IHK-Magazin

Ausbildung beim Weltmarktführer

Hier entsteht der Standard von morgen: thyssenkrupp Marine Systems ist mit rund 7.500 Mitarbeitenden eines der weltweit führenden Marineunternehmen und als Systemanbieter im Unter- und Überwasserschiffbau sowie im Bereich maritimer Elektronik und Sicherheitstechnologie tätig. Jährlich starten mehr als 90 Auszubildende und Dual Studierende in Kiel beim Traditionsunternehmen. Aber was genau macht die Ausbildung so einzigartig?
„Wir haben richtig coole Ausbilder“, sagt Cem Selvi, Ausbildungsleiter bei thyssenkrupp Marine Systems, begeistert. „Sie punkten mit ihrer Art und Persönlichkeit und motivieren Auszubildende und Studierende gleichermaßen während ihrer Ausbildung in den unterschiedlichsten Stationen des Unternehmens.“ Der zwischenmenschliche Aspekt spiele für Schülerinnen und Schüler neben einem zukunftssicheren Arbeitsplatz die größte Rolle. „Auch deswegen rekrutieren wir beispielsweise auf Messen sehr persönlich, sind mit einem jungen Team unterwegs und geben den Schülern das Gefühl: Du wirst gesehen“, sagt der 40-Jährige, der seit 2018 die derzeit mehr als 260 Auszubildenden und dual Studierenden im Betrieb betreut. Sie teilen sich auf in 13 Berufe und neun Studiengänge, darunter in den gewerblich technischen Zweigen und kaufmännischen Berufen wie Industriemechaniker im Maschinen- und Anlagenbau, Anlagenmechaniker für Rohrsystemtechnik oder Industriekaufleute oder Studienfächern wie Wirtschaftsingenieurwesen und Maschinenbau. Die Ausbildungsplätze füllt das Unternehmen nach eigenem Bedarf. Cem Selvi erklärt: „Fachkräfte brauchen wir in allen Bereichen. Wir bieten nach der Ausbildung in fast jedem Fall, persönliche und fachliche Eignung vorausgesetzt, eine unbefristete Übernahme an. Denn die vielen jungen Talente tragen dazu bei, dass wir auch in Zukunft ein echtes Maritime Powerhouse sind.“
Wer bei thyssenkrupp Marine Systems arbeitet, bleibt oft bis zur Rente. Keine Seltenheit, da einige Projekte mehr als 20 oder 30 Jahre betreut werden müssen. So hält sich der feste Mitarbeiterstamm in Kiel von rund 3.500 Personen. In 2023 starteten 79 Auszubildende und zwölf dual Studierende bei Marine Systems und werden von einem zehnköpfigen Ausbildungsteam  betreut. „Wir starten in der Ausbildung mit einer Kennenlernfahrt für alle. Dann geht es in die Grundausbildung in der Azubiwerkstatt bis zum Jahresende, bis wir sie auf ihre spezifischen Bereiche verteilen. Dort werden sie direkt in alle Prozesse integriert“, erklärt der Ausbildungsleiter. Die Berufsbilder sind gemischt besetzt, doch der Anteil von Frauen in der Technik steige jährlich. „Derzeit lernen etwa 18 Frauen in den technischen Berufen, das sind doppelt so viele wie 2022. Insgesamt können wir unseren Frauenanteil in den technischen Feldern im ganzen Unternehmen kontinuierlich steigern.“
Frauenförderung ist dem Unternehmen wichtig. So schuf Cem Selvi zum Beispiel das Netzwerk Mädchen-Talente-Technik und lässt die weiblichen Auszubildenden eigenständig den jährlichen Girl´s Day gestalten. Das Engagement zahlt sich aus: „Die weiblichen Azubis haben fantastische Ideen. Wir lassen ihnen freie Hand und unterstützen nur, wenn sie es brauchen. Diese hohe Eigeninitiative, dieses Engagement ist mir nicht nur im Job selbst, sondern schon vor der Einstellung der Azubis am wichtigsten“, sagt er. Dabei schaut er nicht nur auf Zeugnisse und Zertifikate, sondern auchauf außerschulische Leistungen. Wer bei der Freiwilligen Feuerwehr, dem THW oder im Sportverein ehrenamtlich aktiv ist, habe bei ihm ein Stein im Brett. „Wer dazu offen und wertschätzend ist und Lust auf das Handwerk hat, findet bei uns eine Perspektive. Wir können so individuell auf unsere Bewerber schauen, weil wir unser gesamtes Recruiting selbst verantworten.“
Seine Leidenschaft für das Unternehmen und den Ausbildungsbereich kann Cem Selvi seit 20 Jahren ausleben: Der dreifache Familienvater machte 2004 seine eigene Ausbildung zum Elektroniker für Betriebstechnik bei thyssenkrupp, setze einen staatlich geprüften Techniker obendrauf und wurde 2018 Leiter der „Young Talents“. Dankbarkeit für seinen Beruf begleite ihn jeden Tag, sagt er. „Ich bin lange  mit dem Unternehmen verbunden, schon mein Vater hat 47 Jahre auf der Werft gearbeitet und ich spüre sehr viel Rückendeckung für unsere Themen von Seiten der Geschäftsführung – das motiviert mich.“
Sind es also hauptsächlich Wertschätzung, Du-Kultur, Übernahmechancen und eine sehr gute Vergütung, die die Auszubildenden zu thyssenkrupp bringen? Für den 31-jährigen Auszubildenden Oguzhan, angehender Zerspanungsmechaniker, zählt auch die reguläre 35-Stunden-Woche bei 30 Urlaubstagen zu den Benefits, denn so kann er als Familienvater seine Arbeitszeit gut in den Alltag integrieren. Der gebürtige Kieler hat zu thyssenkrupp, wie sein Ausbildungsleiter, familiäre Bindungen – und die Faszination für U-Boote. „Es macht Spaß, Teil dieser großen Produktion zu sein,“ sagt Oguzhan. „In Zukunft möchte ich unbedingt die U-Boot-Ausrüstung mitgestalten.“ Die dreimonatige Grundausbildung hat er bereits hinter sich, inklusive der Kurse an der Drehbank. Beeindruckt habe ihn, was er bereits nach kurzer Zeit schaffen konnte. „In der Metallwerkstatt haben wir zum Ende der Grundausbildung ein Werkstück hergestellt. Es war ein tolles Gefühl, den fertiggestellten Schraubstock in der Hand zu haben.“ Eigentlich ist Oguzhan bereits Fachkraft für Möbel-, Küchen- und Umzugsservice, auch bei der Bundeswehr verpflichtete er sich einige Jahre, ehe er sich entschloss, bei thyssenkrupp in einer anderen Fachrichtung einen beruflichen Neuanfang zu wagen. Die intensive Betreuung begann schon einige Monate vor Ausbildungsstart. „Im Mai machen wir ein Pre-Boarding für die neuen Azubis“, erklärt Cem Selvi. „Wir laden die Azubis zu Pommes und Co. ein, sie lernen sich kennen, bilden erste Gruppen. Wir zeigen mit diesem Format auch den Eltern der Azubis, dass wir daran interessiert sind, frühzeitig die neuen Azubis an das Unternehmen zu binden und sie in die neuen Strukturen zu integrieren.“
Die Verbindung ins Elternhaus spiele eine entscheidende Rolle bei der Berufswahl junger Menschen, so der Ausbildungsleiter. Für das Recruiting auf Messen hat er sich daher eine Besonderheit ausgedacht, die jetzt deutschlandweit bei thyssenkrupp eingesetzt wird: die Joker-Karte. „Fällt ein Schüler bei einer Messe positiv auf, zeigt Engagement und Interesse, können wir eine Joker-Karte mit dem Namen des Schülers und unserem Stempel verteilen. Diese Karte können die Schüler ihrer Bewerbung beilegen, sie werden dann automatisch zum Einstiegstest eingeladen“, erklärt Cem Selvi.
Keinen Anschub aus dem Elternhaus brauchte dagegen Auszubildende Sophia: Als angehende Konstruktionsmechanikerin für Schiffbau und Metall kann die 18-Jährige ihren Wunsch, handwerklich zu arbeiten, verwirklichen. „Ich wollte immer etwas mit den Händen schaffen. Hier an den Schiffen und U-Booten mitzubauen, fasziniert mich.“ Im ersten halben Jahr ihrer Ausbildung, die sie im September 2023 startete, konnte sie bereits die Grundlagen der Metallverarbeitung erlernen. „Bald steht der Schweißkurs an“, sagt sie, „darauf bin ich sehr gespannt, denn damit lege ich weitere Grundlagen, um Schiffbauteile zu fertigen.“ Die Arbeitshallen, in denen sie täglich unterwegs ist, beeindrucken die Abiturientin. „thyssenkrupp Marine Systems ist ein guter Arbeitgeber, gerade für Azubis“, findet sie. „Wir werden sehr gut bezahlt, sind eine große Gruppe unterschiedlichster Personen und können viele Möglichkeiten nutzen, um unsere Fähigkeiten auszubauen.“ Auch daher würde sie ihre Ausbildung so zusammenfassen: „Erfahrung mit Mensch und Spitzen-Technik.“ Zwar hat Sophia noch rund zweieinhalb Jahre vor sich, doch sie kann sich bereits vorstellen, ihren Meister oder Techniker zu machen und anschließend zu studieren.
Gefüllte Auftragsbücher, ein steigender ziviler Sektor, die Kernsanierung der neuen Azubiwerkshalle: Die Zukunft für thyssenkrupp Marine Systems sieht rosig aus. Auch Cem Selvi blickt begeistert auf die kommenden Jahre: „Wir werden nach der Fertigstellung der Sanierungsarbeiten  noch mehr Raum für unsere Azubis haben. Neben den laufenden Projekten setzen wir mit der Gründung unserer neuen Unternehmenseinheit NXTGEN auch neue Akzente im zivilen Bereich und werden hierdurch unser Profil, ein attraktiver Arbeitgeber in der Region zu sein, weiter stärken können.“
Autorin: Julia Romanowski