Lösungen für morgen

Promovierte Biologin, Forschungstaucherin, Mitglied des Kuratoriums pro Universitate der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel und Mitbegründerin der oceanBASIS GmbH – was antworten Sie, wenn man Sie nach Ihrem Beruf fragt?
Ich war einmal Meeresbiologin und bin jetzt Unternehmerin. Allerdings ist beides untrennbar miteinander verbunden, denn das Meer ist nicht nur unsere Inspiration, sondern auch Quelle für unsere Wirkstoffe und damit für unsere Produkte.
Wie kam es zur Gründung von oceanBASIS?
Nach der Geburt meines zweiten Kindes bildete ich mich zur Referentin für „Neue Medien und Marketing“ weiter und absolvierte ein Praktikum bei „Coastal Research & Management“ in Kiel. Dort machte man sich Gedanken darüber, wie die Küstenregion nachhaltig zu nutzen sei, ohne wertvolle Lebensräume zu gefährden. So entstand in der Kieler Förde bei Holtenau eine rund zwei Hektar große Aquakultur mit Zuckertang, einer Braunalgenart. Zusammen mit drei weiteren Gesellschaftern gründete ich 2001 das Start-up oceanBASIS, um den Menschen Wirkstoffe aus dem Meer zugänglich zu machen. Eine Algenfarm ist wie ein Miniregenwald: Sie ist Kinderstube für Tiere und allein ein Kilogramm Alge filtert 10.000 Liter Meerwasser. Anders als ein Baum nimmt die Pflanze die Wirkstoffe jedoch über die gesamte Oberfläche auf.
Wirkstoffe, die auch der Haut guttun können. Im Jahr 2008 gingen Sie mit der Kosmetikmarke Oceanwell an den Start.
Wir entwickelten zuerst eine eigene Fermentationsmethode und brauchten ein ganzes Jahr, bis wir ein geeignetes Extrakt für unsere Naturkosmetik gewinnen konnten. Danach habe ich mir tatsächlich ein Buch von „Hobbythek“-Gründer Jean Pütz gekauft und Bücher über Thalasso gelesen, um mich in das Thema einzuarbeiten. Unsere erste regional produzierte Linie „Oceanwell“ beinhaltete sechs schützende und beruhigende Pflegeprodukte – pro Jahr ist dann immer ein Artikel zum Sortiment hinzugekommen.
Sie sind mit einer Handvoll Mitarbeiter*innen gestartet und leiten nun ein Team von 25 Kolleg*innen. Welche Faktoren haben das Wachstum von Oceanwell begünstigt?
Wir sind als Unternehmen immer organisch gewachsen, ganz ohne externe Investoren. Multiplikatoren wie das Hotel Birke in Kiel, das unsere Produkte als allererstes für seinen Wellness-Bereich geordert hat, haben uns ebenso geholfen wie inhabergeführte Geschäfte, bei denen Beratung an erster Stelle steht. Dass wir Oceanwell als Naturkosmetik zertifizieren ließen, war in der Kombination mit maritimen Wirkstoffen ganz neu und unser USP. Die Bereitschaft der Kund*innen, sich über nachhaltige Inhaltsstoffe zu informieren, ist mit den Jahren gewachsen.
Tatsächlich entdecken Sie immer wieder neue Wirkstoffe – wie ozeanisches Kollagen aus Quallen.
Meine Kolleg*innen aus der Forschungsabteilung von oceanBASIS werben permanent neue Projekte ein, bei denen es häufig um medizinische Aspekte geht, etwa um die Regeneration von Knieknorpel durch Kollagen aus Quallen. Durch diese Forschung haben wir direkten Zugang zu neuen Methoden und zu einem Wissensschatz, der uns innovativ hält. Momentan wird die schuppenreduzierende Wirkung von Algenextrakt ausgetestet. Es gibt 13.000 Algenarten auf der Welt, und sie können so viel! Ich bin sicher, dass sie noch einige Lösungen für Morgen bereithalten.
Wie beim Thema pflanzliche Ernährung: Seit 2021 existiert die Marke „Meeresgarten“ für maritime Feinkost.
Von biozertifizierten Lieferanten aus der Bretagne beziehen wir Algen, die man als Tee, als Gewürz oder als Nahrungsergänzungsmittel nutzen kann. Ein Teelöffel Algenflakes enthält eine Vielzahl an Vitaminen, Meeresmineralien und -salzen. Die enthaltenen Algenzucker wirken überdies antiviral. Das medizinische Potenzial dieser alten, schlichten Pflanze ist faszinierend.
Was verbirgt sich hinter der 2015 gegründeten Initiative „Protect the Ocean“?
Zu unserem Team gehören Expert*innen unterschiedlichster Disziplinen – was uns eint ist die Liebe zum Meer. Deshalb ist es ein absolutes Herzensprojekt, einen Teil unserer Erlöse etwa für ein Schildkrötenschutzprojekt in Westafrika oder für die Organisation „One Earth – One Ocean“ zu spenden, die Meeresmüll sammelt. Darüber hinaus arbeiten wir an unserer CO2-Bilanzierung und sind „Gemeinwohl-Ökonomie“-bilanziert.
Haben Sie das Gefühl, dass auch die Politik sich dem Thema Umwelt- und Naturschutz öffnet?
Hier in Schleswig-Holstein stoßen wir auf offene Ohren, und die Verantwortlichen kümmern sich zunehmend um Themen wie Meeres- oder Umweltbildung. Ich persönlich freue mich darüber, dass ich zu denjenigen gehören darf, die in unserem Bundesland über Gründungsstipendien für innovative Start-ups entscheiden dürfen, von denen viele das Thema Nachhaltigkeit im Blick haben. Und dass mein eigener Sohn Meeresbiologe werden will, um etwas bewegen zu können, stimmt mich ebenfalls glücklich. Man sollte das tun, wofür man brennt und sich nicht entmutigen lassen.
Alexandra Maschewski
IHK Lüneburg-Wolfsburg
Am Sande 1 | 21335 Lüneburg
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