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Transporte im Güterverkehr: „An jedem Tag ein Pokerspiel"

Norbert Mülders fordert mehr Tempo bei der Umsetzung von Bauprojekten im Straßen- und Schienennetz. Ansonsten sieht der Geschäftsführer der Solvay Chemicals GmbH und Werkleiter am Standort Rheinberg, schwarz für die regionale Wirtschaft.
Es ist zum Verzweifeln: Norbert Mülders, der Werkleiter am Solvay-Standort in Rheinberg, hatte für sein Unternehmen einen Altholz-Kessel produzieren lassen. „Unser Partner in Polen war termingerecht fertig“, erzählt Mülders. „Doch dann ist dem Unternehmen von der zuständigen deutschen Behörde mehrmals die Transportgenehmigung verweigert worden. Mal war eine Brücke nicht tragfähig, mal war eine Baustelle zu eng.“
Norbert Mülders Solvay

Letztendlich musste die polnische Firma umplanen. Sie ließ die übergroßen Kesselbauteile zum Hafen nach Stettin bringen, verschiffte sie und brachte sie übers Wasser nach Wesel. Die letzten Kilometer bis zum Werk in Rheinberg ging es mit dem Lkw über die Straße. Die Bauteile kamen zwei Monate später als geplant an. Dem Produzenten entstand laut Mülders ein finanzieller Schaden im sechsstelligen Euro-Bereich. „Und wir als Investor werden dadurch eine Verzögerung bei der Inbetriebnahme hinnehmen müssen, die uns jeden Tag viel Geld kosten wird“, sagt der Werkleiter. „Für den Industriestandort Deutschland könnte das aus ökonomischer Sicht zur Katastrophe werden.“ „Darüber hinaus werden sich die mit der Inbetriebnahme des neuen Holzkessels verbundenen Einsparungen an fossilem CO2-Ausstoß verschieben, so dass auch ein klimapolitischer Nachteil entstehen wird“ so Mülders weiter.
Das Fiasko aus dem Sommer steht für ihn sinnbildlich für die schlechte Verkehrsinfrastruktur in Deutschland. „Am Niederrhein ist das Problem noch mal deutlich größer als in anderen Regionen“, sagt Mülders. Das Solvay-Werk in Rheinberg produziert Grundstoffchemikalien, die etwa für die Herstellung von Glas oder Waschmittel verwendet werden. Spediteure liefern an Kunden im Umkreis von 200 Kilometern aus. „Die Lkw müssen in der Regel über den Rhein und damit über marode Brücken“, erklärt Mülders. „Wenn der Fahrer im Stau steht und dann nicht im vereinbarten Zeitfenster beim Kunden ankommt, bekommen wir eine Reklamation.“
Das Solvay-Werk in Rheinberg nutzt auch das Schienennetz, um Rohstoffe und Produkte zu transportieren. Doch auch dieser Transportweg bereitet Mülders große Sorgen. „Wir beziehen Kalkstein aus Belgien per Bahn, aber das ist an jedem Tag ein Pokerspiel“, betont der 62-Jährige. „Von sieben bestellten Zügen kommen manchmal nur drei an. Das liegt an gesperrten Gleisen, defekten Lokomotiven oder kurzfristig ausgefallenen Lokomotivführern“.
Er fordert deshalb mehr Tempo bei Bauprojekten im Straßen- und Schienennetz. „Sonst sehe ich für die hiesige Wirtschaft schwarz. Was nützt es, wenn wir in unserem Werk tolle Produkte herstellen können, sie aber nicht zu unseren Kunden bekommen oder uns die nötigen Rohstoffe fehlen“, sagt Mülders, der auch Vorsitzender des Industrieausschusses bei der Niederrheinischen IHK ist.
Ich kann nicht nachvollziehen, dass manchmal Straßen und parallel führende Bahnstrecken gleichzeitig gesperrt werden

Er prangert auch das schlechte Baustellenmanagement an: „Ich kann nicht nachvollziehen, dass manchmal Straßen und parallel führende Bahnstrecken gleichzeitig gesperrt werden“, sagt Mülders. „Dann kommt der Verkehr vollkommen zum Erliegen.“ Er wohnt in Weeze, wenige Autominuten von der deutsch-niederländischen Grenze entfernt. „In unserem Nachbarland läuft das in meinen Augen reibungsloser“, erklärt Mülders. „Wenn da eine Asphaltdecke ausgetauscht werden muss, wird die Straße für zwei, drei Tage gesperrt und dann rund um die Uhr mit viel Personal gearbeitet. Das könnte auch für uns ein Vorbild sein.“
Dass der Güterverkehr auf der A40 jetzt über die neue Rheinbrücke Neuenkamp rollt, stimmt ihn zwar positiv. „Die Fertigstellung entlastet uns selbstverständlich“, sagt Mülders. „Aber das darf nur der Anfang gewesen sein.“

Text: Denis de Haas, Redaktionsbüro Ruhr.
Fotos: Solvay Chemicals GmbH.
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