen aus der MEO-Region haben aktuell Handelsbeziehungen zu den Ländern des Mercosur. 

Die Verhandlungen zum Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Mercosur wurden 2019 nach zahlreichen Verhandlungsrunden zu einem vorläufigen Abschluss gebracht. Es würde die Volkswirtschaften von 700 Millionen Menschen verbinden. Die Ratifizierung durch die Mitgliedsstaaten steht noch aus. Aktuell wird noch ein Zusatzinstrument nachverhandelt, dass die Nachhaltigkeitskapitel des Abkommens sichern soll.