
Gastronomie: Die Branche der Hartnäckigen
Die Gastronomie in der Region hat sich von der Pandemie gut erholt und steht aktuell sogar besser da als die meisten anderen Branchen. Sogar dem chronischen Personalmangel trotzen die Unternehmen. Und viele engagieren sich intensiv für ihren Standort, weit über das eigene Geschäft hinaus.
Während der Corona-Zeit sah es nach einer gewaltigen Pleitewelle bei Restaurants und Kneipen aus. Natürlich gab es auch viele Schließungen, aber die Branche insgesamt hat sich enorm widerstandsfähig gezeigt. Heute gibt es im Bezirk der IHK Köln sogar mehr Gastronomiebetriebe als vor der Pandemie, rund 6.200. Etwa 25.000 Menschen arbeiten in der Branche. Wie wichtig der Wirtschaftszweig für den Standort ist, wird umso deutlicher, wenn man die eng verwobenen Bereiche Hotellerie, Tourismus und Veranstaltungen hinzurechnet: Alle gemeinsam haben in unserer Region im vergangenen Jahr rund sechs Milliarden Euro umgesetzt.
Die Gastronomie in Köln braucht Planungssicherheit und die Unterstützung der Stadt. – Uwe Esser
Entsprechend stark setzt sich die IHK Köln für den bedeutsamen Wirtschaftszweig ein. Das galt während der Pandemie, als immer neue Beschränkungen viele Betriebe in der Existenz bedrohten, das gilt aber auch aktuell für kommunalpolitische Debatten etwa zum Thema Außengastronomie. Dies betont auch Uwe Esser, Betriebsleiter bei „Peters Brauhaus“ in der Altstadt. „Die Gastronomie in Köln braucht Planungssicherheit und die Unterstützung der Stadt. Die Außengastronomie ist für viele Betriebe existenziell wichtig. Hier müssen wir am runden Tisch gute und langfristig angelegte Lösungen erreichen“, sagt Esser.
„Peters Brauhaus" in der Kölner Altstadt
© IHK Köln / Nadine Preiss
An dem besagten runden Tisch sitzen Vertreterinnen und Vertreter von Stadt, Gastronomie und Institutionen wie der IHK Köln. Hier sollen nach den teils harten Auseinandersetzungen um die bislang bestehenden Vorgaben des städtischen Gestaltungshandbuchs gemeinsame Regeln zur Gestaltung und Anordnung von außengastronomischen Flächen entwickelt werden.
„Neben den Gestaltungsfragen ist es aber auch wichtig, dass die Sondernutzungsgenehmigungen für längere Zeiträume als nur ein Jahr vergeben werden, sonst lohnen sich hohe Investitionen etwa in qualitativ hochwertige Möbel kaum“, sagt IHK-Branchenexperte Timo Knauthe. Die IHK Köln arbeitet mit daran, dass ab 2024 deutliche Erleichterungen bei den Regeln für die optische Gestaltung der Außenbereiche erreicht werden, die jedoch gleichzeitig ein gutes Stadtbild gewährleisten.
Uwe Esser verweist auch darauf, dass nicht alle Gastronomiebetriebe in der Region so gut dastehen wie „Peters Brauhaus“. „Bei uns läuft es zwar sehr gut. Das hat auch damit zu tun, dass wir ein sehr gemischtes Publikum haben – nicht nur Touristen, sondern auch viele Stammgäste aus der Umgebung und auch Geschäftsleute. Und wir konnten unser Personal mithilfe von Kurzarbeit auch während der Coronazeit halten. Aber so gut wie uns geht es bei weitem nicht allen.“
IHK-Podcast „KammerSutra“ zur Gastronomie
In der Podcast-Folge 14 „Gastronomie. Was geht und was geht nicht?“ sind die Kölner Gastronomin Anna Heller und der Altenberger Hotelier Markus Wißkirchen zu Gast und berichten über aktuelle Herausforderungen.
In der Podcast-Folge 14 „Gastronomie. Was geht und was geht nicht?“ sind die Kölner Gastronomin Anna Heller und der Altenberger Hotelier Markus Wißkirchen zu Gast und berichten über aktuelle Herausforderungen.
Das gilt vor allem für das Kölner Umland. Im Bergischen Land etwa haben viele Lokale während Corona für alle Zeit geschlossen. Das neue Wachstum, das etwa in Köln sichtbar wird, gibt es hier nicht. Markus Wißkirchen, der im beliebten bergischen Ausflugsort Altenberg ein Hotel mitsamt Restaurant und Café betreibt, macht sich deshalb auch Sorgen um den Tourismus, der für das Bergische enorm wichtig ist: „Heute fehlt zum Beispiel Wandernden vielerorts die Möglichkeit, etwas zu essen und zu trinken.“
Markus Wißkirchen ist Geschäftsführer des Hotels und Restaurants „Wißkirchen“ in Odenthal-Altenberg
© IHK Köln / Nadine Preiss
Ich bin Unternehmer, also unternehme ich etwas! – Markus Wißkirchen
Das kann natürlich dazu führen, dass sich Touristinnen und Touristen nach besser ausgestatteten Zielen umsehen. Wißkirchen engagiert sich intensiv für den touristischen Standort und bietet über den Hotel- und Gastronomie betrieb hinaus mit seinem Unternehmen beispielsweise auch Kulturveranstaltungen oder Planwagentouren zu den Bauernhöfen der Region an. Und er gibt sich mit der Situation nicht zufrieden: „Ich bin Unternehmer, also unternehme ich etwas! Eine Möglichkeit dafür sind zum Beispiel mobile Angebote für Ausflüge.“
Dass die Gastronomie in der Region überhaupt wieder auf die Füße gekommen ist, hat sie offenbar auch einer in der Branche besonders verbreiteten Eigenschaft zu verdanken: Hartnäckigkeit. Oder auch: der Leidenschaft für den Beruf und das Unternehmen, für das Thema Gastlichkeit. Eine Eigenschaft, die man zum Beispiel Anna Heller sofort anmerkt. Sie ist Geschäftsführerin der Kölner Brauerei Hellers, die auch ein eigenes Brauhaus und einen großen Biergarten im Volksgarten in der Südstadt betreibt.
Anna Heller ist Geschäftsführerin der Kölner Brauerei Hellers, die auch ein eigenes Brauhaus und einen großen Biergarten im Volksgarten in der Südstadt betreibt.
© IHK Köln / Nadine Preiss
Ein großes Thema ist für uns die Digitalisierung. – Anna Heller
„Mir macht die Arbeit in der Gastronomie immer noch sehr viel Spaß“, sagt die Unternehmerin. Schon etwas erstaunlich, wenn man sich ihren Arbeitsalltag anschaut: „Ich mache momentan eigentlich nichts anderes, als mich um Personal zu kümmern. Die Leute, die wir haben, sind schlechter qualifiziert als früher, und Aushilfen, zum Beispiel Studentinnen oder Studenten, sind kaum zu finden.“ Ein bekanntes Problem in der Branche, aber keines, von dem sich Anna Heller unterkriegen lässt. Sie arbeitet an Lösungen: „Ein großes Thema ist für uns die Digitalisierung, die sicher einen Teil der Personalprobleme auffangen kann. Die Frage ist natürlich, ob es noch genauso schön im Biergarten ist, wenn die Gäste per App bestellen und kein Köbes mehr an den Tisch kommt.“
Hotelier Wißkirchen will sich indes auch mit dem Personalmangel nicht einfach abfinden und setzt darauf, Klischees und Vorurteile zu beseitigen: „Um Leute zu finden, müssen wir deutlich machen, dass das alte Gespenst von den schlechten Arbeitszeiten in der Gastronomie nicht mehr existiert. Die Arbeitszeiten sind auch bei uns heute sehr flexibel.“
IHK-Branchengremium
Wenn Sie sich als Unternehmerin oder Unternehmer für die Gastronomie im Bezirk der IHK Köln engagieren wollen, sind Sie herzlich eingeladen, in unserem Branchengremium Handel, Gastronomie, Tourismus und Veranstaltungswirtschaft mitzuarbeiten. Hier behandeln wir aktuelle politische und branchenspezifische Fragen und Entwicklungen über kommunale Grenzen hinweg.
Wenn Sie sich als Unternehmerin oder Unternehmer für die Gastronomie im Bezirk der IHK Köln engagieren wollen, sind Sie herzlich eingeladen, in unserem Branchengremium Handel, Gastronomie, Tourismus und Veranstaltungswirtschaft mitzuarbeiten. Hier behandeln wir aktuelle politische und branchenspezifische Fragen und Entwicklungen über kommunale Grenzen hinweg.
Tourismusbarometer NRW
Gastronomie, Hotellerie und Freizeit- und Veranstaltungswirtschaft sind eng miteinander verwoben. Ihre Entwicklung insgesamt lässt sich gut an den Daten des Tourismusbarometers NRW ablesen, dessen erster Teil gerade neu erschienen ist. Er zeigt die deutliche Erholung der Gesamtbranche nach der Pandemie. So lag die Zahl der Übernachtungen im vergangenen Jahr zwar noch um zehn Prozent unter dem Wert des Jahres 2019, aber schon 60 Prozent höher als noch unter den starken Corona-Beschränkungen im Jahr 2021.
Differenziert betrachten muss man diese Werte für die Kölner Region: Während die Zahl der Übernachtungen im vergangenen Jahr im Rhein- Erft-Kreis mit rund 1,2 Millionen nur noch um 7,8 Prozent unter dem Wert von 2019 lag, waren es in der Stadt Köln mit 5,6 Millionen noch 14,7 Prozent weniger und im Bergischen Land mit 1,3 Millionen sogar 20 Prozent weniger als vor Corona.
Vor allem der Wert für das Bergische Land dürfte auch damit zu tun haben, dass hier viele Betriebe, die während Corona schließen mussten, nicht wieder geöffnet haben. Der Umsatz des Gastgewerbes in NRW stieg von 2021 auf 2022 um mehr als 41 Prozent. Dank dieser positiven Zahlen ist auch die befürchtete Insolvenzwelle im vergangenen Jahr nicht eingetreten.
Bundesweit lag die Zahl der Insolvenzen im Gastgewerbe im Jahr 2022 so niedrig wie noch nie. Im nordrhein-westfälischen Gastgewerbe wurden 395 Insolvenzanträge gemeldet, in den beiden Vorjahren waren es 458 bzw. 560 Anträge. Zum Vergleich: Vor zehn Jahren wurden in Nordrhein- Westfalen fast 1.500 Insolvenzanträge gestellt. Die IHK-Organisation führt dies auf die erfolgreichen Hilfsprogramme, aber auch auf die mittlerweile höhere Resilienz der Unternehmen zurück.