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Eine Wohnung und ein Rad für den Weg zur Arbeit
Das Gaststätten- und Hotelgewerbe leidet unter Fachkräftemangel. Um Arbeitnehmer zu finden, wird längst über Ländergrenzen hinweg geschaut. Bei Auszubildenden ebenso. Überstieg die Zahl der Bewerber die der angebotenen Plätze vor ein paar Jahren noch deutlich, hat sich das ins Gegenteil verkehrt. Zudem hat bei der nachrückenden Generation das Thema Work-Life-Balance einen hohen Stellenwert. Arbeiten in jenen Stunden, die eher der Entspannung, Familie und Freunden gelten, erscheint wenig attraktiv. Ein stabiles Personalmanagement verlangt bei Restaurant- wie Hotelbetreibern einen globalen Blick.
Konsequent für diesen Weg entschieden hat sich das Gut Klostermühle in Alt Madlitz (Oder-Spree). Hinter der Adresse für gutes Essen, Urlaube, Familienfeiern, Kuren, Tagungen und mehr steht ein Betrieb mit rund 70 Mitarbeitern, der kontinuierlich Köche, Hotel- und Restaurantfachkräfte ausbildet – aus Deutschland, aber derzeit eben zum Beispiel auch aus Marokko und Tadschikistan. Spätestens seit der Corona-Pandemie, so verrät Hoteldirektor Uwe Große, ist aus dem Team ein sehr internationales geworden. „Wir haben damit die besten Erfahrungen gemacht“, betont der 54-Jährige, der selbst schon im Ausland gearbeitet hat.
Schon im Januar beginnt die Suche
Das Gut Klostermühle setzt bei der Suche nach ausländischen Azubis auf die Zusammenarbeit mit einer Agentur. Einzukalkulieren ist dabei, dass der Prozess einiges an Zeit bindet. „Will ich im Sommer mit der Ausbildung starten, muss ich im Januar anfangen, mich zu kümmern.“ Und das in vielerlei Hinsicht. Einerseits gilt es den Auswahlprozess zu absolvieren, andererseits am Arbeitsort alles für die jungen Menschen vorzubereiten. „Das ist schon ein Unterschied, ob ein deutscher Lehrling hier anfängt, der sich mit Land, Leuten und Gesetzen auskennt, oder jemand, der aus der Fremde kommt und dann auch noch im Wesentlichen auf sich allein gestellt ist.“
Team am Herd: Köchin Diana Wegner (l) steht gern mit der Marokkanerin Ilham Kasmi in der Küche. Die Auszubildende im dritten Lehrjahr ist nicht nur beim Zubereiten von spanischen Omeletts längst sehr versiert.
Was die Bewerbungsphase anbelangt, vermittelt die Agentur in der Regel für jeden angezeigten Ausbildungsplatz zwei bis drei Bewerber. „Wir wollen immer gern eine Mischung männlich, weiblich und bei den Herkunftsländern.“ In einem ersten Video-Call mit den Kandidaten geht es zunächst vor allem um die Sprachkenntnisse und Basisfakten.
„Wenn jemand aufgrund seiner Religion nicht bereit ist, Schweinefleisch zuzubereiten oder Alkoholgläser abzuräumen, dann passt die Person nicht hierher“, weist der Direktor auf Nuancen hin. Was Einstellung und Qualifikation anbelangt, gebe es wenig Bedenken. „Sie haben alle Abitur, meist schon Referenzen, die wir natürlich checken; sie sind grundsätzlich hoch motiviert und haben die erforderliche Reife, um den Schritt hierher zu wagen.“
Mit dem Rad zur Arbeit: Sufiane Karkache und die anderen Azubis erhalten vom Arbeitgeber ein Rad für den Weg zur Klostermühle
Uwe Große macht kein Hehl daraus, dass er sich für die internationalen Azubis besonders verantwortlich fühlt. „Sie lassen ja viel zurück und es soll passen, damit die Ausbildung erfolgreich läuft.“ Im Vergleich zu Einheimischen, die es auch, aber deutlich in der Unterzahl gibt, müsse am Anfang natürlich mehr investiert werden. Das fange bei der Unterstützung in behördlichen Fragen sowie beim Besuch im Supermarkt an und höre bei der Unterbringung auf. Der Betrieb besitzt für seine Azubis ein Mehrfamilienhaus im Dorf in Alt Madlitz; die unter 18-Jährigen können auf dem Gutshof selbst wohnen. „Unsere Internationalen bekommen eine Grundausstattung samt Geschirr, Bettwäsche und Handtüchern.
Und ein Fahrrad für den gut zwei Kilometer langen Weg zur Arbeit.“ Letzteres schließe die erste Reparatur bei einer Panne ein. „Danach müssen sie aber selbstständig werden. Wir fördern und fordern.“ Jedes Jahr nimmt das Gut Klostermühle drei Azubis auf. In der Regel bekommen diese am Ende ihrer Ausbildung ein Arbeitsangebot. Viele bleiben, einige wechseln, weil Alt Madlitz und die Gemeinde Briesen keine pulsierende Großstadt sind, Berlin ein Stück entfernt ist. „Grundsätzlich ist die Ausbildung für viele das Sprungbrett nach Deutschland, wo sie arbeiten und leben wollen.“
Bleibe-Chance für alle Azubis
Was gibt`s heute?: Koch-Azubi Sufiane Karkache schreibt das Tagesmenü auf die Tafel. Er fühlt sich wohl in Alt Madlitz.
Das ist aktuell bei Sufiane Karkache nicht anders. Der Marokkaner steht am Ende seiner Ausbildung und freut sich über das Arbeitsangebot. Dem aufgeweckten jungen Mann ist anzumerken, wie wohl er sich hier fühlt. Begeistert erzählt er vom Team in der Küche, zu dem auch Mitarbeiter aus der Ukraine, Polen und Portugal zählen.
„Das klappt prima, unsere Verbindung ist die Sprache - deutsch.“ Er mag das Anrichten der Speisen, sehe gerade in den veganen und mediterranen Gerichten Bezüge zu seiner Heimat - und habe ein neues Lieblingsessen gefunden: Rinderrouladen. Für Hoteldirektor Große steht ein erfolgreicher Abschluss von Sufiane Karkache außer Frage. Er möchte ihn, wie die anderen Azubis auch, gerne halten.
FORUM/Anke Beißer
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Michael Götz
Fachberater Ausbildung/Karriere
Fachbereich Fachkräftesicherung