Digitale Geschäftsmodelle

Völlig neue Schnittstellen

Während viele noch über die Digitalisierung diskutieren, machen es drei Unternehmen aus Schleswig-Holstein erfolgreich vor. Sie haben Innovationen auf den Markt gebracht und zeigen, wie man durch digitale Produkte Geschäftsprozesse entscheidend verbessern kann.
Mit einem ganz besonderen Clou hat die eyefactive GmbH aus Wedel weltweit auf sich aufmerksam gemacht. Das Start-up hat eine bislang einzigartige Technologie für mehrere Meter große Touchscreens entwickelt: Beliebig viele Nutzer können die Displays auf interaktiven Tischen und Wänden dank Multitouch-Technologie gleichzeitig bedienen. Zum Einsatz kommen die auf Wunsch auch geschwungenen Touchscreens laut Geschäftsführer Matthias Woggon meistens als Marketinginstrument. Unternehmen können ihre Produkte auf Messen, Events und am Point of Sale multimedial darstellen. Ladenkunden halten Artikel an die Screens und erhalten dank innovativer Objekterkennung entsprechende Produktinfos multimedial angezeigt. Die Einsatzmöglichkeiten sind laut Woggon vielfältig: "Händler können ihr Sortiment virtualisieren, das sie gerade nicht im Bestand haben. Touchscreens in Schaufenstern können zudem Öffnungszeiten digital verlängern, indem Kunden nachts an der Fensterscheibe Produkte bestellen." Neben Hardware entwickelt eyefactive auch Apps für Touchscreens aller Hersteller. "Wir bieten unseren Kunden generische Apps an, die sie nach individuellen Vorstellungen anpassen können."
Vernetzte Geräte 
Mit sogenannten Mobile Medical Apps 4.0 entwickelt die Lübecker MT2IT GmbH & Co. KG mobile Lösungen für die IT-gestützte Gesundheitsversorgung. Das Besondere: Die Apps sind auf die individuellen Bedürfnisse des Patienten zugeschnitten. Im Operationssaal vernetzten sich Geräte wie Patientenmonitore, Anästhesie- und chirurgische Schneidegeräte und liefern nutzerspezifische Informationen auf die mobilen und zentralen Endgeräte der Chirurgen und Anästhesisten. "Die Idee ist, intuitive Bedienschnittstellen zwischen medizinischen Geräten und Akteuren zu schaffen. Dahinter steht eine softwarebasierte Plattform, auf der verschiedene Apps gleichzeitig laufen. Der sichere Zugang erfolgt über den Browser", sagt Geschäftsführer und Entwickler Professor Dr. Jörg-Uwe Meyer. Auch im Wundmanagement kommen die Apps zum Einsatz. Hier bestehe großer Bedarf, da Patienten mit chronischen Wunden oft parallel in Krankenhäusern, von Pflegediensten und Hausärzten versorgt werden. "Diese wissen oft gar nicht, wie der Patient zuletzt behandelt wurde. Die App macht diese Informationen unmittelbar verfügbar: Die Fachkraft authentifiziert sich vor Ort und erhält die Daten, die sie zur Versorgung benötigt - und pflegt wiederum neu erzeugte Daten und Fotos der Behandlung ins System ein."
Keine Packfehler
Bäckereien und Konditoreien in nahezu ganz Schleswig-Holstein und Dänemark beliefert die BÄKO Schleswig Holstein eG mit Lebensmitteln und Zubehör. Die Genossenschaft aus Kropp im Kreis Schleswig-Flensburg hat mit einer Pick-by-Voice-Lösung einen papierlosen Bestellprozess eingeführt. "Die Bestellungen laufen direkt auf die Headsets unserer Kommissionierer. Sie bekommen nur noch den Kundennamen, den vereinbarten Ladungsträger, die Auslastung der Palette und den Standort aufs Ohr", sagt Geschäftsführer Matthias Retzlaff. Mehr als 8.000 Artikel auf 7.000 Quadratmetern mussten vor der Umstellung neu erfasst werden. Die Digitalisierung habe sich aber gelohnt. "Wir haben seitdem keine Packfehler mehr. Der Computer weiß genau, in welcher Reihenfolge etwas auf die Palette muss." Zuvor habe jeder Mitarbeiter in seiner eigenen Reihenfolge gepackt, was manchmal zu Fehlern geführt habe.
Benjamin Tietjen
Veröffentlicht am 2. Juni 2017