Lieferkettengesetz
Audits als Instrument des nachhaltigen Lieferkettenmanagements
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) erfordert ein hohes Maß an Transparenz in der Lieferkette sowie eine nachhaltige Lieferantenauswahl, -bewertung und -entwicklung. Bei der Umsetzung dieser Anforderungen können Lieferantenaudits helfen.
- Was ist ein (Lieferanten-)Audit?
- Wesentliche Meilensteine eines Audits im Überblick:
- Welche Rolle spielen Audits bei der Einhaltung des Lieferkettengesetzes?
- Wer führt ein Lieferanten-Audit durch?
- Welche Instrumente nutzt ein Audit?
- Was ist ein Audit-Bericht und ein Corrective Action Plan (CAP)?
- Wie gestaltet sich der Ablauf eines Audits?
- Was ist bei einer langfristigen Lieferantenentwicklung zu beachten?
- Was sind Qualitäts-Indikatoren für ein Lieferantenaudit?
Was ist ein (Lieferanten-)Audit?
Ein Lieferantenaudit ist ein Instrument zur Auswahl und Beurteilung von neuen oder von bestehenden zuliefernden Unternehmen. Darin wird durch Kontrollen vor Ort geprüft, ob das Zulieferunternehmen Normen, wie z. B. Zertifizierungsstandards oder gesetzliche Anforderungen erfüllt.
Wesentliche Meilensteine eines Audits im Überblick:
- Vergleich Ist- und Soll-Zustand: Bei einem Lieferantenaudit werden zunächst die Leistungen des Zuliefernden auf dem Ist-Zustand ermittelt und mit dem vertraglichen Soll-Zustand verglichen.
- Verbesserungspotentiale und Korrekturmaßnahmen: Auf Grundlage der Lieferantenbewertung werden die Verbesserungspotenziale und erforderlichen Korrekturmaßnahmen dokumentiert. Danach erfolgt die kurzfristige Verbesserung mittels der im Audit definierten Maßnahmen.
- Gestaltung der langfristigen Lieferantenbeziehung: Auf lange Sicht muss dann eine dauerhafte Lieferantenentwicklung stattfinden. Durch eine Wiederholung der Lieferantenaudits kann die Entwicklung der Liefernden langfristig dokumentiert und verbessert werden
Welche Rolle spielen Audits bei der Einhaltung des Lieferkettengesetzes?
Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz verpflichtet Unternehmen menschenrechts- und umweltbezogene Risiken in ihrer Lieferkette zu identifizieren. Dafür müssen Unternehmen ihre zuliefernden Unternehmen überprüfen.
Lieferantenaudits stellen dabei eine geeignete Maßnahme dar. So können zuliefernde Unternehmen z. B. belegen, dass sie ihre Arbeit verantwortungsvoll ausführen, Beschäftigte unter fairen und sicheren Arbeitsbedingungen einstellen und sich dabei nachhaltig verhalten.
Auch für das einkaufende Unternehmen sind Audits von Vorteil – sie liefern einen Nachweis, dass das Unternehmen sich mit den menschenrechtlichen und umweltbezogenen Risiken in seiner Lieferkette befasst hat. Neben dem Beweis, dass das Unternehmen den Sorgfaltspflichten im LkSG nachkommt, können Audits überdies das Ansehen und Vertrauen bei Geschäftskontakten stärken.
Wichtig: Audits allein reichen nicht aus, um die gesetzlichen Anforderungen des LkSG zu erfüllen. Vielmehr stellen sie eine von vielen Präventionsmaßnahmen dar, um Lieferketten vor Menschenrechts- und Umweltverletzungen abzusichern.
Wer führt ein Lieferanten-Audit durch?
Das Audit zur Überprüfung des Zulieferunternehmens kann entweder durch einen unabhängigen externen oder einen internen Auditierenden durchgeführt werden. Mittlerweile existiert eine Vielzahl von Angeboten, die bei der Auditierung, Bewertung und Zertifizierung von Liefernden unterstützen können.
Welche Instrumente nutzt ein Audit?
Ein Audit prüft, ob die vertraglichen Anforderungen eines Standards sowie die gültigen Rechtsnormen eingehalten werden.
Dabei werden in der Regel vier bis fünf verschiedene Instrumente verwendet:
- Fabrikrundgang mit Foto-Beweisen
- Interviews mit Arbeitnehmenden
- Prüfung von Dokumenten (z.B. Lohnabrechnungen mit den dokumentierten Arbeitszeiterfassungen)
- Gespräche mit dem Management
- Gespräche mit lokalen Arbeitnehmenden-Vertretungen
Was ist ein Audit-Bericht und ein Corrective Action Plan (CAP)?
Die Ergebnisse des Audits werden in einem Bericht und die nötigen Korrekturmaßnahmen im Corrective Action Plan (CAP) festgehalten. Der Audit-Bericht und der CAP orientieren sich an den Vorgaben des Standards bzw. der Zertifizierung. Sie unterscheiden sich im Detail, je nach Audit-Form, jedoch stark.
Audit-Bericht
Der Audit-Bericht liefert eine Zusammenfassung der im Unternehmen vorgefundenen Unternehmensrealität zum Zeitpunkt des Audits.
Generell sind die meisten Audit-Berichte vom Inhalt und Umfang sehr ähnlich, unterscheiden sich aber in der Tiefe und Ausrichtung einiger Themen.
Standardmäßig enthalten Audit-Berichte allgemeine Informationen wie z. B. Flächenangaben, Aufschlüsselungen der Belegschaft, Produktionsbeginn, Angaben zu Mitarbeiterunterkünften, Vorhandensein einer Kantine/Cafeteria.
Die meisten Berichte enthalten eine textliche Beschreibung der identifizierten Verstöße. Unterschiede bestehen bei der Beurteilung des Erfüllungsgrades: Zweistufig (bestanden/nicht bestanden) oder dreistufig (nicht bestanden/bestanden/verbesserungswürdig).
Die Schwerpunktthemen eines Audits orientieren sich am Ziel der Überprüfung und können daher variieren. Für das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) liegt der Fokus auf menschen- und arbeitsrechtlichen Themen sowie auf Umweltbeeinträchtigungen.
Daher sollte der Auditbericht nach dem LkSG die folgenden Inhalte abdecken:
- Zwangsarbeit/unfreiwillige/freie Beschäftigung
- Gewerkschaftsfreiheit/Vereinigungsfreiheit
- Gesundheit und Sicherheit/Arbeitsumgebung
- Kinderarbeit
- Löhne
- Arbeitszeit
- Diskriminierung
- Arbeitsagenturen/Zeitarbeitsfirmen
- Belästigung
- Missbrauch
- Wirtschaftsethik, z.B. Korruption
- Subunternehmen/Next-Tier-Liefernde bzw. Auftragnehmende, z.B. Sicherheitsdienste
- Schlafsäle/Unterkünfte, die vom Unternehmen bereitgestellt werden/Hygiene
- Umwelt(-management)
- Rohstoffeinkauf und Rückverfolgbarkeit
Corrective Action Plan (CAP)
Der Corrective Action Plan dokumentiert sämtliche im Audit festgestellten Abweichungen von Zertifizierungsstandards, gesetzlichen Vorgaben im jeweiligen Land und Audit-Richtlinien. Zudem sind darin Kommentare sowie empfohlene Korrekturmaßnahmen – einschließlich des vorgesehenen Zeitrahmens für dessen Umsetzung- des Managements enthalten.
Wie gestaltet sich der Ablauf eines Audits?
Grundsätzlich gibt es bei jedem Audit eine Vorbereitungsphase, eine Durchführungsphase und eine Nachbereitungsphase. Die einzelnen Schritte können jedoch im Detail variieren, je nach Art und Ziel des Lieferantenaudits.
Vorbereitung eines Audits
Zunächst wird auf Basis der Audit-Richtlinie ein Audit-Team zusammengestellt. Es wird ein Auditplan erarbeitet, der den Arbeitsablauf und den Schwerpunkt der Prüfung enthält.
Es müssen wichtige lieferantenbezogene Dokumente zusammengetragen und eine Terminierung vorgenommen werden. Oftmals erfolgt die Sichtung vorhandener Audits.
Einige Audit-Programme weisen jedoch darauf hin, dass die vorhandenen Audit-Berichte nicht gelesen werden sollen. Dies soll es den Auditierenden ermöglichen, das Assessment möglichst unvoreingenommen vorzunehmen.
Durchführung eines Audits
In der Regel beginnt ein Audit mit einem Erstgespräch zwischen den Auditierenden und den Liefernden. In dem Gespräch werden die Grundlagen, wie z.B. der Ablauf des Audits geklärt.
In der Regel finden dann vier typische Schritte statt:
- Fabrikrundgang
- Interviews mit den Arbeitnehmenden
- Interviews mit dem Management
- Dokumentenprüfung
- Teils: Interviews mit Arbeitnehmenden-Vertretungen
Wenn mithilfe der Instrumente alle Hinweise auf Verstöße gesammelt wurden, wird ein Corrective Action Plan (CAP) erstellt. Der CAP fasst zusammen, welche Verbesserungspotenziale im Zuge des Audits identifiziert wurden und welche Empfehlungen zur Beseitigung der Verstöße relevant scheinen.
Bei einigen Audit-Formaten werden im CAP Fristen zur Korrektur niedergeschrieben. Ein Audit endet in der Regel mit einem Abschlussgespräch, bei dem der CAP besprochen und unterzeichnet wird.
Nachbereitung eines Audits
Im Anschluss erstellen die Auditierenden den Audit-Bericht. Das auditierte Unternehmen wird gebeten, zu den identifizierten Abweichungen Stellung zu nehmen. Zudem definiert es Korrekturmaßnahmen.
Im Idealfall sollen daran anschließend die entsprechenden Verbesserungen umgesetzt werden.
Nach Ablauf einer bestimmten Zeit wird – je nach Anzahl und Schwere der Abweichungen – ein Follow-up-Audit durchgeführt.
Fast alle Audit-Richtlinien schreiben vor, in welchem Rhythmus sich Produktionsstätten einem Audit unterziehen müssen. In der Regel schließt sich nach den unmittelbaren Korrektur-Maßnahmen eine Lieferantenentwicklung an. Hierbei kann das einkaufende Unternehmen dem Zuliefernden weiterhelfen, sich längerfristig zu entwickeln.
Was ist bei einer langfristigen Lieferantenentwicklung zu beachten?
Mittlerweile sehen immer mehr Unternehmen Audits nur als einen Teil der Lösung an. Sie übernehmen eine Mitverantwortung dafür, dass sich die Arbeitsbedingungen in der Lieferkette tatsächlich verbessern. Die Praxis zeigt, dass durch eine partnerschaftliche Herangehensweise mit den Zuliefernden die Nachhaltigkeits- und Sozialstandards am besten umgesetzt werden können. Dabei ist ein kontinuierlicher (Erfahrungs-)Austausch von zentraler Bedeutung, um zuliefernde Unternehmen nicht zu überfordern.
Was sind Qualitäts-Indikatoren für ein Lieferantenaudit?
Es gibt einige Aspekte, die sich auf die Qualität und Glaubwürdigkeit eines Audits auswirken können. Bei der Wahl eines Audits ist auf folgende Kriterien zu achten:
Umfang, Zeit und Kosten
Eine zentrale Frage ist, wie umfangreich das Audit verschiedene Themen innerhalb der vorgegebenen Zeit abdecken muss.
Muss ein Audit alle Themen des Standards abdecken, so hat es das Audit-Team schwer, bei einzelnen Themen ins Detail zu gehen. Es ist daher möglicherweise sinnvoll, kein umfassendes Audit durchzuführen, sondern das Audit auf die relevanten Themen zu fokussieren.
Interviews mit den Beschäftigten
Die Beschäftigten sollten im Zentrum eines Audits stehen.
Da Interviews in der Fabrik bestimmte Themen nicht aufdecken können, sehen Best Practice-Ansätze die Interviews mit Beschäftigten außerhalb der Fabriken vor.
Die Audit-Teams müssen so zusammengesetzt werden, dass nur bestimmte Personen die Beschäftigten zu den kritischen Themen interviewen. Ein Mann sollte zum Beispiel nicht eine Arbeitnehmerin zu sexueller Diskriminierung interviewen.
Auswahl und Qualifizierung des Audit-Teams
Verschiedene Faktoren sind für die Qualität von Audits relevant. Trainings und eine gute Akkreditierung können dabei helfen, die Qualität von Audits zu verbessern.
Die meisten Audit-Formen verlangen, dass ein Audit in der lokalen Sprache durchgeführt wird. Dies ist auch sinnvoll. Auditierende, die nicht die lokale Sprache beherrschen, können z. B. keine schriftlichen Dokumente prüfen. Häufig kennen sie auch die lokalen Gesetze nicht.
Ebenso ist es aus Kostengründen sinnvoll, mit lokalen Auditierenden zu arbeiten.
Mehr Informationen finden Sie in der Studie im Auftrag des Beschaffungsamtes des BMI (Sozial-Audits als Instrument zur Überprüfung von Arbeitsbedingungen).