KI-Fertiglösungen

Künstliche Intelligenz von der Stange

Künstliche Intelligenz in meinem Unternehmen? Dafür braucht es Heerscharen an Programmierern und IT-Profis. Oder? 65 Prozent der deutschen Unternehmen setzen einer Studie zufolge beim Einsatz von KI bereits auf Fertigbausteine und Komplettlösungen.
Um die Verbreitung von künstlicher Intelligenz in der Wirtschaft zu erfassen, hat die Wirtschaftsberatung Deloitte in ihrer Studie “State of AI in the Enterprise Survey” 100 Entscheider aus deutschen Unternehmen befragt. Ergebnis: Nur wenige Firmen implementieren KI-Technologien mit hauseigenen Kräften. Zwei von drei Unternehmen kaufen stattdessen Artificial Intelligence as a service - KI von der Stange.
KI werde immer häufiger Teil eines Dienstes sein, den sich ein Betrieb einkaufe, weiß auch Jonas Mielck von Kiel.AI und Geschäftsführer der StackOcean GmbH in Kiel. “Es gibt schon gute KI-Fertiglösungen, die in vielen Branchen und mit geringerem Individualisierungsaufwand eingesetzt werden können”, sagt Mielck.
Speech-to-Text
Gerade im Bereich der automatischen Spracherkennung sei die Software schon breitentauglich und erschwinglich. Beispiel: das Abtippen von Interviews. “Eine Speech-to-Text-Software konvertiert Audio und Sprache sekundenschnell in Text - inzwischen auch sehr treffsicher”, erklärt Mielck, dessen Unternehmen sich auch mit Spracherkennungssoftware beschäftigt. Langweilige, zeitaufwendige sowie wiederkehrende Aufgaben automatisieren und vereinfachen - das ist das Ziel solcher Lösungen. Das gilt auch für die Sentiment-Analyse, auf Deutsch: Tonalitätsanalyse. Dabei analysiert eine KI die Gemütslage des Textverfassers. Mit ihrer Hilfe kann etwa in Social-Media-Beiträgen die Stimmung erkannt werden und den Nutzern können passende Produkte oder Leistungen empfohlen werden.
Software zur Text- und Bilderkennung ist auch im Privaten schon verbreitet. Im gewerblichen Bereich etabliert sich immer stärker die Robotic Process Automation (RPA). Vor allem in Deutschland nutzen laut Deloitte 67 Prozent der befragten Unternehmen RPA. Dabei handelt es sich um Software-Roboter, die regelbasiert hochvolumige, strukturierte Geschäftsprozesse vollautomatisiert bearbeiten. Dies kann etwa die Analyse offener Bestellungen oder die Identifikation von Preisabweichungen im Controlling und Reporting sein.
Mielck ist überzeugt, dass es keinen Betrieb gibt, für den das Thema nicht spannend wird - und wenn es beim Friseursalon um die Automatisierung des Anrufbeantworters mit Terminvergabe geht. Aber er warnt vor zu hohen Erwartungen: “Immer da, wo es in komplexe und betriebsspezifische Bereiche geht, hilft noch kein Produkt von der Stange.” Mielck empfiehlt, sich vor der Anschaffung mit Experten zu beraten.
Karsten von Borstel