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Applaus für die Besten
Von den 216 besten Ausbildungsabsolventen 2022 kommen drei aus unserem IHKLW-Bezirk: Deborah Merk, Eileen Krause und Maximilian Hentschke.
Traumberuf im Konzern
© Volkswagen AG
Für Deborah Merk ist es „Schicksal“, dass sie genau diesen Berufsweg eingeschlagen hat. „Eigentlich hat die Ausbildung zur Fachfrau für Systemgastronomie mich gefunden“, sagt die 23-Jährige. Und man muss noch „bei Volkswagen“ ergänzen, denn tatsächlich liegt es am Wolfsburger Konzern, dass Deborah Merk so zufrieden mit den vergangenen drei Jahren ist. Und das, obwohl diese Zeit – wie bei allen Auszubildenden, die 2019 an den Start gegangen sind – natürlich extrem von der Pandemie geprägt war.
Vor einem Auslandsaufenthalt hatte die Abiturientin in der Gastronomie von VW gejobbt, wo ihr eine Kollegin von der eigenen Ausbildung erzählt hatte. Deborah Merk bewarb sich und verkürzte sogar ihre Auszeit in Neuseeland, um das Bewerbungsgespräch wahrnehmen zu können. Dort traf sie zum ersten Mal auf Ausbilderin Kristina Roth, die seit fast drei Jahrzehnten im Unternehmen und seit 2007 als Fachkraft im Bildungswesen tätig ist. Zurzeit betreut die 47-Jährige 13 Auszubildende in drei Gastronomieberufen. „Ebenso wie bei den Köchen und Restaurantfachleuten handelt es sich in der Systemgastronomie um einen handverlesenen Kreis – wir wählen meist nur alle zwei bis drei Jahre eine oder zwei Personen aus.“ Deborah Merk gehörte zu denjenigen, die eine Bandbreite an Tätigkeiten und Stationen kennenlernen konnten. „Diese Vielseitigkeit hat mich gereizt“, sagt die 23-Jährige. Kulinarische Expertise, Beschaffungskoordination, Veranstaltungsmanagement, Vertrieb und Marketing – die Versorgung von mehr als 87.000 Mitarbeitenden an bundesweit sechs Volkswagen-Standorten – darunter allein 1.175 Auszubildende pro Jahr – bringt einige Herausforderungen mit sich.
Es sei wichtig, immer „das große Ganze im Auge zu haben“, sagt Kristina Roth, die mit neuen Auszubildenden gern ausgedehnte Touren durch das Wolfsburger Werk macht. Auch um deutlich zu machen, welche Möglichkeiten in der Zukunft warten könnten. Die Ausbilderin will Lernbegleiterin auf Augenhöhe sein – und den Übergang von Schule ins Berufsleben durch Motivation und Wertschätzung so positiv wie möglich gestalten. Dazu gehört auch, bereits im Bewerbungsverfahren über Erwartungen zu sprechen. „Als Fachfrau für Systemgastronomie gehört eine gewisse Flexibilität dazu – was beispielsweise Arbeitszeiten und in meinem persönlichen Fall auch einen Standortwechsel angeht“, sagt Deborah Merk, die mittlerweile in der VW-Gastronomie in Kassel arbeitet. Wer wie sie überdurchschnittliche Leistung zeige, habe beste Chancen, einen unbefristeten Vertrag zu bekommen. Kristina Roth ist noch immer etwas wehmütig, dass das Ausnahmetalent, das in Zwischen- und Abschlussprüfung brilliert hat, ausgelernt hat. Sie sagt aber auch: „Wenn man solche Auszubildenden verabschiedet, dann weiß man, dass man etwas richtig gemacht hat.“
Kommunikation im Fokus
© Max Kovalenko
Schon früh war Eileen Krause klar, dass sie einen Beruf ausüben möchte, in dem Kommunikation eine wichtige Rolle spielt. Als die Baden-Württembergerin entschied, ihrem Lebensgefährten in den Norden zu folgen, stieß sie auf die Ausbildung im Dialogmarketing bei der Barmer Krankenkasse in Wolfsburg. „Auf der einen Seite interessierte mich der persönliche Kundenkontakt am Telefon, auf der anderen aber auch die Expertise im Bereich Sozialversicherung“, sagt die 22-Jährige.
In unternehmensinternen Seminaren eignete sich Eileen Krause das nötige Fachwissen an. Und erlernte während ihrer praktischen Ausbildung die Kompetenzen, die im Dialog mit Anrufenden gefragt sind. „Das Tolle an dieser Tätigkeit ist, dass man durch positives Feedback direkt zurückgespiegelt bekommt, wenn man bei der Lösung eines Problems helfen kann.“ Auch wenn ihr Ausbildungsinhalte wie BWL, Marketing und Beschwerdemanagement immer leicht gefallen seien, betont sie: „Viele Stunden am Telefon zu arbeiten kann herausfordernd sein, das liegt nicht jedem.“
Tatsächlich brachte die Jahrgangsbeste eine wichtige Qualität mit, die man so nicht erlernen kann: „Empathie“, sagt Andreas Simmig, der als Leiter der Telefongeschäftsstelle für die Ausbildung von Kaufleuten im Gesundheitswesen zuständig ist. „Die Bezeichnung ,Dialogmarketing‘ wurde von vielen mit Hotline assoziiert, deshalb konzentrieren wir uns seit 2020 auf diesen Ausbildungsgang. Wir wollen unterstreichen, dass bei uns hochqualifizierte Expert*innen im Einsatz sind – auch bei der telefonischen Kundenberatung.“
Momentan ist Andreas Simmig Ansprechpartner für zwei Auszubildende pro Jahrgang – eine absolute Herzensangelegenheit für den 60-Jährigen, der seit fast vier Jahrzehnten im Sektor Krankenversicherung tätig ist. „Tatsächlich bewerben sich bei mir vor allem Frauen um eine Lehrstelle, die meisten davon Abiturientinnen.“ Bei herausragender Leistung sei es möglich, die Ausbildung auf zweieinhalb Jahre zu verkürzen. Eine Option, die auch Eileen Krause gewählt hat. „Wer so gute Leistungen zeigt, kann davon ausgehen, unbefristet übernommen zu werden“, sagt Andreas Simmig. Die Weiterentwicklungsmöglichkeiten – in diversen Abteilungen und auch an anderen Standorten – seien vielfältig.
Dass Eileen Krause die Barmer mittlerweile verlassen hat und in ihre Heimat zurückgekehrt ist, hat vor allem mit ihrer persönlichen Lebensplanung zu tun. Heute organisiert die 22-Jährige Fortbildungen für Ärzte – und ist damit ihrem Interesse am Gesundheitswesen und vor allem der Freude an Kommunikation treu geblieben.
Spaß am Handwerk
Papiertechnolog*in? Während die meisten Menschen keine Vorstellung davon haben, was sich hinter diesem Berufsbild verbirgt, wusste Maximilian Hentschke sehr gut, was in seiner Ausbildung auf ihn zukommen würde. Schließlich arbeitet auch sein Vater bei Drewsen Spezialpapiere – mit 450 Mitarbeitenden ein großer Arbeitgeber im Landkreis Celle. Dem heute 25-Jährigen war also klar, dass er innerhalb von drei Jahren alle Maschinen und wichtigen Bereiche des Unternehmens kennenlernen würde – und dass zur industriellen Herstellung besonderer Papiere auch Schichtdienst gehört. „Mir haben immer alle praktischen Fächer Spaß gemacht. Handwerkliche Stationen wie das Nass- oder das Prüflabor, bei denen man sehen kann, wie das Produkt entsteht.“
Wer wissen möchte, welche Artikel die Fabrik in Lachendorf verlassen, der kann sich zum Beispiel die Seiten seines Reisepasses anschauen. Neben Sicherheitspapieren werden aber etwa auch fettdichte Papiere für Lebensmittel oder Kassenbons und Beipackzettel hergestellt. Wenn man Maximilian Hentschke fragt, was das Besondere an seiner Lehrzeit war, muss er nicht lange überlegen: „Unser Ausbilder war sehr hilfsbereit. Er hat alles möglich gemacht, um auch diejenigen mitzunehmen, denen Berufsschule und Ausbildung vielleicht nicht ganz so leicht gefallen sind.“
Gemeint ist Marcus Ramm, Ausbilder der Papiertechnolog*innen und selbst seit 31 Jahren im Unternehmen. Der 48-Jährige hat Anteil daran, dass sich die Ausbildung bei Drewsen weiterentwickelt hat: „Wir bieten mittlerweile Nachhilfe in Mathe und Englisch an, da wir sehen, dass es dort Defizite gibt.“ Tue sich jemand besonders positiv hervor, wird großzügig gefördert. Guten Auszubildenden werde ein duales Studium ermöglicht. „Für den eigenen Nachwuchs sorgen“ nennt Marcus Ramm das, denn die Bewerberzahlen seien seit einer Weile rückläufig – bei Papiertechnolog*innen genauso wie bei Ingenieur*innen. „Ein Grund mehr, für uns zu werben, etwa indem wir Realschüler*innen und ihre Familien einladen, das Unternehmen zu besichtigen.“ Zurzeit denke man zudem über Maßnahmen wie Kinospots nach.
Dass Drewsen sich in diesem Jahr erstmals wieder über gestiegene Bewerbungszahlen – auch bei Frauen – freuen konnte, schiebt der 48-Jährige darauf, dass nun eine kurzfristigere Bewerbung möglich sei, die den Schulabgänger*innen mehr Zeit für eine Entscheidung lasse. Und Hoffnungsträger Maximilian Hentschke? Der Einserschüler möchte seinen lang gehegten Traum verwirklichen und zur Bundeswehr gehen. „Trotzdem bin ich sehr froh, diese Ausbildung in der Tasche zu haben.“
Alexandra Maschewski
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