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Von der Filmbranche zur künstlichen Intelligenz
Nicolai Hallberg und seine Frau Delia sind in Eberswalde zuhause und haben Amadeni AI als Familienunternehmen gegründet. Ein Büro befindet sich in den eigenen vier Wänden – Ausgangspunkt für eine Arbeit, die je nach Projekt direkt vor Ort, im Co-Working-Space oder sogar aus dem Ausland stattfinden kann.
Die Arbeit bei Amadeni ist flexibel, dezentral und stets eng an den Bedürfnissen ihrer Kunden orientiert. „Wir versuchen menschlich und nahbar auch unsere Kundenbeziehungen zu pflegen. Am Ende des Tages bauen wir mit Technologie Tools und Werkzeuge für Menschen“, sagt Nicolai Hallberg.
Er kommt aus der Filmbranche. Vor etwa zehn Jahren startete er sein erstes Programmierprojekt. „Seitdem ist es ein tägliches Lernen.“ Der Fokus lag schnell auf digitalen Plattformen und Webanwendungen mit Nutzerinteraktion. „Da war KI dann der nächste logische Schritt“, berichtet der 33-Jährige. Die Gründung von Amadeni AI mit seiner Frau war die Konsequenz dieser Entwicklung. Seit zwei Jahren gibt es die Firma, seit einem Jahr läuft der Geschäftsbetrieb auf Hochtouren. Die Mission: Kleine und mittelständische Firmen fit für die Zukunft machen durch Künstliche Intelligenz – immer mit Blick auf die Menschen, die die Tools nutzen.
Bei uns bleibt immer der Mensch im Fahrersitz. Das KI-System ist ein Assistenzsystem, das Dinge vorschlägt, das unterstützt.Nicolai Hallberg, Gründer
„Unsere Arbeitsweise ist allgemein ortsungebunden, weil wir uns gegen feste Mitarbeitende entschieden haben. Wir arbeiten projektbasiert mit Selbstständigen und Partnerunternehmen aus Europa zusammen“, erläutert Nicolai Hallberg. Möglich sei dieses Modell durch eigens entwickelte Automatisierungen, die klassische Back-Office-Strukturen und damit zusätzliche Kollegen überflüssig machen. Neben dem Homeoffice-Standort in Eberswalde nutzen die jungen KI-Berater regelmäßig Co-Working-Spaces für persönlichen Austausch.
Die einzelnen Projekte umfassen in der Regel zehn bis vierzig Arbeitstage und werden in interdisziplinären Teams realisiert. Für spezifische Anforderungen – etwa im Bereich des Microsoft-Ökosystems – werden gezielt Fachkräfte mit entsprechendem Know-How eingebunden. Weil das Unternehmen für seine Vorhaben auf hochspezialisiertes Expertenwissen angewiesen ist, reicht der Talentpool vor Ort oft nicht aus. Deshalb sucht Amadeni AI gezielt bundesweit und teils international nach passenden Partnern.
Workshops am Anfang hilfreich
Am Anfang steht meist ein betriebsnahes Problem: Medienbrüche, manuelle Routinearbeiten oder ausufernde Excel-Tabellen sowie veraltete Software. „Üblicherweise kommen Kunden zu uns mit einem Problem“, erläutert der IT-Experte. Zunächst werden bestehende Prozesse analysiert, dann individuelle Lösungen entwickelt. Möglichst früh werden Prototypen vorgestellt und gemeinsam im Alltag getestet. „Wir kommen ab der ersten Woche mit einem Prototyp, den die Kunden dann testen können, und arbeiten das gemeinsam weiter aus.“
Gerade am Anfang seien Workshops beim Kunden hilfreich, um Stakeholder und Anwender einzubinden. Im weiteren Verlauf kommuniziere das Unternehmerpaar mit Kunden und Partnern vor allem virtuell, da regelmäßige Absprachen entscheidend für den Prozess sind, und so niemand aus den alltäglichen Arbeitsprozessen beispielsweise durch Anfahrtszeiten ausbrechen müsse. „Außerdem können wir dadurch sehr schnell nachsteuern, wenn irgendwas fehlt oder nicht in die richtige Richtung geht“, führt Hallberg aus.
Delia Hallberg spricht mit dem Geschäftsführer der P+R Gerätetechnik Dr. Paul Fürstmann in Schwedt über den Ablauf eines bevorstehenden Anforderungsworkshops.
Künstliche Intelligenz als Brückenbauer
Kern vieler Projekte ist die Überwindung von Medienbrüchen. Immer noch übertragen in Firmen Menschen per Excel Daten von A nach B oder eingekaufte Softwarelösungen kommunizieren nicht miteinander – das soll mit KI anders werden. Ein Beispiel: Für einen Verband, der bisher manuell Pressespiegel erstellt hat und dafür regelmäßig Webseiten nach aktuellen Informationen absuchen musste, automatisiert Amadeni AI die Erstellung mit automatisierter Informationssuche und Berichterstellung. Dadurch sei die Zeitersparnis enorm. Auch in der Filmwirtschaft wurden bereits tausende Lizenzverträge mit KI analysiert: „Da kann man die Dokumente automatisiert auswerten und Informationen von der KI rausziehen lassen.“
Allgemein arbeite die Firma hauptsächlich mit Large Language Models (durch Textdaten trainierte KI) von allen Anbietern, darunter auch viele Open-Source-Tools. Im Fokus stehe dabei Wissensmanagement durch KI, ergänzt mit innovativer Softwareentwicklung. Für den Social-Media-Auftritt des Unternehmens erstellt Nicolai Hallberg auch KI-gestützte Videos – als Spaß.
Der Mensch bleibt Entscheider
Künstliche Intelligenz ist für den Familienvater immer ein Assistenzsystem. Sie macht Vorschläge, automatisiert Vorgänge, die Kontrolle bleibt aber beim Menschen. „Bei uns bleibt immer der Mensch im Fahrersitz. Das KI-System ist ein Assistenzsystem, das Dinge vorschlägt, das unterstützt. Aber die eigentliche Entscheidung treffen, die E-Mail abschicken, was es auch sei, die soll aus unserer Sicht immer der Mensch treffen“, betont er.
Beim Design der Nutzeroberflächen wird Wert auf Nachvollziehbarkeit gelegt: „Wir machen es durch das Interface und die Art, wie wir das Tool entwickeln, so einfach wie möglich, die Übersicht zu behalten und nachvollziehen zu können, worauf eine Information basiert.“ Entscheidungen über Menschen sollen immer dem Menschen vorbehalten bleiben.
Die Nutzer sollen sich sicher fühlen und jederzeit die Kontrolle behalten. Mit KI verändern sich die Anforderungen in Unternehmen. „Ich glaube, heutzutage ist mehr denn je ein gewisses Medienbewusstsein beziehungsweise Medienkompetenz wichtig.“ Viele werden künftig Managementfunktionen übernehmen, um Assistenzsysteme sinnvoll zu steuern. Amadeni AI bietet hier auch Schulungen an, um Mitarbeitenden den Umgang mit KI beizubringen und für Potenziale und Gefahren zu sensibilisieren.
Die Bereitschaft, KI zu nutzen, sei im Mittelstand deutlich gestiegen. „Die Offenheit und das Interesse wachsen, und viele Unternehmen sind jetzt bereit, Schritte zu gehen.“ Förderprogramme erleichtern den Einstieg, und Projektphasen werden den Bedürfnissen angepasst – vom Minimalprototyp bis zur Komplettlösung. „Unternehmen sollten den Mut fassen, KI einzusetzen. Denn man lernt nur im praktischen Umgang wirklich, was möglich ist und wie man die Potenziale nutzt.“
Neue Ideen in der Freizeit
Ständige Weiterbildung ist für Nicolai Hallberg selbstverständlich. „Ich bin eigentlich täglich mindestens eine Stunde damit beschäftigt, mich zu informieren. Denn bahnbrechende Innovationen überschlagen sich in den letzten Monaten.“ Austausch mit anderen Unternehmen über Meetups oder in der IHK belebt den Alltag.
Auch privat lässt ihn das Thema nicht los. Viele Ideen entstehen bei den von ihm scherzhaft „Recreational Programming“ genannten Freizeitprojekten, um neue Ideen testen zu können und so den neuesten Stand der Technik direkt in Projekte einfließen zu lassen. Für die Zukunft hat Hallberg klare Vorstellungen: Ein Assistenzsystem, das auf der eigenen Infrastruktur läuft und klassische Büroarbeiten organisiert: „Ich hätte sehr gerne, dass KI die Menschen im Büroalltag so entlastet, dass sie wieder Zeit haben, sich auf Zwischenmenschliches zu fokussieren, und um wieder Spaß bei der Arbeit zu haben, statt redundante Arbeitsschritte auszuführen.“
FORUM/Annika Funk
Künstliche Intelligenz (KI) wird zunehmend zum Werkzeug in Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistung. Um in Zukunft wettbewerbsfähig zu bleiben, ist es für Betriebe wichtig, KI in ihre Prozesse zu integrieren. Doch das allein reicht nicht: Es braucht auch Fachleute, die KI überwachen und anwenden. Dabei ist der verantwortungsvolle Umgang mit KI zu wahren – indem Chancen und Risiken gleichermaßen bedacht und ethische Standards eingehalten werden. Gemeinsam mit der Märkischen Oderzeitung und der IHK Ostbrandenburg stellen wir Unternehmen vor, die Künstliche Intelligenz zukunftsorientiert einsetzen.
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Jens Jankowsky
Referent Innovation/Energie
Geschäftsbereich Wirtschaftspolitik