Künstliche Intelligenz in den Unternehmen

15 Prozent der deutschen Unternehmen nutzen KI. In Brandenburg bereitet jedes vierte Unternehmen den Einsatz vor.

Das sind Ergebnisse aus einer aktuellen Studie des Digitalverbands Bitkom sowie einer gemeinsamen Umfrage der Brandenburger Industrie- und Handelskammern aus allen Branchen.
Laut Bitkom-Studie sehen mehr als zwei Drittel aller Befragten die Künstliche Intelligenz (KI) als die wichtigste Zukunftstechnologie an. Dabei sprechen Unternehmen der KI vor allem in diesen Bereichen „sehr großes oder eher großes Potenzial“ zu: Textanalyse und -verständnis im eigenen Unternehmen, Spracherkennung sowie im Bereich der generativen KI zur Erstellung von Texten, Bildern oder Musik. Bitkom-Präsident Ralf Wintergerst betont: „ChatGPT war für viele Menschen ein Eye-Opener und hat auch in den Unternehmen intensive Diskussionen ausgelöst.“ Damit bekomme das Thema KI „die breite Aufmerksamkeit, die es verdient“. ChatGPT ist ein Chatbot, der KI für die Kommunikation mit Nutzern verwendet. „Generative KI kann schon heute viel mehr, als die meisten Unternehmen ihr zutrauen“, betont Wintergerst. Die Technologie sei bereits breit verfügbar und zu geringen Kosten einfach auszuprobieren. Der Bitkom-Präsident mahnt, dass kein Unternehmen die Diskussion über den Einsatz von generativer KI auf die lange Bank schieben sollte. Erste Anregungen und Tipps dafür können sich Brandenburger Unternehmen im Mittelstand-Digital Zentrum Spreeland, das Standorte an der BTU Cottbus, der TH Wildau und an der HNE Eberswalde hat (siehe nachfolgendes Interview). FORUM zeigt anhand von drei Praxisbeispielen, wie Unternehmen in Brandenburg KI einsetzen und welchen Nutzen sie bringt.
Bitkom-Umfrage
Laut Bitkom-Umfrage setzen bisher erst zwei Prozent generative KI zentral im Unternehmen ein. Weitere 13 Prozent planen zumindest deren Verwendung. Die Unternehmen wurden auch gefragt, wo genau sie die größten Potenziale generativer KI sehen. Die Antworten zeigen, wie vielfältig ihre Einsatzmöglichkeiten sind:
• Unterstützung bei Berichten, Übersetzungen oder sonstigen Texten
• Aufgaben in Marketing und Kommunikation, etwa bei der Bilderstellung
• in der IT-Abteilung, etwa bei Forschung und Entwicklung, etwa zur Auswertung von Daten
in der Produktion, beispielsweise als Assistenzsystem bei der Maschinensteuerung
im Kundenkontakt, etwa bei der Bearbeitung von Anfragen
in der Personalabteilung, etwa bei der Kommunikation mit Bewerbern
im internen Wissensmanagement, etwa als Chatbot mit Zugriff auf Unternehmensinformationen
im Management, etwa in der Strategieentwicklung

„Künstliche Intelligenz verändert schon die Wirtschaft“

Ein Interview mit Dr. Svetlana Meissner vom Mittelstand-Digital Zentrum Spreeland

FORUM: Sie sind KI-Trainerin. Was können Sie interessierten Mittelständlern beibringen?

DR. SVETLANA MEISSNER: Ich erkläre in unseren Workshops im Mittelstand-Digital Zentrum Spreeland, was künstliche Intelligenz ist und was sie kann. Und ich kann Ängste abbauen. So neu oder unbekannt ist das Thema doch gar nicht. Wir alle kennen und nutzen KI schon seit längerer Zeit. Wir stellen Suchmaschinen Fragen. Wir wundern uns längst nicht mehr über personalisierte Werbung, wenn wir im Internet surfen. Das ist KI. In unseren Workshops stellen wir unter anderem den Einsatz von Chatbots vor. Viele Teilnehmer entwickeln selbst Ideen, wie diese Form von KI in ihrem Unternehmen eingesetzt werden kann.

FORUM: Zum Beispiel? 

DR. SVETLANA MEISSNER: Stellen Sie sich ein Unternehmen vor mit stetigem Wareneinund -ausgang. Jetzt möchte ein Mitarbeiter prüfen, ob eine Lieferung eingegangen ist. Dafür kann er die Nummer des Lieferscheins raussuchen und den Auftrag am Computer aufrufen – oder er fragt einfach einen Chatbot. KI ist dazu da, uns die Arbeit zu erleichtern.

FORUM: Aber steht nicht vor der Frage an den Chatbot die große Aufgabe für ein Unternehmen, sich eine Datenbasis zu schaffen und zu organisieren?

DR. SVETLANA MEISSNER: JA, ABER SO GROSS IST die Aufgabe gar nicht. Ich wohne in einem kleinen Dorf – wir haben dort einen Metallbetrieb und auch einen Elektrobetrieb. Jede noch so kleine Firma hat Daten: Rechnungen, Excel-Dateien, Mails, PDFs. Mit Cloud-Lösungen können sie einfach abgelegt und sortiert werden. Und auch die Verknüpfung mit einem Chatbot ist nicht schwer. Programmieren wird immer leichter und damit auch schneller. Wer früher zum Beispiel eine möglichst individualisierte Werbung entwickeln und schalten wollte, hat etwa ein Jahr lang gebraucht, um Datensätze zu sammeln und auszuwerten und um dann die perfekte Werbung zu konfigurieren. Diese Arbeit ist mit der heutigen Technik in zwei Tagen erledigt. Das zeigt: KI steigert die Produktivität ganz enorm.

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FORUM: Weckt das nicht neben den Berührungsängsten eine ganz andere Furcht? Macht die KI den Menschen überflüssig?

DR. SVETLANA MEISSNER: Überflüssig? Das wird nie passieren. Wenn ein Mensch geboren wird, wächst er immer in Kommunikation mit anderen Menschen auf. Nur so kann er lernen und sich entwickeln. Mit der KI ist es nicht anders. Ohne Verbindung mit dem Menschen ist KI keine KI. Sie kann nur in dieser Zusammenarbeit existieren. Wir erziehen sie wie ein Kind.

FORUM: Aber sie verändert die Arbeitswelt – und damit auch die Jobs …

DR. SVETLANA MEISSNER: Die Arbeit zu verlieren, ist für viele Beschäftigte die größte Angst. Ja, KI und Robotik übernehmen Arbeiten, die vorher zum großen Teil Menschen erledigten. Die Menschen werden aber jetzt gebraucht, um der KI zu sagen, was sie zu machen hat. Denn sie macht nichts allein. Für uns alle bedeutet es, dass wir uns rekalibrieren müssen. Unsere Effektivität steigt, während sich unser Arbeitsumfeld ändert. Nicht zuletzt deswegen sprechen wir im Mittelstand-Digital Zentrum Spreeland in Workshops oder in Projekten mit Unternehmen immer auch die soziale Komponente an: Der Einsatz von KI muss gut geplant und alle Beschäftigten müssen einbezogen werden. Gerade ältere Mitarbeiter brauchen das Vertrauen, dass sie in der Lage sind, mit der KI zu arbeiten.

FORUM: Welche konkrete Unterstützung bietet das Mittelstand-Digital Zentrum Spreeland dem brandenburgischen Mittelstand?

DR. SVETLANA MEISSNER: Wir geben einen Einstieg über die Workshops und können im nächsten Schritt Unternehmen helfen, konkrete Projekte zu identifizieren und zu priorisieren. Am besten ist es, wenn die Unternehmen für ihre Vorhaben Mitarbeiter benennen, mit denen wir uns dann kontinuierlich über angestrebte Veränderungen austauschen können. Projekte der Unternehmen können zu Themen von Masterarbeiten für Studenten an der BTU werden. Wir haben in der Vergangenheit auch schon Mitarbeiterbefragungen in den Betrieben begleitet, um Probleme oder Ängste im Umgang mit KI zu identifizieren. Durch eine Förderung über das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz können wir diese Unterstützung für die Unternehmen kostenlos anbieten. Die staatliche Finanzierung ermöglicht uns, Problemlösungen und Handlungsoptionen anbieterneutral aufzeigen. In welchem Umfang dann Dienstleister einbezogen werden und welche das sind, entscheiden die Unternehmen. Wir sind sozusagen der Türöffner für die weitere Digitalisierung.

FORUM: In welchen Branchen ist das Unternehmensinteresse an KI besonders groß?

DR. SVETLANA MEISSNER: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass grundsätzlich in allen Branchen das Interesse an KI da ist. Es geht um Automatisierung, um Robotik in der Produktion, Chatbots im Büro, um eine optimierte Maintenance, die auf Daten von Sensoren basiert. In der Logistikbranche werden die Touren in Echtzeit optimiert. Ein Fahrer, der seine Tour kurz für seine Mittagspause unterbricht, muss nicht viele Knöpfe drücken, um die aktuell beste Route zu finden. Er redet mit der KI. Das ist das Besondere der Entwicklung: An die Stelle des komplizierten Programmierens tritt unsere Sprache. Was vorher komplex war, kann jetzt leicht erklärt und genutzt werden.

FORUM: KI wird die Wirtschaft also grundlegend ändern?

DR. SVETLANA MEISSNER: Wir sind schon mittendrin. Künstliche Intelligenz verändert schon die Wirtschaft. Sie steigert die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Sie kann Tätigkeiten übernehmen, von denen Menschen überfordert sind oder wofür eine Firma gerade nicht ausreichend viele Fachkräfte hat. Diese Lücken können zusätzliche Tools füllen. Und noch etwas: KI bietet ganz neue Möglichkeiten für Start-ups. Wir sehen das hier im Lausitzer Raum. Die Szene wächst, getrieben durch KI-Projekte. Damit ergeben sich neue Chancen für Beschäftigung und Wertschöpfung. Wovon wir früher nur geträumt haben, ist jetzt da: Auf jede Frage bekommen wir eine personalisierte Antwort. Dafür sorgt die generative KI.

FORUM: Wo sind die Grenzen?

Dr. Svetlana Meissner: Die definiert der Mensch selbst – mit seinen Vorstellungen. Als Kind habe ich Märchen gelesen, in denen Steine und Bäume mit den Menschen sprechen. Nun sind wir tatsächlich so weit, dass Objekte eine Stimme bekommen. Auf der ersten KI-Stufe kann ich einem Werkzeug sagen, dass es seine Geschwindigkeit an neue Parameter anpassen soll. Auf der nächsten Entwicklungsstufe der KI werden Mensch und Werkzeug miteinander reden – also per Sprache klären, wo zum Beispiel ein Loch gebohrt werden soll. Was sich der Mensch vorstellen konnte, hat er irgendwann realisieren können. Die Frage ist nicht, ob, sondern nur: wann?
FORUM/BMS/Ute Sommer
Mittelstand-Digital Zentrum Spreenland
Ziel dieses Zentrums ist es, kleine und mittelständische Unternehmen bei der Umsetzung von zukunftsfähigen digitalen Anwendungen zu unterstützen. Im November finden viele kostenfreie Veranstaltungen rund um das Thema KI digital statt. Mehr Informationen:
www.digitalzentrum-spreeland.de

Das große Optimieren

Auch am Standort Finsterwalde der voestalpine Wire Technology Group wird mehr und mehr auf künstliche Intelligenz gesetzt. Ja, sie ist längst da, die künstliche Intelligenz. Seit Jahren schon. 2015/16 hielt sie bereits Einzug an den Standorten der voestalpine Wire Technology Group, der führenden europäischen Anbieterin von Drahtlösungen. Sensoren leisten dem Unternehmen die entscheidende Hilfe.
„Sie lesen Daten an Maschinen und Anlagen aus“, sagt Steffen Dibow, technischer Geschäftsführer des Standortes in Finsterwalde. „Wir haben Sensoren in Maschinen integriert. Sie erkennen zum Beispiel einen Lagerschaden anhand der Schwingungen und der beginnenden Vibration so rechtzeitig – das kann ein Mensch gar nicht wahrnehmen. Man hört den Schaden nicht, das Lager erwärmt sich nicht – und trotzdem bekommen wir mit, dass etwas nicht stimmt. Das heißt dann planmäßig vorbeugende Instandhaltung“, so der Geschäftsführer. Für ihn ist künstliche Intelligenz eine Sache der Definition. In Finsterwalde nennt man sie „datenbasierte Assistenzsysteme“. Es würden von Maschinen und Anlagen erzeugte Daten aus der Vergangenheit genutzt, um daraus Wissen für aktuelle oder zukünftige Probleme abzuleiten. „Mit Alexa, Roboter und Co. hat das nichts zu tun.“

Optimierte Produktionsprozesse

Carsten Langhof, verantwortlich für Prozesstechnik, sagt: „Wir investieren gerade in die Betriebsdatenerfassung. Dort werden Daten von unseren Ziehmaschinen registriert, Produktionsparameter sozusagen.“ Einer der Werte sei die Geschwindigkeit, mit der der Draht durch die Maschine gezogen wird. Alle Daten würden ausgewertet, die Soll- mit den Ist-Parametern verglichen und Abweichungen frühzeitig festgestellt. So könne mit den Ergebnissen der gesamte Produktionsprozess optimiert werden. Es sind alles Bausteine, die die Finsterwalder Stück für Stück zusammensetzen. Carsten Langhof erklärt den nächsten Schritt: „Wenn alle Maschinen so mit Sensoren ausgestattet sind, dass alle Daten erfasst und auch logistische Informationen verarbeitet werden können, dann machen wir uns an die Feinabstimmung.“

Kontinuierlicher Produktionsprozess

Ziel: Mit der Menge von Daten die komplette Prozesskette – von der Auftragsauslösung bis zur Fertigstellung – so zu steuern und durchzuplanen, dass die Maschinen besser ausgelastet werden können, die Qualität erhöht wird und die Kunden sofort eine Liefersicherheit bekommen. Mithilfe der künstlichen Intelligenz. Die Finsterwalder wenden für diese technische Umrüstung einen sechsstelligen Betrag auf. Mitarbeiter von voestalpine sind in den gesamten Prozess involviert. „Es ist zwar einerseits ein IT-Thema, andererseits aber auch ein Produktionsthema“, sagt Diego Alex. Es existiert seit zwei Jahren eine Arbeitsgruppe aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die ihr Wissen mit einbringen. Mit einem Automatisierungstechniker sei man beispielsweise ständig in ganz enger Abstimmung, weil er die Anlagen bestens kenne. Die Finsterwalder treiben die Integration von „KI“ voran. Ob sie fertig wird? „Ich denke, es ist ein kontinuierlicher Veränderungsprozess, der mit der Entwicklung der technischen Möglichkeiten immer effizienter und besser wird“, meint Steffen Dibow.

Mensch kann durch KI nicht ersetzt werden

Ob oder dass durch die Anwendung der künstlichen Intelligenz Arbeitsplätze wegfallen, sieht der Geschäftsführer unaufgeregt. „Es war noch nie Gegenstand unserer Gedanken. In erster Linie geht es darum, die Qualität zu verbessern.“ Er ergänzt: „Wir Menschen designen die künstliche Intelligenz und nutzen diese. Den Menschen ersetzen kann sie jedoch auch auf weite Sicht nicht.“
FORUM/BMS/Stefan Blumberg

Natürlich intelligent

Die ZF Getriebe Brandenburg GmbH, Standort Brandenburg an der Havel, gehört zur Division Electrified Powertrain Technology der ZF AG. Hier werden jedes Jahr 120 000 Getriebe hergestellt, wie Handschalt- und hybridisierte Doppelkupplungsbetriebe für performanceorientierte Kunden, zum Beispiel BMW. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) für die automatisierte Bestimmung von Ausfallursachen in der „End-of-Line“-Prüfung (EOL) steht unmittelbar bevor.
KI ist die vielleicht wichtigste Technologie unserer Zeit. Die ZF Getriebewerke sind längst „am Thema“ und bereiten seit zwei Jahren den konkreten Einsatz vor. Die Brandenburger Ingenieure Christian Ehrhardt – Teamleiter für Funktions- und Akustikprüfung und seit 2006 im Unternehmen – und Stefan Singer – seit 2015 Prüfingenieur – sind in den unterschiedlichen Prüffeldern der EOL-Prüfung der kompletten im Werk hergestellten Getriebe schon fast zu Hause.

KI wird fortwährend angelernt

„Wir erzeugen fleißig Daten“, erzählen beide, „die dafür nötigen Datenquellen sind modernisiert.“ Jedes (100-Prozent-Prüfung) fertige Getriebe durchlaufe zuerst eine Elektroprüfung, bei der sämtliche elektrischen und elektronischen Komponenten durchgecheckt werden. Bei einer weiteren werde das Getriebe komplett mit Öl gefüllt und einer Funktions- und Akustikprüfung unter Fahrbedingungen unterzogen, beispielsweise mit Körperschallaufnehmern und mehreren Mikrofonen. „Bei jeder Messung entstehen Werte mit Datenbildern, die bei idealen Getrieben deckungsgleich sind beziehungsweise sehr nahe beieinanderliegen.“
Sehr selten anfallende fehlerhafte Getriebe liefern allerdings die für sie interessanteren Daten. Bisher sei es so, dass an den Prüfstationen Fehler angezeigt würden, ohne dass klar sei, wo sie zu suchen seien. „Es ist immer eine langwierige Geschichte, besonders dann, wenn das in den Nachtschichten vorkommt. Dann können wir erst am nächsten Tag reagieren“, sagt Singer. „Unsere Daten erzeugen Fehlerbilder, mit denen wir die KI anlernen. Sie kann also in Zukunft aktuelle Fehlerbilder der EOL-Prüfungen abgleichen und sofort Handlungsanweisungen erteilen.“ Das spare in der Endkonsequenz Zeit, viel Zeit.

Reaktionen ohne Zeitverlust möglich

„Ja, noch arbeiten wir unter Laborbedingungen, stehen aber direkt vor der Einführung. Daten haben wir genug“, sagt Ehrhardt. „Für die Mitarbeiter des Prüfbereichs in Brandenburg wird sich nicht viel ändern. Sie werden selbstredend gründlich geschult. In Zukunft erfahren sie direkt am Rechner, wo Störungen aufgetreten sind, und können ohne jeden Zeitverlust reagieren.“ Ängste und Befindlichkeiten gegenüber KI habe niemand. Aber viele denken, die „KI kann alles“. Das sei natürlich nicht so. „Sie kann nur das, was wir ihr beigebracht haben. Sie vergisst aber auch nichts und hat zudem sehr seltene Fehler parat. Wahrscheinlich wird es auch Fehlermeldungen geben, die sie noch nicht im Speicher hat. Da bleiben wir dran und aktualisieren.“ „Eigentlich“, erklärt Singer, „ist die KI hier ein Abfallprodukt. Wer sich wie wir so lange damit beschäftigt, kommt von selbst drauf, dass Fehlerdiagnosen zuverlässiger von adäquater Technik erledigt werden können.“ Wenn die endgültige Umsetzung der KI in der Endprüfung gut laufe, werde man den nächsten Schritt gehen und sie auch in der Endprüfung der einzelnen Getriebebauteile einsetzen. „Wir werden mehr Zeit für andere Dinge haben“, sind sich die beiden jungen Männer sicher. „Die KI muss weiterentwickelt werden, Stillstand gibt es hier nicht.“
FORUM/ BMS/Heike Schulze

Für alle Anforderungen gerüstet

Stadtwerke Frankfurt (Oder) nutzen intelligente Softwarelösung. Die Aufgabe ist klar: Frankfurt an der Oder muss zuverlässig mit Strom, Fernwärme und Erdgas versorgt werden. Allein fast 20 000 Haushalte und zahlreiche gewerbliche Kunden beziehen über das 111 Kilometer lange Trassennetz Fernwärme. Größer sind die Herausforderungen durch den Einsatz erneuerbarer Energien und dezen- traler Produktion geworden. Daten über Erzeugung, Bedarf und Preise müssen erfasst und bewertet werden und in eine umweltfreundliche und wirtschaftliche Steuerung münden. Hier ist Diplom-Ingenieur Harald Wolf (51) in seinem Element. Der gebürtige Frankfurter arbeitet seit 24 Jahren bei den Stadtwerken, auf Automatisierungstechnik ist er spezialisiert und als Stabsstellenleiter Smart Infrastructure vor allem für technische IT-Systeme zuständig.
Um ihrem Versorgungsauftrag gerecht zu werden, setzen die Stadtwerke in Frankfurt (Oder) künstliche Intelligenz gezielt ein. Mithilfe des Fraunhofer Instituts für angewandte Systemtechnik Ilmenau haben sie eine Software implementiert, mit der sie alle Versorgungskomponenten zusammenfassen und effektiv steuern können. Bereits im Rahmen des Projektes WindNODE wurden von 2017 bis 2021 Voraussetzungen für Musterlösungen für das zu 100 Prozent regenerative, intelligente Energiesystem der Zukunft geschaffen. Dieses Verbundprojekt mit mehr als 70 Partnern gehörte zum Förderprogramm „Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende“.

Bedienung ist kein Hexenwerk

Die Ergebnisse der komplexen Berechnung von Kapazitäten und Anforderungen werden so aufbereitet, dass die Mitarbeiter der Stadtwerke ihre Entscheidungen treffen können. Der manuelle und administrative Aufwand, täglich Daten zu erfassen und in das richtige Verhältnis zueinander zu bringen, wird den Mitarbeitern durch die intelligente Softwarelösung erspart, ohne ihnen die Verantwortung abzunehmen. Und Harald Wolf bestätigt, dass die Bedienung kein Hexenwerk sei. Wer die Arbeitsprozesse kenne und die Grundlage der Arbeit mit dem PC beherrsche, komme schnell damit klar.
Harald Wolf verweist darauf, dass sich nicht nur der Arbeitsaufwand deutlich reduziert hat: „Durch den Einsatz unserer Software-Lösung wurde für die Erzeugeranlagen im Fernwärmenetz der Brennstoffeinsatz reduziert, der Jahreswirkungsgrad erhöht, der Primärenergiefaktor verbessert und die Gesamtkosten wurden gesenkt.“ Die Effekte der Kombination von KI und einem drucklosen Wärmespeicher, der die im Frankfurter Fernwärmenetz benötigte Wärme für drei bis vier Tage aufnehmen kann, lassen sich in konkreten Zahlen ausdrücken. Der neu errichtete Wärmespeicher entkoppelt Verbrauch und Erzeugung. 2022 wurden durch diese innovative Arbeitsweise so mehr als 18 000 Megawattstunden Wärmeenergie zwischengespeichert und optimiert eingesetzt und dabei 9 000 Megawattstunden eingespart.

System wird ständig angepasst
Im Moment ist das System für die Anforderungen ausgereift, aber es lebt und wird den Anforderungen ständig angepasst. Sein großer Vorteil liegt darin, dass mit seiner Hilfe verschiedene Modelle durchgespielt werden können. Dadurch werden Energieprognosen erstellt, die zu kurzen Start-, Stopp- und Stillstandzeiten führen. In Störungsfällen wird automatisch die wirtschaftlich beste Ersatzversorgung vorgeschlagen. Die Entscheidungen treffen aber auch hier keine Computer, sondern die Dispatcher. Die Oderstädter sind der Meinung, dass ihre Lösung auch für andere Stadtwerke geeignet ist, einige haben sich das schon angesehen. Sie geben ihre Erfahrungen gerne weiter.
FORUM/BMS/Matthias Voß

Künstliche Intelligenz leicht gemacht

Wer Beratung, Austausch und Unterstützung beim Einsatz von künstlicher Intelligenz sucht, kann sich an verschiedene Projekte und Stellen wenden:
Modellfabrik des Mittelstand-Digital Zentrums Spreeland an der BTU Cottbus-Senftenberg und mobile Roadshow an der TH Wildau. Eine mobile digitale Fabrik vermittelt Grundlagen und Anwendungsbeispiele rund um die künstliche Intelligenz im produzierenden Gewerbe. In zwei Lkw-Anhängern ist zu erleben, wie ein Fertigungsprozess durch digitale Tools und Verfahren unterstützt werden kann. Mit dieser Roadshow können auch Unternehmen in peripheren Gebieten mit verschiedensten Best-Practice-Lösungen und Anwendungsbeispielen vertraut gemacht werden. An neun Arbeitsplätzen werden Digitalisierung, KI und Assistenzsysteme demonstriert. Die Teilnehmer der Workshops können die intelligenten Lösungen selbst ausprobieren. Weil sich durch KI der Charakter der Arbeit verändert, werden auch ethische Fragen der Implementierung von KI-Anwendungen diskutiert.

KI-Servicezentrum Berlin-Brandenburg

Das KI-Servicezentrum Berlin Brandenburg (KISZ-BB) ist eines von vier Servicezentren für Künstliche Intelligenz (KI), die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert werden. Ziel ist es, den Zugang zur Technologie KI zu verbessern. Das KISZ-BB unterstützt Start-ups, Unternehmen, öffentliche Einrichtungen, Studierende und die Forschung dabei, den nächsten Schritt zur Professionalisierung und Automatisierung von KI-Anwendungen zu gehen. Es stellt die erforderlichen Ressourcen, Bildungsangebote und Beratung bereit, um wissenschaftliche Erkenntnisse in die Praxis zu übertragen und unternehmerische Innovationen zu fördern.

KONTAKT Prof. Dr. Holger Karl, kisz@hpi.de, https://hpi.de/kisz

Zentrale Anlaufstelle Künstliche Intelligenz (ZAKI)

Die Zentrale Anlaufstelle wird von der Wirtschaftsförderung Land Brandenburg GmbH (WFBB) im Auftrag des Brandenburger Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Energie als Bestandteil der „Strategie zum Einsatz von Künstlicher Intelligenz in brandenburgischen Unternehmen“ betrieben. Sie berät in allen Fragen des Einsatzes künstlicher Intelligenz und vermittelt im Rahmen ihres landesweiten Netzwerkes dafür die richtigen Partner. Die inhaltliche Breite reicht von Medienunternehmen bis zur Optimierung des Maschineneinsatzes in der industriellen Produktion. Die ZAKI informiert über Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten ebenso wie über beispielhafte regionale Umsetzungen aus der Vergangenheit und über neue Vorhaben.

KONTAKT Sophia Lenz, sophia.lenz@wfbb.de, Tel. 0331 73061267
www.zaki-brandenburg.info

Open AI Lab an der TH Wildau

Das Open AI Lab an der TH Wildau stellt Unternehmen mit Rechnerkapazitäten und Beratung eine Plattform für rechenintensive Innovationsentwicklungen zur Verfügung, um KI-Anwendungen zu konzipieren, zu programmieren und zu trainieren. In KI-Workshops, an Open Lab Days und Open AI Days werden je nach den Bedürfnissen und Vorkenntnissen der Teilnehmer Grundlagen der Arbeit mit künstlicher Intelligenz vermittelt oder es wird die Anwendung neuer Geschäftsmodelle und Prozesse mit hochleistungsfähigen Rechnern getestet und geübt. Dadurch müssen die Unternehmen eigene Ressourcen nicht belasten. Die Mitarbeiter des Labors recherchieren und beraten bereits dann, wenn aus einer Problemstellung im Unternehmen heraus erst Lösungen im Bereich der künstlichen Intelligenz gefunden werden sollen.
KONTAKT Norman Günther, nguenther@th-wildau.de, Tel. 03375 508 782, www.digitalzentrum-spreeland.de (dann weiter über „Künstliche Intelligenz“ und „Open AI Lab“)

KI-Netzwerk NET4AI, TH Wildau

Der Träger des Netzwerks ist der TWZ e.V., das Technologie- und Weiterbildungszentrum an der TH Wildau. Die Leistungsangebote des NE-T4AI umfassen Vernetzung und Wissensaustausch, Veranstaltungen in verschiedenen Formaten, technische Unterstützung und Öffentlichkeitsarbeit und Werbung. Es gibt verschiedene Partnerschaftsoptionen von der Stufe „Jung-Unternehmen“ bis zur Kategorie „Platin“.
KONTAKT Anja Beuster, net4ai@twz-ev.org, Tel.03375 508446 01751 9572 68, https://net4ai.de/ueber-uns

Digitalwerk Werder

Das Zentrum für Digitalisierung im Mittelstand in Werder (Havel) bietet kleinen und mittleren Unternehmen kostenfreie Unterstützung bei Digitalisierungsvorhaben an. In Workshops, Veranstaltungen und in Erlebnisstationen können digitale Lösungen einfach und verständlich ausprobiert werden. Zu den Themen der Seminare gehören die Nutzung und das Design sozialer Medien, die Gestaltung von Newslettern und die digitale Ansprache von Kunden. Das Online-Seminar „ChatGPT für Einsteiger“ regt Unternehmen dazu an, Chatbots zu erstellen, Texte eigenständig zu verfassen und Daten schneller zu verarbeiten.
KONTAKT Michaela Scheeg, ifii – Institut für Innovations- und Informationsmanagement, Tel. 03327 5658-0, info@digitalwerk.org
https://digital-werk.org
Jens Jankowsky
Referent Innovation/Energie
Geschäftsbereich Wirtschaftspolitik