Nr. 5623418
IHK24

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG)

Unternehmen werden in Zukunft verstärkt in die Pflicht genommen, die Menschenrechte, die Umwelt und eine gute Unternehmens­führung in ihren internationalen Aktivitäten zu respektieren. Die Verantwortung der Unternehmen soll sich entsprechend dem neuen Gesetz auf die gesamte Lieferkette erstrecken – abgestuft nach Einflussmöglichkeiten.

Zweck des Gesetzes

Die Pflichten müssen durch die Unternehmen in ihrem eigenen Geschäftsbereich sowie gegenüber ihren unmittelbaren Zulieferern umgesetzt werden. Mittelbare Zulieferer werden einbezogen, sobald das Unternehmen von Menschenrechtsverletzungen auf dieser Ebene substantiierte Kenntnis erhält.
Das Gesetz konkretisiert, in welcher Form die Unternehmen ihre menschenrechtliche Sorgfaltspflicht erfüllen. Dies beinhaltet, dass sie menschenrechtliche Risiken analysieren, Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergreifen, Beschwerdemöglichkeiten einrichten und über ihre Aktivitäten berichten müssen. 
Auch der Umweltschutz ist im Gesetz erfasst, soweit Umweltrisiken zu Menschenrechtsverletzungen führen können. Zudem sollen umweltbezogene Pflichten etabliert werden, die sich aus zwei internationalen Abkommen zum Schutz vor den Gesundheits- und Umweltgefahren durch Quecksilber und langlebige organische Schadstoffe ergeben.

Wer überwacht die Umsetzung des Lieferkettengesetzes?

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) soll überwachen, dass die Unternehmen ihrer Sorgfaltspflicht nachkommen. Zudem bekommen Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften die Möglichkeit, bei Menschenrechtsverletzungen und Schäden durch Umweltverschmutzung durch ausländische Zulieferer vor deutschen Gerichten zu klagen – wenn die Betroffenen zustimmen. Das ist neu: Bisher konnten nur Geschädigte selbst klagen, was aber in der Praxis oftmals an den Lebensumständen scheiterte.

Anwendungsbereich

Seit 2023 gilt das neue Gesetz in der ersten Stufe für Unternehmen, die mehr als 3.000 Beschäftigte und Hauptverwaltung, Hauptniederlassung oder Sitz in Deutschland haben. Mitgezählt werden auch Leiharbeitnehmer, wenn sie länger als sechs Monate im Betrieb beschäftigt sind.
In einer zweiten Stufe ab 2024 betrifft es alle Betriebe mit mehr als 1.000 Mitarbeitern.
Die Sorgfaltspflichten gelten auch für deutsche Niederlassungen ausländischer Unternehmen. 
Bis 2026 soll der erreichte Schutz der Menschenrechte in Lieferketten evaluiert werden, um die Wirksamkeit zu überprüfen und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen - das kann beispielsweise auch eine mögliche Absenkung des Schwellenwertes der Größenklassen erfasster Unternehmen oder aber die Höhe der Bußgelder betreffen. Zudem bleibt auch die Verabschiedung eines EU-Rechtsaktes abzuwarten. 

Worauf sich deutsche Unternehmen einstellen sollten 

Die Sorgfaltspflicht der Unternehmen erstreckt sich auf den eigenen Betrieb und die unmittelbaren und direkten Zulieferer. Dennoch ist das Gesetz ebenso für Unternehmen von Bedeutung, die nicht in den direkten Anwendungsbereich fallen. Denn diese können mittelbar betroffen sein, etwa als Zulieferer eines in der gesetzlichen Verantwortung stehenden Unternehmens. Unternehmen außerhalb des Anwendungsbereiches sind jedoch nicht direkte Adressaten von Bußgeldern oder gesetzlichen Verpflichtungen.
  • Die (Groß-)Unternehmen sind verpflichtet, einen Verantwortlichen innerhalb ihres Betriebes festzulegen, der die Einhaltung der Sorgfaltspflichten überwacht. Die Geschäftsleitung hat sich regelmäßig über die Arbeit der zuständigen Person/en zu informieren.
  • Gemäß dem neuen Sorgfaltspflichtengesetz müssen Unternehmen ein angemessenes Risikomanagement entlang der gesamten Lieferkette einführen, das menschenrechtliche Risiken in allen maßgeblichen unternehmensinternen Geschäftsabläufen analysiert. Als relevante Risikofelder benennt das Gesetz dabei insbesondere Zwangsarbeit, Kinderarbeit, Diskriminierung, Verstoß gegen die Vereinigungsfreiheit, problematische Anstellungs- und Arbeitsbedingungen und Umweltschädigungen.
  • Sie müssen insbesondere eine Risikoanalyse durchführen, das heißt, dass sie zunächst die Teile ihrer Produktions- und Lieferkette identifizieren müssen, die besonders hohe menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken bergen. Dazu zählen auch die Geschäftsbereiche der Zulieferer.
  • Anschließend müssen geeignete Abhilfe- oder präventive Maßnahmen getroffen werden, um Verstößen vorzubeugen. Das kann zum Beispiel die Vereinbarung entsprechender vertraglicher Menschenrechtsklauseln mit dem Zulieferer sein. Ebenso müssen angemessene Maßnahmen zur Beendigung oder Minimierung einer bereits eingetretenen Verletzung (Abhilfemaßnahmen) getroffen werden. Auch Menschenrechtsrisiken bei mittelbaren Zulieferern, also in den tieferen Gliedern der Lieferkette, müssen analysiert, beachtet und angegangen werden, wenn Unternehmen darüber Kenntnis erlangen und tatsächliche Anhaltspunkte haben - etwa aufgrund von Hinweisen durch Behörden, aufgrund von Berichten über eine schlechte Menschenrechtslage in der Produktionsregion oder aufgrund der Zugehörigkeit eines mittelbaren Zulieferers zu einer Branche mit besonderen menschenrechtlichen Risiken.
  • Zudem müssen Unternehmen ein Beschwerdeverfahren einrichten, das direkt Betroffenen ebenso wie denjenigen, die Kenntnis von möglichen Verletzungen haben, ermöglicht, auf menschenrechtliche Risiken und Verletzungen hinzuweisen.
  • Über die Erfüllung der Sorgfaltspflichten müssen die Unternehmen jährlich einen Bericht bei der zuständigen Behörde einreichen.

Grad der Betroffenheit als Lieferant

Der Grad der Betroffenheit für Lieferanten von Unternehmen mit mindestens 3.000 oder ab 2024 mindestens 1.000 Beschäftigten wird unterschiedlich sein. Beim unmittelbaren Zulieferer muss das Unternehmen einen konkreten Plan zur Minimierung und Vermeidung erstellen, wenn es die Verletzung nicht in absehbarer Zeit beenden kann. Bei mittelbaren Zulieferern gilt die Sorgfaltspflicht nur anlassbezogen und nur, wenn das Unternehmen Kenntnis von einem möglichen Verstoß erlangt.

In dem Fall hat das Unternehmen unverzüglich:

  • Eine Risikoanalyse durchzuführen
  • Ein Konzept zur Minimierung und Vermeidung umzusetzen
  • Angemessene Präventionsmaßnahmen gegenüber dem Verursacher zu verankern. Die Umsetzung von Brancheninitiativen ist hierbei eine Möglichkeit.

Vertragliche Vereinbarungen

Im Vorfeld könnten beispielsweise Lieferantenvereinbarungen geschlossen werden, die auf einen verbindlichen Verhaltenskodex verweisen oder es könnten Lieferantenverpflichtungen festgelegt werden, die dafür sorgen, dass Compliance-Standards entlang der Lieferkette eingehalten werden. Als Folge ist die vertragliche Fixierung von Sanktionen wie Kündigungsrechten und Schadensersatzansprüchen ebenso denkbar wie der Nachweis von Schulungen. Neben der Wirksamkeit muss das Risikomanagement angemessen sein, wobei unklar ist, was die Angemessenheit im Einzelfall bedeutet. Jedenfalls richten sich die in der Lieferkette zu ergreifenden Maßnahmen nach Art und Umfang der Geschäftstätigkeit, dem Einflussvermögen des Unternehmens auf Verletzende, der Wahrscheinlichkeit einer Verletzung und der Schwere eines möglichen Schadens.

Was geschieht bei Verstößen?

Bei Verstößen gegen die Sorgfaltspflicht kann das BAFA Bußgelder verhängen, um die Einhaltung des Gesetzes durchzusetzen. Kommen Unternehmen ihren Pflichten zur Risikoanalyse, zur Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens, Präventionsmaßnahmen und dem wirksamen Abstellen von bekannten Menschenrechtsverstößen nicht nach, drohen schmerzhafte Bußgelder von bis zu 8 Millionen Euro oder bis zu 2 Prozent des Jahresumsatzes. Der umsatzbezogene Bußgeldrahmen gilt nur für Unternehmen mit mehr als 400 Millionen Euro Jahresumsatz. Ebenso können Unternehmen, die gegen das Gesetz verstoßen, ab einem verhängten Bußgeld von einer bestimmten Mindesthöhe (Schwellenstufe je nach Schwere des Verstoßes: 175.000 EUR bzw. 1.500.000, 2.000.000, 0,35 Prozent des Jahresumsatzes) bis zu drei Jahre von der Vergabe öffentlicher Aufträge ausgeschlossen werden. 

Was bedeutet das Gesetz für kleine und mittlere Unternehmen?

Es ist zu erwarten, dass nicht nur Unternehmen, die aufgrund ihrer Größe direkt betroffen sind, die Auswirkungen des Lieferkettengesetzes auf ihre unternehmerischen Abläufe spüren werden.
Die Tendenz, dass größere Unternehmen Nachweise auch von ihren kleineren Vertragspartnern einfordern, was deren menschenrechtlich und umweltbezogenes verantwortungsbewusstes Handeln betrifft, gibt es seit Längerem. Diese Tendenz dürfte durch das Gesetz bestärkt werden.
Viele Unternehmen setzten sich schon seit geraumer Zeit gezielt damit auseinander, wie sie dem Prinzip unternehmerischer Sorgfalt nachkommen können und wie sie entsprechende Nachweise – auch wenn diese rechtlich nicht verpflichtend sind – ihren größeren Geschäftspartnern bei Bedarf vorlegen können. Nicht selten ist das gerade für kleinere Unternehmen mit erheblichem Aufwand verbunden.
Da der Regelungsansatz des Sorgfaltspflichtengesetzes in der jetzigen Form durchaus anspruchsvoll ist, bleibt zu hoffen, dass kleine und mittelständische Betriebe durch ihre übersichtlichen Strukturen Vorteile ziehen können und dadurch in die Lage versetzt werden, auf ihr Geschäft bezogene Risiken frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Diese – wie die gesamte gewerbliche Wirtschaft – sind sich ihrer Verantwortung des Ehrbaren Kaufmanns durchaus bewusst.
Es gibt unzählige Beispiele für Unternehmen, die schon jetzt und ohne rechtliche Verpflichtung, die Wahrung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten zu einem zentralen unternehmerischen Prinzip erklärt haben. Es bleibt zu hoffen, dass die Umsetzung des Gesetzes von entsprechenden Tools, Hilfestellungen und zielgerichteten Informationen flankiert wird, sodass Unternehmen in dieser Haltung gestärkt werden können. 

Europäische Lieferkettenrichtlinie

Der Rat der Europäischen Union hat am 15. März 2024 der EU-Lieferkettenrichtlinie (Corporate Sustainability Due Diligence Directive – CSDDD) zugestimmt. Grundsätzlich soll sich der Anwendungsbereich auf Unternehmen mit 1.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von 450 Millionen Euro erstrecken. Diesbezüglich ist jedoch eine Übergangsfrist von fünf Jahren vorgesehen. Nach einer Übergangsfrist von drei Jahren sollen zunächst Unternehmen mit mehr als 5.000 Beschäftigten und einem Umsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro erfasst sein. Nach vier Jahren sinkt die Anwendungsgrenze und erfasst Unternehmen mit mehr als 4.000 Beschäftigten und einem Umsatz von 900 Millionen Euro.
Im Rahmen der Verhandlungen ist der sogenannte Hochrisikosektor-Ansatz gestrichen worden beziehungsweise das Konzept der schrittweisen Einbeziehung von Unternehmen, die die Kriterien für den Anwendungsbereich nicht erfüllen, aber in Hochrisikobranchen tätig sind.
Im nächsten Schritt müssen die Abgeordneten des Europäischen Parlaments über die Regelungen abstimmen.
Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ist bereits seit dem 1. Januar 2023 in Kraft. Seit dem 1. Januar 2024 erstreckt sich der Anwendungsbereich auf Unternehmen, die in der Regel 1.000 Arbeitnehmende in Deutschland beschäftigen. Etwaige Umsatzschwellen existieren nicht. Das LkSG muss nach Inkrafttreten der Richtlinie an die neuen EU-Vorgaben angepasst werden.
Quelle: GTAI

Hintergrundinformation

Im Juni 2011 haben die Vereinten Nationen Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte verabschiedet. Sie sollen die Verletzung von Menschenrechten durch Wirtschaftsunternehmen verhindern und definieren die staatliche Schutzpflicht und die unternehmerische Verantwortung für die Achtung der Menschenrechte in globalen Lieferketten. Um diese Leitprinzipien in Deutschland umzusetzen, hat die Bundesregierung zunächst auf freiwilliges Engagement gesetzt. 
Im Dezember 2016 hat sie den Nationalen Aktionsplan Wirtschaft und Menschenrechte (NAP) verabschiedet und einen Überprüfungs­mechanis­mus eingerichtet. Nachdem die Bundesregierung die Selbstregulierung der Wirtschaft als gescheitert angesehen hatte, erarbeitete sie das „Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten in Lieferketten“. Das Gesetz wurde am 22. Juli 2021 im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.
Um dieses Video ansehen zu können, müssen Sie Ihre Cookie-Einstellungen anpassen und die Kategorie „Marketing Cookies" akzeptieren. Erneuern oder ändern Sie Ihre Cookie-Einwilligung
© Bundesentwicklungsministerium

International

Lieferketten Erstberatung

Sie möchten Ihre Liefer- und Wertschöpfungsketten umweltschonend und sozialverträglich gestalten, um die Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes zu erfüllen? Haben Sie Fragen zu dem neuen Lieferkettengesetz und zu dem geplanten EU-Lieferkettengesetz? Möchten Sie wissen, welche Möglichkeiten Sie haben, um die gesetzlichen Sorgfaltspflichten in Ihren Unternehmensstrukturen und Ihren Lieferketten zu verankern?

Wir beraten Sie gerne u.a. in den Themenfeldern:

  • Anwendungsbereich, Anforderungen und Auswirkungen des Gesetzes
  • Risikomanagement, Präventionsmaßnahmen, Beschwerdeverfahren, Dokumentations- und Berichtspflichten
  • Vertragsklauseln zur Weitergabe der Sorgfaltspflichten an Zulieferer
  • Behördliche Kontrolle und Durchsetzung des Gesetzes
  • Auskünfte, Information und Beratung zu Corporate Social Responsibility
  • Siegel- und Nachhaltigkeitsinitiativen
  • neue Beschaffungs- und Absatzmärkte für ein nachhaltiges Lieferkettenmanagement
  • Brancheninitiativen und -dialoge
Rufen Sie uns an oder schreiben Sie uns eine E-Mail mit Ihren Fragen. 
Gerne können Sie auch einen Termin zur Erstberatung vereinbaren.
Die Business Scouts for Development beraten im Auftrag des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Unternehmen zu Aktivitäten in Entwicklungs- und Schwellenländern. Nehmen Sie den Kontakt mit uns auf, um menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in diesen schwierigen Regionen in Ihrer Lieferkette zu verhindern.
Auch die Bundesregierung hat ein kostenloses Unterstützungsangebot: Der Helpdesk Wirtschaft & Menschenrechte berät Unternehmen rund um das Thema menschenrechtliche Sorgfalt.
Lieferkettengesetz

Lieferkettengesetz – Risikoanalyse und Maßnahme-Tools

Risikoanalyse

Um Menschenrechtsverstöße und Umweltbeeinträchtigungen in der Lieferkette zu erkennen und ihnen entgegenwirken zu können, müssen Unternehmen eine Risikoanalyse ihrer Zulieferer vornehmen. Hierbei können Indexe, Datenbanken und Länderlisten helfen.
Weitere Informationen finden Sie in unserem Internetartikel Risikoanalyse in Lieferketten - Indexe und Länderlisten.
Germany Trade & Invest (GTAI), die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) und das Auswärtige Amt bieten Unternehmen ein gemeinsames Unterstützungsangebot für die Umsetzung des LkSG zu ausgewählten Ländern, darunter u.a. China, Indien, Türkei und Mexiko.
Die länderspezifischen Umsetzungshilfen unterstützen bei der Ermittlung und Vermeidung menschenrechtlicher Risiken in der Lieferkette. Daneben werden länderspezifische Informationen zu gesetzlichen Grundlagen, Präventions- und Abhilfemaßnahmen angeboten.
Der Helpdesk Wirtschaft und Menschenrechte berät vor allem kleine und mittelständische Unternehmen kostenfrei zu Sozial-, Umwelt- und Menschenrechtsstandards. Der CSR-Risiko-Check richtet sich an Unternehmen, die aus dem Ausland importieren oder Produktionsstätten im Ausland haben.

Präventionsmaßnahmen

Das Lieferkettengesetz fordert eine hohe Transparenz der Lieferkette sowie eine nachhaltige Lieferantenauswahl, -bewertung und -entwicklung. Bei der Umsetzung dieser Anforderungen können Lieferantenaudits helfen. Unser Internetartikel Audits als Instrument des nachhaltigen Lieferkettenmanagements informiert dazu.
Brancheninitiativen und -dialoge helfen bei der Vernetzung und bei branchenweiten Lösungswegen, wie z. B. Zertifizierungen.
Außerdem bieten sie viele Praxisbeispiele aus der jeweiligen Branche und Hilfestellungen, wie die Umsetzung der Sorgfaltspflichten im Unternehmen gelingen kann. Oftmals stellen sie Instrumente wie Leitfäden, Beratungen, Schulungen, Vernetzungsangebote etc. zur Verfügung.

Unterstützungsangebote

Firmen, die mit einem wirtschaftlichen Engagement in Entwicklungs- und Schwellenländern einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen leisten möchten, können sich beim Business Scout for Development über Fördermöglichkeiten, Netzwerke und Best-Practice-Beispiele informieren. 
Die IHK Köln berät Firmen zur Erschließung neuer Absatz- und Beschaffungsmärkte und bietet mit dem Exportleiterkreis eine Plattform für den Erfahrungsaustausch zwischen Unternehmen bei Beschaffung und Vertrieb. Falls Lieferketten aus politischen Gründen gestört sein sollten, stellt die IHK Köln den Kontakt zu den Anlaufstellen von Bund und Land NRW her.
Lieferkettengesetz

Lieferantenkodex und Vertragsklauseln

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichtet Unternehmen entsprechende Präventions- und Abhilfemaßnahmen zu treffen und zu überprüfen. Das betrifft innerhalb der Beschaffungsstrategie auch die Lieferantenauswahl und -kontrolle.

Lieferantenkodex (Code of Conduct)

Hierfür kommuniziert das Unternehmen mit einem Verhaltenskodex (Code of Conduct) seine Erwartungen an Lieferanten. Der Verhaltenskodex regelt die Nachhaltigkeitswerte und -ziele des eigenen Unternehmens und das gewünschte Verhalten der Lieferanten. Diese können sich dabei an relevanten, bereits existierenden Standards orientieren, wie z. B. an den Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO).
Der Muster-Verhaltenskodex für Lieferanten (nicht barrierefrei, PDF-Datei · 105 KB) (Code of Conduct) bietet ein branchenneutrales Muster auf deutscher Sprache mit dem ein Unternehmen seine Erwartungen an Lieferanten kommunizieren kann.

Kritische Vertragsklauseln

In der Praxis haben sich im Zusammenhang des Lieferkettengesetz insbesondere drei Klausel-Gruppen als kritisch herausgestellt:

Zunächst einmal problematisch sind Garantieerklärungen. Durch eine Garantie erklärt sich ein Schuldner bereit, ohne ausdrücklichen Verschuldensnachweis zu haften. Eine damit entstehende fast „uferlose“ Haftung wird grundsätzlich auch vom Bundesgerichtshof kritisch gesehen, könnte diese doch eine unangemessene Benachteiligung darstellen (BGH NJW 2006, 47).
Auch kritisch sind allzu weitreichende Auditklauseln. Unangekündigte Unternehmensbesuche sind nur dann in Ordnung, wenn diese den Betriebsablauf nicht stören, ein gewisser Anlass vorliegt, keine Gefahr für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse besteht und wenn es keine datenschutzrechtlichen Bedenken gibt.
Auch eine Auslagerung der Auditierung auf eine Drittpartei ist kritisch. Hier sollte es zumindest eine separate Vertraulichkeitserklärung geben und es sollte eventuell ein Mitspracherecht bei der Auswahl des Unternehmens vereinbart werden.
Zuletzt sind auch Vertragsstrafen kritisch. Hier sollte eine vorherige (schriftliche) Androhung erfolgen. Zudem muss die Klausel klar verständlich sein und die Höhe der Vertragsstrafe sollte in einem angemessenen Verhältnis zur Art des Pflichtenverstoßes stehen.
IHK-Zertifikat

Nachhaltiges Lieferkettenmanagement (IHK)

Zertifikatslehrgang als Weiterbildung für Nachhaltiges Lieferkettenmanagement in Kooperation mit der DIHK-Bildungs-GmbH.
Um Nachhaltigkeit in der Praxis der Wirtschaft zu verankern und ihre Geltung als Leitmotiv verantwortungsvollen unternehmerischen Handelns zu stärken, hat der Gesetzgeber das 2023 in Kraft tretende Sorgfaltspflichtengesetz, auch bekannt als Lieferkettengesetz, geschaffen.
Als Unternehmen müssen Sie ihre Lieferanten, Handelsbeziehungen und Geschäftsentscheidungen im Detail analysieren und idealerweise ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsmanagement aufbauen. Ziel des Gesetzgebers ist es, Sie für Menschenrechts- und Umweltrisiken stärker in die Pflicht zu nehmen – im eigenen Geschäftsbereich sowie entlang ihrer Liefer- und Wertschöpfungskette.
Für diese Herausforderung sind speziell weitergebildete Fach- und Führungskräfte unverzichtbar.

Welche Inhalte vermittelt der Lehrgang Nachhaltiges Lieferkettenmanagement (IHK)?

Sie lernen ...
✓...die Lieferketten ihres Unternehmens zu analysieren und konkrete Maßnahmen abzuleiten, wie Nachhaltigkeitsstandards entlang der Wertschöpfungskette angewendet und umgesetzt werden können.
✓...Tools und Methoden um ein ganzheitliches Nachhaltigkeitsmanagement im Unternehmen zu initiieren.
✓...Risiken sowohl für Mensch und Umwelt zu reduzieren, als auch für ihr Unternehmen selbst und gewinnen Ansehen bei Kunden, Finanzpartnern und Politik.

Wer ist Zielgruppe für den Zertifikatslehrgang?

Für Entscheiderinnen und Entscheider aus Unternehmen aller Branchen und Größen, die über eine eigene Liefer- und Wertschöpfungskette verfügen, insbesondere der Bereiche Einkauf/Beschaffung, Qualitätsmanagement, Personal und Unternehmensstrategie sowie Umwelt- und Nachhaltigkeitsbeauftragte.

Was kostet der Zertifikatslehrgang Nachhaltiges Lieferkettenmanagement (IHK)?

Das Teilnahmeentgelt beträgt 2.190 Euro.

Aktuelle Termine

Wo findet die Weiterbildungsveranstaltung statt?

Das Webinar wird digital in Kooperation mit der DIHK-Bildungs-GmbH durchgeführt. In diesem Zusammenhang leiten wir Ihren Namen und Ihre E-Mail-Adresse an die DIHK-Bildungs-GmbH weiter.
Das Webinar wird nicht aufgezeichnet. Einige Tage vor Beginn des Webinars erhalten Sie von der DIHK-Bildungs-GmbH eine Teilnahmebestätigung, die alle Informationen zum Zugang, zu technischen Voraussetzungen und zu technischen Fragen enthält.
Unsere Bildungsberatung informiert Sie zu der Fördermöglichkeit Bildungsscheck NRW und hat eine Übersicht zur Recherche von weiteren Angeboten von anderen Bildungsanbietern erstellt.
Sofern Sie für die Weiterbildung einen Bildungsscheck einreichen möchten, muss das entsprechende Fördermittel spätestens eine Woche vor Veranstaltungsbeginn im Original bei uns vorliegen. Andernfalls können wir das Fördermittel bei der Rechnungsstellung nicht mehr berücksichtigen.
International

FAQs & BAFA-Handreichungen

FAQs zum Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz

Die wichtigsten Fragen zum neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz sind auf der Seite „Wirtschaft und Menschenrechte” des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales kompakt zusammengefasst.
Der Fragenkatalog wird fortlaufend aktualisiert und erweitert. Die wichtigsten Fragen zur konkreten Umsetzung der Sorgfaltspflichten beantwortet dieser Internetartikel. Die einzelnen Umsetzungsschritte werden durch Praxisbeispiele von Unternehmen unterstützt.

Unternehmerische Pflichten: Handreichung des BAFA zum Lieferkettengesetz

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) veröffentlicht Informationen und Handreichungen, die die gesetzlichen Sorgfaltspflichten nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz spezifizieren und Unternehmen dabei helfen, die individuelle Sorgfalt in ihre Organisationsstrukturen zu verankern.

Handreichungen

Handreichung zur Zusammenarbeit in der Lieferkette

Diese Handreichung enthält wichtige Informationen zur Zusammenarbeit in der Lieferkette zwischen verpflichteten Unternehmen und ihren Zulieferern. Zudem erklärt sie, wo die Grenzen der Verpflichtung und Inanspruchnahme von KMU als Zulieferer durch das verpflichtete Unternehmen liegen.

Handreichung zur Risikoanalyse

Diese enthält Umsetzungshilfen für regelmäßige und anlassbezogene Risikoanalysen sowie wichtige Hinweise für eine ordnungsgemäße Risikoanalyse.

Handreichung zum Beschwerdeverfahren

Unternehmen, die ab dem 1. Januar 2023 in den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen, müssen zu diesem Zeitpunkt über einen funktionsfähigen Beschwerdemechanismus verfügen, über den interne und externe Personen das Unternehmen auf menschenrechtliche oder umweltbezogene Risiken oder Verletzungen im eigenen Geschäftsbereich und in der Lieferkette hinweisen können.

Informationen zu Berichtspflichten

Fragenkatalog zur Berichterstattung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes

Das Gesetzt verpflichtet Unternehmen zu einer Berichtspflicht gegenüber des BAFA. Das BAFA konkretisiert die Anforderungen an die Berichtspflicht der Unternehmen in seinem Fragekatalog.
Die Handreichungen des BAFA sind in § 20 LkSG ausdrücklich vorgesehen und haben daher einen offiziellen Charakter. Sie sollen Unternehmen bei der Umsetzung ihrer Sorgfaltspflichten unterstützen. Es werden noch weitere Handreichungen und Informationen folgen, die auch die anderen Themengebiete der Sorgfaltspflichten bedienen.
IHKplus 1.2024

Lieferkettengesetz: Gut gemeint. Schlecht gemacht.

Immer häufiger sind auch kleinere Unternehmen in der Region mit den Folgen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes konfrontiert. Die IHK Köln informiert und berät dazu individuell.
Das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) gilt seit Jahresanfang bereits für Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten. Damit sind diese Unternehmen verpflichtet, sich aktiv um die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in ihrer Lieferkette zu „bemühen“. Dazu verlangt das Gesetz von den verpflichteten Firmen unter anderem eine interne Risikoanalyse, die Einrichtung eines Beschwerdemanagements sowie Kontrollen bei den Zuliefernden.
Hinzu kommen große zusätzliche Bürokratielasten, etwa durch den jährlich fälligen Bericht, der einen 15-seitigen Fragenkatalog beantworten muss. Inzwischen wird indes deutlich, dass die Auswirkungen des LkSG weit über diese Großbetriebe hinausgehen.
„Wir bekommen  immer häufiger Anfragen von kleinen Unternehmen, die geradezu verzweifelt sind, weil Geschäftspartnerinnen und -partner von ihnen verlangen, zum Beispiel ihre Vorzulieferer offenzulegen oder etwa einen Kodex zu unterschreiben“, berichtet Gudrun Grosse, Leiterin International der IHK Köln.

KMU unter Druck

Solche Forderungen bringen einerseits die Sorge mit sich, Geschäftsgeheimnisse aufdecken zu müssen, andererseits haben viele gar nicht die notwendigen Einflussmöglichkeiten auf ihre eigenen Zuliefernden. Hier zeigt sich nach Ansicht von Gudrun Grosse eine der Schwächen des Gesetzes.
Zwar dürfen die direkt durch das Gesetz verpflichteten Betriebe ihre Pflichten nicht einfach weiterreichen, und das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat außerdem eine Handreichung veröffentlicht, die unter anderem die Grenzen der Inanspruchnahme nicht verpflichteter Unternehmen beschreibt. Aber laut BAFA hat es sogar schon Versuche gegeben, sich von Zulieferern, für die das LkSG gar nicht gilt, pauschal die Einhaltung des Gesetzes zusichern zu lassen. Das ist unzulässig und kann dazu führen, dass das Bundesamt eine Kontrolle beim verpflichteten Unternehmen durchführt. Vom Gesetz nicht erfasste Betriebe unterhalb der Beschäftigtengrenze müssen dagegen weder Zwangsmaßnahmen
noch Bußgelder fürchten.
Doch es ist eingetreten, was wir im Gesetzgebungsverfahren vorausgesagt haben: Die größeren Unternehmen sichern sich nachvollziehbar bei ihren Zulieferern ab – egal ob groß oder klein. Die Bürokratielasten und die Verantwortung werden in der Lieferkette weitergegeben. Deshalb sehen sich viele kleinere Unternehmen unter Druck. So berichtet Reinhard Houben, Inhaber eines kleinen Elektrotechnikbetriebes in Köln, von Versuchen großer Kunden, seinem Unternehmen die Pflichten des Gesetzes aufzubürden. „Dadurch wollen sich die vom Gesetz betroffenen Unternehmen gegenüber möglichen Klagen absichern. Die Vorstellung, dass ein Gesetz über Lieferketten nur ausschließlich das letzte Glied der Kette trifft, ist illusorisch.“
Zwar könnten kleinere Unternehmen nicht über das LkSG direkt in Haftung genommen werden, aber über Haftungsklauseln in Verträgen durchaus, bestätigt Gudrun Grosse. Es bleibt die Sorge, dass verpflichtete Unternehmen Geschäftsbeziehungen abbrechen könnten, wenn ihre Forderungen nicht erfüllt werden.

Hoher Beratungsbedarf

Was ein Zuliefernder leisten könne, hänge nicht nur von seiner Größe und verfügbaren Ressourcen ab, sondern unter anderem auch von der Branche sowie „spezifischen Gegebenheiten vor Ort“, erklärt das BAFA. Das allerdings ist ein sehr vager Begriff. Wie sich das Gesetz in der Praxis weiter auswirken wird, ist ohnehin schwer abzusehen – auch deshalb, weil es weitere Definitionen mit großem Auslegungsbedarf enthält, etwa das Prinzip der Angemessenheit. Betriebe dürfen demnach nicht „überfordert“ werden. „Das Problem ist: Wo fängt Angemessenheit an und wo hört sie auf?“, fragt Gudrun Grosse.
Ein weiterer Punkt ist, dass das Gesetz nur zum Bemühen verpflichtet, nicht zum Erfolg. Wann aber wird dieses Bemühen als ausreichend bewertet? Diese Fragen werden das BAFA und in der Folge sicher auch Gerichte in vielen Einzelfällen klären müssen. Der Beratungsbedarf bei dem Gesetz ist dementsprechend hoch, und das nicht nur bei Kleinbetrieben ohne eigene Rechtsabteilung. Die Expertinnen und Experten der IHK Köln konnten bereits in einigen Fällen in dem Konflikt zwischen Unternehmen erfolgreich vermitteln.

Notbremse in Brüssel

Noch mehr Bürokratie aus einem europäischen Lieferkettengesetz ist in letzter Minute gestoppt worden. Gut so!

10 wichtige Hinweise zum LkSG

  1. Geltung:
    Das LkSG gilt seit 1. Januar für alle Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten
  2. Auswirkung für kleinere Betriebe: 
    Das LkSG wirkt sich auch auf Unternehmen aus, die nicht in den Anwendungsbereich fallen, aber Zuliefernde oder Tochtergesellschaft eines verpflichteten Unternehmens sind
  3. Mitwirkung von Zuliefernden:
    Das LkSG verlangt von den verpflichteten Unternehmen angemessene und risikoorientierte Kontrollmechanismen und Kontrollen bei den Zuliefernden.
  4. Grenzen der Inanspruchnahme: 
    Die Übertragung der gesamten Pflichten an Zuliefernde ist nicht zulässig.
  5. Durchsetzung bei Zuliefernden: 
    Verpflichtete Unternehmen könnten ergänzende Vertragsklauseln oder einen Code of Conduct fordern. In unserem Lieferkettenportal finden Sie ein Code-of-Conduct-Muster
  6. Empfehlung für Zuliefernde:
    Grundsätzlich sollte ein Zuliefernder Vorsicht walten lassen, wenn er vertraglich Umstände zusichern soll, über die er keine Kenntnisse oder auf die er kein Einflussvermögen hat.
  7. Risikoanalyse:
    Verpflichtete Unternehmen brauchen u. a. diese Informationen: über Land oder Region, Stufe der Wertschöpfungskette, Anzahl betroffener Personen, Größe des betroffenen Bereichs der Umwelt.
  8. Betriebsgeheimnis:
    Nicht verpflichtete Zuliefernde sollten bei Anfragen datensparsam agieren und nachfragen, wofür Daten benötigt werden.
  9. Maßnahmen bei mittelbar Zuliefernden: 
    Zuliefernde werden häufig die Identität ihrer Vorliefernden nicht preisgeben wollen. Verpflichtete Unternehmen können dennoch den Vorgaben nachkommen, indem sie beispielsweise mit dem direkt Zuliefernden eine Übernahme von Kosten für Abhilfemaßnahmen vereinbaren.
  10. Hilfe für Zuliefernde:
    In der Praxis beschreiben nicht verpflichtete Zuliefernde mitunter, dass sie nicht in der Lage sind, ein eigenes Risikomanagementsystem zu etablieren.

„Man muss ständig im Austausch sein” – Interview mit Fabian Kusch, Bierbaum-Proenen

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz betrifft BP aufgrund der Größe nicht direkt, hat es dennoch Auswirkungen auf das Unternehmen?
Wir schauen uns sehr genau an, wo und wie unsere Kleidung produziert wird, und haben sehr lange und vertrauensvolle Partnerschaften zu unseren Produktionsbetrieben. Das ist für  unsere Kunden ein großer Vorteil. Viele von ihnen haben Fragen zum Thema Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, auf die wir glücklicherweise umfänglich und sehr zufriedenstellend antworten können.
Wie stellen Sie sicher, dass in Ihren Betrieben, zum Beispiel in Nordafrika, Standards bei Arbeitsbedingungen und Umweltschutz eingehalten werden?
In Tunesien haben wir mit unserem Schwesterunternehmen Vetra einen eigenen  Produktionsbetrieb, in dem rund 280 Mitarbeitende BP-Produkte herstellen. Da haben wir direkten Einfluss auf die Arbeitsbedingungen. Aber natürlich arbeiten wir auch mit anderen Produktionsbetrieben zusammen. Und auch wenn wir teilweise sehr lange Partnerschaften unterhalten, ist unser Einfluss in diesen Betrieben nicht so direkt wie in unserem eigenen Betrieb. Deswegen arbeiten wir seit 2010 mit der Fair Wear Foundation (FWF) zusammen. Diese unabhängige Multi-Stakeholder-Initiative setzt sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der internationalen Bekleidungsindustrie ein. Ihre Standards gelten allgemein als die höchsten in der Branche.
Was können generell kleinere und mittlere Unternehmen aus Ihrer Sicht tun, um die Einhaltung von Standards in ihrer Lieferkette sicherzustellen?
Beim Thema Nachhaltigkeit ist es aus unserer Sicht zunächst wichtig, ständig im Austausch zu sein: mit Kundinnen und Kunden, Zuliefernden, Händlerinnen und Händlern, den eigenen Beschäftigten und auch mit der Öffentlichkeit. Durch Austausch wächst Vertrauen, und dieses Vertrauen braucht es. Ein weiterer Aspekt ist die Mitgliedschaft in Vereinigungen und Institutionen wie in unserem Fall beispielsweise in der Fair Wear Foundation.


Lieferkettengesetz

LkSG: Audits als Instrument des nachhaltigen Lieferkettenmanagements

Das Lieferkettengesetz (LkSG) fordert eine hohe Transparenz der Lieferkette sowie eine nachhaltige Lieferantenauswahl, -bewertung und -entwicklung. Bei der Umsetzung dieser Anforderungen können Lieferantenaudits helfen.

Was ist ein Audit bzw. Lieferantenaudit?

Ein Lieferantenaudit ist ein Instrument zur Auswahl und Beurteilung neuer oder bestehender Zuliefernder. Das Audit überprüft den Zuliefernden darauf, ob er Normen, wie z.B. Zertifizierungsstandards oder gesetzliche Anforderungen erfüllt.
Dabei wird der Zuliefernde durch Kontrollen vor Ort darauf überprüft, inwiefern die Vorgaben bei ihm umgesetzt wurden. Im Rahmen bestimmter Standards und Zertifizierungen sind Lieferantenaudits fest vorgeschrieben.
Bei einem Lieferantenaudit werden zunächst die Leistungen des Zuliefernden auf dem Ist-Zustand ermittelt und mit dem vertraglichen Soll-Zustand verglichen.
Auf Grundlage der Lieferantenbewertung werden die Verbesserungspotenziale und erforderlichen Korrekturmaßnahmen dokumentiert. Danach erfolgt die kurzfriste Verbesserung mittels der im Audit definierten Maßnahmen.
Auf lange Sicht muss dann eine dauerhafte Lieferantenentwicklung stattfinden. Durch eine Wiederholung der Lieferantenaudits kann die Entwicklung der Lieferanten langfristig dokumentiert und verbessert werden.

Welche Rolle spielen Audits bei der Einhaltung des Lieferkettengesetzes?

Das Lieferkettengesetz (LkSG) verpflichtet Unternehmen, ihrer Verantwortung zur Achtung der international anerkannten Menschenrechte in den Lieferketten nachzukommen.
Dafür müssen Unternehmen ihre Lieferanten überprüfen.
Besonders durch spezielle Lieferketten- bzw. Lieferantenaudits werden Unternehmen hinsichtlich ihrer Leistung in Bezug auf die Einhaltung von Menschenrechten, arbeitsrechtlicher Vorschriften und allgemeiner Rechtsvorschriften beurteilt.
So können Unternehmen belegen, dass sie ihre Arbeit verantwortungsvoll ausführen, Beschäftigte unter fairen und sicheren Arbeitsbedingungen einstellen und sich dabei ökologisch und ökonomisch nachhaltig verhalten.
Zudem gibt der Auditierende dem einkaufenden Unternehmen einen Nachweis an die Hand, mit dem es Kunden gegenüber die Erfüllung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten seiner Zuliefernden dokumentieren kann.
Mit dem Auditieren ihrer Zuliefernden stärken Unternehmen nicht nur ihr Risikomanagement, sondern zeichnen sich auch als verantwortungsvoll aus. Dadurch können sie ihr Ansehen und Vertrauen bei Geschäftspartnern und Konsumenten stärken.
Unternehmen auditieren in der Regel nicht jeden ihrer Lieferanten, sondern fokussieren sich bei
den Audits auf die Lieferanten, bei denen die Nachhaltigkeitsrisiken am größten sind. Um die Risiken bei den Lieferanten bewerten zu können, muss Transparenz in der Lieferkette geschaffen werden.
Unternehmen, die in Risikostaaten einkaufen, sollten in Erwägung ziehen, einen in diesem Risikostaat ansässigen Auditierenden zu beauftragen, um den Anforderungen des LkSG nachzukommen.
Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass Audits allein nicht ausreichen, um die gesetzlichen Anforderungen des LkSG zu erfüllen. Vielmehr stellen Audits eine von vielen Präventionsmaßnahmen dar, die ein Unternehmen anwenden sollte, um seine Lieferketten gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltbeeinträchtigungen abzusichern. Zum Beispiel ergänzt ein gut integrierter Beschwerde-Mechanismus Audits und hilft den Beschäftigten proaktiv Arbeitsrechtsverletzungen zu melden.

Wer führt ein Lieferanten-Audit durch?

Das Audit zur Überprüfung des Lieferanten kann entweder durch einen unabhängigen externen oder einen internen Auditierenden durchgeführt werden. Mittlerweile gibt es viele Anbieter, die bei der Auditierung, Bewertung und Zertifizierung von Lieferanten unterstützen können.

Welche Instrumente nutzt ein Audit?

Ein Audit prüft, ob die vertraglichen Anforderungen eines Standards sowie die gültigen Rechtsnormen eingehalten werden. Dabei werden in der Regel vier bis fünf verschiedene Instrumente verwendet:
  • Fabrikrundgang mit Foto-Beweisen
  • Interviews mit Arbeiterinnen und Arbeiter
  • Prüfung von Dokumenten (z.B. Lohnabrechnungen mit den dokumentierten Arbeitszeiterfassungen)
  • Gespräche mit dem Management
  • Gespräche mit lokalen Arbeitnehmenden-Vertretungen

Was ist ein Audit-Bericht und ein Corrective Action Plan (CAP)?

Die Ergebnisse der Überprüfung werden im Audit-Bericht und die nötigen Korrekturmaßnahmen im Corrective Action Plan (CAP) festgehalten. Der Audit-Bericht und der CAP orientieren sich an den Vorgaben des Standards bzw. der Zertifizierung. Sie unterscheiden sich im Detail jedoch relativ stark je nach Audit-Form.

Audit-Bericht

Der Audit-Bericht liefert eine Zusammenfassung der im Unternehmen vorgefundenen Unternehmensrealität zum Zeitpunkt des Audits.
Generell sind die meisten Audit-Berichte vom Inhalt und Umfang sehr ähnlich, unterscheiden sich aber in der Tiefe und Ausrichtung einiger Themen.
Standardmäßig werden immer die gleichen Themen abgedeckt. Audit-Berichte erheben generelle Informationen (u.a. Flächenangaben, Aufschlüsselungen der Belegschaft, teilweise inklusive Nationalitäten, Produktionsbeginn, Angaben zu Mitarbeiterunterkünften, Vorhandensein einer Kantine/Cafeteria, konkrete Informationen zur eventuellen Auslagerung der Produktion etc.).
Einige Audit-Formate fordern detaillierte Ausführungen zu allen der mehreren hundert Fragen im Audit-Bericht. Die meisten Berichte enthalten eine textliche Beschreibung der identifizierten Verstöße. Unterschiede bestehen bei der Beurteilung des Erfüllungsgrades: Zweistufig (bestanden/nicht bestanden) oder dreistufig (nicht bestanden/bestanden/verbesserungswürdig).
Die Schwerpunktthemen eines Audits orientieren sich am Ziel der Überprüfung und können daher variieren. Für das Lieferkettengesetz (LkSG) liegt der Fokus auf menschen- und arbeitsrechtlichen Themen sowie auf Umweltbeeinträchtigungen.

Daher sollte der Auditbericht standardmäßig die folgenden Inhalte abdecken:

  • Zwangsarbeit/unfreiwillige/freie Beschäftigung
  • Gewerkschaftsfreiheit/Vereinigungsfreiheit
  • Gesundheit und Sicherheit/Arbeitsumgebung
  • Kinderarbeit
  • Löhne
  • Arbeitszeit
  • Diskriminierung
  • Arbeitsagenturen/Zeitarbeitsfirmen
  • Belästigung
  • Missbrauch
  • Wirtschaftsethik, z.B. Korruption
  • Subunternehmen/Next-Tier-Lieferant bzw. Auftragnehmende, z.B. Sicherheitsdienste
  • Schlafsäle/Unterkünfte, die vom Unternehmen bereitgestellt werden/Hygiene
  • Umwelt/Umweltmanagement
  • Rohstoff-Einkauf und Rückverfolgbarkeit

Corrective Action Plan (CAP)

Der „Corrective Action Plan“ ist ein wichtiger Teil eines Audits. Er ist eine Zusammenfassung des Audit-Berichts. Er listet alle im Audit identifizierten Abweichungen, Beobachtungen sowie Kommentare des Managements auf und empfiehlt Korrektur-Maßnahmen mit Zeiträumen für die Durchführung.
Zahlreiche Abweichungen werden als „Zero-Tolerance“-Themen gesehen (z.B. bestätigte Kinderarbeit oder Zwangsarbeit), deren Beseitigung Kunden in der Regel fordern, um die Kooperation fortzuführen. Die Entscheidung über die Umsetzung von Korrektur-Maßnahmen, trägt das Managements.
Der CAP resultiert einerseits aus der durchgeführten Überprüfung des jeweiligen Zertifizierungsstandards oder den gesetzliche Anforderungen und der Audit-Richtlinien sowie andererseits aus den Anforderungen relevanter Rechtsnormen im betreffenden Land. Deshalb unterscheiden sich die meisten Audit-Berichte und CAPs im Detail.
In der Regel werden die Korrektur-Maßnahmen aus dem Audit-Bericht abgeleitet, teilweise werden sie aber auch automatisch generiert.

Wie gestaltet sich der Ablauf eines Audits?

Grundsätzlich gibt es bei jedem Audit eine Vorbereitungsphase, eine Durchführungsphase und eine Nachbereitungsphase. Die einzelnen Schritte können jedoch im Detail variieren, je nach Art und Ziel des Lieferantenaudits.

Vorbereitung eines Audits

Zunächst wird auf Basis der Audit-Richtlinie ein Audit-Team zusammengestellt. Es wird ein Auditplan erarbeitet, der den Arbeitsablauf und den Schwerpunkt der Prüfung enthält.
Es müssen wichtige lieferantenbezogene Dokumente zusammengetragen und eine Terminierung vorgenommen werden. Oftmals erfolgt die Sichtung vorhandener Audits.
Bei einigen Audit-Programmen weisen die „Field Instructions“ jedoch darauf hin, dass vorhandene Audit-Berichte nicht gelesen werden. Dies soll es den Auditierenden ermöglichen, das Assessment möglichst unvoreingenommen vorzunehmen.

Durchführung eines Audits

In der Regel beginnt ein Audit mit einem Erstgespräch zwischen den Auditierenden und den Liefernden. In dem Gespräch werden die Grundlagen, wie z.B. der Ablauf des Audits geklärt.
In der Regel finden dann vier typische Schritte statt:
  • Fabrikrundgang
  • Interviews mit den Arbeitenden
  • Interviews mit dem Management
  • Dokumentenprüfung
Teilweise werden Arbeitnehmenden-Vertretungen eingebunden bzw. interviewt.
Wenn mithilfe der Instrumente alle Hinweise auf Verstöße gesammelt wurden, wird ein Corrective Action Plan (CAP) erstellt. Der CAP fasst zusammen, welche Verbesserungspotenziale im Zuge des Audits identifiziert wurden und welche Empfehlungen zur Beseitigung der Verstöße relevant scheinen.
Bei einigen Audit-Formaten werden im CAP Fristen zur Korrektur niedergeschrieben. Ein Audit endet in der Regel mit einem Abschlussgespräch, bei dem der CAP besprochen und unterzeichnet wird.

Nachbereitung eines Audits

Im Anschluss wird der Audit-Bericht von den Auditierenden erstellt. Das auditierte Unternehmen wird gebeten, zu den identifizierten Abweichungen Stellung zu nehmen und die konkreten Korrekturmaßnahmen zu definieren.
Im Idealfall sollen daran anschließend die entsprechenden Verbesserungen umgesetzt werden, was je nach Situation bei dem Zuliefernden sehr aufwändig sein kann.
Nach einer bestimmten Zeit wird – je nach Anzahl und Schwere der Abweichungen – ein Follow-up-Audit durchgeführt.
Fast alle Audit-Richtlinien schreiben vor, in welchem Rhythmus sich Produktionsstätten einem Audit unterziehen müssen. In der Regel schließt sich nach den unmittelbaren Korrektur-Maßnahmen eine Lieferantenentwicklung an. Hierbei kann das einkaufende Unternehmen dem Zuliefernden weiterhelfen, sich längerfristig zu entwickeln und sich hinsichtlich der Nachhaltigkeit zu verbessern.

Was ist bei einer langfristigen Lieferantenentwicklung zu beachten?

Bei der Lieferantenentwicklung unterstützt das einkaufende Unternehmen den Zuliefernden im Idealfall längerfristig dabei, sich weiterzuentwickeln. Dies ist oftmals der aufwändigste Teil im nachhaltigen Lieferkettenmanagement, weil diese Verbesserungen in der Umsetzung für die Zuliefernden höhere Kosten verursachen.
Mittlerweile sehen immer mehr Unternehmen Audits nur als einen Teil der Lösung an und übernehmen eine Mitverantwortung dafür, dass sich die Arbeitsbedingungen in der Lieferkette tatsächlich verbessern. Die Praxis zeigt, dass durch eine partnerschaftliche Herangehensweise mit den Zuliefernden die Sozialstandards am besten umgesetzt werden können.
Denn die an Zuliefernde gestellten Nachhaltigkeitsanforderungen stehen oft in Konkurrenz zu den an sie gestellten wirtschaftlichen Anforderungen hinsichtlich Preis, Lieferzeit etc. Damit die Vorgaben umgesetzt werden können, müssen sich das einkaufende Unternehmen und der Zuliefernde abstimmen. Einkaufende Unternehmen können von ihren Zuliefernden nicht erwarten, dass alle ILO-Normen innerhalb kurzer Zeit im Audit-Ergebnis implementiert sind.
Stattdessen ist die Implementierung von Sozialstandards ein längerfristiger Prozess, bei dessen Umsetzung Unternehmen ihre Zuliefernden idealerweise begleiten und unterstützen.

Was sind Qualitäts-Indikatoren für ein Lieferantenaudit?

Es gibt einige Aspekte, die sich auf die Qualität und Glaubwürdigkeit eines Audits auswirken können.
Dies wird auch deutlich beim Vergleich verschiedener Audit-Berichte der gleichen Fabrik. Es kann vorkommen, dass sich im direkten Vergleich die Ergebnisse der einzelnen Berichte sehr stark voneinander unterscheiden. Daher ist es umso wichtiger bei der Wahl eines Audits auf die folgenden Kriterien zu achten.

Umfang, Zeit und Kosten

Eine zentrale Frage ist, wie umfangreich das Audit verschiedene Themen innerhalb der vorgegebenen Zeit abdecken muss.
Muss ein Audit alle Themen des Standards abdecken, so hat es das Audit-Team schwer, bei einzelnen Themen ins Detail zu gehen. Es ist daher möglicherweise sinnvoll, kein umfassendes Audit durchzuführen, sondern das Audit auf die relevanten Themen zu fokussieren.
Hinzu kommt, dass Auditierende im Wettbewerb miteinander stehen und die Angebote also möglichst günstig sein müssen, wobei dann an anderer Stelle gespart werden muss.
Die Zeit für ein vollständiges Audit ist meist zu knapp bemessen. Dies ermöglicht keine zeitintensiveren Praktiken, wie z. B. Befragungen von Beschäftigten außerhalb der Fabriken.
Außerdem haben Auditierende unter diesen Bedingungen häufig nicht genügend Zeit für das Aufdecken von Betrugsfällen, wie zum Beispiel gefälschte Dokumente, Bestechung von Auditierenden und Befragungen von Beschäftigten, die vorab instruiert wurden, welche Aussagen sie bei einer Prüfung tätigen sollen.

Interviews mit den Beschäftigten

Die Beschäftigten sollten im Zentrum eines Audits stehen.
Da Interviews in der Fabrik bestimmte Themen nicht aufdecken können, führen Best Practice-Ansätze die Interviews mit Beschäftigten außerhalb der Fabriken.
Die Audit-Teams müssen so zusammengesetzt werden, dass nur bestimmte Personen die Beschäftigten zu den kritischen Themen interviewen. Ein Mann sollte zum Beispiel nicht eine Arbeiterin zu sexueller Diskriminierung interviewen.

Auswahl und Qualifizierung des Audit-Teams

Auditierende, die neu dabei sind, sind oft noch nicht so erfahren, als dass sie ein gutes Audit durchführen könnten.
Verschiedene Faktoren sind für die Qualität von Audits relevant. Trainings und eine gute Akkreditierung können dabei helfen, die Qualität von Audits zu verbessern.
Die meisten Audit-Formen verlangen, dass ein Audit in der lokalen Sprache durchgeführt wird. Dies ist sinnvoll, weil die Durchführung eines Audits mit einer Person, die übersetzt, in der Praxis sehr schwierig ist. Auditierende, die nicht die lokale Sprache beherrschen, können keine schriftlichen Dokumente prüfen und kennen häufig die lokalen Gesetze nicht.
Die Interviews mit den Beschäftigten sind sehr viel aufwändiger und erreichen nicht die gleichen Ergebnisse, da es in diesem Fall deutlich schwieriger ist, das Vertrauen der Beschäftigten im Interview zu gewinnen.
Auch aus Kostengründen ist es sinnvoll, mit lokalen Auditierenden zu arbeiten.

Finanzierung der Audits

Das Unternehmen, das ein Audit bezahlt, kann einen Einfluss auf das Audit-Ergebnis haben, insbesondere weil die Ergebnisse nicht transparent sind und weil die Audit-Anbietenden womöglich Folgeaufträge im Blick haben. Insgesamt ist ein Audit glaubwürdiger, je unabhängiger die Finanzierung von dem auditierten Betrieb ist.
Quelle: Sozial-Audits als Instrument zur Überprüfung von Arbeitsbedingungen - Studie im Auftrag des Beschaffungsamtes des BMI


VV-Resolution, 9. Dezember 2020

Resolution zum Lieferkettengesetz

Resolution der Vollversammlung zum geplanten Gesetz über die unternehmerische Sorgfaltspflicht („Lieferkettengesetz“)
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung haben ein sog. „Lieferkettengesetz“ angekündigt.
Ziel des geplanten Gesetzes ist es, auch und insbesondere im grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr für gute Arbeitsbedingungen zu sorgen bzw. Verstöße gegen solche (wie etwa Kinderarbeit, untragbare Arbeitsbedingungen oder auch Umweltschäden) zu vermeiden oder, wo dies nachweislich misslingt, zu sanktionieren. Dies ist ein Ziel, das auch die gewerbliche Wirtschaft verfolgt.
Der Weg jedoch, die Unternehmen gesetzlich zu verpflichten, Standards bei ausländischen Zulieferern lückenlos zu überprüfen und bei Nichterfüllung empfindlich zu bestrafen, muss kritisiert werden. Denn der geforderten Verpflichtung könnten viele Unternehmen – insbesondere KMU – beim besten Willen nicht nachkommen.
Die Achtung der Menschenrechte ist für deutsche Unternehmen ein wichtiges Anliegen. Im eigenen Betrieb bzw. beim eigenen unternehmerischen Agieren lässt sich diesem wichtigen Anliegen tatsächlich Priorität einräumen und eine entsprechende „Verhaltensgarantie“ geben. Wie aber soll man – zumal als kleines oder mittelständisches Unternehmen – eine solche „Garantie“ auch für Lieferanten einer internationalen, oftmals weitverzweigten Lieferkette übernehmen? Für allfällige Verstöße Dritter in (Mit-)Haftung genommen zu werden, wäre eine unverhältnismäßige, eine überzogene, weil die tatsächlichen Kontroll- und Einflussmöglichkeiten deutscher Unternehmen weit überschätzende Maßnahme.
Das angedachte Gesetz würde deutsche Unternehmen bei ihren Auslandsgeschäften mit erheblicher Rechtsunsicherheit sowie mit zusätzlicher Bürokratie und weiteren Kosten belasten. Ob es tatsächlich den Menschen hilft, die bei den Zulieferern vor Ort arbeiten, darf bezweifelt werden. Vielmehr könnte es dazu führen, dass sich deutsche Unternehmen wegen der Haftungsrisiken schlicht aus diesen Ländern zurückziehen. Damit jedoch wäre niemandem gedient, im Gegenteil. Auf EU-Ebene wird aktuell ein Gesetzentwurf erarbeitet, der 2021 vorgestellt werden soll. Deshalb ist ein deutscher Alleingang hier abzulehnen!
Die Wirtschaft des IHK-Bezirks Köln ist eng in die internationale Zusammenarbeit integriert. Die Region steht für über ein Fünftel der NRW-Exporte; rund 10.000 Firmen sind im internationalen Geschäft tätig und sichern dadurch Arbeitsplätze vor Ort und im Ausland. Die Achtung der Menschenrechte ist auch für die global tätigen Unternehmen der Wirtschaftsregion Köln ein wichtiges Anliegen. Die in der Vollversammlung der IHK Köln vertretenen Unternehmen begrüßen daher Bestrebungen, den Menschenrechten weltweit Geltung zu verschaffen. Sie haben dazu Grundsätze formuliert, die bei möglichen gesetzgeberischen Maßnahmen berücksichtigt werden sollten.

Europaweite Lösung statt nationaler Alleingänge

Ein Flickenteppich unterschiedlicher nationaler Regelungen sorgt für unnötige Bürokratie, schafft Wettbewerbsverzerrungen zwischen Mitbewerbern und erschwert das Ziel, Menschenrechte effektiv zu schützen. Deutschland muss sich während der deutschen Ratspräsidentschaft für eine europäische Lösung einsetzen, die einheitliche Standards und abgestimmte Prozesse vorsieht.

Keine Privatisierung staatlicher Kernaufgaben

Menschenrechte zu schützen sowie Sozial- und Umweltstandards durchzusetzen, ist zuvorderst staatliche Pflicht. Dies bedeutet, die Möglichkeiten auf außenpolitischer Ebene zu nutzen und darauf hinzuwirken, dass in den entsprechenden Ländern ein angemessenes Niveau in diesen Bereichen geschaffen und dessen Wahrung garantiert wird. Es gehört zur Verantwortung des Staates, den Unternehmen klare Informationen über Länder und Branchen zu geben, die mit Blick auf mögliche Verstöße gegen internationale Standards problematisch erscheinen.

Den Mittelstand nicht zusätzlich belasten

Der international tätige Mittelstand bewältigt gerade parallel die Corona-Krise, eine Rezession in wichtigen Absatzmärkten, weltweite Handelskonflikte und den anstehenden Brexit. Es ist davon auszugehen, dass größere Unternehmen, die aufgrund ihrer Mitarbeiterzahl unter das geplante Lieferkettengesetz fallen, diese Anforderungen an ihre mittelständischen Lieferanten weitergeben. Für Firmen, die mehrere Kunden haben (oftmals aus verschiedenen Branchen), würde damit der bürokratische Aufwand deutlich ansteigen.

Engagement in Schwellen- und Entwicklungsländern nicht gefährden

Es ist ein politisches Ziel der Bundesregierung, die wirtschaftlichen Beziehungen insbesondere zu afrikanischen Staaten auszubauen. Dort sind es gerade regelmäßig deutsche Unternehmen, die mit ihrer Unternehmenskultur im jeweiligen Zielmarkt zu einem Mehr an Menschenrechten, Umweltschutz und sozialen Standards beitragen. Dieses Engagement könnte durch die Schaffung weiterer Rechtsrisiken gefährdet werden, mit negativen Folgen für die dortige Bevölkerung.
Ausschuss für Internationales

IHK-Position zum EU-Lieferkettengesetz

Zur EU-Richtlinie über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen (EU) 2019/1937 („EU-Lieferkettengesetz“): Das Ziel der Gesetzesinitiative teilt die deutsche Wirtschaft. Denn für deutsche Unternehmen ist die Achtung der Menschenrechte ein wichtiges Anliegen.
Bereits heute tragen sie im Ausland zu höheren Sozial- und Umweltstandards, besserer Bildung und damit zu Wachstum und Wohlstand bei.‎ Nachhaltigkeit ist bereits fester Bestandteil betrieblicher Abläufe, wie eine DIHK-Umfrage (Herbst 2021) zeigt. Unter den 3200 befragten, im Ausland vertretenen Betrieben arbeiten mehr als zwei Drittel an der Umsetzung von eigenen Nachhaltigkeitszielen, die über die Anforderung der Politik hinausgehen.
Regelungen zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten auf EU-Ebene sollten daher so ausgestaltet werden, dass sie das vielfältige freiwillige Engagement der Unternehmen ausdrücklich würdigen und nicht behindern. Dies gilt insbesondere in einer Zeit, in der die Corona-Pandemie weltweit zu Störungen in den internationalen Lieferketten führt und damit einhergehend zu Engpässen bei Rohstoffen, Materialen und Vorleistungen sowie steigenden Preisen. Mit einer schnellen Entspannung der Lage ist nicht zu rechnen, da die russische Invasion in die Ukraine weitere massive Auswirkungen auf die europäische und internationale Wirtschaft hat.
Auch ist das Ziel des Richtlinien-Entwurfs (RL-E.), gleiche Rahmenbedingungen für alle Unternehmen zu schaffen, die im EU-Binnenmarkt agieren, positiv zu bewerten.
Die entsprechenden Sorgfaltspflichten gelten somit per se– im Gegensatz zum deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) - auch für drittländische Unternehmen, die nicht zwingend den hohen menschen-, arbeits- und sozialrechtlichen Standards des europäischen Rechts sowie den diesbezüglichen Aufsichts- und Kontrollregimen unterliegen. Insbesondere der vom RL-E. vorgesehene, weite Gestaltungsspielraum der nationalen Kontrollbehörden lässt jedoch Zweifel an der Umsetzung des Level-Playing Fields aufkommen.
Gerade weil die Umsetzung von zusätzlichen Pflichten im Zusammenhang mit Menschenrechten mit erheblichem administrativem Aufwand und hohen Kosten verbunden ist, erfordert ein wirksames Lieferkettengesetz Praxistauglichkeit, Verhältnismäßigkeit und Rechtssicherheit.
Werden diese Prinzipien nicht gewahrt, können bürokratische Mehrbelastung und zu hohe Haftungsrisiken zu weniger Geschäften, sinkenden Umsätzen und letztlich zum Abbau von Arbeitsplätzen führen.  Laut einer DIHK-Sonderumfrage (Februar 2022) unter 2500 auslandsaktiven Unternehmen in Deutschland nimmt jedes zweite Unternehmen Herausforderungen in der Umsetzung des LkSG wahr. Neben bürokratischer Mehrbelastung (93 Prozent), die sich bei vier von fünf Unternehmen voraussichtlich auch in erhöhten Kosten niederschlagen wird, bereiten zwei Drittel der Unternehmen Haftungsrisiken und die noch bestehende Rechtsunsicherheit Sorgen.
Ein Drittel aller und 42 Prozent der direkt betroffenen Unternehmen sorgt sich zudem um die Überprüfung des Engagements in bestimmten Ländern/Regionen. Es besteht die Gefahr, dass in einem folgenden Schritt das Engagement per se in Frage gestellt wird und ein Abzug aus Ländern mit schwieriger Menschenrechtslage erwogen wird.
Je nach Größe der betroffenen Unternehmen kann dies wiederum Auswirkungen auf ganze Regionen haben. Vormals Beschäftigte werden entweder komplett arbeitslos, oder aber sie werden in informelle und damit ungeschützte Arbeitsmärkte abgedrängt.
So gilt es mittlerweile als erwiesen, dass exportierende Unternehmen durchschnittlich höhere Löhne zahlen als diejenigen, die nur den heimischen Markt bedienen. Dies gilt besonders für Unternehmen in Entwicklungsländern, die in Industrieländer exportieren. Ein Lieferkettengesetz trifft somit genau jene Unternehmen, die bereits verhältnismäßig hohe Löhne zahlen und für die unternehmerische Verantwortung eine größere Rolle spielt.
Zudem ist damit zu rechnen, dass Unternehmen nach Möglichkeit die Anzahl ihrer Zulieferer reduzieren, was zu einer Konzentration auf die verbliebenden Zulieferer und zu einem erhöhtem Risiko von Lieferengpässen führen würde, da mögliche Produktionsprobleme nicht mehr durch andere Zulieferer aufgefangen werden können. Auch kann sich durch diese Monopolisierung von Zulieferern deren Marktmacht erhöhen, was Vorprodukte für deutsche Unternehmen verteuert.
Darüber hinaus kann die Monopolisierung einzelner Branchen die Verhandlungsmacht der überlebenden Unternehmen gegenüber den Arbeitnehmern erhöhten, was wiederum Abwärtsdruck auf Löhne ausüben könnte. Sofern die betroffenen Unternehmen, weiterhin auf ihrem Heimatmarkt tätig sind, besteht außerdem die Möglichkeit, dass sie sich nicht mehr an bereits bestehende Arbeitsstandards gebunden fühlen, die sie für ihre Kunden in Industrienationen eingeführt hatten.
Ein Grund für höhere Löhne in exportierenden Unternehmen ist zudem, dass Produkte, welche für Länder wie Deutschland hergestellt werden, oftmals höheren Qualitätsstandards gerecht werden müssen, was wiederum qualifiziertere Arbeitskräfte erfordert. Fällt der entsprechende Absatzmarkt weg, so könnte sich dies entsprechend negativ auf die Qualifikation und Entlohnung der Beschäftigten auswirken. In der Folge des Wegfalls dieser Lieferanten aus den westlichen Lieferketten droht der wirtschaftliche Aufholprozess der Entwicklungsländer gegenüber den Industrienationen verlangsamt oder gar gestoppt zu werden.
Eine Verlagerung der Lieferkette nach Deutschland zur Vermeidung von Monitoringkosten ist zusätzlich mit hohen Kosten für die betroffenen Unternehmen verbunden. Die erhöhten Kosten werden an Konsumenten bzw. Kunden weitergegeben, wodurch sich die Wettbewerbssituation von deutschen Unternehmen am internationalen Markt verschlechtert.
Zudem wird es konkurrierende Anbieter geben, die weder eigene Lieferkettengesetze auf den Weg bringen, noch anderweitig Druck auf Lieferländer ausüben, Arbeitsbedingungen zu verbessern. Dazu kann China gehören, aber auch andere Schwellenländer, die zwischen Industrie– und Entwicklungsländern stehen, dürften passiv bleiben. Sie werden weiterhin als Käufer von Waren auftreten, die unter schlechten Arbeitsbedingungen produziert werden und somit das Gewicht der Länder schwächen, die um die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in armen Ländern bemüht sind. So kann kein Level-Playing-Field erreicht werden.
Auch haben Lieferkettengesetze allgemein den großen Nachteil, dass sie lediglich die Arbeitsbedingungen von Zulieferern erfassen, die Mitglieder der Lieferketten sind. Die weitaus überwiegende Zahl der Arbeitsplätze wird aber von Unternehmen in vorwiegend armen Ländern geschaffen, die lediglich für den Binnenmarkt in informellen Arbeitsmärkten produzieren.
Lieferkettengesetze vertiefen damit den bereits bestehenden Graben zwischen den formalen und den informellen Arbeitsmärkten, bewirken eine Abdrängung von Arbeitskräften in die informellen und damit ungeschützten Arbeitsmärkte und erschweren es Regierungen in Lieferländern, diesen Graben zu schließen. Lieferkettengesetze belasten somit die „falschen“ Akteure, nämlich die Arbeitgeber in Industrieländern mit höheren Fixkosten, aber nicht diejenigen, die für schlechte Arbeitsbedingungen in Lieferländern verantwortlich sind, die dortigen Regierungen und die Unternehmen vor Ort, die unter dem Schutz untätiger Regierungen Arbeitnehmer ausbeuten.
Die Belastungen durch das LkSG, das bis dato als das ambitionierteste Lieferkettengesetz weltweit gilt, und die Möglichkeit zahlreicher Nebeneffekte entgegen des angestrebten Gesetzeszweckes machen deutlich, dass die EU-Regelung nicht über das deutsche Gesetz hinaus gehen sollte.
Im Rahmen dieser Position werden weitere Leitlinien vorgeschlagen, welche insbesondere den Mittelstand entlasten würden:
  • Die EU-Richtlinie muss europaweit einheitlich umgesetzt werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden. Sie sollte nicht über das deutsche Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) hinausgehen. Außerdem ist zu prüfen, sie in eine dann einheitlich umzusetzende Verordnung zu wandeln
  • Sorgfaltspflichten sollten sich auf die Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen beschränken. Unternehmerische Verpflichtungen im Zusammenhang mit Umweltstandards sollten nicht unilateral, sondern im Rahmen der WTO global oder zumindest plurilateral mit wichtigen Handelspartnern etwa der OECD, G20 und G7 entwickelt werden. Denn werden über ein Gesetz zu viele verschiedene Ziele angestrebt (Arbeitsbedingungen, Umweltschutz, gute Unternehmensführung), kann es bei nur einem Instrument (Lieferbeziehung) zu Zielkonflikten kommen. Insbesondere kann es passieren, dass Unternehmen, die gezwungen werden Sicherheitsstandards anzuheben, gezahlte Löhne absenken müssen, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
  • Der Anwendungsbereich sollte mittelstandsfreundlicher ausgestaltet werden und analog zum deutschen LkSG nur Unternehmen ab 1000 bzw. 3000 Beschäftigten erfassen. Die Belastungen für mittelbar betroffene Unternehmen sind auf ein Minimum zu reduzieren und durch finanzielle Unterstützung der EU-Kommission bzw. Mitgliedsstaaten auszugleichen. Es ist davon abzusehen, den direkt betroffenen Großunternehmen die Unterstützung von KMU aufzubürden. Brancheninitiativen und -lösungen sollten stärkere Anerkennung finden. Informationsportale und digitale Lösungen für Due Diligence-Prüfung sind spätestens mit Inkrafttreten der EU-Richtlinie zur Verfügung zu stellen
  • Die Richtlinie schreibt vor, dass die Lieferkette up-stream und down-stream kontrolliert werden muss. Dies führt dazu, dass jeder Akteur jeden anderen Akteur innerhalb der EU doppelt und dreifach kontrolliert. Ein enormer Verwaltungsaufwand mit insgesamt wenig Mehrwert für Menschen in Risikoländern außerhalb der EU, weil sich ein Großteil der Kontrolle in der EU selbst abspielt. Die Richtlinie sollte - analog zum deutschen LkSG – nur verlangen, die Up-Stream Seite zu kontrollieren. So hätten Unternehmen mehr Kapazität, Menschen in Risikostaaten zielgerichtete Hilfe zukommen zu lassen.
  • Zahlreiche unklare Formulierungen und unbestimmte Rechtsbegriffe verursachen bei den Unternehmen erhebliche Rechtsunsicherheit und erschweren eine einheitliche Umsetzung in das nationale Recht der Mitgliedstaaten. Dies gilt auch für die Regelung der verwaltungsrechtlichen Sanktionen, die den Mitgliedsstaaten bis dato einen weiten Gestaltungsspielraum lässt. 
  • Die bisherige Analyse bezieht sich lediglich auf die Notwendigkeit der Prüfung der direkten (unmittelbaren) Zulieferer durch deutsche Unternehmen. Eine zusätzliche Kontrolle auch der mittelbaren Zulieferer, wie aktuell auf europäischer Ebene diskutiert wird, ist abzulehnen. So nennt der Zentralverband Elektronik– und Elektroindustrie e.V. in seinem Positionspapier zum Sorgfaltspflichtengengesetz als Rechenbeispiel eine Mikrowelle, welche für die Herstellung auf circa 1.500 direkte und indirekte Zulieferungen angewiesen sei (ZVEI, 2020). Es ist mehr als fraglich, ob einer Überwachung all dieser Lieferanten durch ein Unternehmen möglich ist. Die Richtlinie sollte - analog zum deutschen LkSG – vorschreiben, dass Unternehmen bei mittelbaren Zuliefern nur bei „substantiierter Kenntnis über eine mögliche Verletzung einer geschützten Rechtsposition oder einer umweltbezogenen Pflicht bei mittelbaren Zulieferern tätig werden“ müssen.
  • Unternehmen können nur für ihre eigenen Aktivitäten in der Lieferkette haften, nicht aber für die ihrer Geschäftspartner oder ihrer Lieferanten. Eine Verletzung der Pflichten aus der RL sollte – analog zum deutschen LkSG - keine zivilrechtliche Haftung begründen.  
  • Im Hinblick auf die neuen Belastungen, die durch die geplante Richtlinie entstehen, ist ein wirtschaftlicher Ausgleichsmechanismus über den “One in, one out“-Grundsatz einzuführen. 
  • Es sollten Negativlisten als unterstützendes Instrument für die Einhaltung von Sorgfaltspflichten in der Lieferkette eingeführt werden. Diese können die Unternehmen in ihrer Überwachungs- und Berichtspflichten entlasten und dafür sorgen, dass keine weiteren diffusen rechtlichen Risiken aufgebürdet werden. Die zentral behördlich geführte Listen führen Unternehmen auf, die in Lieferketten mit europäischer Beteiligung nicht auftauchen dürfen. Diese Listen würde Rechtsunsicherheiten minimieren, weil für die Unternehmen stets klar ersichtlich wäre, wenn „Compliance“ gegeben ist. (Das Instrument der Negativlisten kann sich am Vorbild des europäischen Verfahrens der handelspolitischen Schutzinstrumente (Antidumping- und Antisubventionszölle) orientieren.)