IHKplus 02/22
© IHK Köln / Michael Claushallmann
„Die Schließungen sind reine Symbolpolitik."
Claudia Wecker ist Geschäftsführerin des 1968 gegründeten Studentenclubs und Discothek "Das Ding" am Hohenstaufenring in Köln. Die Corona-Maßnahmen sind nicht nur schwer zu erfüllen, sondern gehen auch am Problem vorbei, sagt Claudia Wecker im Interview mit Barbara Willms.
Wie steht "Das Ding" aktuell, zu Beginn des dritten Pandemiejahres, wirtschaftlich da?
Kurz gesagt: Wir wissen kaum noch, wie wir die Situation stemmen sollen. Nach insgesamt 19 Monaten behördlich angeordneter Schließung, nach teuren Schutzmaßnahmen, die wir durchgeführt haben, nach wechselnden behördlichen Vorgaben ist unsere wirtschaftliche Lage alles andere als rosig. Planen können wir immer noch nicht richtig. Hinzu kommt, dass wir aktuell kaum geeignetes Personal finden.
Haben staatliche Finanzprogramme Ihnen weitergeholfen?
Teils ja, teils nein. Wir hatten uns bei der Lufthygiene für eine Filterlösung, einen Virobuster entschieden. Der kostete 120.000 Euro. Dieser Posten war zu 80 Prozent in der Überbrückungshilfe drei und drei plus - sonst wäre das gar nicht möglich gewesen. Und natürlich sind wir froh, dass es weitere Hilfen gibt, aber sie sind nicht ausreichend. Ich kann nicht nachvollziehen, warum in der Überbrückungshilfe vier die Modernisierungsförderung gestrichen wurde und nur noch 90 Prozent der Fixkosten erstattet werden. Die Fixkosten sind ja nicht gesunken. Das Gleiche gilt für die Sozialabgaben bei der Kurzarbeit. Da werden nur noch 50 Prozent berücksichtigt.
Wo hapert es Ihrer Meinung bei den Corona-Schutzmaßnahmen am meisten?
Zum einen geht es ganz einfach um Theorie und Praxis: Ich habe den Eindruck, dass von Seiten der Verantwortlichen häufig naive Vorstellungen bestehen, was die Gegebenheiten vor Ort angeht. Nehmen wir nur das Thema Lufthygiene. Nein, nicht jeder Betrieb kann mal eben so die Außenluftanlage vergrößern, schon allein aus baulichen und statischen Gründen nicht. Bei uns war das nicht möglich. Und es kommt mir so vor, als würden auch andere Bedingungen nicht gesehen, die es uns unmöglich machen, bestimmte Vorgaben in einem bestimmten Zeitraum zu erfüllen - Kostensteigerungen und Lieferprobleme zum Beispiel. Zum anderen fehlt uns die Planbarkeit.
Was sind die größten Probleme bei Ihrer Planung?
Wenn wir nicht wissen, was in welchem Umfang gefördert wird, können wir weder Materialien bestellen noch Handwerker beauftragen, und dann werden wir auch nicht wie geplant fertig, sondern vielleicht Monate später. Und wenn wir keine Ahnung haben, wann die nächste Schließung oder Öffnung kommt, führt das in den Ruin. Kein Unternehmen kann heute zu- und morgen wieder aufmachen, schon gar nicht in unserer Branche. Wir müssen ja nicht nur die Technik startklar haben, Getränke und Speisen vorhalten, sondern auch Personal haben. Viele, die früher bei uns gearbeitet haben, sind angesichts der unklaren Perspektive woanders untergekommen, haben dort Verträge unterschrieben und können nicht morgen zurückkommen, auch wenn sie das gerne möchten.
Inwieweit trägt Ihrem Eindruck nach die Schließung von Clubs und Discotheken dazu bei, Corona-Infektionen zu verhindern?
Für mich ist das reine Symbolpolitik! Es ist doch eine Illusion, zu meinen, es würde weniger gefeiert. Es wird eben woanders gefeiert, privat oder in Kneipen nach der Sperrstunde, wenn die Stühle hochgestellt sind. Und da gibt es häufig gar keine Kontrolle, weder coronamäßig noch sonst. Nicht nur 2G+ können Sie da vergessen. Anders als bei offiziellen Veranstaltungen, bei denen wir und andere Clubs für eine strenge Einlasskontrolle sorgen, kann bei illegalen Veranstaltungen so ziemlich alles aus dem Ruder laufen, und natürlich ist das Ansteckungsrisiko dabei viel höher.
Was ist Ihre dringendste Forderung an Politik und Verwaltung?
Wir wollen, dass unser Beitrag zu einem - sinnvoll kontrollierten - Feiern auch in der Pandemie geschätzt wird, wollen endlich ernst genommen werden. Wir haben es satt, übersehen und gering geschätzt zu werden, so nach dem Motto, ach, ist ja nur `ne Disko… Wir möchten, dass unsere Branche die Anerkennung bekommt, die ihr zusteht. Und vor allem sind wir es absolut leid, zum Buhmann für alle Mögliche gemacht zu werden.