Ausbildung

Ohne gut ausgebildete Arbeitskräfte keine Expansion

Fünfzehn Mitarbeiter und fünf Auszubildende – ein solches Verhältnis ist eher selten in einem Unternehmen. Damit dürfte die WDM Bio-Fertigprodukte GmbH in Müncheberg in Deutschland und auch darüber hinaus eine absolute Ausnahme sein.
Aileen Muth (18) und Lavinia Reichel (23), zwei der fünf Azubis, lernen Lebensmitteltechnik, Analea Günzel (21) und Elias Pehle (18) haben sich für Bürokauffrau beziehungsweise Bürokaufmann entschieden und Jan-Luca Korritter (17) möchte Lagerist werden. Alles Berufe, die das verhältnismäßig junge Unternehmen in der Zukunft brauchen wird, denn es will wachsen. Schon jetzt werden 7000 Gläser Suppen, Soßen, Desserts und Kochfonds – alles vegan und alles Bio – täglich produziert. Seit kurzem wird auch nachts gearbeitet und die Produktion konnte auf ca. 11000 Gläser pro Tag gesteigert werden.  Jetzt befindet sich die Produktionsstätte noch mitten in Müncheberg, aber ein Grundstück im Gewerbegebiet ist bereits gekauft. „Wir wollen expandieren, aber mit Vorsicht und gut überlegt“, sagt Moritz Timm, der gemeinsam mit Kevin Bäumer Geschäftsführer ist. Moritz Timm, der 2009 das Unternehmen mit Andre Riediger gegründet hat, hält 55 Prozent der Geschäftsanteile, die Regionalwert AG Berlin-Brandenburg 45 Prozent. Sie „sammelt“ Geld von Privatleuten ein und unterstützt innovative Geschäftsmodelle. Mit der Marke „Wünsch Dir Mahl“ werden ausschließlich Bio-Läden bedient, die Marke „Daily Soup“ wird für den Lebensmittelhandel produziert, ist bisher in DM-Märkten und bei REWE zu haben – in ganz Deutschland und Österreich.
Ausbilderprüfung um auszubilden
Doch ohne gut ausgebildete Arbeitskräfte, die nicht nur ihr Wissen, sondern auch ihr Herzblut ins Unternehmen stecken möchten, ist Expandieren schwierig. „Ursprünglich dachte ich immer, man muss einen Meister haben, um ausbilden zu können“, sagt Moritz Timm, der in Berlin Agrarwissenschaften studiert hat. „Aber das stimmt nicht. Es reicht, wenn im Unternehmen Mitarbeiter eine Ausbilderprüfung ablegen.“ Damit wird jetzt begonnen. Moritz Timm, der Geschäftsführer und Produktentwickler, Jeff Zeige, der Verwaltungsfachangestellter und „Allrounder“ in der Firma mit der hauptsächlichen Tätigkeit für Personal und das Sekretariat, sowie Lagerist Marcel Bähr bereiten sich auf eine schriftliche und eine mündliche Prüfung sowie ein Fachgespräch vor. Die Prüfung nimmt die IHK ab.
Die IHK hat uns bisher bei allem sehr unterstützt, insbesondere Silke Hartwig und Axel Quenzel.

Jeff Zeige

„Auch mit der Stellenausschreibung und mit der Teilnahme an Ausbildungsmessen in Strausberg und Neuhardenberg, um die passenden jungen Leute zu finden.“ Den praktischen Teil der Ausbildung absolvieren die fünf Azubis im Unternehmen in Müncheberg. Die Theorie vermittelt die Schule in Berlin (Lebensmitteltechnik), sowie die Oberstufenzentren in Fürstenwalde (Fachlagerist) und Strausberg (Büro). Positiv bewertet Unternehmer Herr Timm, dass die theoretische Latte für die Azubis nicht mehr ganz so hoch liegt, nicht nur Noten und der Schulabschluss entscheiden, ob sie einen Ausbildungsplatz bekommen. „Uns ist wichtiger, dass der Wille da ist, zu lernen und sich im Team einzubringen“, sagt Herr Timm, der glaubt, dass auch die Schule inzwischen praxisorientierter arbeitet, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken.
Flache Hierarchien und das „Du“ auch zum Chef
Beim Besuch im Unternehmen spürt man das gute Klima, hier gibt es eine flache Hierarchie, hier geht es locker und freundlich zu. Das gefällt auch den Neuen, den Azubis, die zu ihrem Chef Du sagen dürfen. Das Unternehmen gibt sich sozial, jeder bekommt seine Chance, auch Azubine Lavinia Reichel, die einen zweijährigen Sohn hat. Die praktische Ausbildung wird an ihre Lebenssituation angepasst, sie arbeitet verkürzt, dafür aber insgesamt länger. Auch die beiden Azubinen Aileen Muth (Brandenburgische Elbtalaue) und Analea Günzel (Spreewald) sind wegen der Ausbildung bei WDM in unsere Region gezogen.
Die Kommentare der Kunden, die sich im Online-Shop des Unternehmens bedienen, sind vorwiegend positiv. Einer schreibt: „Schmeckt nicht nach gekaufter Suppe.“ Die Rezepturen stammen alle von Moritz Timm, der nach seinem Studium auf dem Demeterhof Apfeltraum gelandet ist, sich später auf vegane Fertigprodukte fokussierte. „Dabei habe ich festgestellt, dass die Kunden gern etwas Exotisches mögen, weg von der klassischen Erbsensuppe hin zu Roter-Linsen-Suppe mit Curry und Kokosmilch.“ Hauptsächlich werden heute Paprika, Möhren, Kartoffeln, Süßkartoffeln, Zwiebeln und Knoblauch verarbeitet. Alles bekommt das Unternehmen geschnitten und tiefgefroren geliefert. Denn für die Rezepturen müssen alle Zutaten immer verfügbar und in gleich guter Qualität vorhanden sein. Grüne Bohnen Eintopf Brandenburger Art, Karottencremesuppe, feurige Gazpacho, Chili Con Soja, Vollkorn Milchreis (ohne Milch) oder Mais Porridge müssen so schmecken, wie es der Kunde vom letzten Einkauf kennt.
Immer auf der Suche nach neuen Rezepturen
19 verschiedene Produkte sind derzeit auf dem Markt - alles ohne Chemie und ohne Konservierungsstoffe. Im Autoklav werden die gefüllten und verschlossenen Gläser bei 121 Grad sterilisiert und damit mindestens für zwei Jahre haltbar gemacht. Immer ist Moritz Timm auf der Suche nach neuen Rezepturen. Zurzeit experimentiert er in seiner Küche an einer Gulaschsuppe mit Soja und Cashew, neu ist die Brokkolicreme-Suppe. Immer wird gemeinsam probiert, ehe das Gericht für gut befunden und in großer Menge produziert wird. Nachdem Sternekoch Björn Freitag in Müncheberg zu Besuch war, einen Film im Unternehmen gedreht und in seiner WDR-Sendung ausgestrahlt hat, ist der Online-Shop wegen der großen Nachfrage (2021) zusammengebrochen. „Das war zwar toll, aber wir brauchen im Absatz Kontinuität“, ist Moritz Timm Realist. Deshalb soll künftig auch für andere Marken, wie das nachhaltig arbeitende Unternehmen Followfood produziert werden.
FORUM/Ruth Buder

Silke Hartwig
Leiterin
Fachbereich Ausbildung