Lieferkettengesetz

LkSG: Audits als Instrument des nachhaltigen Lieferkettenmanagements

Das Lieferkettengesetz (LkSG) fordert eine hohe Transparenz der Lieferkette sowie eine nachhaltige Lieferantenauswahl, -bewertung und -entwicklung. Bei der Umsetzung dieser Anforderungen können Lieferantenaudits helfen.

Was ist ein Audit bzw. Lieferantenaudit?

Ein Lieferantenaudit ist ein Instrument zur Auswahl und Beurteilung neuer oder bestehender Zuliefernder. Das Audit überprüft den Zuliefernden darauf, ob er Normen, wie z.B. Zertifizierungsstandards oder gesetzliche Anforderungen erfüllt.
Dabei wird der Zuliefernde durch Kontrollen vor Ort darauf überprüft, inwiefern die Vorgaben bei ihm umgesetzt wurden. Im Rahmen bestimmter Standards und Zertifizierungen sind Lieferantenaudits fest vorgeschrieben.
Bei einem Lieferantenaudit werden zunächst die Leistungen des Zuliefernden auf dem Ist-Zustand ermittelt und mit dem vertraglichen Soll-Zustand verglichen.
Auf Grundlage der Lieferantenbewertung werden die Verbesserungspotenziale und erforderlichen Korrekturmaßnahmen dokumentiert. Danach erfolgt die kurzfriste Verbesserung mittels der im Audit definierten Maßnahmen.
Auf lange Sicht muss dann eine dauerhafte Lieferantenentwicklung stattfinden. Durch eine Wiederholung der Lieferantenaudits kann die Entwicklung der Lieferanten langfristig dokumentiert und verbessert werden.

Welche Rolle spielen Audits bei der Einhaltung des Lieferkettengesetzes?

Das Lieferkettengesetz (LkSG) verpflichtet Unternehmen, ihrer Verantwortung zur Achtung der international anerkannten Menschenrechte in den Lieferketten nachzukommen.
Dafür müssen Unternehmen ihre Lieferanten überprüfen.
Besonders durch spezielle Lieferketten- bzw. Lieferantenaudits werden Unternehmen hinsichtlich ihrer Leistung in Bezug auf die Einhaltung von Menschenrechten, arbeitsrechtlicher Vorschriften und allgemeiner Rechtsvorschriften beurteilt.
So können Unternehmen belegen, dass sie ihre Arbeit verantwortungsvoll ausführen, Beschäftigte unter fairen und sicheren Arbeitsbedingungen einstellen und sich dabei ökologisch und ökonomisch nachhaltig verhalten.
Zudem gibt der Auditierende dem einkaufenden Unternehmen einen Nachweis an die Hand, mit dem es Kunden gegenüber die Erfüllung der unternehmerischen Sorgfaltspflichten seiner Zuliefernden dokumentieren kann.
Mit dem Auditieren ihrer Zuliefernden stärken Unternehmen nicht nur ihr Risikomanagement, sondern zeichnen sich auch als verantwortungsvoll aus. Dadurch können sie ihr Ansehen und Vertrauen bei Geschäftspartnern und Konsumenten stärken.
Unternehmen auditieren in der Regel nicht jeden ihrer Lieferanten, sondern fokussieren sich bei
den Audits auf die Lieferanten, bei denen die Nachhaltigkeitsrisiken am größten sind. Um die Risiken bei den Lieferanten bewerten zu können, muss Transparenz in der Lieferkette geschaffen werden.
Unternehmen, die in Risikostaaten einkaufen, sollten in Erwägung ziehen, einen in diesem Risikostaat ansässigen Auditierenden zu beauftragen, um den Anforderungen des LkSG nachzukommen.
Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass Audits allein nicht ausreichen, um die gesetzlichen Anforderungen des LkSG zu erfüllen. Vielmehr stellen Audits eine von vielen Präventionsmaßnahmen dar, die ein Unternehmen anwenden sollte, um seine Lieferketten gegen Menschenrechtsverletzungen und Umweltbeeinträchtigungen abzusichern. Zum Beispiel ergänzt ein gut integrierter Beschwerde-Mechanismus Audits und hilft den Beschäftigten proaktiv Arbeitsrechtsverletzungen zu melden.

Wer führt ein Lieferanten-Audit durch?

Das Audit zur Überprüfung des Lieferanten kann entweder durch einen unabhängigen externen oder einen internen Auditierenden durchgeführt werden. Mittlerweile gibt es viele Anbieter, die bei der Auditierung, Bewertung und Zertifizierung von Lieferanten unterstützen können.

Welche Instrumente nutzt ein Audit?

Ein Audit prüft, ob die vertraglichen Anforderungen eines Standards sowie die gültigen Rechtsnormen eingehalten werden. Dabei werden in der Regel vier bis fünf verschiedene Instrumente verwendet:
  • Fabrikrundgang mit Foto-Beweisen
  • Interviews mit Arbeiterinnen und Arbeiter
  • Prüfung von Dokumenten (z.B. Lohnabrechnungen mit den dokumentierten Arbeitszeiterfassungen)
  • Gespräche mit dem Management
  • Gespräche mit lokalen Arbeitnehmenden-Vertretungen

Was ist ein Audit-Bericht und ein Corrective Action Plan (CAP)?

Die Ergebnisse der Überprüfung werden im Audit-Bericht und die nötigen Korrekturmaßnahmen im Corrective Action Plan (CAP) festgehalten. Der Audit-Bericht und der CAP orientieren sich an den Vorgaben des Standards bzw. der Zertifizierung. Sie unterscheiden sich im Detail jedoch relativ stark je nach Audit-Form.

Audit-Bericht

Der Audit-Bericht liefert eine Zusammenfassung der im Unternehmen vorgefundenen Unternehmensrealität zum Zeitpunkt des Audits.
Generell sind die meisten Audit-Berichte vom Inhalt und Umfang sehr ähnlich, unterscheiden sich aber in der Tiefe und Ausrichtung einiger Themen.
Standardmäßig werden immer die gleichen Themen abgedeckt. Audit-Berichte erheben generelle Informationen (u.a. Flächenangaben, Aufschlüsselungen der Belegschaft, teilweise inklusive Nationalitäten, Produktionsbeginn, Angaben zu Mitarbeiterunterkünften, Vorhandensein einer Kantine/Cafeteria, konkrete Informationen zur eventuellen Auslagerung der Produktion etc.).
Einige Audit-Formate fordern detaillierte Ausführungen zu allen der mehreren hundert Fragen im Audit-Bericht. Die meisten Berichte enthalten eine textliche Beschreibung der identifizierten Verstöße. Unterschiede bestehen bei der Beurteilung des Erfüllungsgrades: Zweistufig (bestanden/nicht bestanden) oder dreistufig (nicht bestanden/bestanden/verbesserungswürdig).
Die Schwerpunktthemen eines Audits orientieren sich am Ziel der Überprüfung und können daher variieren. Für das Lieferkettengesetz (LkSG) liegt der Fokus auf menschen- und arbeitsrechtlichen Themen sowie auf Umweltbeeinträchtigungen.

Daher sollte der Auditbericht standardmäßig die folgenden Inhalte abdecken:

  • Zwangsarbeit/unfreiwillige/freie Beschäftigung
  • Gewerkschaftsfreiheit/Vereinigungsfreiheit
  • Gesundheit und Sicherheit/Arbeitsumgebung
  • Kinderarbeit
  • Löhne
  • Arbeitszeit
  • Diskriminierung
  • Arbeitsagenturen/Zeitarbeitsfirmen
  • Belästigung
  • Missbrauch
  • Wirtschaftsethik, z.B. Korruption
  • Subunternehmen/Next-Tier-Lieferant bzw. Auftragnehmende, z.B. Sicherheitsdienste
  • Schlafsäle/Unterkünfte, die vom Unternehmen bereitgestellt werden/Hygiene
  • Umwelt/Umweltmanagement
  • Rohstoff-Einkauf und Rückverfolgbarkeit

Corrective Action Plan (CAP)

Der „Corrective Action Plan“ ist ein wichtiger Teil eines Audits. Er ist eine Zusammenfassung des Audit-Berichts. Er listet alle im Audit identifizierten Abweichungen, Beobachtungen sowie Kommentare des Managements auf und empfiehlt Korrektur-Maßnahmen mit Zeiträumen für die Durchführung.
Zahlreiche Abweichungen werden als „Zero-Tolerance“-Themen gesehen (z.B. bestätigte Kinderarbeit oder Zwangsarbeit), deren Beseitigung Kunden in der Regel fordern, um die Kooperation fortzuführen. Die Entscheidung über die Umsetzung von Korrektur-Maßnahmen, trägt das Managements.
Der CAP resultiert einerseits aus der durchgeführten Überprüfung des jeweiligen Zertifizierungsstandards oder den gesetzliche Anforderungen und der Audit-Richtlinien sowie andererseits aus den Anforderungen relevanter Rechtsnormen im betreffenden Land. Deshalb unterscheiden sich die meisten Audit-Berichte und CAPs im Detail.
In der Regel werden die Korrektur-Maßnahmen aus dem Audit-Bericht abgeleitet, teilweise werden sie aber auch automatisch generiert.

Wie gestaltet sich der Ablauf eines Audits?

Grundsätzlich gibt es bei jedem Audit eine Vorbereitungsphase, eine Durchführungsphase und eine Nachbereitungsphase. Die einzelnen Schritte können jedoch im Detail variieren, je nach Art und Ziel des Lieferantenaudits.

Vorbereitung eines Audits

Zunächst wird auf Basis der Audit-Richtlinie ein Audit-Team zusammengestellt. Es wird ein Auditplan erarbeitet, der den Arbeitsablauf und den Schwerpunkt der Prüfung enthält.
Es müssen wichtige lieferantenbezogene Dokumente zusammengetragen und eine Terminierung vorgenommen werden. Oftmals erfolgt die Sichtung vorhandener Audits.
Bei einigen Audit-Programmen weisen die „Field Instructions“ jedoch darauf hin, dass vorhandene Audit-Berichte nicht gelesen werden. Dies soll es den Auditierenden ermöglichen, das Assessment möglichst unvoreingenommen vorzunehmen.

Durchführung eines Audits

In der Regel beginnt ein Audit mit einem Erstgespräch zwischen den Auditierenden und den Liefernden. In dem Gespräch werden die Grundlagen, wie z.B. der Ablauf des Audits geklärt.
In der Regel finden dann vier typische Schritte statt:
  • Fabrikrundgang
  • Interviews mit den Arbeitenden
  • Interviews mit dem Management
  • Dokumentenprüfung
Teilweise werden Arbeitnehmenden-Vertretungen eingebunden bzw. interviewt.
Wenn mithilfe der Instrumente alle Hinweise auf Verstöße gesammelt wurden, wird ein Corrective Action Plan (CAP) erstellt. Der CAP fasst zusammen, welche Verbesserungspotenziale im Zuge des Audits identifiziert wurden und welche Empfehlungen zur Beseitigung der Verstöße relevant scheinen.
Bei einigen Audit-Formaten werden im CAP Fristen zur Korrektur niedergeschrieben. Ein Audit endet in der Regel mit einem Abschlussgespräch, bei dem der CAP besprochen und unterzeichnet wird.

Nachbereitung eines Audits

Im Anschluss wird der Audit-Bericht von den Auditierenden erstellt. Das auditierte Unternehmen wird gebeten, zu den identifizierten Abweichungen Stellung zu nehmen und die konkreten Korrekturmaßnahmen zu definieren.
Im Idealfall sollen daran anschließend die entsprechenden Verbesserungen umgesetzt werden, was je nach Situation bei dem Zuliefernden sehr aufwändig sein kann.
Nach einer bestimmten Zeit wird – je nach Anzahl und Schwere der Abweichungen – ein Follow-up-Audit durchgeführt.
Fast alle Audit-Richtlinien schreiben vor, in welchem Rhythmus sich Produktionsstätten einem Audit unterziehen müssen. In der Regel schließt sich nach den unmittelbaren Korrektur-Maßnahmen eine Lieferantenentwicklung an. Hierbei kann das einkaufende Unternehmen dem Zuliefernden weiterhelfen, sich längerfristig zu entwickeln und sich hinsichtlich der Nachhaltigkeit zu verbessern.

Was ist bei einer langfristigen Lieferantenentwicklung zu beachten?

Bei der Lieferantenentwicklung unterstützt das einkaufende Unternehmen den Zuliefernden im Idealfall längerfristig dabei, sich weiterzuentwickeln. Dies ist oftmals der aufwändigste Teil im nachhaltigen Lieferkettenmanagement, weil diese Verbesserungen in der Umsetzung für die Zuliefernden höhere Kosten verursachen.
Mittlerweile sehen immer mehr Unternehmen Audits nur als einen Teil der Lösung an und übernehmen eine Mitverantwortung dafür, dass sich die Arbeitsbedingungen in der Lieferkette tatsächlich verbessern. Die Praxis zeigt, dass durch eine partnerschaftliche Herangehensweise mit den Zuliefernden die Sozialstandards am besten umgesetzt werden können.
Denn die an Zuliefernde gestellten Nachhaltigkeitsanforderungen stehen oft in Konkurrenz zu den an sie gestellten wirtschaftlichen Anforderungen hinsichtlich Preis, Lieferzeit etc. Damit die Vorgaben umgesetzt werden können, müssen sich das einkaufende Unternehmen und der Zuliefernde abstimmen. Einkaufende Unternehmen können von ihren Zuliefernden nicht erwarten, dass alle ILO-Normen innerhalb kurzer Zeit im Audit-Ergebnis implementiert sind.
Stattdessen ist die Implementierung von Sozialstandards ein längerfristiger Prozess, bei dessen Umsetzung Unternehmen ihre Zuliefernden idealerweise begleiten und unterstützen.

Was sind Qualitäts-Indikatoren für ein Lieferantenaudit?

Es gibt einige Aspekte, die sich auf die Qualität und Glaubwürdigkeit eines Audits auswirken können.
Dies wird auch deutlich beim Vergleich verschiedener Audit-Berichte der gleichen Fabrik. Es kann vorkommen, dass sich im direkten Vergleich die Ergebnisse der einzelnen Berichte sehr stark voneinander unterscheiden. Daher ist es umso wichtiger bei der Wahl eines Audits auf die folgenden Kriterien zu achten.

Umfang, Zeit und Kosten

Eine zentrale Frage ist, wie umfangreich das Audit verschiedene Themen innerhalb der vorgegebenen Zeit abdecken muss.
Muss ein Audit alle Themen des Standards abdecken, so hat es das Audit-Team schwer, bei einzelnen Themen ins Detail zu gehen. Es ist daher möglicherweise sinnvoll, kein umfassendes Audit durchzuführen, sondern das Audit auf die relevanten Themen zu fokussieren.
Hinzu kommt, dass Auditierende im Wettbewerb miteinander stehen und die Angebote also möglichst günstig sein müssen, wobei dann an anderer Stelle gespart werden muss.
Die Zeit für ein vollständiges Audit ist meist zu knapp bemessen. Dies ermöglicht keine zeitintensiveren Praktiken, wie z. B. Befragungen von Beschäftigten außerhalb der Fabriken.
Außerdem haben Auditierende unter diesen Bedingungen häufig nicht genügend Zeit für das Aufdecken von Betrugsfällen, wie zum Beispiel gefälschte Dokumente, Bestechung von Auditierenden und Befragungen von Beschäftigten, die vorab instruiert wurden, welche Aussagen sie bei einer Prüfung tätigen sollen.

Interviews mit den Beschäftigten

Die Beschäftigten sollten im Zentrum eines Audits stehen.
Da Interviews in der Fabrik bestimmte Themen nicht aufdecken können, führen Best Practice-Ansätze die Interviews mit Beschäftigten außerhalb der Fabriken.
Die Audit-Teams müssen so zusammengesetzt werden, dass nur bestimmte Personen die Beschäftigten zu den kritischen Themen interviewen. Ein Mann sollte zum Beispiel nicht eine Arbeiterin zu sexueller Diskriminierung interviewen.

Auswahl und Qualifizierung des Audit-Teams

Auditierende, die neu dabei sind, sind oft noch nicht so erfahren, als dass sie ein gutes Audit durchführen könnten.
Verschiedene Faktoren sind für die Qualität von Audits relevant. Trainings und eine gute Akkreditierung können dabei helfen, die Qualität von Audits zu verbessern.
Die meisten Audit-Formen verlangen, dass ein Audit in der lokalen Sprache durchgeführt wird. Dies ist sinnvoll, weil die Durchführung eines Audits mit einer Person, die übersetzt, in der Praxis sehr schwierig ist. Auditierende, die nicht die lokale Sprache beherrschen, können keine schriftlichen Dokumente prüfen und kennen häufig die lokalen Gesetze nicht.
Die Interviews mit den Beschäftigten sind sehr viel aufwändiger und erreichen nicht die gleichen Ergebnisse, da es in diesem Fall deutlich schwieriger ist, das Vertrauen der Beschäftigten im Interview zu gewinnen.
Auch aus Kostengründen ist es sinnvoll, mit lokalen Auditierenden zu arbeiten.

Finanzierung der Audits

Das Unternehmen, das ein Audit bezahlt, kann einen Einfluss auf das Audit-Ergebnis haben, insbesondere weil die Ergebnisse nicht transparent sind und weil die Audit-Anbietenden womöglich Folgeaufträge im Blick haben. Insgesamt ist ein Audit glaubwürdiger, je unabhängiger die Finanzierung von dem auditierten Betrieb ist.
Quelle: Sozial-Audits als Instrument zur Überprüfung von Arbeitsbedingungen - Studie im Auftrag des Beschaffungsamtes des BMI