IHK-Medieninformation

Deutliches Plus bei der Berufsausbildung – trotzdem keine Trendwende

Über 4.000 junge Menschen starten im IHK-Bezirk Niederbayern ihre Ausbildung (30.08.2023)

Neun Prozent Plus bei den Neueintragungen

Zum Start ins Ausbildungsjahr am 1. September beginnen in Niederbayern mehr junge Menschen eine Berufsausbildung in der gewerblichen Wirtschaft als in den Vorjahren – das ist die gute Nachricht beim aktuellen Blick auf den Ausbildungsmarkt in der Region. Die weniger gute: Sehr viele Unternehmen sind weiterhin auf der Suche nach neuen Auszubildenden und konnten ihre offenen Ausbildungsplätze bisher nicht besetzen. Die IHK organisiert die berufliche Bildung in Niederbayern für die Ausbildungsbetriebe aus Industrie, Handel, Dienstleistungen und Tourismus – hier laufen daher alle Zahlen zusammen: „Zum Stand heute haben die Unternehmen im IHK-Bezirk genau 4.073 neu abgeschlossene Ausbildungsverträge bei der IHK eingetragen. Das ist ein sehr guter Wert im Vergleich zum Vorjahr und bedeutet ein deutliches Plus von neun Prozent. Trotzdem reicht diese Steigerung nicht aus. Die niederbayerischen Betriebe bieten mit rund 150 Ausbildungsberufen hervorragende Karrierechancen für jedes Talent und jedes Interesse. Sie würden gerne noch mehr ausbilden, um ihren Fachkräftebedarf zu sichern – doch es gibt zu wenig Bewerber“, berichtet Alexander Schreiner, Hauptgeschäftsführer der IHK Niederbayern.

Trendwende nicht in Sicht

Eine Trendwende sieht Schreiner daher in den neuen Zahlen nicht. In einer aktuellen IHK-Umfrage hätten über die Hälfte der niederbayerischen Ausbildungsbetriebe angegeben, ihre Ausbildungsplätze nicht oder zumindest nicht komplett besetzen zu können, erläutert er. Als Grund dafür nennen die allermeisten Betriebe, dass sie keine beziehungsweise keine geeigneten Bewerbungen erhalten haben. „Die guten Werte bei den Neueintragungen dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir eine massive Bewerberlücke haben, allein schon aufgrund der sinkenden Schulabgängerzahlen in Folge des demografischen Wandels. Da gleichzeitig die Zahl der Renteneintritte steigt, wird der Fachkräftemangel weiter befeuert. Daraus hat sich ein strukturelles Problem für die Wirtschaft in unserer Region entwickelt“, verdeutlicht Schreiner.

Mehr Berufsorientierung für die Generation Z

Ein wichtiger Ansatzpunkt zur Lösung dieses Problems ist für den IHK-Hauptgeschäftsführer die Berufsorientierung. „Gerade in der Generation Z gibt es oftmals eine Zwischenphase nach der Schule, in der viele junge Leute nicht wissen, was sie machen sollen. Wer dann erst einmal auf Reisen und Freizeit setzt oder orientierungslos einen der fast 10.000 Bachelor-Studiengänge in Deutschland aufnimmt, ist für die Berufsausbildung zunächst verloren. Wir müssen daher schon zuvor mit Aufklärung und Beratung einhaken – in der Schule und auch bei den Eltern oder Lehrern“, fordert Schreiner. Die IHK selbst sei hierzu mit vielfältigen Projekten und Initiativen aktiv: Die Zielgruppe der Schülerinnen und Schüler erreichen etwa die IHK-AusbildungsScouts, in Elternabenden in der Region werden die Mütter und Väter über die Karrieremöglichkeiten mit beruflicher Aus- und Weiterbildung aufgeklärt und für Lehrer bietet die IHK Fortbildungen an, um Wissen über die Berufsausbildung aufzubauen. Auch Studienzweifler beziehungsweise
-aussteiger rücken in der IHK-Beratung stärker in den Fokus. Obwohl der Trend zum Gymnasium ungebrochen scheint, entfallen im IHK-Bereich bisher mit 16 Prozent vergleichsweise wenig der neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse auf Bewerber mit Hoch- und Fachhochschulreife. Direkte Einblicke in das „Lebensgefühl Ausbildung“ vermittelt zudem die bundesweite Azubi-Kampagne der IHK-Organisation unter dem Motto „Jetzt #könnenlernen – Ausbildung macht mehr aus uns“.
Die Betriebe sind ebenfalls stärker in der Berufsorientierung aktiv: Sehr viele bieten Schülerpraktika an, um den Teilnehmern persönliche Erfahrungen aus Betrieb und Ausbildung zu ermöglichen. Rund ein Drittel der Unternehmen bietet spezielle Veranstaltungen für die Jugendlichen und ergänzt diese mit digitalen Informationsangeboten. 20 Prozent der Ausbildungsbetriebe engagieren sich mit AusbildungsScouts oder anderen Ausbildungsbotschaftern. Außerdem reagieren die Unternehmen auf die Bedürfnisse und Anforderungen der Generation Z – auch das zeigt die IHK-Ausbildungsumfrage. Dazu gehören etwa flache Hierarchien im Betrieb, ein veränderter Einstellungsprozess, eigene Azubi-Projekte oder neue Lehr- und Lernkonzepte, die unter anderem auf Digitalisierung und selbstgesteuertes Lernen setzen.

Der 1. September ist keine Deadline

Schreiner appelliert dazu, diese neuen Angebote und Möglichkeiten zu nutzen, auch über den Start ins Ausbildungsjahr hinaus.
„Der 1. September ist keine Deadline für den Beginn der Ausbildung. Eine Ausbildung kann zu jeder Zeit aufgenommen werden. Bewerber für einen Ausbildungsplatz sind gefragt wie nie zuvor, denn die Betriebe sind auf den Fachkräftenachwuchs aus der beruflichen Bildung ganz besonders angewiesen.“
Alexander Schreiner, IHK-Hauptgeschäftsführer