IHK-Medieninformation
„Schlüsselbranche Industrie“ bleibt trotz Problemen stark
IHK-Fachausschuss Industrie diskutiert über BMW-Neuansiedlung (13.02.2023)
Die Industrie bleibt eine starke Schlüsselbranche für den Wirtschaftsstandort Niederbayern. Noch vor Kurzem hatten die Industriebetriebe insbesondere unter dem Einfluss der Energiekrise sehr pessimistisch in die Zukunft geblickt – das hat sich nun gedreht. Die Geschäftserwartungen bleiben verhalten, zeigen aber doch merklich nach oben. Dieses Stimmungsbild hat die vergangene Sitzung des Fachausschusses Industrie der IHK Niederbayern ergeben, für die die Unternehmer im TZ PULS in Dingolfing zusammengekommen sind.
Risikofaktor Wirtschaftspolitik
Die Rückmeldungen der Betriebe zeigten beispielsweise, dass sich die Schwierigkeiten in der Rohstoffversorgung oder bei den Lieferketten zu lösen beginnen. Wichtige Elektronikkomponenten seien aber immer noch Mangelware, von monate- oder gar jahrelangen Lieferzeiten war die Rede. Als einen weiteren Risikofaktor sehen die Unternehmer die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen.
„Was wir brauchen, ist eine Stabilität in den politischen Aussagen, eine Verbindlichkeit über die nächsten vier, fünf Jahre.“
Professor Andreas Buske (Zwiesel Kristallglas AG), Vorsitzender des IHK-Fachausschusses Industrie
Professor Andreas Buske (Zwiesel Kristallglas AG), Vorsitzender des IHK-Fachausschusses Industrie
Nicht nur in der Energiepolitik vermisst Buske diese Verlässlichkeit. Seine Rückfrage an die mittelständischen Industriebetriebe in der Runde machte etwa deutlich: Ausgerechnet die energieintensiven Betriebe können die Energiepreishilfen oftmals nicht voll ausschöpfen. Hohe Anforderungen, langwierige und bürokratische Verfahren sowie rechtliche Fallstricke schränken die Nutzung ein. Dabei sei die Energiekrise keineswegs ausgestanden: „Das Preisniveau ist weiterhin sehr hoch und wird es auch langfristig bleiben. Das schränkt unsere internationale Wettbewerbsfähigkeit ein“, verdeutlichte Buske.
BMW-Ansiedlung: “Wir müssen über die Folgen sprechen”
Daneben bleibt der Arbeits- und Fachkräftemangel eine der größten Herausforderungen in der Branche. Daher hatten die im Ausschuss versammelten Unternehmer eine differenzierte Sicht auf die geplante Ansiedlung eines großen BMW-Werks mitten in Niederbayern. „Die Pläne von BMW belegen die Stärke des Standorts Niederbayern, das neue Werk soll ja nicht zufällig genau hier entstehen. Angesichts des tiefgreifenden Strukturwandels in der Branche sind neue Ansätze und neue Investitionen gefragt, um den Industriestandort in die Zukunft zu führen. Aber wir müssen auch über die mit einer solchen Neuansiedlung verbundenen Folgen sprechen“, merkte Buske an. Vertreter aller Teilbranchen im Industrieausschuss äußerten ihre Bedenken zu diesen Folgen: Der Kampf um Personal und Fachkräfte könne sich verschärfen, das Lohngefüge in der Region nach oben schnellen, Wohnraum knapper werden oder die Baupreise anziehen.
„Es geht nicht um Konkurrenz oder Konfrontation, sondern um ein Miteinander und gemeinsame Lösungen.“
Andreas Buske, Ausschussvorsitzender
Andreas Buske, Ausschussvorsitzender
Und so brachten die Ausschussmitglieder unterschiedliche Ansätze und Ideen ins Spiel. So könne BMW etwa seine Stärke einsetzen, um Fachkräfte aus dem Ausland für das neue Werk nach Niederbayern zu holen – letztlich ein Gewinn für die gesamte Region. Auch ein Engagement zur Schaffung von Wohnraum sei denkbar. Beim Lohnniveau sei mehr Fingerspitzengefühl als bisher gefragt und nicht zuletzt müssten alle Möglichkeiten der betriebs- und branchenübergreifenden Zusammenarbeit mit dem neuen Werk genutzt werden, betonten die Ausschussmitglieder. IHK-Hauptgeschäftsführer Alexander Schreiner ergänzte, wo sich die Politik einbringen könne: „Die Verhinderung einer Industrie-Ansiedlung ist keine Lösung für das gesamtgesellschaftliche Problem des Arbeitskräftemangels. Stattdessen müssen die Gründe für diesen Mangel angegangen werden, etwa durch einen Ausbau und eine bessere Förderung der beruflichen Bildung oder durch eine erleichterte Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland. Grundvoraussetzung dafür sind praxistaugliche Regelungen statt der bisher viel zu komplizierten und bürokratischen Verfahren für Bewerber wie Betriebe“, forderte Schreiner.
Mit Automation gegen den Personalmangel
Eine Reaktion auf den Personalmangel in der Industrie liegt in zunehmender Digitalisierung und Automation. Über den Stand der Technik von heute – und von morgen – konnten sich die Teilnehmer der Ausschusssitzung bei einem Praxisvortrag sowie einem Rundgang durch die Musterfabrik des TZ PULS informieren. Unter anderem erfuhren Unternehmer dabei, welches Potenzial die Abbildung eines Werks als „digitaler Zwilling“ für die Optimierung der eigenen Fertigung haben kann. „Das ist Innovation zum Anfassen“, war das Fazit des Ausschussvorsitzenden Buske nach diesen Eindrücken.