Von Claudia Lösler
Im Februar 2024 starteten die Bauarbeiten, 2027 soll es fertig sein, dann wird es zunächst mit Erdgas betrieben, was bereits eine Einsparung der CO2-Emissionen von rund 50 Prozent gegenüber Kohleverfeuerung bedeutet. „Und wenn in den 2030er Jahren Wasserstoff kommt, können wir klimafreundlichen Wasserstoff verbrennen“, sagt Jens Rathert, technischer Projektleiter der EnBW. Bei einer exklusiven Baustellentour der IHK Heilbronn-Franken haben rund 50 interessierte Unternehmen aus der Region erste Einblicke in das Großbauprojekt erhalten. Was die Gäste dabei am meisten interessierte: Bleibt nach dem Wechsel die Stromversorgung gesichert? Wird es genügend und grünen Wasserstoff geben? Und was wird Strom in Zukunft kosten?
Für uns Energieberater ist es superspannend zu erfahren, wohin die Reise geht.
Joachim Schröder vom Klimazentrum Hohenlohekreis
Einer der Teilnehmer, Joachim Schröder vom Klimazentrum Hohenlohekreis, begleitet Bürgerinnen und Bürger sowie Kommunen auf dem Weg zur Energiewende. Er sagt: „Für uns Energieberater ist es superspannend zu erfahren, wohin die Reise geht.“ Denn klar ist, die Energiewende geht in großen Schritten voran und beginnt direkt bei uns vor der Haustür.
Seit mehr als 100 Jahren steht das Steinkohle-Kraftwerk mit seinen zwei Türmen unübersehbar in Heilbronn, direkt am Neckar. Jetzt entsteht hier ein hocheffizientes Gas-und-Dampfturbinen-Kraftwerk. Der damit verbundene Brennstoffwechsel von Kohle auf gasbasierte Energiequellen nennt sich „Fuel Switch“. Ziel der EnBW ist es, damit die erneuerbaren Energien voranzubringen und einen großen Schritt in Richtung Energiewende zu machen. Gleich an drei Standorten in Baden-Württemberg werden diese Fuel Switch-Projekte von der EnBW umgesetzt: in Stuttgart-Münster, in Altbach/Deizisau und in Heilbronn. Dabei werden das vorhandene Gelände und auch die Anlagen wie beispielsweise der Kühlturm in Heilbronn weiter genutzt. Ergänzt wird eine Gas- und Dampfturbinenanlage mit einer Leistung von maximal 710 Megawatt und rund 190 Megawatt Fernwärmeleistung. Um die Fernwärmeversorgung abzusichern, wird parallel ein Wärmespeicher mit einer Kapazität von 600 Megawattstunden und eine Heißwasserkesselanlage mit einer Fernwärmeleistung von circa 170 Megawatt errichtet. „Dadurch können wir auch weiterhin die Städte Heilbronn und Neckarsulm mit dem Ankerkunden Audi AG versorgen“, erläutert Jens Rathert.
Energiewende direkt vor der Haustür - exklusive Baustellentour der IHK Heilbronn-Franken beim neuen wasserstofffähigen Kraftwerk der EnBW in Heilbronn.
Energiewende direkt vor der Haustür - exklusive Baustellentour der IHK Heilbronn-Franken beim neuen wasserstofffähigen Kraftwerk der EnBW in Heilbronn.
Für das Vorhaben investiert die EnBW an allen drei Standorten insgesamt rund 1,6 Milliarden Euro und schafft 1,5 Gigawatt flexibel regelbare, sogenannte „disponible“ Kraftwerkskapazität im Land. Denn: Das neue Gaskraftwerk soll Strom liefern, wenn für die erneuerbaren Energien nicht genug Sonne scheint und zu wenig Wind weht. Das macht das Kraftwerk zum idealen Partner des Ausbaus der erneuerbaren Energien und sichert damit auf Knopfdruck die Versorgungssicherheit und Netzstabilität in der Region.
Damit der Übergang der Energiewende reibungslos funktioniert, werden der mit Steinkohle betriebene Block 7 und der gasbetriebene neue Block 8 zunächst rund ein Jahr lang parallel im Einsatz sein. „Erst wenn die Stromversorgung durch Block 8 technisch vollständig gewährleistet ist, wird Block 7 abgeschaltet“, berichtet Jens Rathert. Die Bundesnetzagentur entscheidet ab dann, ob und wann der verbleibende Kohleblock in seiner Funktion als Netzreserve eingesetzt wird.
Für Jens Rathert zählte die Planung des Doppelbetriebs zu den größten Herausforderungen in diesem Projekt. Unter anderem musste dafür eine neue Schaltanlage gebaut werden. Aufgrund der vielen Beteiligten ist es auch seine erste Baustelle, die rein in Englisch ausgeführt wird. „Die Welt ist bei uns in Heilbronn zu Gast. Wir bekommen Anlagen und Spezialteile zum Beispiel aus Frankreich, Portugal, der Türkei und China geliefert.“ Zu Hoch-Zeiten sind bis zu 600 Mitarbeitende gleichzeitig auf dem Gelände beschäftigt, das durch die Baustelle um fast 5 Hektar angewachsen ist.
Die Unternehmen müssen sich mit der Energiewende beschäftigen - und hier fängt sie an.
Stefan Gölz, Leiter Branchen & Recht bei der IHK Heilbronn-Franken
Besucher Mathias Zurmühl vom ZUR energie Vetrieb zeigt sich begeistert: „Ich bin maximal beeindruckt, wie EnBW in die Zukunft geht und ich bin gespannt, wie es sich entwickelt.“ Stefan Gölz, Leiter Branchen & Recht bei der IHK Heilbronn-Franken, macht noch einmal deutlich: „Die Unternehmen müssen sich mit der Energiewende beschäftigen - und hier fängt sie an.“
Zum Ende der Baustellentour bleibt noch offen: Was wird Strom in Zukunft kosten? Darauf hat auch der technische Projektleiter keine abschließende Antwort. „Es wird erstmal teurer, bevor es langfristig günstiger wird“, so Jens Rathert. Für ihn ist auch klar, dass die Energiewende Zeit braucht. Das Unternehmen geht stark in Vorleistung und muss bei seinem Bauvorhaben in Heilbronn auch ordentlich Tempo machen. Denn nur bis 2028 werden die Bauvorhaben zur Energiewende vom Bund finanziell gefördert.
Für alle Besucherinnen und Besucher steht fest, dass sie wiederkommen, wenn das neue wasserstofffähige Kraftwerk fertig ist.