IHK & Region | 07.11.2023

Der einzige nachwachsende Rohstoff

„Jetzt die Kurve kriegen“ lautete der Titel einer Veranstaltung des Fraunhofer IAO-Forschungszentrums KODIS in Heilbronn, unterstützt von Audi und der IHK Heilbronn-Franken. Gemeint war die Wirtschaft und deren Sorgen, bei den großen Zukunftsthemen aus der Spur zu geraten. Doch der Abend auf dem Bildungscampus in Heilbronn war auch dazu da, Zuversicht zu verbreiten. Von Andreas Lukesch
Der Journalist und Medienschiff-Gründer Gabor Steingart steht nicht im Verdacht, der Politik das Wort zu reden. Und so sparte er als Keynote-Speaker der Fraunhofer-Veranstaltung „Jetzt die Kurve kriegen – Können regionale Unternehmen die gleichzeitigen Herausforderungen von Digitalisierung, Bürokratie und Ökologie meistern?“ nicht mit Kritik an der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung im Land. Doch der Pioneer-Chef, Podcaster und erfolgreiche Newsletter-Autor war auch gekommen, um Zuversicht zu verbreiten, Mut zu machen und die Zukunftschancen vor allem am Standort Heilbronn hervorzuheben. Einer Region, in der genau das gefördert und vorangetrieben werde, auf das es in Zukunft ankomme: Digitalisierung und Künstliche Intelligenz.
„Deutschland hat gut ausgebildete Menschen und damit die Voraussetzungen, bei der Digitalisierung eine herausragende Rolle zu spielen“, sagte Steingart und schränkte zugleich ein: „Digitalisierung muss aber richtig gemacht werden, mutig voran und erstmal ohne Regulierung.“ Die digitale Transformation sei richtig und wichtig, „aber sie bedeutet noch kein Wachstum“. Dazu braucht es laut Steingart mehr und eine Ressource, auf die der Wirtschafts-Journalist ganz besonders setzt: „Familienunternehmen sind der einzige nachwachsende Rohstoff, den wir haben. Familienunternehmen können die Vitalisierung des Landes betreiben.“
Die Unternehmen brauchen eine klare Agenda

Elke Döring, IHK-Hauptgeschäftsführerin

Eine Auszeichnung, die in einer mittelstandsgeprägten Region auf breite Zustimmung stößt, zugleich aber auch die Herausforderung beschreibt. „Die aktuelle Wirtschaftslage der regionalen Unternehmen ist überwiegend zumindest zufriedenstellend“, hob IHK-Hauptgeschäftsführerin Elke Döring in der anschließenden Podiumsdiskussion hervor. „Aber die Stimmung ist über alle Branchen hinweg schlecht. Den Betrieben reicht allein das Krisenmanagement der Politik nicht mehr aus. Sie brauchen ein Aufbrauchsignal, eine klare Agenda.“
Die Forderung bekräftigte Unternehmerin und Stimme der jungen Unternehmer, Sarna Röser, nur allzu gern. Sie forderte ihre Kolleginnen und Kollegen auf, sich nicht länger in traditioneller Zurückhaltung zu üben, sondern ihre Forderungen auch auf die Straße zu bringen. „Es ist nicht unser Stil, mit Traktoren auf die Straßen zu ziehen, aber jetzt geht es darum, unsere Forderungen lautstark und öffentlich zu artikulieren.“ Wie das aussehen kann, würden die Jungen Unternehmer bei einer Kundgebung im November vor dem Brandenburger Tor demonstrieren.
Sich zu Wort melden, war die eine Botschaft des Tages, die andere war, Chancen zu ergreifen. Dr. Bernd Bienzeisler, Leiter des Forschungszentrums KODIS am Fraunhofer IAO in Heilbronn, warb für eine „Anreizkultur“, die mehr Unternehmen dazu bewegt, in neue Technologien zu investieren, auch wenn sich die Investitionen zeitlich unbestimmt und möglicherweise an ganz anderer Stelle auszahlen. „Vielen Betrieben fehlt noch der Mut, Nachhaltigkeit und Digitalisierung zusammen voranzutreiben. Aber sie werden es müssen, um voranzukommen.“
Prozesse, die große Konzerne massiv vorantreiben, etwa die Volkswagengruppe, dessen Head of Digital Production, Frank Göller, die massiven Veränderungen der Produkte und Arbeitsplätze beschrieb, aber auch die Kooperationen von Unternehmen bei der Entwicklung neuer Technologien. Digitale Ökosysteme, die, wie in Heilbronn, der aktuellen Hauptstadt digitaler Innovationen, Forschung und Entwicklung mit den realen Anforderungen in den Unternehmen zusammenbringen und dabei, nicht zuletzt durch den von der IHK mit angestoßenen Dialog Zukunft, alle Menschen in Heilbronn-Franken mitnimmt.
Dass die Region entschlossen ist, bei der Entwicklung eine Führungsrolle zu übernehmen, zeigte schon im Foyer der Aula auf dem Bildungscampus das Modell des künftigen KI-Innovationsparks IPAI in Heilbronn – tief beeindruckend, wie Gabor Steingart anmerkte.
Andreas Lukesch
Leiter Marketing & Kommunikation und Pressesprecher