Zoll: Hinweise auf mögliche Terrorfinanzierung durch Spenden im Nahostkonflikt

Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (Financial Intelligence Unit, FIU) der Generalzolldirektion nimmt die aktuellen Geschehnisse in Nahost und damit den Angriff der Hamas und des Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ) auf Israel zum Anlass, ihre Hinweise für Verpflichtete zur Identifikation entsprechend auffälliger Sachverhalte zu aktualisieren, um der Terrorfinanzierung entgegenzutreten.

1. Typologien zur Beschaffung von Finanzmitteln der Hamas und des PIJ

Die Beschaffung von Finanzmitteln zur Finanzierung des Terrorismus bzw. möglicher terroristischer Anschläge kann aus verschiedenen Quellen erfolgen, unter anderem durch
  • direkte Mittelbeschaffung,
  • Mittelbeschaffung durch missbräuchliche Nutzung gemeinnütziger Organisationen (NPOs),
  • Mittelbeschaffung durch Personen, die mit der Hamas in Verbindung stehen oder mit ihr sympathisieren.
Die Finanzierung des Terrorismus wird häufig unter dem Deckmantel von Spendenkampagnen für humanitäre Zwecke durchgeführt, die von verschiedenen Verbänden, Wohltätigkeitsorganisationen oder durch private Initiativen geleitet werden. Die gesammelten Gelder werden an Personen oder Einrichtungen weitergeleitet, die mit der Hamas und dem PIJ in Verbindung stehen. Die betreffenden Organisationen führen Spendenkampagnen über viele Kommunikationskanäle durch, z.B. Telegram, X (ehemals Twitter), Facebook, Instagram und TikTok, sowohl in eigenständigen Threads/Posts, als auch über eingefügte Kommentare. In vielen Fällen sind diese Kanäle miteinander verbunden, indem sie identische oder ähnliche Nachrichten veröffentlichen und Links zu verwandten Telegram- oder anderen Social-Media-Kanälen bereitstellen. Sie werden sowohl für die Veröffentlichung terroristischer Inhalte (z.B. Aktions-Aufrufe) als auch für die Veröffentlichung von Spendenkampagnen und Links zu Fundraising-Kampagnen missbraucht, die vorgeblich für humanitäre Hilfe werben, in Wirklichkeit aber Gelder für Terroranschläge sammeln. Die vermeintlichen Spendengelder werden unter anderem via Banküberweisung und andere Arten elektronischer Überweisung, Kreditkartenzahlungen sowie über den Austausch mittels Kryptowährungen (wie BTC, ETH, USDT, USDC und TRX) gesammelt.

2. Mögliche Indikatoren im Einzelnen (die Aufzählung ist nicht abschließend)

  • Kryptoadressen, Bankkonten, digitale Zahlungsmittel usw., die auf Hamas-nahen Social-Media-Plattformen veröffentlicht werden oder Links zu solchen Plattformen aufweisen.
  • Verwendung von Phrasen und Zahlencodes bei der Überweisung von Geldern, die auf einen Zusammenhang mit dem Terrorismus im Allgemeinen oder zu den aktuellen Ereignissen hindeuten. Zum Beispiel Geldüberweisungen an Organisationen, deren Verwendungszweck auf eine Verbindung zum Terrorismus hindeuten, wie etwa der Name eines berühmten Märtyrers, Stichworte wie „Dschihad/Jihad“ oder ein explizit erklärter Zweck, der Kampfhandlungen oder schwere Straftaten zu unterstützen scheint.
  • Ungewöhnliche Aktivitäten, die von Familienmitgliedern der mit terroristischen Handlungen in Verbindung stehenden Personen oder von Entitäten, die mit einer terroristischen Organisation in Verbindung stehen, durchgeführt werden.
  • Einfuhr von Waren aus dem Ausland und Verkauf dieser Waren in Konfliktgebiete. Insbesondere dann, wenn die Bezahlung der Waren durch einen scheinbar unbeteiligten Dritten erfolgt.
  • Eröffnung eines Kontos und unmittelbare Durchführung umfangreicher Finanzaktivitäten für humanitäre Zwecke.
  • Zahlungen, die über eine Website getätigt werden, die auf den ersten Blick unverdächtig erscheint, bei näherer Betrachtung jedoch Hinweise auf Verbindungen zu einer terroristischen Vereinigung erkennen lässt.
  • Medienbeiträge, die Hinweise auf Organisationen enthalten, die an finanziellen Aktivitäten im Zusammenhang mit der Hamas, dem PIJ oder anderen assoziierten Organisationen beteiligt sind.
  • Nutzung einer Postadresse durch eine NPO oder ihr verbundener Organisationen, die von Organisationen verwendet werden, die im Verdacht terroristischer Aktivitäten stehen.
  • Tätigkeiten oder Vermögenswerte von NPOs, einschließlich ihrer Bankkonten oder Schließfächer, die mit Entitäten in Verbindung gebracht werden können, gegen die bereits Verbote erlassen wurden oder beabsichtigt sind.
  • NPOs, die Banküberweisungen an andere NPOs vornehmen, von denen bekannt ist, dass sie mit terroristischen Aktivitäten oder deren Finanzierung in Verbindung gebracht werden können.
  • Eingang eines Überweisungsauftrags an eine einschlägig bekannte Organisation oder eine Entität, die dieser nahe steht.
  • Hinweise darauf, dass Spendenzahler, Partner, Lieferanten oder Begünstigte von NPOs selbst mit terroristischen Aktivitäten in Verbindung gebracht werden können oder Organisationen nahestehen, die ihrerseits in terroristische Aktivitäten involviert sind. (vgl.)
  • Eine Organisation, die plötzlich Spenden vereinnahmt, die zuvor an eine Organisation gespendet wurden, deren Aktivitäten untersagt wurden.

3. Weitere Hinweise

  • Liegen dem Verpflichteten nach Würdigung eines Sachverhalts Tatsachen vor, die da-rauf hindeuten, dass ein Geschäftsvorfall, eine Transaktion oder ein Vermögensgegen-stand im Zusammenhang mit Terrorismusfinanzierung steht, muss dieser Sachverhalt unabhängig vom Wert des betroffenen Vermögensgegenstandes oder der Transaktionshöhe unverzüglich der FIU gemeldet werden. Hierzu ist bei Abgabe der Meldung über das Meldeportal „goAML Web“ im Eingabefeld „Angabe des Meldegrunds“ zwingend folgender Indikator zu setzen: A2000 – Terrorismusfinanzierung
  • Weitere umfassende Hintergrundinformationen zum Thema „Islamismus und islamistischer Terrorismus“ können insbesondere der Internetseite des Bundesamtes für Verfassungsschutz unter entnommen werden.

Quelle: Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) der Generalzolldirektion
Stand: 15.11.2023