IHK Ostwürttemberg und Handwerkskammer Ulm warnen 4.5.2023

LKW-Maut auf Landesstraßen wäre ein grober Standortnachteil für die Region

Die Landesregierung Baden-Württemberg diskutiert aktuell die Ausweitung der Lkw-Maut auf Landes- und Kommunalstraßen. Die Handwerkskammer Ulm sowie die IHK Ostwürttemberg sprechen sich einmütig gegen eine solche Ausweitung der Lkw-Maut aus. Die beiden Hauptgeschäftsführer Dr. Tobias Mehlich sowie Thilo Rentschler haben sich über mögliche Auswirkungen ausgetauscht.
Sinn der ausgedehnten Lkw-Maut soll sein, eine Verkehrsverlagerung von der Straße auf die Schiene oder die Wasserstraße zu erreichen.
„Aufgrund der fehlenden Infrastruktur beispielsweise in Form einer Zweigleisigkeit der Brenzbahn ist aktuell eine gewünschte Verkehrsverlagerung durch die Maut kaum möglich“,
erklärt IHK-Hauptgeschäftsführer Thilo Rentschler. Eine Maut auf Landesstraßen bringe vielmehr die Gefahr mit sich, dass größere Umwege gefahren werden, um eine zusätzliche Abgabe und somit Verteuerung der Transportkosten zu vermeiden.
„Lkw werden durch die Maut vermehrt auf Strecken außerhalb von Baden-Württemberg zwischen Dinkelsbühl und Ulm ausweichen. Dies führt zu einem höheren CO2-Ausstoß als notwendig“,
erläutert Rentschler weiter. Alexander Paluch, Verkehrsreferent der IHK Ostwürttemberg, verweist zudem auf die im November 2022 verabschiedeten verkehrspolitischen Positionen, in  denen eine Maut auf Landes-, Kreis- und Kommunalstraßen abgelehnt wurde.
Nicht alle Unternehmen könnten jedoch die Maut durch andere Routenwahl umgehen. Vielfach ist das Nutzen von Kreis- und kommunalen Straßen auch nicht angezeigt.
„Kunden von Handwerks- und Industriebetrieben, Dienstleistern und Händlern in und aus der Region müssen erreichbar sein – ohne zusätzliche Kosten durch eine Maut“,
sagt Rentschler.
„So eine Maut passt nicht zum Handwerk. Wir sind dafür der falsche Adressat. Unsere Handwerksbetriebe transportieren keine Güter über die Straße, sie fahren direkt zum Kunden, um ihre Leistungen zu erbringen. Ein Ausweichen ist daher nicht möglich. Wenn jemand beispielsweise in Unterschneidheim oder Nattheim eine Wärmepumpe eingebaut haben will, gibt es in seinem Ort weder Bahnschienen noch einen Wasserweg. Eine Landes-Maut wird die Handwerkerleistungen erneut komplizierter, bürokratischer machen und weiter verteuern“,
ergänzt Tobias Mehlich, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Ulm.
Auch würde durch eine Maut auf Landesstraßen der kombinierte Verkehr von Bahn und Straße unattraktiver werden. Denn Landesstraßen erschließen häufig gemeinsam mit Kommunalstraßen Binnenterminals, also Umschlagplätze für Waren. Durch die Lkw-Maut für diese Straßen verliert der kombinierte Verkehr einen Wettbewerbsvorteil im Vergleich zum reinen Straßentransport, da nun Maut gezahlt werden müsste.
Durch die Maut auf Landesstraßen würde insbesondere für Betriebe in den Grenzregionen ein Standortnachteil entstehen. Wenn beispielsweise eine Spedition aus einer ländlichen Kommune in Baden-Württemberg ein Unternehmen im ländlichen bayerischen Raum beliefert, muss sie zwangsläufig Landesstraßen nutzen. Ein solches Unternehmen hätte dann gegenüber einem bayerischen Unternehmen mit gleicher Entfernung einen eindeutigen Wettbewerbsnachteil.
Handwerkskammer und IHK sind sich einig, dass auch der Verkehrssektor seinen Beitrag zur Klimawende leisten muss.
„Ein investitionsfreundliches Klima mit Freiheit für unternehmerische Entscheidungen sowie gepaart mit entsprechenden Anreizsystemen wären der richtige Ansatz, um Logistik-Fahrzeuge und Busse schneller mit alternativen Antriebssystemen auszustatten. Eine mautbedingte Verteuerung des Lkw-Verkehrs hingegen sehen wir als Wettbewerbsnachteil an“,
fasst Thilo Rentschler zusammen. Es gebe neben den erwähnten Argumenten weitere gute Gründe, warum eine zusätzliche Maut nicht sinnvoll sei. Beispielsweise verweist er auf bereits technisch moderne Fahrzeugflotten oder die Rechts- und Planungssicherheit vor einer Maut-Einführung.