IHK-Blitzlicht zur Merz-Regierung: Wirtschaft sieht erste positive Signale

Skepsis bleibt bei Energie und Bürokratie

Gut zwei Monate nach dem Amtsantritt der neuen Bundesregierung unter Bundeskanzler Friedrich Merz ziehen die Unternehmen der Region Stuttgart eine erste Bilanz: Die Richtung stimmt – doch zentrale Sorgen bleiben. Das zeigt eine aktuelle Stimmungsabfrage der IHK Region Stuttgart unter rund 140 Betrieben aus Industrie, Handel und Dienstleistungen.
„Die ersten Wochen der neuen Regierung senden durchaus ermutigende Signale – etwa bei Investitionen in Infrastruktur oder schnelleren politischen Entscheidungen. Für die Wirtschaft ist es ein wichtiges Zeichen, dass Veränderung möglich ist“, sagt Claus Paal, Präsident der IHK Region Stuttgart. So bewerten 57 Prozent der befragten Betriebe die schnelle Einigung der Koalitionspartner nach der Haushaltskrise positiv oder eher positiv und sieht darin einen Beweis für die Handlungsfähigkeit der Regierung. Fast 59 Prozent sehen im Infrastruktursondervermögen einen Impuls, der die Wirtschaft nachhaltig ankurbeln wird.

Sorge vor politischer Blockade bleibt

Dennoch stimmten fast 62 Prozent der Aussage zu: „Bei zu großen gegensätzlichen Positionen wird auch diese Koalition in politische Blockaden geraten.“ Und: Knapp 44 Prozent der Betriebe glauben nicht oder eher nicht daran, dass der Koalition bei den noch nicht ausgearbeiteten Themen im Koalitionsvertrag eine lösungsorientierte Diskussion gelingen wird. Für den IHK-Präsidenten zeigt dies deutlich, wie fragil das politische Vertrauen weiterhin ist. „Verlässlichkeit und Tempo sind in dieser Phase entscheidend. Die neue Regierung hat gut vorgelegt, jetzt muss sie zeigen, dass sie hält, was sie verspricht.“

Skepsis bleibt bei Energiekosten

Trotz erster positiver Signale bleiben die Unternehmen skeptisch – vor allem in der Energiepolitik. Knapp 64 Prozent der Betriebe bezweifeln, dass die Energiekosten auf ein international wettbewerbsfähiges Niveau sinken werden. Die Entscheidung der Bundesregierung, die Stromsteuer nur für einzelne Branchen zu senken, dürfte diese Zweifel noch verstärken. „Das ist aus Sicht der Wirtschaft ein kurzsichtiger Fehler. Auch Handel und Dienstleister leiden massiv unter hohen Energiekosten – sie fühlen sich im Stich gelassen. Wir brauchen endlich verlässliche und wettbewerbsfähige Energiepreise. Das Stimmungsbild zeigt deutlich, wie dringlich das ist,“ betont Paal.

Zweifel am Durchbruch beim Bürokratieabbau

Auch beim Bürokratieabbau bleiben Zweifel, 54 Prozent der Befragten glauben nicht oder eher nicht daran, dass die neue Regierung dieses Thema ernsthaft und systematisch angeht. „Die Wirtschaft hat geliefert – mit hunderten konkreten Vorschlägen für weniger Bürokratie. Jetzt ist die Bundesregierung am Zug. Wir brauchen mehr digitale Verfahren, weniger Dokumentations- und Berichtspflichten und damit vor allem eine spürbare Entlastung im Alltag der Betriebe.“
Der IHK-Präsident appelliert an die Bundesregierung, den eingeschlagenen Kurs fortzusetzen und die positiven Signale nun mit konkreten Maßnahmen zu unterfüttern: „Hohe Energiepreise und überbordende Bürokratie zählen zu den größten Wachstumsbremsen für unseren Standort. Werden diese Herausforderungen jetzt zügig und entschlossen angegangen, kann sich der vorsichtige konjunkturelle Aufwärtstrend verstetigen und neue Dynamik entfalten.“

Hintergrund zum Stimmungsbild

Für die Abfrage der derzeitigen Stimmung in der Wirtschaft wurden zwischen dem 1. und dem 11. Juli 2025 rund 140 Unternehmen aus der Region Stuttgart befragt.