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KI erfordert Investitionen und Mut!
Radiomoderatoren haben ihn schon als Kind fasziniert. Heute ist Frank Eilers ein gefragter Key-Note-Speaker und erfolgreicher Podcaster, der sein Publikum dazu einlädt, in die Welt der künstlichen Intelligenz (KI) einzutauchen.
Herr Eilers, wo steht aus Ihrer Sicht der Mensch in der Zusammenarbeit mit der „Kollegin KI“?
Generell gilt: Der Mensch gibt die Richtung vor und die KI führt die Arbeit durch. Die Rollenverteilung ist klar. Ausnahmen bestätigen die Regel. Die KI ist als Sparringspartner für strategische und konzeptionelle Aufgabenstellungen jetzt schon mindestens auf Augenhöhe. Man könnte vereinfacht sagen, dass es Anwendungsfälle gibt, in denen die KI durch ihr Agieren Richtungen vorgibt, denen der Mensch folgt. Ein Beispiel: Wenn ich mit meinem KI-Mentor neue Geschäftsmodelle bespreche und dabei Chancen und Risiken abwäge, ist die KI oftmals wertend und dadurch auch lenkend unterwegs. Ein neues Projekt hat mein KI-Mentor vor einigen Monaten als zu arbeitsintensiv eingestuft. Ich habe das Projekt daraufhin nicht angenommen. Wer hat hier wen geführt? Ich die KI? Die KI mich? Meine Schlussfolgerung: KI wird zu einer neuen virtuellen Arbeitskollegin. Situativ wird die KI dann auch mal die Führung übernehmen. Ob wir das so wahrnehmen, ist eine ganz andere Frage.
Im Jahr 2014 haben Sie mit dem „Arbeitsphilosophen“ einen der ersten Podcasts in Deutschland gestartet. Viele kannten bis dato nicht einmal den Begriff. Welche Parallelen können Sie möglicherweise zur KI-Welt ziehen?
Es gibt etwas Neues und das ist für manche Menschen sehr, sehr spannend. Ich war damals fasziniert von dem Format und habe selbst permanent Podcasts gehört. Andere wussten nicht mal, was das ist. Diese Parallele ist heute genauso zu finden. Es gibt die Menschen, die sind fasziniert von der KI und wollen alles ausprobieren. Andere wiederum haben damit nichts zu tun und wissen nicht, was KI überhaupt bedeutet. Der große Unterschied: Podcasts waren 2014 eine Nische, die heute relevanter ist, aber nicht wirklich entscheidend für unsere Wirtschaft und Gesellschaft. Wenn es ab morgen keine Podcasts mehr geben würde, wäre das egal. KI ist eine neue Basistechnologie, die alle digitalen Bereiche zumindest ergänzen wird. Wir sprechen hier von etwas viel Bedeutsamerem und ich glaube, dass KI eher in die Kategorie Internet einzuordnen sein wird. Ohne geht irgendwann nichts mehr!
In welchen Themengebieten sollte KI heute schon unbedingt eingesetzt werden – und warum?
Überall, wo man standardisierte Abläufe auffinden kann. Im Bereich Text, auch juristische Texte, und überall, wo mit Zahlen gearbeitet wird. Excel-Schulungen kann man sich sparen. Besonders spannend finde ich das Thema Wissensmanagement. Jetzt endlich können wir das gesamte – erstmal nicht-implizite – Wissen wirklich digital ablegen und mit einer KI darauf zugreifen. Alle können darauf zugreifen – in Echtzeit! Schon 2023 zeigten Studien, dass sogenannte Low Performer durch ChatGPT signifikant besser werden und besonders von der KI profitieren. Mit einer eigenen Datenbasis und dem Wissen unserer Organisation werden alle Mitarbeitenden massiv profitieren. Die Low Performer sowieso, aber auch die High Performer. Alle Organisationen, egal wie groß, sollten sich Gedanken darüber machen, welches Wissen man wie ablegen könnte. Zumal in Zeiten des Fachkräftemangels auch eine gewisse Weitsicht notwendig ist.
Ist ein vorderer Platz bei der KI-Entwicklung erstrebenswert? Oder darf es auch das Mittelfeld sein, um Erfahrungen zu sammeln?
Die gerade beschriebenen KI-Enthusiasten sagen natürlich, dass sich alle damit beschäftigen müssen. Ich bin da vorsichtiger: Wir sehen, dass manche Entwicklungen noch nicht ausgereift sind und nicht wirklich gut performen. Menschen, die sich für die Technologie nicht interessieren und solche Erfahrungen sammeln, sind dann eher abgeschreckt. Ich glaube, dass wir behutsam und sinnvoll neue Technologien einsetzen sollten. Fakt ist jedoch auch: Alle sollten sich mit dem Thema beschäftigen und versuchen zu verstehen, was da gerade passiert. Es geht eher um die Prinzipien und den Paradigmen-Wechsel. Wenn man das erlernt hat, gibt das Sicherheit. Klar ist: Seitdem ChatGPT viral ging, ist die Innovations-Geschwindigkeit wahnsinnig hoch. Was morgen ganz genau passiert, kann niemand wirklich vorhersagen.
In welcher Form spielt der AI-Act der Europäischen Union bei der Entwicklung und Nutzung von KI-Systemen in Europa eine Rolle?
Über den AI-Act spreche ich nicht so gerne. Ich finde, dass er zu oft als Ausrede genutzt wird. Wenn wir mit der Motivation herangehen, bloß keine Fehler zu machen und uns an potenziell gefährlichen juristischen Fallstricken orientieren, werden wir keine Innovationen produzieren. Wir brauchen bei einer neuen Basis-Technologie wie KI große Investitionen und ganz viel Mut! Mein persönlicher Ansatz ist: Erstmal machen und dann nachjustieren. Eine Innovation, die vorher durch Gesetze und Einschränkungen eingerahmt wurde, ist wahrscheinlich per Definition gar keine Innovation. Deshalb: Den AI-Act kennen, aber nicht zu viel darüber nachdenken und KI mehr und mehr nutzen, egal ob im Office, in der Fläche (zum Beispiel im Handel) oder in der Produktion und Logistik. Das Potenzial ist enorm.
Kirstin Borgwardt
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