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Fachkräftezuwanderungsgesetz: Wirtschaft sieht Verbesserungen, aber auch verpasste Chancen

IHK: „Müssen im Wettbewerb um Fachkräfte wieder konkurrenzfähig werden“ (27.06.2023)
Niederbayerns Wirtschaft ist vom Arbeitskräftemangel besonders betroffen. Immer mehr Betriebe versuchen, auch aus dem Ausland Fachkräfte zu gewinnen, stehen dabei aber vor hohen bürokratischen und rechtlichen Hürden. Das Ende vergangener Woche im Bundestag verabschiedete Fachkräfteeinwanderungsgesetz ist daher aus Sicht der regionalen Wirtschaft ein Schritt in die richtige Richtung: „Die demografische Entwicklung mit wenigen Schulabgängern bei gleichzeitig mehr Renteneintritten heizt den Arbeitskräftemangel an. Fast drei Viertel aller niederbayerischen Betriebe haben in einer IHK-Umfrage die Suche nach Arbeitskräften als ihr wichtigstes Anliegen genannt. Die Unternehmen fordern daher Erleichterungen für den Fachkräftezuzug aus dem Ausland, das hat die Vollversammlung unserer IHK zuletzt im Frühjahr wieder in einem Positionspapier klar formuliert“, sagt dazu IHK-Präsident Thomas Leebmann.

Gesetz bringt Erleichterungen, aber auch hohe bürokratische Hürden

Das neue Gesetz bringt ihm zufolge Erleichterungen und Verbesserungen, die die IHK eingefordert hatte: die Erweiterung der sogenannten „Westbalkanregelung“ für eine deutlich vereinfachte Erwerbszuwanderung aus Ländern wie Albanien, Kosovo oder Serbien, den „Spurwechsel“ für den Start von Asylbewerbern in Arbeit und Ausbildung oder die Möglichkeit für Personen mit ausländischem Berufsabschluss und entsprechender Erfahrung, auch ohne förmliche Berufsanerkennung in Deutschland arbeiten zu können.
„Die Chance auf eine deutliche Vereinfachung der Zuwanderung und einen weitgehenden Abbau der damit verbundenen Bürokratie hat das Gesetz jedoch verpasst – im Gegenteil: In vielen Bereichen, etwa bei der neuen ‚Chancenkarte‘, ist das Regelwerk noch komplexer und undurchsichtiger geworden. Das birgt die Gefahr, die Unternehmen bei der Umsetzung der Fachkräftezuwanderung abzuschrecken oder sie zu überfordern. Seitens der IHK reagieren wir darauf mit noch mehr Information, Service und Beratung – lieber wären uns aber verständliche Regeln mit weniger Aufwand, schnellerem Tempo und mehr Digitalisierung“, verdeutlicht Leebmann.

Leebmann: Zuwanderung allein löst nicht das Fachkräfteproblem

Begleitet werden müssten die rechtlichen Regelungen zudem durch den Aufbau einer echten Willkommenskultur sowie mehr Unterstützung für die Zuwanderer, etwa beim Spracherwerb. „Wir stehen längst in einem internationalen Standortwettbewerb um Arbeits- und Fachkräfte. Es sind weitere, entschiedene Schritte notwendig, um hier bundesweit sowie ganz konkret in unserer Region wieder konkurrenzfähig zu werden“, betont der IHK-Präsident. Gleichzeitig schränkt er ein, dass die Zuwanderung allein nicht die Lösung des Fachkräfteproblems sein könne: „Wir brauchen ebenso mehr Anreize, um ältere Mitarbeiter in Arbeit zu halten, einen Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten, um die Beschäftigung von Eltern oder pflegenden Angehörigen zu erhöhen, oder die verstärkte Aktivierung von Langzeitarbeitslosen.“