Corona-Themen für Unternehmer
Coronavirus: Informationen zur Ausbildung
Information zur Ausbildung: Ist Homeoffice möglich? Müssen Azubis Urlaub nehmen, wenn der Betrieb es fordert? Wie sieht es mit Kurzarbeit und Überstunden aus? Wie kann der Schulstoff nachgeholt werden? Die häufigsten Fragen und Antworten zur Ausbildung.
- Wie wirkt sich die Aussetzung der Präsenzpflicht an meiner Berufsschule auf meine Ausbildung aus?
- Werden in den Berufsschulen kostenlose Schnelltests angeboten?
- Müssen sich auch Geimpfte und Genesene weiterhin für den Schulbesuch testen lassen?
- Müssen Arbeitgeber weiterhin zwei kostenlose Tests pro Woche anbieten?
- Gilt die Lohnfortzahlung bei Quarantäne wegen eines Coronafalles in der Berufsschulklasse?
- Dürfen Auszubildende vorübergehend im Home Office arbeiten?
- Verlängert sich die Ausbildung, wenn die Ausbildungsprüfung verschoben wird?
- Was passiert, wenn die Abschlussprüfungen über die Zeit der zwei- bzw. dreijährigen Ausbildung hinaus verschoben werden muss?
- Kann die Probezeit der Auszubildenden verlängert werden, wenn die Ausbildung während der Probezeit Corona-bedingt unterbrochen werden muss oder nur eingeschränkt möglich ist?
- Ist ein Auszubildender berechtigt, auf Grund der mit der Corona-Pandemie einhergehenden Ansteckungsgefahr der betrieblichen Ausbildung fernzubleiben?
- Muss ich in den Ausbildungsbetrieb, wenn die Berufsschule geschlossen hat?
- Ist der Betrieb verpflichtet mir die Zeit für die Bearbeitung der Berufsschulinhalte (Online-Unterricht, zu bearbeitende Aufgaben) einzuräumen und muss er mich dafür freistellen, vorausgesetzt die Berufsschule stellt Lerninhalte zur Verfügung?
- Was ist, wenn ich nicht über die notwendige Ausstattung (PC, Internetzugang, Drucker etc.) für die Teilnahme am Online-Unterricht verfüge?
- Wie wird mit den Fehlzeiten umgegangen, wenn Auszubildende vom Betrieb für längere bzw. auf unbestimmte Zeit nach Hause geschickt werden? Sind diese relevant für die Abschlussprüfung?
- Kann der Auszubildende in den (Zwangs-)Urlaub geschickt werden bzw. Betriebsurlaub anordnen?
- Darf der Auszubildende freigestellt werden?
- Kann für Auszubildende Kurzarbeit angeordnet werden?
- Kann die Verbundausbildung eine Lösung sein?
- Kann die Ausbildung während Kurzarbeit im Betrieb weiter erfolgen bzw. kann für Ausbilder*innen Kurzarbeit angeordnet werden?
- Mein Betrieb wurde durch die Behörden geschlossen. Wie soll ich nun ausbilden?
- Wir haben kaum Aufträge. Kann mein Auszubildender seine Stunden reduzieren?
- Darf einem Auszubildenden mangels Aufträgen, behördlich angeordneter Betriebsschließung, Kurzarbeit oder drohender Insolvenz gekündigt werden?
- Was bedeutet eine Insolvenz für das Ausbildungsverhältnis?
- Kündigung, wie geht es mit der Berufsschule weiter?
Wie wirkt sich die Aussetzung der Präsenzpflicht an meiner Berufsschule auf meine Ausbildung aus?
Die Aussetzung der Präsenzpflicht heißt nicht unmittelbar Ausfall der Berufsschule. Auch wenn kein Distanzunterricht erfolgt, werden Aufgaben zur Bearbeitung verteilt. Im Falle, dass Auszubildende die Präsenz an den Berufsschulen ablehnen, können Ausbildungsunternehmen die Auszubildenden in den Betrieb bestellen. So haben sie einen Überblick über die Aufgaben, können ggf. betriebliche Aufgaben erteilen oder bei dem Schulstoff unterstützen. Das freiwillige Fernbleiben vom Präsenzunterricht nach den Winterferien wird auf dem Zeugnis als entschuldigte Fehlzeit erfasst. Solang Auszubildende auch ohne Präsenzunterricht den geplanten Schulstoff erlernen, werden diese Fehlzeiten bei der Prüfungszulassung nicht berücksichtigt. Wichtig zu wissen ist, dass trotz Aussetzen der Präsenzpflicht eine Ausbildungs- und/oder Lernpflicht besteht.
Werden in den Berufsschulen kostenlose Schnelltests angeboten?
Die Berufsschulen unterfallen dem Schulgesetz, deshalb gilt hinsichtlich der Tests das gleiche wie bei den allgemeinbildenden Schulen, d.h. Test werden in der Schule kostenfrei angeboten und sind Voraussetzung für die Teilnahme am Präsenzunterricht.
Müssen sich auch Geimpfte und Genesene weiterhin für den Schulbesuch testen lassen?
Geimpfte und Genesene sind von der Testpflicht befreit.
Müssen Arbeitgeber weiterhin zwei kostenlose Tests pro Woche anbieten?
Ja, gem. § 4 der aktuellen Corona-ArbSchV sowie § 22 der Dritten SARS-CoV-2-Infektionsschutzmaßnahmenverordnung Berlin.
Gilt die Lohnfortzahlung bei Quarantäne wegen eines Coronafalles in der Berufsschulklasse?
Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber gibt es nur im Krankheitsfall. Bei Quarantäneanordnung für Kontaktpersonen ohne dass diese selbst erkrankt sind, hilft die Quarantäneentschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz. Der Arbeitgeber zahlt dabei den Lohn an den Arbeitnehmer weiter, kann sich die erfolgte Lohnzahlung sodann als Quarantäneentschädigung vom Land zurückholen. Die Neuregelung des § 56 Abs. 1 S. 4 Infektionsschutzgesetz sieht jedoch vor, dass eine Entschädigung nicht erhält, wer (u.a.) durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung, die gesetzlich vorgeschrieben oder öffentlich empfohlen wurde, eine Absonderung hätte vermeiden können. Die Corona-Schutzimpfung wird durch die StiKo empfohlen. Da zudem nunmehr jedem (Kinder ausgeschlossen) ein Impfangebot unterbreitet werden konnte, sind die ersten Bundesländer dazu übergegangen, eine Quarantäneentschädigung mit Blick auf § 56 Abs. 1 S. 4 Infektionsschutzgesetz für Ungeimpfte abzulehnen. Zudem haben sich die Länder jüngst auf eine bundeseinheitliche Linie verständigt. Spätestens ab dem 1. November wird es für nicht selbst infizierte, ungeimpfte Beschäftigte im Falle einer Quarantäneanordnung keine Quarantäneentschädigung durch das Land – und damit durch die Steuerzahler – mehr geben. Der Arbeitgeber wird den Lohn für die Dauer der Quarantäneanordnung dann gar nicht erst an den Arbeitnehmer auszahlen (müssen).
Dürfen Auszubildende vorübergehend im Home Office arbeiten?
Grundsätzlich sollten Azubis nicht im Homeoffice arbeiten. Aufgrund der derzeitigen Umstände ist es jedoch vertretbar, dass Azubis im Homeoffice arbeiten, wenn Sie dies betrieblich ermöglichen können. Auch im Homeoffice sind Azubis auszubilden und anzuleiten. Ausbilder müssen ihnen als Ansprechpartner zur Verfügung stehen und dabei über die Kommunikationssoftware dieselben Einwirkungs- und Kontrollmöglichkeiten haben wie bei der Ausbildung im Betrieb. Halten Sie deshalb Kontakt mit den Azubis, erteilen Sie konkrete Arbeitsaufträge und kommunizieren miteinander, insbesondere darüber, wie sich die Ausbildungsfortschritte gestalten. Das Ausbildungsunternehmen muss in diesem Zusammenhang sicherstellen, dass eine geeignete digitale Infrastruktur, die Kommunikation und Arbeiten über das Internet einschränkungslos ermöglicht, vorhanden ist.
Der Umfang des Mobilien Arbeiten hängt grundsätzlich vom Berufsbild und vom Ausbildungskonzept des Ausbildungsbetriebes ab und ist im Bereich der kaufmännischen Berufe eher umsetzbar als bei den gewerblich technischen Berufen.
Aufgrund der neuen Corona-Arbeitsschutzverordnung sind Arbeitgeber verpflichtet, den Beschäftigten zu ermöglichen, alle geeigneten Tätigkeiten in ihrer Wohnung (Homeoffice) auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen. Bei Auszubildenden und Ausbildern können solche zwingenden betriebsbedingten Gründe grundsätzlich vorgebracht werden, denn das Berufsbildungsgesetz geht von einer unmittelbaren Vermittlung der Ausbildungsinhalte in der Ausbildungsstätte aus.
Verlängert sich die Ausbildung, wenn die Ausbildungsprüfung verschoben wird?
Nein, die Ausbildungsdauer verlängert sich nicht.
Die Ausbildung endet laut Gesetz mit dem Ablauf der Ausbildungsdauer (in der Regel zwei oder drei Jahre), also mit Ablauf des im Ausbildungsvertrag vereinbarten letzten Ausbildungstages. In der Regel bestehen Auszubildende aber vor Ablauf der vereinbarten Ausbildungsdauer die Abschlussprüfung.
Im Falle des Bestehens der Abschlussprüfung, endet das Berufsausbildungsverhältnis mit Bekanntgabe des Ergebnisses.
Im Falle des Nichtbestehens der Abschlussprüfung, endet das Berufsausbildungsverhältnis mit Ablauf des im Ausbildungsvertrag vereinbarten letzten Ausbildungstages
Die Verschiebung der schriftlichen Prüfungen von April auf Juni bewirkt, dass in vielen Fällen auch die mündlichen und praktischen Prüfungen, welche in der Regel als letzte Prüfungsleistung abgenommen werden, später durchgeführt werden. Die Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses wird deshalb voraussichtlich auch erst etwas später als in den Vorjahren erfolgen können. Bis dahin läuft das bestehende Ausbildungsverhältnis weiter, längstens bis zum vertraglich vereinbarten Enddatum.
Auf Antrag des Azubis bei der IHK kann jedoch eine Verlängerung der Ausbildungszeit beantragt werden. Voraussetzung: Die Verlängerung ist erforderlich, um das Ausbildungsziel zu erreichen. Diese kann bei einer längeren Corona-bedingten Ausfallzeit der Berufsausbildung im Betrieb oder in der Berufsschule durchaus der Fall sein.
Was passiert, wenn die Abschlussprüfungen über die Zeit der zwei- bzw. dreijährigen Ausbildung hinaus verschoben werden muss?
Sollte die Ausbildung mit Ablauf des Ausbildungsvertrages vor dem Ablegen der letzten Prüfungsleistung enden, kann der Prüfling einen
Antrag auf Verlängerung (PDF-Datei · 660 KB) seines Ausbildungsvertrages nach § 21 Abs. 3 BBiG stellen. Zwar liegt kein Fall des Nichtbestehens vor, aber die unverschuldete Prüfungsverschiebung wird entsprechend berücksichtigt. Die IHK wird dann den Ausbildungsvertrag um die Zeitdauer verlängern, die zum Ablegen der Abschlussprüfung erforderlich ist.
Kann die Probezeit der Auszubildenden verlängert werden, wenn die Ausbildung während der Probezeit Corona-bedingt unterbrochen werden muss oder nur eingeschränkt möglich ist?
Grundsätzlich muss die Probezeit mindestens einen Monat und darf höchstens vier Monate betragen (§ 20 BBiG).
Die Probezeit verlängert sich nicht automatisch bei Ausfall der Ausbildung um die Dauer der Unterbrechung. Wird die Ausbildung während der Probezeit um mehr als ein Drittel dieser Zeit unterbrochen, kann jedoch die Probezeit vertraglich um den Zeitraum der Unterbrechung verlängert werden.
Die Vertragsparteien können sich auf eine solche Vereinbarung etwa dann nicht berufen, wenn die Unterbrechung der Ausbildung selbst vertragswidrig herbeigeführt wurde.
Ist ein Auszubildender berechtigt, auf Grund der mit der Corona-Pandemie einhergehenden Ansteckungsgefahr der betrieblichen Ausbildung fernzubleiben?
Grundsätzlich darf ein Auszubildender die betriebliche Ausbildung nicht verweigern, weil die Ansteckungsgefahr bei der Arbeit oder auf dem Weg dorthin erhöht sein könnte.
Insbesondere ist jedes eigenmächtige Fernbleiben des Auszubildenden von der betrieblichen oder schulischen Ausbildung ein Verstoß gegen seine vertragliche und gesetzliche Verpflichtung, sich zu bemühen, die berufliche Handlungsfähigkeit zu erwerben und kann sowohl arbeitsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen als auch die Zulassung zur Abschlussprüfung wegen Fehlzeiten gefährden. Ein Fernbleiben von der Ausbildung ist deshalb nur im Einvernehmen mit dem Ausbildenden möglich oder sofern ein behördliches Verbot bzw. ein gesetzlicher/vertraglicher Anspruch darauf besteht.
Muss ich in den Ausbildungsbetrieb, wenn die Berufsschule geschlossen hat?
Ja. Denn Auszubildende sind gemäß § 9 Abs. 1 des Jugendarbeitsschutzgesetzes (JArbSchG) bzw. § 15 Abs. 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) nur für die Teilnahme am Berufsschulunterricht von der Ausbildung freigestellt. Die Freistellung der Auszubildenden durch ihre Ausbildenden endet jedoch, wenn ein Besuch der Berufsschule unterbleiben muss.
Auch wenn die Berufsschule als Ersatz einen Online-Unterricht anbietet, darf der Auszubildende nicht einfach zu Hause bleiben. Die Entscheidung darüber, ob der Auszubildende am Online-Unterricht im Betrieb oder an anderer Stelle teilnimmt, trifft der Betrieb. Im Idealfall natürlich in Abstimmung mit dem Auszubildenden.
Ist der Betrieb verpflichtet mir die Zeit für die Bearbeitung der Berufsschulinhalte (Online-Unterricht, zu bearbeitende Aufgaben) einzuräumen und muss er mich dafür freistellen, vorausgesetzt die Berufsschule stellt Lerninhalte zur Verfügung?
Der Betrieb ist verpflichtet den Auszubildenden für die Teilnahme am Online-Berufsschulunterricht bzw. für die Erarbeitung der schulischen Aufgaben die erforderliche Zeit einzuräumen und dafür in dem nötigen zeitlichen Umfang freizustellen, unabhängig davon, ob die Bearbeitung im Betrieb oder zu Hause erfolgt.
Auch der Online-Unterricht ist auf die betriebliche Arbeitszeit entsprechend der gesetzlichen Regelung (§ 15 BBiG) anzurechnen. Da die Berufsschulen angehalten sind, die Wochenstundentafel auch im Online-Unterricht abzubilden, wird die Anrechnung der Berufsschulunterrichtszeit in der Regel in dem gewohnten Umfang erfolgen.
Was ist, wenn ich nicht über die notwendige Ausstattung (PC, Internetzugang, Drucker etc.) für die Teilnahme am Online-Unterricht verfüge?
In erster Linie sind hier die Berufsschulen in der Verantwortung die Erreichbarkeit und Beschulung aller Berufsschüler:innen sicherzustellen. Teilweise stellen sie PCs zur Verfügung oder bieten einzelne Computerarbeitsplätze in der Schule oder die Abholung der Unterrichtsmaterialen an.
Wenn im Betrieb eine geeignete technische Ausstattung für den Online-Unterricht vorhanden ist, kann es sinnvoll sein, dass der Azubi im Betrieb am Online-Unterricht teilnimmt.
Verlangt der Betrieb sogar die Teilnahme am Online-Unterricht vom Betrieb aus, muss er einen entsprechend ausgestatteten Arbeitsplatz zur Verfügung stellen, an dem der Auszubildende ungestört lernen kann.
Wie wird mit den Fehlzeiten umgegangen, wenn Auszubildende vom Betrieb für längere bzw. auf unbestimmte Zeit nach Hause geschickt werden? Sind diese relevant für die Abschlussprüfung?
Auch in diesem Fall handelt es sich um Fehlzeiten, die für die Zulassung zur Abschlussprüfung relevant sind (§ 43 Abs. 1 Nr. 1 Hs. 1 BBiG). Dabei ist es unerheblich, ob der Auszubildende diese zu vertreten hat.
Ein Richtwert für die Zulassung zur Abschlussprüfung ist für die zuständige IHK, ob die Abwesenheit einen Wert von zehn Prozent der vertraglichen Ausbildungszeit übersteigt. Sollte dies der Fall sein, kann die Fehlzeit dennoch als geringfügig eingestuft werden. Voraussetzung dafür ist, dass der Auszubildende trotz der Fehlzeiten den erforderlichen Leistungsstand besitzt, um das Ausbildungsziel zu erreichen. Generell sind bei der Beurteilung immer die Umstände des Einzelfalls zu betrachten. Dabei wird nicht unterschieden, ob Berufsschulzeit oder Ausbildungszeit im Betrieb ausfällt. Dies gilt auch bei Kurzarbeit.
Tipp:
Dokumentieren Sie genau, welche Ausbildungsinhalte versäumt wurden und holen Sie diese sobald wie möglich nach. Darüber ist ein Nachweis zu erbringen. Bei länger andauernden Ausfällen besteht die Möglichkeit einen Antrag auf Verlängerung der Ausbildungsdauer nach § 8 Abs. 2 BBiG bei der zuständigen IHK zu stellen.
Kann der Auszubildende in den (Zwangs-)Urlaub geschickt werden bzw. Betriebsurlaub anordnen?
Auszubildende können nicht pauschal in “Zwangsurlaub” geschickt werden. Urlaub muss der Auszubildende beantragen und er kann nicht gegen dessen Willen einfach angeordnet werden. Der Auszubildende selbst oder auch der Betriebsrat können eine Vereinbarung mit der Unternehmensleitung treffen. Hier zählt der Einzelfall.
Betriebsurlaub kann vom Ausbildenden im Rahmen seines Direktionsrechtes nach den Grundsätzen der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeordnet werden. Es muss sich dann um eine generelle Regelung für den gesamten Ausbildungsbetrieb oder zumindest für organisatorisch klar abgegrenzte Betriebsteile handeln, auf die sich die betriebliche Sondersituation auswirkt.
Darf der Auszubildende freigestellt werden?
Eine Freistellung von Auszubildenden widerspricht grundsätzlich der vertraglichen und gesetzlichen Verpflichtung des Ausbildenden, Auszubildenden die berufliche Handlungsfähigkeit zu vermitteln. Sie kommt deshalb nur im Ausnahmefall oder bei gesetzlich vorgeschriebenen Freistellungen (z.B. § 15 Abs. 1 BBiG) in Betracht. Die Pflicht zur Fortzahlung der Ausbildungsvergütung besteht bei Freistellungen weiter.
Stellen Ausbildende Auszubildende von der Ausbildung frei und entstehen diesen dadurch Nachteile oder Lücken in der Ausbildung, welche zur Nichtzulassung zur Abschlussprüfung oder zum Nichtbestehen der Abschlussprüfung führen, sind Ausbildende im Einzelfall schadenersatzpflichtig.
Tipp der IHK: Versuchen Sie, Ausbildungsinhalte aus anderen Abteilungen vorzuziehen. Wenn das nicht geht, können Sie Ihrem Auszubildenden ein Projekt für die Erarbeitung zu Hause übergeben, das den Betrieb nach Wiedereröffnung voranbringt. Auch zusätzliche Lernzeit für die Berufsschule ist eine Möglichkeit, die Zeit jetzt sinnvoll zu nutzen.
Kann für Auszubildende Kurzarbeit angeordnet werden?
Auszubildenden gegenüber kann in der Regel keine Kurzarbeit angeordnet werden. Der Ausbildungsbetrieb ist dazu verpflichtet, alle Mittel auszuschöpfen, um die Ausbildung weiter zu gewährleisten. Hierbei hat er beispielsweise folgende Möglichkeiten:
- Umstellung des Ausbildungsplans durch Vorziehen anderer Lerninhalte
Beispiele:
- Vorziehen fachtheoretischer Lerninhalte: Die OSZs stellen -i. d. R. über Lernplattformen – Aufgaben und Inhalte zur Verfügung.
- Strategien für die Verkaufsförderung ausarbeiten, Warenbestandskontrolle, Preiskalkulationen durchführen etc.
- Versetzung in eine andere Abteilung
- Durchführung besonderer Ausbildungsformen
Beispiele:
- Durchführung von Projektarbeiten
- Nutzung diverser Lernplattformen. Ein Beispiel der IHK-Organisation finden Sie hier (PDF-Datei · 2402 KB) und viele weitere auf der Weiterbildungsdatenbank.
- Ausarbeitungen von Handouts / Anleitungen, die inhaltlich mit dem Ausbildungsplan korrespondieren und im Nachgang allen Mitarbeitern zur Verfügung gestellt werden können (z. B. für Office-Anwendungen, Handling von speziellen Warengruppen etc.)
Hinweis der IHK: Einige der o.a. Tipps, können auch gut im Homeoffice (Fernzugriff auf die unternehmensinterne IT-Infrastruktur) oder in betrieblich angeordneten Lernphasen von zu Hause durchgeführt werden, soweit dort ausbildungsrelevante Tätigkeiten verübt werden können und der Ausbilder mit dem Auszubildenden in Kontakt steht. Das ist entsprechend im Berichtsheft festzuhalten.
Erst wenn alle Möglichkeiten ausgeschöpft sind, kann Kurzarbeit auch für Auszubildende in Frage kommen. Diese Option ist allerdings restriktiv zu handhaben.
Sollte Auszubildenden gegenüber Kurzarbeit angeordnet werden, haben sie Anspruch auf Zahlung der vollen Ausbildungsvergütung für mindestens sechs Wochen (§ 19 Abs. 1 Nr. 2 BBiG). Abweichend von der gesetzlichen Mindestdauer können Ausbildungs- und Tarifverträge längere Fristen vorsehen. Erst danach kann über die verantwortliche Agentur für Arbeit Kurzarbeitergeld beansprucht werden.
Tipp der IHK: Eine Lösung zur Reduzierung der finanziellen Belastung der Ausbildungsbetriebe durch die in voller Höhe fortzuzahlende Ausbildungsvergütung und gleichzeitig zum Erhalt des Ausbildungsplatzes für Auszubildende kann die Teilzeitausbildung nach § 7a BBiG sein.
Mit einer Vertragsänderung kann die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit um bis zu 50 Prozent verkürzt und die Vergütung entsprechend gekürzt werden. Allerdings verlängert sich das Ende der vertraglich vereinbarten Ausbildungszeit um die Zeit, welche durch die Reduzierung der Ausbildungszeit insgesamt nicht für die Vermittlung der beruflichen Handlungsfähigkeit zur Verfügung steht (§ 7a Abs. 2 BBiG).
Vertiefte Informationen zum Thema Kurzarbeitergeld in der Ausbildung erhalten Sie
hier. (PDF-Datei · 133 KB)
Kann die Verbundausbildung eine Lösung sein?
Ja, denn in vielen Branchen und Unternehmen Berlins ist die Ausbildung eigener Fachkräfte derzeit nur eingeschränkt möglich. Ein Ausweg könnte das Modell Verbundausbildung bieten. Hierbei übernehmen andere Unternehmen oder Dienstleister bestimmte Ausbildungsinhalte.
Für die selbstständige Anbahnung von Verbundausbildungen steht allen Unternehmen das online-Angebot Marktplatz-Verbundausbildung.de zur Verfügung. Hier können Sie Ihr Unternehmen registrieren, wenn Sie selbst als Verbundpartner für andere Unternehmen zur Verfügung stehen wollen oder eben nach Ausbildungspartnern mittels Beruf oder Schlagwort suchen.
Hier gelangen Sie zum Marktplatz.
Für die persönliche Unterstützung (z.B. Kooperationsvertrag, Förderantrag) steht Ihnen das Team der
Verbundberatung Berlin zur Verfügung.
Kann die Ausbildung während Kurzarbeit im Betrieb weiter erfolgen bzw. kann für Ausbilder*innen Kurzarbeit angeordnet werden?
Im Fall von Kurzarbeit kann die Ausbildung grundsätzlich weiter betrieben werden.
Allerdings muss dann auch das Ausbildungspersonal von der Kurzarbeit ausgenommen werden oder so eingeteilt werden, dass sich in Kurzarbeit befindliche Ausbilder bzw. Ausbildungsgehilfen die Ausbildungs-zeit so aufteilen, dass Auszubildende weiterhin in Voll-zeit ausgebildet werden können. Hierzu ist erforderlichenfalls auch der betriebliche Ausbildungsplan umzustellen.
Mein Betrieb wurde durch die Behörden geschlossen. Wie soll ich nun ausbilden?
Sollte der Betrieb komplett geschlossen und eine Umsetzung in eine andere Abteilung nicht möglich sein, können Sie Ihrem Azubi Ausbildungsinhalte für die Erarbeitung zu Hause geben. Allerdings darf dies keine ausbildungsfremde Tätigkeit sein. Auch zusätzliche Lernzeit für die Berufsschule ist eine Möglichkeit, die Zeit jetzt sinnvoll zu nutzen.
Wir haben kaum Aufträge. Kann mein Auszubildender seine Stunden reduzieren?
Sprechen Sie mit Ihrem Azubi über die Situation. Sie können mit ihm durch eine Änderung des Ausbildungsvertrages eine Teilzeitberufsausbildung nach § 7a BBiG vereinbaren und dadurch die tägliche oder wöchentliche Ausbildungszeit um bis zu 50 Prozent reduzieren. Die Ausbildungsvergütung kann entsprechend gekürzt werden (§ 17 Abs. 5 BBiG). Allerdings verlängert sich dann die vertraglich vereinbarte Ausbildungsdauer entsprechend.
Darf einem Auszubildenden mangels Aufträgen, behördlich angeordneter Betriebsschließung, Kurzarbeit oder drohender Insolvenz gekündigt werden?
Ein Mangel an Aufträgen, eine behördlich angeordnete Betriebsschließung, Kurzarbeit oder eine drohende Insolvenz sind grundsätzlich keine Gründe für eine Kündigung.
Sollte der Ausbildungsbetrieb jedoch für längere Zeit vollständig zum Erliegen kommen und ist auch auf absehbare Zeit keine Perspektive gegeben, dass eine Besserung der Umstände eintritt und die Ausbildung wieder aufgenommen werden könnte, ist ein wichtiger Grund zur Kündigung des Berufsausbildungsverhältnisses gegeben. Unter diesen Umständen kann die berufliche Handlungsfähigkeit nicht mehr vermittelt werden.
Durch die dadurch weggefallene Ausbildungseignung des Betriebes, ist eine Kündigung des/der Auszubildenden möglich, ohne dass ein Schadensersatzanspruch entsteht. Der Ausbildende ist aber dazu verpflichtet, sich rechtzeitig mit der zuständigen Agentur für Arbeit um einen anderen Ausbildungsbetrieb für den Auszubildenden zu bemühen.
Was bedeutet eine Insolvenz für das Ausbildungsverhältnis?
Weder eine drohende Insolvenz noch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben direkte Auswirkungen auf den Ausbildungsvertrag. Sollte ein Insolvenzverfahren eröffnet werden, tritt allerdings in der Regel der Insolvenzverwalter an die Stelle des Ausbildenden (im Falle der Eigenverwaltung der sog. eigenverwaltende Schuldner). Alle aus dem Ausbildungsvertrag bestehenden Ansprüche sind an ihn zu richten.
Der Ausbildende bzw. der Insolvenzverwalter sind dazu verpflichtet, die aus dem Ausbildungsverhältnis resultierenden Pflichten weiter zu erfüllen. Hierzu zählt insbesondere die Zahlung der vereinbarten Ausbildungsvergütung. Ausbildender und Auszubildender können sich auf eine Kürzung der Ausbildungsvergütung einigen. Die Ausbildungsvergütung muss jedoch weiterhin angemessen und höher als die gezahlte Vergütung des vorhergehenden Jahres sein (§ 17 Abs. 1 BBiG).
Wird im Zuge des Insolvenzverfahrens das Unternehmen, zum Beispiel durch Kauf, vollständig auf eine andere Person übertragen, tritt diese in die Rechte und Pflichten aus dem Berufsausbildungsverhältnis ein.
Kündigung, wie geht es mit der Berufsschule weiter?
Nach der
Berufsschulverordnung (§ 12 Abs. 4) können Schülerinnen und Schüler, deren Berufsausbildungsverhältnis gekündigt wurde, auf Antrag bis zum Ende des laufenden Schuljahres an der bisherigen Berufsschule verbleiben.
Wichtig ist aber, dass sich Auszubildende schnellstmöglich einen neuen Ausbildungsplatz suchen, denn der Zeitraum in dem keine betriebliche Ausbildung stattfinden kann, wird bei der Zulassung zur Prüfung als Fehlzeit gewertet. Das kann dazu führen, dass die Auszubildenden nicht zur eingeplanten Prüfung zugelassen werden können. Mehr zum Thema
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