IHK-Medieninformation

Niederbayerns Wirtschaft auf historischem Tief

IHK-Medienformation: IHK-Umfrage verdeutlicht Einbruch der Geschäftsaussichten in den Betrieben (24.10.2022)
Die Wirtschaft steht vor enormen Problemen und Herausforderungen – das schlägt sich in der aktuellen Konjunkturumfrage der IHK Niederbayern unter Betrieben aus Industrie, Handel, Dienstleistungen und Tourismus nieder. „Die Stimmung in der niederbayerischen Wirtschaft ist am Tiefpunkt. Der IHK-Konjunkturklimaindikator stürzt im Herbst von zuletzt 113 auf 88 Zähler ab. Grund für den massiven Einbruch sind die historisch schlechten Geschäftserwartungen“, verdeutlicht IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner. Für den Konjunkturklimaindikator werden die Beurteilungen der Unternehmen zu ihrer aktuellen Lage sowie ihre Erwartungen für die Zukunft miteinander verrechnet.

Einzelhandel bekommt sinkende Konsumlaune bereits zu spüren

Aktuell laufen die Geschäfte nach Auskunft der niederbayerischen Betriebe noch zufriedenstellend, wobei der Anteil der positiven Lagebeurteilungen gegenüber der Vorumfrage Mitte des Jahres nochmals kleiner geworden ist. Eine Verbesserung der Geschäftslage meldet allein der Tourismus. Diese Branche konnte sich nach dem Ende der Corona-Beschränkungen in den vergangenen Sommermonaten erholen. Die Industrie liefert vergleichsweise solide Zahlen und nur eine leichte Verschlechterung. Der Einzelhandel hingegen bekommt die sinkende Konsumlaune aufgrund der hohen Inflation bereits deutlich zu spüren und meldet folglich die schwächste Geschäftslage aller Branchen. Im Durchschnitt beurteilen 88 Prozent aller niederbayerischen Betriebe ihre gegenwärtige Lage als gut oder befriedigend, zwölf Prozent als schlecht. „Dieses Ergebnis darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Betriebe jetzt so pessimistisch auf die kommenden Monate blicken wie noch nie zuvor seit Beginn der IHK-Konjunkturerhebung im Jahr 1996. Mehr als jedes zweite befragte Unternehmen rechnet mit einer Verschlechterung seiner gegenwärtigen Lage. Der Einbruch der Erwartungen zieht sich dabei durch alle Wirtschaftsbereiche“, stellt Schreiner klar.

Drei große Risikofaktoren

Die dramatisch schlechten Zukunftsaussichten führen die Betrieben vor allem auf drei große Risikofaktoren zurück: die explodierenden Energiepreise, die schwache Inlandsnachfrage sowie den Fachkräftemangel. So können beispielsweise 62 Prozent der Betriebe ihre offenen Stellen längerfristig nicht besetzen. Aber auch die Material- und Rohstoffversorgung bleibt ein Problem: Trotz zuletzt leichter Verbesserungen sorgen insbesondere gestörte Lieferketten infolge des Kriegs in der Ukraine sowie weiterhin Verwerfungen durch die Corona-Krise für erhebliche Lieferschwierigkeiten. 33 Prozent der Betriebe rechnen in der Folge mit einer abnehmenden Kapazitätsauslastung, auch das Exportgeschäft wird sich den Einschätzungen zufolge spürbar abkühlen. Zudem bleibt der Inflationsdruck hoch: Acht von zehn Betriebe sehen sich gezwungen, die Preissteigerungen zum Beispiel bei Energie und Rohstoffen sowie Kostenerhöhungen wie etwa bei den Arbeitskosten zumindest teilweise an ihre Kunden weiterzugeben. Das hat Folgen für die Zahlungsmoral: Jedes vierte Unternehmen rechnet mittlerweile mit Forderungsausfällen aufgrund von Insolvenzen von Kunden oder Lieferanten.

IHK-Präsident Leebmann: “Deutliches Alarmsignal für die politischen Entscheidungsträger”

Thomas Leebmann, Präsident der IHK Niederbayern, ordnet diese Umfrageergebnisse ein – und benennt die Forderungen der Wirtschaft: „Die historisch schlechten Aussichten in der niederbayerischen Wirtschaft müssen ein deutliches Alarmsignal für die politischen Entscheidungsträger sein. Der Mittelstand als Rückgrat der niederbayerischen Wirtschaft und Garant für Wohlstand und Wertschöpfung in unserer Region steht vor existenziellen Problemen. Uns erreichen jeden Tag Rückmeldungen von Betrieben, in denen von der Verlagerung der Produktion ins Ausland die Rede ist, von Risiken bis zur Insolvenz und der Aufgabe des eigenen unternehmerischen Lebenswerks. Wir fordern daher schnelle und wirksame Maßnahmen, allen voran in der Energiekrise: Nicht nur die Gaspreise, auch die ungebremste Strompreisentwicklung muss gestoppt werden. Versorgungssicherheit ist oberstes Gebot, alle Formen der Energieproduktion müssen zum Einsatz kommen, das sorgt gleichzeitig für mehr Preisstabilität. Widerstände beim Ausbau der Erneuerbaren Energien samt der dazugehörigen Speicher und Netze müssen überwunden, bürokratische Hürden gesenkt werden. Die Zeit für ideologische oder parteipolitische Diskussionen ist jetzt vorbei, es muss entschlossen gehandelt werden“, fordert der IHK-Präsident.
Die detaillierten Ergebnisse der Konjunkturumfrage samt Branchenauswertung sind hier verfügbar.