- Regelungsdichte abbauen und Prozesse beschleunigen
Um die Unternehmen indieser schwierigen Gesamtlage zu unterstützen und in ihrer Investitionskraft zu stärken müssen die immer aufwändigeren Regelungen, Nachweispflichten und Vorschriften dringend auf den Prüfstand gestellt werden. Nach dem Vorbild der Entfesselungsinitiative in NRW sollten auch bundesweit alle Möglichkeiten der Digitalisierung zur Beschleunigung von Verfahren und zum Abbau von bürokratischen Hemmnissen genutzt werden. Mit neuen Gesetzen sollten die Prozesse vereinfacht und die unternehmerische Tätigkeit gefördert werden.
- Innovationskraft stärken und Fachkräfte sichern
Die Industrie steht unter einem permanenten Veränderungsdruck. Die Globalisierung, neue Standorte und neue Wettbewerber befördern den Wettbewerb von außen und bringen neue Produkte mit sich.Digitalisierung und die Notwendigkeit zu mehr Klima- und Umweltschutz verändern die Produktionsbedingungen und -abläufe. Die Wissensintensivierung selbst verändert die Anforderungen gegenüber Produkten und Prozessen. Die digitale Transformation und mehr Nachhaltigkeit verändern die Anforderungen an Fachkräfte in den Unternehmen. Gelingt es den Unternehmen nicht, wichtige Stellen zu besetzen, können sie mit dem Wandel nicht mithalten. Die Politik muss deshalb in einen Dialog mit den Unternehmen treten, um zu erkennen, welche Fachkräfte von den Unternehmen benötigt werden. Insbesondere Ausbildungen in den Bereichen Digitalisierungs- und Umwelttechnik müssen gezielt gefördert und vermittelt werden. Die Politik muss die Region dabei unterstützen, sie für Fachkräfte attraktiv zu positionieren. Ziel muss es sein, Fachkräfte, die vor Ort ausgebildet wurden, zu halten und zusätzliche Fachkräfte von außen in die Region zu ziehen. Dazu sind die infrastrukturellen Voraussetzungenzu schaffen: die Verkehrsinfrastruktur (z.B. gut ausgebauter ÖPNV), die Kommunikationsinfrastruktur (Bereitstellung leistungsfähiger Breitbandnetze) und die soziale Infrastruktur (Gesundheit und Bildung). Für die Innovationskraft einer Region ist die Vernetzung der Wissenschaftslandschaft direkt mitder Unternehmenswelt wesentlich. Die Kooperation mit Hochschulen und Forschungsinstituten intensiviert den Innovationsprozess. Die Politik muss einen Beitrag dazu leisten, ein regionales Innovationssystem aufzubauen, in dem ein gezielter Wissenstransfer zwischen den Akteuren stattfindet (anwendungsorientierte Forschung).„Zukunft mit Industrie bedeutet gemeinsam ressourcenschonende, nachhaltige Produktionsabläufe zu erarbeiten, nicht Industrie mit CO2-Steuern und weiteren Auflagen und Abgaben zu bekämpfen.
- Klimaschutz und Nachhaltigkeit als Chance für Industrie begreifen, wirtschaftliche und leitungsfähige Energieversorgung sicherstellen
Zu den zentralen Aufgaben für die Politik gehörendie Ertüchtigung und der Ausbau der Energieinfrastruktur. Zwar befindet sich die (Netz-)Infrastruktur in diesem Bereich in der Regel nicht direkt in staatlicher Hand. Weil sie vielfach ein natürliches Monopol darstellt oder politisch vorgegebene Versorgungsziele erreicht werden sollen, wird sie aber staatlich reguliert und teilweise gefördert. Hier ist die Politik gefordert, das Mögliche für eine adäquate Leistungsfähigkeit der Infrastruktur zu tun.Im Elektrizitätsnetz nehmen mit der zunehmenden Erzeugung der erneuerbaren Energien die Anforderungen an die Steuerung und Verteilung zu. Die Ausweitung der Nutzung von Strom für Wärme und Mobilität erhöhen zusätzlich die Anforderungen an die Elektrizitätsnetze. Dazu zählt der Aufbau einer öffentlichen Ladeinfrastruktur für die E-Mobilität genauso wie die Ertüchtigung der Verteilnetze für die privaten Nutzer von Elektroautos oder Wärmepumpen. Die Digitalisierung der Stromnetze und der Verbrauchssteuerung ist dabei von zentraler Bedeutung.Für Industrieunternehmen ist eine hohe Stabilität und Gleichmäßigkeit der Stromversorgung für einen reibungslosen Betrieb von hoher Bedeutung. Moderne und hochtechnologische Anlagen sind sogar noch stärker darauf angewiesen. Schwankungen und Unterbrechungen der Stromversorgung können hier zu schweren Schäden führen. Der Einstieg in eine Wasserstoffwirtschaft muss perspektivisch auch in die Gebiete getragen werden, in denen der Energieverbrauch stattfindet. Für das Märkische Südwestfalen bedeutet dies, dass die Entwicklung eines Wasserstoffnetzes angegangen werden sollte. Dies gilt einerseits für die Versorgung von Unternehmen, die Wasserstoff direkt als (Energie-)Rohstoff beziehen wollen. Andererseits gilt dies für den Einsatz von Wasserstoff im Mobilitäts- und Transportbereich, etwa für Lkws oder Baumaschinen mit Wasserstoff- oder Brennstoffzellenantrieb. Dabei muss im Einzelfall eruiert werden, ob eine Umwidmung und Ertüchtigung bestehender Erdgasleitungen erfolgen kann oder ob eine neue Wasserstoffleitungsinfrastruktur notwendig ist.Neben den infrastrukturellen Maßnahmen solltedie Politik auch gezielt Unternehmen bei der Transformation der Produkte und Märkte unterstützen. Neben innovationspolitischen Maßnahmen wie der Forschungsförderung und der Unterstüt-zung von Netzwerken angewandter Forschung besteht die Aufgabe, die Unternehmen für die Transformation des Energiesystems und die Möglichkeiten zur Umstellung der eigenen Energieversorgung zu sensibilisieren und sie dabei zu unterstützen. Dazu zählt insbesondere, dass die Regelungen des EEG für den Bau von Photovoltaikanlagen auf Industriegebäuden so geändert werden, dass zum einen die Dächer vollständig genutzt werden und sich unter dieser Voraussetzung der Bau für die Unternehmen in bis zu fünf Jahren amortisiert. Ebenso zählt die Frage wie erneuerbare Energien oder grüner Wasserstoff und die Nutzung der Tiefengeothermie zu Elementen der industriellen Prozesse in den Unternehmen werden können und den Einsatz von Kohle, Öl oder Erdgas ersetzen, dazu. Darüber hinaus ist es auch notwendig, die zusätzlichen Kosten für die Unternehmen in der Transformation der Energiewirtschaft im Hinblick auf den internationalen Wettbewerb zu begrenzen. Die Entwicklung der Energiepreise sowie der im Rahmen der Energie- und Klimapolitik entstehende politischen Kosten durch Steuern oder Abgaben sind so zu gestalten, dass die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Industrie in der Region erhalten bleibt.
- Digitalisierung und Industrie 4.0 gezielt fördern
Gemessen an der Bruttowertschöpfung hat die Region eine sehr hohe Industriedichte. Der Märkische Kreis erreicht einen Anteil, dermehr als doppelt so hoch ist wie der Bundesdurchschnitt. Die Industriedichte im Ennepe-Ruhr-Kreis liegt mit 31 Prozent mehr als zehn Prozentpunkte über dem Durchschnitt Nordrhein-Westfalens. In Hagen hat die Industrie die höchste Bedeutung im Vergleich der Großstädte. Die industrielle Produktion hat sich in der Vergangenheit gewandelt und wird sich in Zukunft weiter wandeln. Um wettbewerbsfähig zu bleiben,werden intelligente und digital vernetzte Systemein der Produktion vielerorts Einzug halten. Sie ermöglichen Effizienzsteigerungen, in dem der Mensch Unterstützung in der Produktion erhält und effizienter arbeiten kann.Intelligente und vernetzte Systemeermöglichen nicht nur Effizienzsteigerungen, sondern auch komplett neue Geschäftsmodelle. Intelligente Sensorik ermöglicht die Vernetzung mit dem Produkt beim Kunden. Wartung kann so passgenau als SmartService angeboten werden. Die Politik kann und mussnotwendige Transformationsprozesse in der Wirtschaft unterstützen, um langfristig materiellen Wohlstand durch eine wettbewerbsfähige wirtschaftliche Basis zu sichern. Dazu muss sie eine leistungsfähige Infrastruktur bereitstellen. Ein flächendeckender Breitbandausbau ist dabei von essenzieller Bedeutung. Mit der vernetzten Produktion steigen die Anforderungen der Betriebe an die digitale Infrastruktur. Nur wenn Industrie- und Gewerbegebiete leistungsfähig angebunden sind, lassen sich digitalisierte Herstellungs- und Lieferketten realisieren. Der Netzausbau ist also eine wichtige Grundlage für die positive Weiterentwicklung der Unternehmen. Für die Fachkräfte der Unternehmen, die sich Unternehmensnähe niederlassen, ist die Breitbandverfügbarkeit wichtig bei der Wohnortwahl. Auch im privaten Rahmen steigen durch Smart-Home-Anwendungen und Home-Office die Anforderungen an den Internetausbau. Durch Förderprogramme der Politik kann auch in Gebieten, in denen der Ausbau bisher nicht marktgetrieben stattgefunden hat, eine hohe Versorgungsquote erzielt werden. Dabei gilt es einen zukunftssicheren Ausbau (Glasfaser) sicherzustellen. Es obliegt den örtlichen Vertretern der Politik, Fördermittel von Bund und Land abzurufen.Für kleine und mittlere Industriebetriebe stellt es aufgrund von begrenzten Ressourcen eine besondere Herausforderung dar, die Auswirkungen der digitalen und ökologischen Transformation mit zu gestalten. Diese Entwicklungenerfordern oft hohe Investitionen. Besonders kleineren Unternehmen fehlt es an Finanzierungsmöglichkeiten und qualifiziertem Personal, um sich optimal zu beteiligen. Hier obliegt es den lokalen Vertretern der Politik, die Unternehmen geeignet zu unterstützen. Dazu können Angebote zur Beratung ausgebaut und direkte Ansprechpartner zur Verfügung gestellt werden.„Zukunft mit Industrie“ heißt, die Infrastruktur und Rahmenbedingungen zielgerichtet zu schaffen, so dass Industrie sich dem Wandel anpassen kann.
- Standorte und Entwicklungsmöglichkeiten sichern, Industrieakzeptanz fördern
Im Märkischen Südwestfalen sind geeignete Industrie- und Gewerbeflächenschon immer eine knappe Ressource gewesen. Die Diskussionen um die neuen Regionalpläne für das Ruhrgebiet und den Raum Märkischer Kreis/Kreis Olpe zeigen, dass auch die zukünftige Regionalplanung diese Situation nicht entschärfen wird.Gerade bei neuen Produkten und modernen Produktionsverfahren ergeben sich aberneue Anforderungen an die Standorte. Daher wird die ökonomische und ökologische Transformation der Industrie nach der überwiegenden Auffassung der Unternehmerschaft nicht ohne die Ausweisung neuer Industrie- und Gewerbestandorte gelingen. Weil Industrie 4.0 hohe bzw. steigende Anforderungen an eine leistungsfähige Logistikstellt, verringert die neue Organisation von Wettschöpfungsketten den Flächenbedarf nicht, sondern erhöht ihn noch.Allerdings verweisen auch einzelne Stimmen darauf, dasses aufgrund begrenzter Flächenressourcen kein einfaches „immer mehr“ geben sollte. Umso wichtiger ist es deshalb, dass zumindest die vorhandenen Standorte optimal genutzt werden und nicht durch immer wieder neue Auflagen, wie es aktuell zum Beispiel durch die Überschwemmungsgebietsverordnungen geschieht, in ihrer Fortentwicklung behindert werden.Um gemeinsam die genannten Herausforderungen zu meistern, ist ein klares Bekenntnis der Politik zur industriellen Stärke der Region und ihrer Bedeutung für Prosperität und materiellen Wohlstand in der Region erforderlich. Daher gilt es, in der gesamten Bevölkerung, vor allem aber bei den jungen Menschen und Fachkräften von morgen Industrieakzeptanz zu fördern. „Zukunft mit Industrie“ muss zum gelebten Entwicklungsleitbild für die gesamte Region werden.
Regionale Kooperation
Wenn sich gleich mehrere Institutionen in einer Region zusammentun, können Sie gemeinsam Großes erreichen. Seit über einem Jahr zeigt die Veranstaltergemeinschaft, zu der die SIHK, die Wirtschaftsförderungen aus Hagen, dem Märkischen- und dem Ennepe-Ruhr-Kreis, der Transferverbund Südwestfalen und automotiveland.nrw gehören, wie effektiv regionale Zusammenarbeit sein kann.
Der 2. Südwestfälische Wasserstoff-Summit bot den Teilnehmenden ein kurzweiliges Programm mit Expertinnen und Experten aus der Region. Über 300 Personen besuchten die Veranstaltungen vor Ort und im Internet. In der Summit Woche Mitte August kamen viele unterschiedliche Facetten des Themas Wasserstoff zur Sprache. Ob neue Märkte für die produzierenden Unternehmen in unserer Region, der Einsatz von Wasserstoff für Logistik und Mobilität, Wasserstoff als Energieträger für Prozesswärme in der Industrie oder die Beschaffung und Verteilung – alle Aspekte wurden berücksichtigt und konnten mit hochkarätigen Experten und Expertinnen besetzt werden.
Teilweise fanden die Veranstaltungen in Präsenz statt – so etwa vor Ort im H2-Energy-Labor der FH-Südwestfalen, wo sich die Teilnehmenden über den aktuellen Forschungsstand informierten und die Gelegenheit zum persönlichen Austausch nutzten. Die anderen Veranstaltungen wurden online durchgeführt, wobei teilweise auch Zuschauer vor Ort – etwa in der Grauzone in Hattingen oder im M12 in Hagen – waren.
„Uns hat vor allem beeindruckt, wie detailliert die Fragen waren, die gestellt wurden,“ berichtet Sonja Pfaff von der GWS MK, die zum Veranstalterteam gehört. „Während der Summit 2021 noch zur groben Orientierung diente, haben sich seitdem offenbar viele Unternehmen intensiv mit Wasserstoff auseinandergesetzt und haben oft schon konkrete Anwendungsmöglichkeiten im Blick.“ Die Veranstaltergemeinschaft plant nun weitere Schritte, um die Wirtschaft in der Region aktiv rund um das Thema Wasserstoff zu unterstützen und zu begleiten. Ein Schwerpunkt werden Angebote für die Zulieferindustrie für Elektrolyseure und Brennstoffzellen sein. „Unsere Metall und Kunststoff verarbeitenden Betriebe haben das nötige Know-how, um in der Wasserstofferzeugung neue Geschäftsfelder zu erschließen“, betont Christoph Brünger, Geschäftsbereichsleiter der SIHK.
22.08.2022