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Beste Karrierechancen mit einer Ausbildung
Die IHKLW verzeichnet mehr als 2.600 neue Ausbildungsverträge. Noch sind viele Lehrstellen unbesetzt, junge Menschen können sich nach wie vor bewerben.
Wenn Sönke Feldhusen einen Blick auf die aktuellen Ausbildungszahlen wirft, sorgt das bei dem Ausbildungsexperten unserer IHK Lüneburg-Wolfsburg (IHKLW) für ein geteiltes Stimmungsbild. 2.619 neue Ausbildungsverträge zählte die IHKLW-Statistik zum 31. Juli, 5,1 Prozent mehr als im Vorjahr. Aktuellere Zahlen liegen – dem Cyber-Angriff auf die IHK-Organisation (S. 28) geschuldet – noch nicht vollständig vor. „Es sieht allerdings danach aus, dass wir uns bei den gewerblich-technischen Berufen wieder dem Vor-Corona-Stand von 2019 annähern, bei den kaufmännischen Berufen sind wir davon noch deutlich entfernt.“
Jeder zweite Betrieb kann nicht alle Ausbildungsplätze besetzen
Das klingt nach keinem ganz schlechten Fazit, dennoch: Es reicht nicht aus. „Um die nach und nach aus dem Arbeitsleben scheidenden, geburtenstarken Jahrgänge zu ersetzen, müsste mehr ausgebildet werden“, sagt Feldhusen. „Doch fast jeder zweite Betrieb konnte nicht alle Ausbildungsplätze besetzen. Die Schülerzahlen sinken und nach wie vor entscheiden sich zu wenig junge Menschen für eine berufliche Ausbildung.“ Zu viele von denen, die rein theoretisch für eine berufliche Ausbildung infrage kämen, wählen ein Studium. Oft raten Eltern dazu, weil sie sich bessere Karriereperspektiven für ihre Kinder erhoffen. Für viele junge Menschen erweist sich das aber nicht als der richtige Weg, immerhin brechen 25 bis 30 Prozent ihr Studium später ab.
Erst Ausbildung, dann Abschluss auf Masterniveau
„Mit einer beruflichen Ausbildung und anschließender Weiterbildung können junge Menschen berufsbegleitend einen Abschluss auf Bachelor- oder Masterniveau erreichen. Auch ist die Ausbildung wie ein Studium in viele Tätigkeitsfelder anschlussfähig“, betont Feldhusen. Der Hauptunterschied sei, dass bei der Ausbildung dicht an der Praxis gelernt werde.
„Wer die duale Ausbildung wählt, lernt und sammelt gleichzeitig Berufserfahrungen. Und wer in der Praxis kennengelernt hat, wo die eigenen Stärken und Interessen liegen, geht zielstrebiger seinen Weg“, stellt der IHK-Ausbildungsexperte fest. „Für Unternehmen sind diese Absolventen meist viel wertvollere Fachkräfte, weil sie neben der Theorie bereits viele praktische Erfahrungen sammeln konnten.“ Hinzu kämen die vielfältigen Karrierechancen: Aus mehr als 300 Ausbildungsberufen mit vielfältigen Karriereperspektiven können Schülerinnen und Schüler einen Beruf auswählen, der zu den eigenen Wünschen und Talenten passt.
79 Prozent der Azubis erhalten Übernahmeangebot
Dass Azubis mit ihrer Ausbildung zufrieden sind, zeigt auch eine Umfrage der IHK Niedersachsen, an der sich vom 30. Mai bis 9. Juni rund 1.500 Auszubildende im letzten Ausbildungsjahr beteiligt haben. 80 Prozent würden sich wieder für ihren Ausbildungsberuf entscheiden und 79 Prozent der Auszubildenden haben ein Übernahme-Angebot von ihrem Ausbildungsbetrieb erhalten.
„Die Zahlen bestätigen einmal mehr, dass eine berufliche Ausbildung ein Karrierestart mit Zukunft ist“, sagt Feldhusen. „Allen Prognosen zufolge wird in den nächsten Jahren der Fachkräftemangel vor allem bei den beruflich Qualifizierten deutlich zunehmen.“ Und eine berufliche Ausbildung ist eine Chance, die junge Menschen auch in diesem Jahr noch ergreifen können. Ende August verzeichneten die Agenturen für Arbeit Lüneburg, Celle und Helmstedt noch 2.164 freie Ausbildungsplätze. „Junge Menschen, die noch nach einem Ausbildungsplatz suchen, können sich also auch jetzt noch bewerben und noch im Herbst eine Ausbildung starten“, sagt Feldhusen.
Noch 2.164 freie Ausbildungsplätze im IHKLW-Bezirk
Was für junge Menschen Chancen bedeutet, ist zugleich eine Herausforderung für Unternehmen. Denn die Zahl der unbesetzten Stellen hat der Agenturstatistik zufolge um 20 Prozent zugenommen. „Für Unternehmen wird es also zunehmend schwieriger, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen“, sagt Feldhusen. Um gegenzusteuern, schlägt der IHKLW-Ausbildungsexperte ein ganzes Bündel an Maßnahmen vor: „Es braucht eine verbesserte und mehr Berufsorientierung an allen allgemeinbildenden Schulen. Gleichzeitig sind auch Unternehmen gefragt, ihre Ausbildung kontinuierlich zu verbessern und sich auch für neuere Zielgruppen zu öffnen – zum Beispiel durch Ausbildung in Teilzeit oder indem sie Unterstützungsangebote für lernschwächere Berufseinsteiger nutzen.“
Pop-up-Store Ausbildung öffnet in Lüneburg
Die IHKLW bietet zahlreiche Angebote, die Betriebe und Schulen vernetzen. Damit werden aktuell jährlich 7.000 Schülerinnen und Schüler erreicht. Zusätzlich wirbt die IHKLW gemeinsam mit den anderen IHKs in Niedersachsen mit der Online-Ausbildungskampagne Moin Future für eine Ausbildung in der Region, stellt Berufe und freie Ausbildungsstellen vor. Bisher lief die Kampagne nur digital, jetzt eröffnet Moin Future einen Pop-up-Store in der Lüneburger Innenstadt. Vom 17. September bis zum 15. Oktober dreht sich in der Kuhstraße 13 alles um Ausbildungsberufe und freie Ausbildungsplätze in der Region. „Wir holen die jungen Menschen dort ab, wo sie ohnehin unterwegs sind, und vermitteln die Karrierechancen mit einer beruflichen Ausbildung quasi im Vorbeigehen“, sagt Feldhusen.
Auf dem Programm stehen unter anderem Jobparcoure mit regionalen Unternehmen, Bewerbungsmappen-Checks, Foto-Aktionen für Bewerbungsfotos, Talkformate, Ausbildungs-Slams und ein Konzert mit Schülerbands. Weitere Informationen unter
www.moin-future.de/popupstore
Sandra Bengsch