26. Juli 2022

Internationales Sommerfest 2022 - Weltwirtschaft im Krisenmodus

Im Zentrum des ersten Sommerfestes nach zwei Jahren Corona-Pause standen – nicht wie gewohnt ein spezielles Land – sondern die Auswirkungen der zahlreichen Krisen auf schwäbische Unternehmen.
Die Wirtschaft befindet sich im Krisenmodus, Pessimismus ist dennoch der falsche Weg, so die Meinung, die viele teilten. „Alle Verlässlichkeiten zerbröseln“ stellte IHK-Präsident Dr. Andreas Kopton mit Blick auf die globalen Krisen in seiner Begrüßung fest. Zwar ist die Geschäftslage noch immer gut, so Kopton weiter, doch sind die „Erwartungen grottenschlecht“. Dennoch baut Kopton gleichzeitig auf die Wehrfähigkeit der lokalen Unternehmen: „Ihre Krisenresilienz hat die heimische Wirtschaft in Corona-Zeiten längst unter Beweis gestellt. Denn Wirtschaften heißt mit knappen Gütern umgehen“, so der bekennende Optimist an der Spitze der IHK Schwaben.
Steigende Energiepreise, Strompreise, Lieferkettenprobleme, Gasknappheit, Klimawandel, Fachkräftemangel – es sind zahlreiche Probleme, mit denen Unternehmen zurzeit zu kämpfen haben. Während die Auftragsbücher fast überall voll seien, und auch der IFO-Index nach wie vor gut ist, seien die Erwartungen schlecht. „Nehmen wir es als Herausforderung und nicht als Katastrophe!“ ermutigte Dr. Kopton, den Kopf nicht in den Sand zu stecken. Gleichzeitig appellierte der Präsident der IHK Schwaben an die Politik, auch in schwierigen Zeiten für Planungssicherheit zu sorgen und die Prioritäten richtig zu setzen, damit die heimischen Unternehmen aus Produktion, Handel und Dienstleistung ihre Widerstandsfähigkeit weiter unter Beweis stellen können.
Lieferketten stocken, Preise steigen
„Die Situation, unter der wir Wirtschaften müssen ist keine besonders einfache“, pflichtete dem IHK Schwaben-Präsidenten der Key-Speaker des Internationalen Sommerfestes Prof. Gabriel Felbermayr, Direktor des Wiener WIFO, bei. Seine Analyse der aktuellen Lage untermauerte der anerkannte Volkswirt mit einem Blick auf die maritimen Logistikketten. So führte er aus, dass derzeit rund acht Prozent der gesamten Container-Kapazitäten auf den Meeren und den Häfen warten müssen, was die Preise der transportieren Güter nach oben treibt. Hinzu kommt, dass die Notenbanken durch ihre Politik des billigen Geldes die Nachfrage stimulieren wollten, was ebenfalls die Volatilität der Preise befeuerte.
Wirtschaftlicher Protektionismus und politische Risiken
Sorgen bereitet Wirtschaftswissenschaftler Felbermayr der Trend zum globalen Protektionismus. Treiber dieser Entwicklung sind unter anderem hohe Subventionen, Maßnahmen zum Schutz des Handels – wie die US-Zölle auf Stahl – oder auch verschiedene Exportmaßnahmen. Hinzu kommen die stark gestiegenen politischen Risiken, die sich vielfach problematischer für die investierenden Unternehmen darstellen, als es die Handelsrestriktionen sind. Trotz dieser schwierigen Entwicklungen stelle sich der Welthandel aber als „überraschend resilient, nicht aber als robust dar. Es sieht nicht so schlecht aus. In Pessimismus zu verfallen wäre falsch“, lautete daher Felbermayrs Zwischenfazit. Und ergänzt: „Wir sind quasi verdammt zu einer Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg, weil die Themen wie der Ukraine-Krieg, Corona, die sicherheitspolitischen Herausforderungen, den Klimawandel global sind.“
Felbermayr: Wir müssen den EU-Binnenmarkt hegen und pflegen
Felbermayr wollte nicht alles Schwarz malen und übte sich bisweilen in (Zweck-)Optimismus: Auch Rezessionen haben ihren Wert, so Felbermayr. Hier werde die Basis geschaffen für etwas Neues. Wo wir in Zukunft günstig Energie importieren können, das müssen wir überlegen. Denn die Energiepreise werden noch weiter ansteigen. Wir müssen zudem den EU-Binnenmarkt besser hegen und pflegen, ihn fluider machen und die politischen Engpässe, die wir haben, beseitigen.
Energiekosten gefährden den sozialen Frieden
Der heimische Produktionsstandort ist auch weiterhin abhängig von importierter Primärenergie, zeigte er sich im folgenden Gespräch mit Moderator Tilmann Schöberl überzeugt. Vor diesem Hintergrund begrüßt er die Wasserstoffstrategie Deutschlands und Bayerns. Ein im großen Ausmaß staatlich subventionierter Gaspreis ist nach Felbermayrs Überzeugung dennoch nicht sinnvoll. Daraus folgt, dass die gestiegenen Energiekosten über die Preise an die Kunden weitergegeben werden müssen. „Das ist eine Belastungsprobe für den sozialen Frieden im Herbst“, räumte der Wissenschaftler ein, was gezielte Hilfe durch den Staat notwendig macht, ebenso wie innereuropäische Solidarität.
Lohn-Preis-Spirale vermeiden
Thomas Holderried von der Demmel AG griff die These Felbermayrs in der abschließenden Diskussionsrunde auf und berichtete über die Schwierigkeiten gestiegene Energiekosten über höhere Preise weiterzugeben. Weiterhin leitete er daraus einen zusätzlichen Druck auf die Lohnforderungen der Gewerkschaften und Betriebsräte ab. Weniger Druck sieht er dagegen auf den Staat lasten, der die vielen Forderungen nach finanziellen Entlastungen nicht erfüllen könne. Entlastungen erwartet die Wirtschaft allerdings von bürokratischen Lasten, wie dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, das die Suche und Auswahl von Lieferanten deutlich erschwert, berichtete Ingrid Bussjaeger-Martin von AGCO GmbH / Fendt. Auch bedrohen politische Konflikte wie der zwischen den USA und China unternehmerische Investitionen – eine These, die Felbermayr ebenfalls aufgestellt hatte.
Der Abend endete bei gutem Wetter mit vielen Gesprächen im Garten der IHK Schwaben, bei dem noch zahlreiche der insgesamt 300 Gäste anwesend waren. Denn darin liegt ein weiteres Erfolgsrezept des Internationalen Sommerfestes: Das persönliche Netzwerk in Bayerisch-Schwaben.

Hier sind die Bilder des Abends