10 Fragen zur Zusammenarbeit zwischen verpflichteten Unternehmen und KMU unter dem LkSG

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtet Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und Sitz in Deutschland zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltschutz in ihren Lieferketten. Trotzdem stellen sich für kleine und mittelständige Unternehmen Fragen zur Zusammenarbeit mit betroffenen Unternehmen.
Das BAFA erklärt in seiner Handreichung, wie eine Zusammenarbeit zwischen den verpflichteten Unternehmen und ihren nicht-verpflichteten Zuliefernden ausgestaltet werden soll. Im Folgenden finden Sie die zehn wichtigsten Fragen und Antworten für (nicht-)verpflichtete Unternehmen.

1. Für wen gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) unmittelbar?

  • Unternehmen mit 1.000 Mitarbeitenden und
  • Hauptverwaltung, Hauptniederlassung, Verwaltungssitz, satzungsmäßigem Sitz oder Zweigniederlassung in Deutschland

2. Warum wirkt sich das LkSG auch auf nicht verpflichtete Unternehmen aus?

Die gesetzlich vorgegebenen menschenrechts- und umweltbezogenen Sorgfaltspflichten von verpflichteten Unternehmen wirken sich auch auf:
  • Tochtergesellschaften die Teil des eigenen (zugerechneten) Geschäftsbereiches sind und
  • unmittelbare oder mittelbare Zuliefernde aus.
Aus diesem Grund sind betroffene Betriebe in vielen Fällen auf die Zusammenarbeit mit nicht-verpflichteten Unternehmen angewiesen. Nur so können sie ihre gesetzlichen Sorgfaltspflichten erfüllen.

3. Wo sind die verpflichteten Unternehmen auf die Zusammenarbeit mit ihren Zuliefernden angewiesen?

Laut LkSG müssen verpflichtete Unternehmen bei ihren Zuliefernden

  • angemessene und risikoorientierte Kontrollmechanismen einführen,
  • Kontrollen (bspw. Audits) durchführen,
  • die Durchführung von Schulungen und Weiterbildungen gewährleisten.

Für die Durchführung von Schulungen und Weiterbildungen gilt prinzipiell:

  • Ziel: Unterstützung der (Vor-)Zuliefernden, um menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken frühzeitig zu erkennen und zu adressieren.
  • Gegenstand: Inhalte aus dem LkSG und der zugrunde liegenden internationalen Rahmenwerke
  • Kontrolle: Stichprobenartige Kontrolle, ob Schulungen und Weiterbildungen durchgeführt wurden.
  • Vertragliche Festlegung: Wer die Schulungen und Weiterbildungen finanziert und organisiert sollte vertraglich festgehalten werden

Prinzip der Leistungsfähigkeit:

Das verpflichtete Unternehmen muss zur Bewertung der Wirksamkeit einer Maßnahme auf die Möglichkeiten der/des Zuliefernden Rücksicht nehmen. Was ein zulieferndes Unternehmen konkret leisten kann, hängt von Faktoren wie Ressourcen, Größe, Branche, Position in der Liefer- und Wertschöpfungskette und spezifischen Gegebenheiten vor Ort ab. Maßnahmen, die eine/einen Zuliefernden in ihrer Umsetzung offenkundig überfordern, sind zumeist unwirksam und somit unangemessen.

4. Wo liegen die Grenzen der Zusammenarbeit von nicht verpflichteten Unternehmen?

Die gesetzlichen Vorgaben gelten nur für das verpflichtete Unternehmen. Eine pauschale Weitergabe der Sorgfaltspflichten ist ausgeschlossen.

Prinzipiell sollten Zuliefernde bei folgenden Aspekten aufmerksam sein:

  • Allgemeine Zusicherungen: Forderungen an Zuliefernde nach einer schriftlichen Zusicherung über die Einhaltung aller einschlägigen menschenrechtlichen und ökologischen Bestimmungen und Maßnahmen sind zu weitreichend. Die verpflichteten Unternehmen sind für die Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten selbst verantwortlich.
  • Risikoanalyse: Verpflichtete Unternehmen können eine Analyse nicht durch einen Verweis auf vertragliche Zusicherungen oder Bescheinigungen ihrer Zuliefernden ersetzen. Sie müssen eine eigenständige Risikoanalyse durchführen.
  • Präventions- und Abhilfemaßnahmen: Die Umsetzung von Präventions- und Abhilfemaßnahmen können nicht auf die Zuliefernden abgewälzt werden. Verpflichtete Unternehmen erfüllen die Sorgfaltspflicht nicht durch bloßen Verweis auf schriftliche Zusicherung der Zuliefernden oder durch pauschale vertragliche Unbedenklichkeitszusicherung.

5. Wie können verpflichtete Unternehmen die Maßnahmen des LkSG bei ihren Zuliefernden durchsetzen?

Verpflichtete Unternehmen haben u.a. folgende Möglichkeiten Präventionsmaßnahmen bei ihren unmittelbaren Zuliefernden zu verankern:

  • Vertragliche Zusicherung der/des Zuliefernden, dass diese/dieser die von der Geschäftsleitung des verpflichteten Unternehmens verlangten menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen einhält und angemessen adressiert.
  • Durchführung von Schulungen und Weiterbildung zur Durchsetzung der vertraglichen Zusicherung der/des Zuliefernden.
  • Vereinbarung angemessener vertraglicher Kontrollmechanismen sowie deren risikobasierte Durchführung, um die Einhaltung der Menschenrechtsstrategie bei der/dem Zuliefernden zu überprüfen.
In der Praxis fordern verpflichtete Unternehmen ihre unmittelbaren Zuliefernden häufig dazu auf, einen Verhaltenskodex (Code of Conduct) zu unterzeichnen. Verhaltenskodexe können außerdem die Zusammenarbeit zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten des betroffenen Unternehmens, die Kontrollmaßnahmen und die Konsequenzen bei Nichteinhaltung regeln.

Ein Verhaltenskodex kann umfassen:

  • Informationsmitteilung für die Risikoanalyse
  • Zustimmung zu Audits und Vor-Ort-Besuchen
  • Mitarbeit bei Präventions- und Abhilfemaßnahmen
  • Unterstützung bei der Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens

6. Was sollte ein nicht verpflichtetes Unternehmen bei der vertraglichen Zusicherung von Sorgfaltspflichten bzw. Standards beachten?

Zuliefernde Unternehmen sollten vor der Unterzeichnung von Vereinbarungen mit verpflichteten Unternehmen genau prüfen:

  • Was wird verlangt?
  • Können wir das leisten?
  • Ist die Vereinbarung ausgewogen?
Grundsätzlich sollten Sie als zulieferndes Unternehmen Vorsicht walten lassen, wenn Sie vertraglich Umstände zusichern sollen, über die Sie keine Kenntnis oder auf die Sie kein Einflussvermögen haben.
Prinzipiell sollten Unternehmen vorsichtig sein die Einhaltung bestimmter Standards zuzusichern. Konkret benannte Standards und die daraus resultierenden Anforderungen sollten sorgsam geprüft werden. Aus einer Zusicherung könnten vertragliche Ansprüche entstehen. Das LkSG schafft keine neuen Haftungsregeln zwischen Vertragspartnerinnen und -partnern entlang der Lieferkette. Dennoch könnte eine zivilrechtliche Haftung bei fehlerhafter bzw. nicht eingehaltener vertraglicher Zusicherung bestehen.
In unserem Lieferkettenportal finden Sie eine Auswahl von Vertragsklauseln, die sich in der Praxis im Zusammenhang mit dem LkSG als kritisch herausgestellt haben.

7. Welche Informationen braucht das verpflichtete Unternehmen für die Risikoanalyse?

Diese Informationen benötigen verpflichtete Unternehmen u.a. von den Zuliefernden für die Risikoanalyse:

Informationen über festgestellte Risiken und Verletzungen

  • Informationen über Land oder Region, Stufe der Wertschöpfungskette
  • Wirtschaftliche Tätigkeit im Zusammenhang mit dem Risiko oder der Verletzung
  • Anzahl betroffener Personen, Größe des betroffenen Bereichs der Umwelt
  • Ursachen für das Risiko bzw. die Verletzung
  • ggf. bereits ergriffene Präventions- oder Abhilfemaßnahmen
  • Informationen über eventuelle eigene Risikoanalyse der/des Zuliefernden und ggf. genutzte Methoden.
  • Informationen über die für Produkt oder die Dienstleistung verwendete Rohstoffe, Halberzeugnisse und Dienstleistungen: Aus welchen Ländern stammen sie? Wie werden die Rohstoffe gewonnen und die Halberzeugnisse und Produkte hergestellt? (für alle Stufen der Lieferkette)
  • Audit- oder Zertifizierungsunterlagen über Betriebsstätten der/des (Vor-)Zuliefernden, sofern vorhanden (hier möglicherweise Verschwiegenheitsvereinbarung und Schwärzen bestimmter Informationen)

8. Wie kann die Informationsweitergabe unter Wahrung des Betriebsgeheimnisses erfolgen?

Informationen über Geschäftsbeziehungen und Lieferketten sind grundsätzlich als Geschäftsgeheimnisse geschützt. Verpflichtete Unternehmen sind bei der Erfüllung ihrer Sorgfaltspflichten auf die Informationen ihrer Zuliefernden angewiesen. Zwar sind diese nach dem LkSG nicht zu der Zusammenarbeit verpflichtet, allerdings könnte sich eine Verweigerung negativ auf die Geschäftsbeziehungen auswirken.
Zuliefernde sollten bei der Informationsweitergabe an verpflichtete Unternehmen vorsichtig und datensparsam vorgehen. Zudem sollten sie genau nachfragen, für welchen Zweck die Daten benötigt werden. Nicht-verpflichtete Unternehmen können so selbst entscheiden, welche Einblicke sie in ihre eigene Liefer- und Wertschöpfungskette geben möchten.
Wichtig: Sensible Informationen sollten geschwärzt werden. Lassen Sie sich vertraglich die Nutzung der Informationen nur für bestimmte Zwecke und die Verschwiegenheit durch eine Verschwiegenheitsvereinbarung (Non Disclosure Agreements) zusichern.

So sollten verpflichtete Unternehmen und Zuliefernde mit sensiblen Informationen umgehen:

  • Prüfung, welche Informationen benötigt werden
  • Schwärzen bestimmter Informationen,
    • die für die Zwecke der Abfrage nicht benötigt werden,
    • an deren Schutz ein rechtliches Interesse besteht (Geschäftsgeheimnisse),
    • deren Herausgabe Verschwiegenheitserklärungen gegenüber Vorliefernden entgegenstehen,
    • die nach vorrangig anwendbarem Recht (einschließlich Datenschutzrecht) nicht herausgegeben werden dürfen.
  • Schutz sensibler Informationen durch Verschwiegenheitsvereinbarung:
    • keine Weitergabe von Informationen
    • Nutzung nur zu bestimmten Zwecken
    • Kommunikation nur an bestimmte Stelle

9. Wie können Maßnahmen umgesetzt werden, wenn Zuliefernde Daten nicht offenlegen möchten?

Verpflichtete Unternehmen können mit ihren direkten Zuliefernden zusammenarbeiten, um Präventionsmaßnahmen bei Vorliefernden umzusetzen.
Bei der Risikoanalyse sollte das verpflichtete Unternehmen genau prüfen, welche Informationen es tatsächlich für die Durchführung benötigt und zurückhaltend mit Fragen nach der Identität von Vorliefernden umgehen. Allerdings kann es im Kontext von Abhilfemaßnahmen notwendig sein, die konkrete Identität der/des mittelbaren Zuliefernden zu erfahren.
Sollten unmittelbare Zuliefernde die Identität ihres Vorliefernden weiterhin schützen, kann das verpflichtete Unternehmen es bei Abhilfemaßnahmen unterstützen. Diese Unterstützung kann verschiedene Formen annehmen, bspw. die vollständige Übernahme der Kosten.

10. Wie kann das verpflichtete Unternehmen seinen Zuliefernden helfen, Abhilfemaßnahmen umzusetzen? Wie sollte die Kostenteilung gestaltet werden?

Auch Unternehmen, welche nicht direkt durch das LkSG verpflichtet sind, sollten die Anforderungen aus dem Gesetz verstehen. Insbesondere sollten sie prüfen, wie sie passende Strategien im Umgang mit Anfragen verpflichteter Unternehmen entwickeln können (z. B. durch ein eigenes robustes Risikomanagement).
In der Praxis geben nicht-verpflichtete Zuliefernde häufig an, dass sie nicht in der Lage seien, mit eigenen Ressourcen ein Risikomanagement zu etablieren. In solchen Fällen kann es hilfreich sein, wenn verpflichtete Unternehmen ihre Zuliefernden unterstützen.
Nicht-verpflichtete Unternehmen könnten zumindest eine Risikoanalyse für Teile ihrer Lieferkette durchführen. Dabei könnten sie sich auf einen hochrisikobehafteten Teil ihrer Lieferkette fokussieren und dort ihre Bemühungen vertiefen.
Auf dieser Basis können die Unternehmen gemeinsam Präventions- und Abhilfemaßnahmen bei Zuliefernden umsetzen. Das verpflichtete Unternehmen muss Vorschläge zur Kostenaufteilung nach den Kriterien der Angemessenheit und Wirksamkeit ausarbeiten.

Relevante Kriterien für die Kostenteilung:

  1. Art und Umfang der Geschäftstätigkeit
  2. Welche Ressourcen stehen den beteiligten Unternehmen für die Abhilfemaßnahmen zur Verfügung?
  3. Einflussvermögen
  4. Wie ausgeprägt ist das Einflussvermögen der beteiligten Unternehmen auf die unmittelbar Verursachenden der Verletzung?
  5. Schwere und zu erwartende Eintrittswahrscheinlichkeit
  6. Art des Verursachungsbeitrags: In welchen Maß haben die beteiligten Unternehmen zur Verletzung beigetragen? Haben sie die Verletzung überwiegend oder allein verursacht?