Kiel: Digitalbildung

Morsecode und Mini-App: IT-Kompetenz in die Schulen

Im Rahmen von IT2School ist eine erste Lernpartnerschaft zwischen Wirtschaft und einer Schule vorgestellt worden: Danfoss Power Solutions und die Hans-Böckler-Schule wollen junge Menschen mit der Bildungsinitiative für die IT begeistern. Zeit für einen Unterrichtsbesuch. 
Immer wieder blinkt die kleine Glühbirne rhythmisch auf, wenn Pharell und Oskar mit dem Finger auf die Büroklammer tippen. Die beiden Zehntklässler senden sich gegenseitig mit dem Morsecode ihre Vornamen zu. "Gar nicht so leicht", sagt Oskar, und gibt zu, dass ihn diese “veraltete Technik” nicht so begeistern würde, wenn das Zusammenschrauben vorab nicht gewesen wäre. Pharell Nils und Oskar Gajewski sind Schüler an der Hans-Böckler-Schule. Die beiden haben in den vergangenen Wochen einen Do-it-yourself-Morseapparat gebaut. Der besteht aus zwei Batterien, Büroklammern, Klebeband und etwas Draht. Pharell sagt, der Reiz liege für ihn darin, etwas selbst zu schaffen, „selbstwirksam“ zu sein. Nur auf Basis eines solchen Morseapparats sei die Entwicklung des Smartphones erst möglich gewesen, sagt er und deutet in Richtung seines Handys. "Hier in diesem Projekt sind wir selbst verantwortlich, dürfen ausprobieren und es den anderen am Ende vorstellen. Das fehlt uns sonst im Unterricht total. So sollte Schule viel öfter sein."  

Bildungsinitiative vermittelt Verständnis für IT 

Die IHK zu Kiel hat eine Kooperation mit der Wissensfabrik geschlossen. Der Verein setzt sich dafür ein, MINT-Bildung nicht nur als Wissensvermittlung zu sehen. Vielmehr sollen Kinder und Jugendliche Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik (kurz: MINT) erleben und begreifen können. IT2School – Gemeinsam IT ist ein Bildungsprojekt unter diesem Dach, das Kindern und Jugendlichen ein Verständnis von Informationstechnologie vermittelt. Anhand technischer Aufgaben, wie einfaches Programmieren oder QR-Codes erstellen, können sie zudem IT-Systeme erforschen und entdecken. Das 2016 ins Leben gerufene Projekt bietet dazu verschiedene digitale und analoge Lernmodule mit hohem Praxiswert an. Das Basismodul „Internetversteher“ erklärt zum Beispiel mit Pappaufstellern, wie Informationen im World Wide Web übertragen werden. Mit dem Modul „Mein Anschluss“ können Schülerinnen und Schüler nachvollziehen, wie aus Stromimpulsen Buchstaben werden. Alle Module sind in der Grund- und weiterführenden Schule einsetzbar.   
Thore Hansen, Bildungsexperte der IHK zu Kiel, macht deutlich, warum die IHK das Projekt unterstützt sowie Unternehmen und Schulen dafür anwirbt: „Die Medien- und Digitalkompetenz wird altersmäßig gefördert. Auch Lehrkräfte ohne IT-Fachkenntnisse können dank pädagogischer Lernkonzepte und Materialien das Projekt leiten. Das Thema IT wird den Heranwachsenden schon frühzeitig und zum Anfassen nähergebracht. Solange wir in Schleswig-Holstein noch kein flächendeckendes Pflichtfach Informatik haben, kann IT2School die digitale Bildung in Schulen unterstützen und dazu beitragen, auf das Leben und Arbeiten in einer digitalisierten Welt vorzubereiten.“  

Stellenwert der MINT-Berufe fördern 

Jan Widderich, Ausbildungsleiter der Firma Danfoss Power Solutions, erläutert die Intention, sich in der Lernpartnerschaft zu engagieren: „Als Industrie-Unternehmen (Danfoss Power Solutions) am Standort in Neumünster wollen wir mit den Schulen gemeinsam Verantwortung übernehmen. Durch die Unterstützung des IT2School Projekts verbessern wir den Austausch und die Zusammenarbeit mit der Hans-Böckler-Schule und können bei den Schülerinnen und Schülern den Stellenwert der MINT-Berufe fördern.“  
Matthias Langecker, Lehrkraft an der Hans-Böckler-Schule, berichtet aus Sicht der Schule: „Wir sind froh, dass die Hans-Böckler-Schule die Möglichkeit bekommen hat, im Rahmen unserer Kooperation mit der Firma Danfoss an dem Projekt IT2School teilzunehmen. In der praktischen Umsetzung des Bildungsprojektes ist mir als Lehrkraft besonders aufgefallen, dass die Schülerinnen und Schüler ohne große Vorkenntnisse schnell in die einzelnen Module einsteigen konnten und dass der hohe Anteil praktischer Übungen eine starke Motivation ausübte, sich intensiver mit den angebotenen Themen auseinanderzusetzen. Das Projekt macht ihnen deutlich, wie wichtig Informationstechnik im Alltag ist und dass sich in diesem Bereich ein weites Berufsfeld aufspannt.”  
Thore Hansen betont, dass gerade für MINT-Berufe wie IndustriemechanikerIn, ElektronikerIn für Betriebstechnik oder ZerspanungsmechanikerIn die Nachwuchssuche schwierig geworden sei. Während die Zahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge noch unter dem Vor-Corona-Niveau liegt, bewerten 63 Prozent der Unternehmen den Fachkräftemangel laut IHK-Konjunkturumfrage als Geschäftsrisiko. Für Schleswig-Holstein prognostiziert die Fachkräfteprojektion eine Fach- und Arbeitskräftelücke von mehr als 180.000 Stellen im Jahr 2035. Ein besonderer Engpass sei in den technischen Berufen zu erwarten, die für die Energie- und Mobilitätswende benötigt werden. „Die IHK zu Kiel sieht in diesem Projekt eine Stellschraube, um Werbung für die MINT-Berufe und die Duale Ausbildung zu machen und damit dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken“, so Hansen.  

App-Mini-Spiel als Unterrichtsprojekt  

Jaeden Reimers bewegt das Touchpad seines Tablets geschickt, sodass immer nur die herunterfallenden Äpfel in eine Schale fallen. Am Modul 5, dem Programmieren, durften sich Jeaden und seine Mitschülerin Novalie Thomaka im Unterricht ausprobieren. Die beiden haben mit dem IT2School-Baukasten eine App programmiert – ein Mini-Spiel, in dem mit einer digitalen Schale bestimmte Gegenstände eingefangen werden müssen. "Wir haben 4 bis 6 Stunden mit der Programmierung verbracht, und es macht echt Spaß. Die praktische Arbeit macht den Unterschied: Sich selbst etwas beizubringen und nicht stumpf von der Tafel abzuschreiben", sagt Jaeden. Sie könne sich eine berufliche Zukunft in einem MINT-Beruf noch nicht vorstellen, aber Zugang zu IT und Technik zu erhalten, sei grundsätzlich wertvoll, sagt Novalie. "Interesse hat das Projekt auf jeden Fall bei mir geweckt. Mal schauen, wozu das am Ende noch gut ist", sagt sie.  

Interesse, mitzumachen? 

Die Kooperation mit Unternehmen ermöglicht Schulen die kostenlose Teilnahme und bietet Lehrkräften Einblicke in die Digitalisierung der Arbeitswelt. Interessierte Unternehmen, die daran mitwirken wollen, eine digital- und medienkompetente Generation zu entwickeln, können sich bei der IHK zu Kiel melden.