Pressemitteilung vom 21. Oktober 2022

Konjunkturerwartungen fallen auf Allzeittief

Wirtschaft steht vor enormen Herausforderungen
Die wirtschaftliche Situation in der Region hat sich merklich verschlechtert, das geht aus der aktuellen Umfrage der Industrie- und Handelskammer (IHK) Koblenz hervor. Der IHK-Konjunkturklimaindex, der als Stimmungswert sowohl die Geschäftslage als auch die Geschäftserwartungen der regionalen Wirtschaft abbildet, bricht weiter ein. Im Vergleich zur Vorumfrage im Frühsommer gibt der Index erneut um 20 Punkte nach und fällt mit 72 Punkten auf ein Allzeittief.
Laut der aktuellen Umfrage, die sich auf Antworten von 385 Betrieben mit rund 50.000 Beschäftigten im IHK-Bezirk Koblenz stützt, sind die Geschäftserwartungen der befragten Unternehmen mit minus 52 Punkten pessimistisch, die Mehrheit (58 Prozent) erwartet in den kommenden sechs Monaten schlechtere Geschäfte.
„Der Klimaindex und die Geschäftserwartungen verschlechtern sich erneut dramatisch, Angst über den Fortgang des russischen Krieges in der Ukraine und damit einhergehend eine unsichere Energieversorgung und -preisentwicklung, lassen die Werte drastisch absacken", so Arne Rössel, Hauptgeschäftsführer der IHK Koblenz. "Die Wirtschaft braucht nun mehr denn je verlässliche und international wettbewerbsfähige Rahmenbedingungen und Orientierung, etwa durch die zügige Umsetzung der grundsätzlich guten Vorschläge der Gaskommission in Gesetze. Ebenso müssen unverzüglich alle verfügbaren Kapazitäten zur Energieerzeugung ans Netz", ergänzt Rössel.
Mehrheit rechnet mit Gewinneinbußen
Die aktuelle Geschäftslage wird von 78 Prozent der Unternehmen mit gut oder befriedigend bewertet, wobei im Vergleich zur Vorumfrage eine Verschiebung von "gut" zu "befriedigend" erkennbar ist. 22 Prozent beurteilen ihre Geschäftslage als schlecht. Dieser Wert ist im Vergleich zum Frühsommer um zwei Prozent leicht gestiegen, mit plus neun Prozent verbleibt die Geschäftslage im positiven Bereich. Ausgenommen hiervon sind Einzel- und Großhandel, deren Lage leicht negativ bewertet wird. Hier macht sich vermutlich bereits eine allgemeine Konsumzurückhaltung bemerkbar.
Die Geschäftserwartungen für die kommenden sechs Monate werden von 58 Prozent der Unternehmen schlecht bewertet, 36 Prozent haben gleichbleibende Erwartungen und nur sechs Prozent erwarten eine bessere Geschäftslage. Die Geschäftserwartungen in Industrie, Handel und Dienstleistungen sind sehr düster. Dort werden überwiegend schlechtere Geschäfte erwartet, dies gilt auch für die Industrie.
"Die gesamtwirtschaftlich wichtigen Wachstumsimpulse aus der Industrie sind aktuell sehr schwach, das zeigt sich sowohl bei den Geschäfts- und Exporterwartungen, als auch bei den Investitions- und Beschäftigungsabsichten, die allesamt negative Salden erreichen", fasst Rössel zusammen.
Weniger Investitionen, aber kaum Kündigungen
Die Beschäftigungsabsichten der Unternehmen sind leicht verringert. Gemessen an den sehr schlechten Geschäftserwartungen ist dieser Wert aber nur moderat gesunken (minus vier Prozent auf nun im Saldo minus sieben Prozent). Das deutet darauf hin, dass die Unternehmen angesichts des Fachkräftemangels ihre Belegschaften halten wollen.
Die Investitionsneigung ist insgesamt rückläufig (im Vergleich zur Vorumfrage von minus neun Prozent auf nun null Prozent) und von Zurückhaltung und Vorsicht geprägt. Beherrschende Investitionsmotive sind gegenwärtig Ersatzbeschaffungen und mit einigem Abstand Rationalisierung und Umweltschutz. Investitionen in expansive Produktinnovationen und Kapazitätserweiterungen bleiben dahinter zurück.
Das Ranking der Konjunkturrisiken wird angeführt von den Energiepreisen (84 Prozent), gefolgt vom Fortgang des russischen Krieges in der Ukraine und den Rohstoffpreisen (jeweils 64 Prozent), dem Inlandsabsatz (56 Prozent) und dem Fachkräftemangel (51 Prozent).
Unternehmen leiden unter unsicherer Energieversorgung und -preisentwicklung
Als Reaktion auf die gestiegenen Energiepreise geben 64 Prozent der Unternehmen die Preise an die Kunden weiter, 40 Prozent investieren in Energieeffizienz. Die Reduzierung der Produktion (13 Prozent) und das Ausweichen auf andere Energieträger (14 Prozent) ist weniger verbreitet. Vier Prozent der Unternehmen geben an, die Produktion zu verlagern.
Mit Blick auf die Energiekrise richtet Rössel klare Forderungen an die Politik:
"Die Wirtschaft steht unter massivem Druck und sieht sich einem sehr gefährlichen Risikomix gegenüber, der schon jetzt massiv auf die Geschäftslage und -erwartungen drückt. Es muss nun ohne jede Ideologie alles drangesetzt werden, die Energieversorgung und die Energiepreise in den Griff zu bekommen. Dafür ist zunächst eine schnelle Umsetzung der Strom- und Gaspreisbremse essenziell. Langfristig ist zudem eine Überarbeitung der Besteuerung von Energie dringend nötig."
Durchgeführt wurde die Umfrage vom 27. September bis 18. Oktober 2022. An der Umfrage der IHK Koblenz haben 385 Unternehmen mit rund 50.000 Beschäftigten teilgenommen.