Humanitäre Hilfslieferungen in die Türkei und nach Syrien

Kooperationsprojekte

Bei einem Austausch zwischen der DIHK, der AHK Türkei, den IHKs und dem türkischen Botschafter Ahmet Başar Şen am 2. März wurden zahlreiche Möglichkeiten besprochen, wie sich IHKs und Mitgliedsunternehmen im Rahmen von Kooperationsprojekten zur Unterstützung der Türkei engagieren können. Die Bandbreite einer möglichen Zusammenarbeit reicht vom Wiederaufbau von Kitas, Schulen und Krankenhäusern bis hin zu gemeinsamen Bildungskooperationen. Interessierte Unternehmen und IHKs werden gebeten, sich zwecks Koordinierung mit der AHK Türkei in Verbindung zu setzen.

Geldspenden

Grundsätzlich sind Geldspenden bei humanitären Katastrophen am sinnvollsten, da die vor Ort tätigen Hilfsorganisationen am besten abschätzen können, was in welcher Menge benötigt wird. Dies hat der türkische Botschafter bei dem Austausch mit DIHK, AHK und IHKs noch einmal bekräftigt.
Die AHK Türkei informiert umfassend über die Möglichkeiten, für die Erdbebenopfer in der Türkei zu spenden. Sie hat zahlreiche Informationen darüber zusammengetragen, was bei Spendenaktionen zu beachten ist. Auch das Deutsche Zentralinstituts für Soziale Fragen (DZI), das das Spendensiegel vergibt, liefert Hinweise auf besonders förderungswürdige Hilfswerke und Tipps zum sicheren Spenden.

Sachspenden

Mit Unterstützung der DIHK und der AVE hat der DSLV Bundesverband Spedition und Logistik ein umfangreiches Informationspaket hinsichtlich der praktischen Durchführung von Hilfslieferungen in die Türkei ausgearbeitet. Wenn Sie sich engagieren möchten, finden Sie im Folgenden Informationen und Kontaktadressen.
Auch die AHK Türkei informiert umfassend über die Möglichkeiten, für die Erdbebenopfer in der Türkei zu spenden. Sie hat zahlreiche Informationen zusammengetragen, was bei den Spendenaktionen zu beachten ist.
Unternehmen, die planen, Hilfstransporte in die vom Erdbeben betroffene Region in der Türkei zu organisieren oder durchzuführen, sollten folgende Hinweise berücksichtigen:

1. Koordination durch das türkische Generalkonsulat

Grundsätzlich sind Geldspenden bei humanitären Katastrophen am sinnvollsten, da die vor Ort tätigen Hilfsorganisationen am besten abschätzen können, was in welcher Menge benötigt wird. Informationen darüber, welche materielle Hilfe gebraucht wird und wie Unternehmen gezielt helfen können, erteilen das türkische Generalkonsulat und die türkische Botschaft in Berlin. Beide Institutionen bitten um schriftliche Anfragen an konsulat.berlin@mfa.gov.tr beziehungsweise botschaft.berlin@mfa.gov.tr.

2. Genehmigungspflicht für Straßengütertransporte in die Türkei (bilateral, CEMT)

Unternehmen, die auf eigene Rechnung einen Hilfstransport in die Krisenregion organisieren wollen, müssen (auch wenn es sich um Hilfsgüter handelt) das CEMT-Genehmigungsverfahren beachten. CEMT – Genehmigungen für Hilfstransporte in die Türkei sind nach § 2 Abs. 1 GüKKostV kostenfrei (vergleiche  GüKKostV 1998 – Kostenverordnung für den Güterkraftverkehr).
Anträge werden gestellt an:
Regierung der Oberpfalz
Transportausgabestelle
Sachgebiet 23.1
93039 Regensburg
Telefon: +49 94 156801325
Telefax: +49 94 156801388   
Detaillierte Informationen sind auf der Homepage der Regierung Oberpfalz zusammengestellt.

3. LKW-Maut

In Deutschland besteht grundsätzlich eine Ausnahme von der Mautpflicht für Hilfsgütertransporte für Fahrzeuge, die von gemeinnützigen oder mildtätigen Organisationen zur Beförderung von humanitären Hilfsgütern, die der Linderung einer Notlage dienen, eingesetzt werden (§ 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 5 Bundesfernstraßenmautgesetz).
Nach Auslegung des Bundesamtes für Logistik und Mobilität (BALM, früher Bundesamt für Güterverkehr, BAG) kann diese Ausnahme auch auf private Initiativen zur Versorgung der Bevölkerung im Zusammenhang mit einer akuten humanitären Katastrophe angewendet werden, wenn folgende zwei Voraussetzungen erfüllt sind:
  • Hilfsorganisationen, Vereine, Städte, Gemeinden, Kirchen et cetera haben zu Lebensmittel- und Sachspenden für die Bevölkerung in den betroffenen Gebieten aufgerufen.
  • Die Lebensmittel- und Sachspenden werden an Sammel- und Verteilungsstellen geliefert, die diese im Rahmen gemeinnütziger oder mildtätiger Zwecke an die notleidende Bevölkerung verteilen.
Vor diesem Hintergrund wird dringend empfohlen, die Sendungen in der Türkei an die genannten Koordinierungsstellen zu übergeben und nicht selbst in die Katastrophengebiete zu reisen.

4. Versicherung

Es wird empfohlen, mit dem Versicherer oder Versicherungsmakler zu klären, ob für die jeweilige Situation ein ausreichender Versicherungsschutz besteht.

5. Zollrechtliche Formalitäten bei Ausfuhr aus der EU

Auch bei Spenden und nichtkommerziellen Hilfslieferungen in die Erdbebengebiete sind grundsätzlich die allgemein gültigen Zollvorschriften sowie die außenwirtschaftsrechtlichen Verbote und Beschränkungen zu berücksichtigen. In diesem Zusammenhang sind insbesondere sind die Beschränkungen für Lieferungen nach Syrien zu beachten.
Außerdem gilt bei der Ausreise aus Deutschland auch für mitgeführte Spendengelder eine schriftliche Anmeldepflicht für Barmittel ab einem Betrag von 10.000 Euro. Ausführliche Informationen hierzu erhalten Reisende auf der Internetseite des Zolls sowie bei jeder Zolldienststelle.
Vor der Durchführung von Hilfslieferungen mit Unionswaren ist zu prüfen, ob es sich bei den Hilfsgütern um genehmigungspflichtige oder genehmigungsfreie Waren handelt.

Waren sind genehmigungspflichtig

Zu genehmigungspflichtigen Waren gehören z.B. Arzneimittel, die Betäubungsmittel sind, und in bestimmten Fällen auch Schutzausrüstung. Hilfestellungen bei der Klärung der Genehmigungspflicht leisten die örtlich zuständigen Ausfuhrzollstellen, in deren Bezirk der Transport beginnt.
Wenn die Waren oder Teile der Sendung genehmigungspflichtig sind, ist zwingend das zweistufige Ausfuhrverfahren in Deutschland zu nutzen. Es bedarf daher stets einer elektronischen Ausfuhranmeldung im IT-System ATLAS und der Beteiligung einer im Binnenland (z.B. in Deutschland) gelegenen Ausfuhr- und einer an der EU-Außengrenze (z.B. in Griechenland) gelegenen Ausgangszollstelle. Nach Überführung in das zollrechtliche Ausfuhrverfahren bei der örtlich zuständigen Ausfuhrzollstelle (erste Stufe) ist die Sendung an der Ausgangszollstelle erneut zu gestellen und die Ausfuhrdokumente (z.B. das Ausfuhrbegleitdokument) bzw. die Registriernummer (MRN Movement Reference Number) sind vorzulegen (zweite Stufe). Detaillierte Informationen für die Abgabe einer elektronischen Ausfuhranmeldung hat der Zoll auf seiner Homepage bereitgestellt.
Bei Abgabe einer elektronischen Zollanmeldung ist grundsätzlich eine EORI-Nummer zur Registrierung und Identifizierung von Wirtschaftsbeteiligten erforderlich. Dieses gilt insbesondere bei genehmigungspflichtigen Ausfuhren, wenn eine Ausfuhrgenehmigung beim BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) beantragt bzw. in Anspruch genommen wird.
Sofern Sie nicht selbst über die Möglichkeit verfügen, eine elektronische Anmeldung in ATLAS abzugeben, können Sie damit auch eine im Außenhandel tätige Person (z.B. Spediteur, Zolldeklarant) beauftragen. Alternativ können Sie die Ausfuhranmeldung auch über die Internetanwendung IAA-Plus abgeben.Erläuterungen zu den in einer Ausfuhranmeldung verlangten Daten enthält das Merkblatt zu Zollanmeldungen, summarischen Anmeldungen und Wiederausfuhrmitteilungen.

Waren sind nicht genehmigungspflichtig

Sendungen mit Bestimmungsland Türkei
Sachspenden und Hilfslieferungen in die Türkei können mündlich zur Ausfuhr direkt bei der letzten Zollstelle vor dem Verlassen des Zollgebiets der Union (z.B. deutsche Ausgangszollstelle im Luftverkehr oder Ausgangszollstelle in Griechenland) angemeldet werden. Eine vorherige Ausfuhranmeldung in Deutschland ist dann nicht erforderlich. Alternativ kann auch das zweistufige Ausfuhrverfahren genutzt werden (wie oben beschrieben). Dies bietet sich z.B. an, wenn ein Ausgangsvermerk als Ausfuhrnachweis benötigt wird.
Für Hilfslieferungen kann mit Ausnahme von genehmigungspflichtigen Waren die Warennummer 9919 0000 verwendet werden.
Sachspenden und Hilfslieferungen, die als Nichtunionswaren, durch die EU mit Ziel Türkei befördert werden, um dort den Opfern des Erdbebens zu helfen, können im Zeitpunkt des Verbringens in die EU mündlich zur vorübergehenden Verwendung angemeldet werden. In diesem Fall ist nur die Unterlage für mündlich zur vorübergehenden Verwendung angemeldete Waren (Formular im Anhang 71-01 UZK-DA) auszufüllen.
Dieses Formular ist national mit dem Formular 0278 umgesetzt worden und kann online ausgefüllt werden.
Die Waren sind im unveränderten Zustand in die Türkei wiederauszuführen. Hierfür ist auch eine mündliche Anmeldung zulässig.
Daneben kann die Beförderung der hier in Rede stehenden Hilfslieferungen in die Türkei grundsätzlich auch im Rahmen des gemeinsamen Versandverfahrens erfolgen. Hier ist die Erleichterung der mündlichen Zollanmeldung, so wie bei der Ausfuhr oder der vorübergehenden Verwendung, jedoch nicht vorgesehen. Auch ist bei der Inanspruchnahme des Versandverfahrens, mit wenigen Ausnahmen, die Leistung einer Sicherheit verpflichtend.
 
Sendungen mit Bestimmungsland Syrien
Wenn der Wert der Waren einen Betrag von 1.000 Euro bzw. eine Eigenmasse von 1.000 Kilogramm übersteigt, ist grundsätzlich das zweistufige Ausfuhrverfahren zu nutzen (wie unter 1. beschrieben). Dies gilt grundsätzlich auch für Postsendungen, die von der Deutschen Post AG sowie von Express- und Kurierdiensten und Ähnliches nach Syrien befördert werden, unabhängig von Wert und Gewicht.
Bei unmittelbaren Ausfuhren aus Deutschland (z.B. im Luftverkehr) können nicht genehmigungspflichtige Hilfslieferungen bzw. Sachspenden unabhängig vom Wert mündlich bei der deutschen Ausgangszollstelle (z.B. Flughafenzollstelle im Luftverkehr) angemeldet werden. Eine elektronische Ausfuhranmeldung ist nicht erforderlich. (Ausnahme: Postsendungen nach Syrien s.Länderembargo Syrien).
Hinweis:
Auf den Internetseiten des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) finden Sie Informationen zur Hilfe mit Sach- und Geldspenden über die anerkannten Hilfsorganisationen. Danach wird von der Durchführung eigener Hilfstransporte durch Privatpersonen in das Erdbebengebiet derzeit dringend abgeraten.
Informationen des BKK zum Erdbeben in der Türkei und Syrien

6. Formalitäten bei der Einfuhr von Hilfsgütern in die Türkei

Das türkische Zoll- und Handelsministerium hat Hinweise zum Import von Hilfsgütern in die Türkei veröffentlicht:
Güter des täglichen Bedarfs und andere Güter, die in die Türkei eingeführt werden, um kostenlos an die durch das Erdbeben geschädigten Personen verteilt zu werden, unterliegen keinen Zöllen und formalen Anmeldungen, wenn die Empfänger öffentliche gemeinnützige Einrichtungen und Organisationen sind. Hierunter fallen unter anderem:
  • AFAD
  • Ankara Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Şanlıurfa Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Kahramanmaraş Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Adıyaman Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Adana Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Hatay Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
  • Diyarbakır Sosyal Yardımlaşma ve Dayanışma Vakfı
Die Eröffnung eines Carnet-TIR- oder T2-Verfahrens ist nur dann erforderlich, wenn der Transport über ein Drittland wie beispielsweise Serbien erfolgt. Ansonsten genügt bei der Einfuhr in die Türkei die Vorlage des beigefügten Formulars bei der zuständigen Zollbehörde. Dieses Formular muss in Deutschland vor Transportbeginn vom türkischen Generalkonsulat oder den örtlichen Wohlfahrtsverbänden (Rotes Kreuz oder Caritas) genehmigt und mit einem Stempel versehen werden.
Den türkischen Zollstellen sind die Transportdokumente (falls vorhanden) vorzulegen sowie eine Warenaufstellung wie folgt
Informationen zum Verkehrsmittel/Beförderungsmittel
Informationen über eingehende Ladung
Landverkehr: Herkunftsland des Lkw,   
Nummernschild;

Seeverkehr: Name des Schiffs und der   
Reederei

Luftverkehr: Flugnummer
Informationen zur Ware:
Warenbezeichung
Menge
Gewicht
Quelle: ticaret.gov.tr
Bitte informieren Sie sich auch über die Bekanntmachung zu den Zollverfahren von Hilfsgütern, die aus dem Ausland versandt werden des türkischen Handelsministeriums, entsprechende Informationen auf englisch finden Sie hier.

7. Praktische Abwicklung

So werden Hilfslieferungen in die Türkei beziehungsweise an den türkischen Zollstellen in der Praxis abgewickelt:
  1. Die LKW/PKW (Firmen/private Personen) kommen an die türkische Grenze.
  2. Der Fahrer informiert die türkische Zollstelle, dass es sich bei der Lieferung um Spenden/Hilfsgüter handelt. Die schriftliche Hilfsgüterliste muss an die türkische Zollverwaltung übergeben werden.
  3. Die türkische Zollverwaltung begleitet die Lkw/Pkw zur Einheit der Katastrophenschutzbehörde AFAD, die an den türkischen Zollstellen platziert sind.
  4. Das AFAD-Team kontrolliert die Hilfsgüter und Spenden anhand der Liste und nimmt sie an. Die Hilfspakete werden auf die AFAD-Transportfahrzeuge geladen und anschließend in die Katastrophengebiete transportiert. Der Weitertransport in die Katastrophengebiete mit EU-Fahrzeugen oder lokalen Fahrzeugen ist auch möglich, doch sind nur Lkw zur Weiterfahrt zugelassen. Das muss vor Ort mit AFAD abgesprochen beziehungsweise koordiniert werden.
Diese Informationen gelten für alle türkischen Zollstellen.
Quelle: zoll.deDIHK, IHK zu Köln