Versammlung Eines Ehrbaren Kaufmanns (VEEK)

Gemeinsam Hamburgs Zukunft gestalten

Präses Norbert Aust fordert konkrete Zukunftskonzepte für den Standort – und entschlossenes Handeln
Präses Prof. Norbert Aust appelliert in seiner Rede bei der Versammlung eines Ehrbaren Kaufmanns an die Politik, neben dem Krisenmanagement nicht die Zukunft des Standorts Hamburg aus den Augen zu verlieren. „Die Corona-Krise ist noch nicht vorbei“, so Aust, der in seiner Rede ausdrücklich der herausragenden Arbeit der Mitarbeitenden im Gesundheitswesen dankt. „Wir befinden uns wie auf einem Schiff in schwerer See: Uns allen droht Gefahr und nur als Gemeinschaft werden wir diese Krise überstehen. Die Wirtschaft leistet einen großen Solidarbeitrag zur Bekämpfung der Pandemie. Dafür muss sie ebenso solidarisch entschädigt werden. Die Unternehmen brauchen weiterhin an die Situation angepasste Hilfen – und einen pragmatischen Umgang mit möglichen Rückzahlungen. Unsere Forderung seit Beginn der Krise gilt bis heute: Kein zuvor gesundes Unternehmen darf durch die Pandemie insolvent gehen.“
Präses Aust betont, dass trotz der aktuellen Krise jetzt die strukturellen Herausforderungen für den Standort auf Landes- wie auf Bundesebene angegangen werden müssen. Die Krise habe in Hamburg und ganz Deutschland gezeigt, wo die Schwachstellen im Land des einstigen „Organisationsweltmeisters“ liegen. Für ein schnelles Handeln bei den großen Themen wie der Infrastruktur, der Digitalisierung oder dem Klimawandel sei vor allem die Reform des Planungsrechts entscheidend. „Aktuell dauert die Realisierung von Infrastrukturmaßnahmen oft viele Jahre oder gar Jahrzehnte“, kritisiert Aust. „Leidige norddeutsche Beispiele für nicht enden wollende Planungsverfahren gibt es zuhauf. Der Zeitraum vom Beginn der Planung bis zur Inbetriebnahme einer Windkraftanlage beträgt im Schnitt ganze fünf Jahre. So ist Deutschland nicht zukunftsfähig. Die von der neuen Bundesregierung angekündigte Halbierung der Planverfahrensdauer ist daher ausdrücklich zu begrüßen – sollte aber auch nur das Minimalziel sein.“
Für die Zukunftsfähigkeit Hamburgs und Norddeutschlands braucht es dringend konkrete Ideen und Visionen. Die Handelskammer Hamburg ist mit ihrer Standortstrategie „Hamburg 2040: Wie wollen wir künftig leben - und wovon?“ vorangegangen und hat Vorschläge für die drängenden Themen norddeutsche Zusammenarbeit, Fachkräftemangel, Klimaschutz, Hafen und Stadtentwicklung gemacht. „Keinem der norddeutschen Bundesländer wird es gelingen, im internationalen Wettbewerb um innovative Unternehmen, die besten Fachkräfte oder Investitionskapital allein zu bestehen“, betont Präses Aust. „Wir brauchen daher eine sehr schlanke, institutionalisierte Koordinierungsstruktur, die Treiber der gemeinsamen norddeutschen Wirtschaftspolitik ist.“
Ein konkretes Thema für die norddeutsche Zusammenarbeit ist die Kooperation der Häfen. „Ziel jeder Zusammenarbeit muss sein: Durch Synergien die Rolle der deutschen Seehäfen im harten internationalen Wettbewerb zu stärken, damit sie ihrer Funktion für unsere Außenhandelsnation noch besser nachkommen können“, betont Präses Aust. „Eine gemeinsame Vermarktung der norddeutschen Seehäfen unter einer Dachmarke, eine noch stärkere gemeinsame Interessenvertretung gegenüber dem Bund und der EU und insbesondere auch eine engere Zusammenarbeit der Hafenverwaltungen sind viele bislang ungenutzte Möglichkeiten.“ Auch im Hamburger Hafen sei jetzt dringend die Zeit zu handeln. „Wir müssen uns eingestehen, dass die für den Hafen im Zuge der Wirtschafts- und Finanzkrise erkennbar nötig gewordenen Weichenstellungen in den letzten Jahren leider ausgeblieben sind. Es bedarf daher einer gemeinsamen Anstrengung von Wirtschaft und Politik, damit der Hafen auch in Zukunft Wachstumstreiber bleibt. Wir haben in diesem Jahr der Politik umfangreiche Pläne vorgelegt, wie der Hafen zu einem Innovationstreiber und Motor der Wirtschaft werden kann und wie die Flächen in Moorburg für einen Energie- und Klimahafen genutzt werden können. So könnte die Hafenentwicklung mit den Themen Innovationen, Klimaschutz und Stadtentwicklung verbunden werden. Wir müssen sie nun gemeinsam umsetzen.“
Innovationen sind laut Präses Aust der Schlüssel für die Klimawende. „Norddeutschland hat die einmalige Chance Klimaschutz-Modellregion durch Technologie und Innovation zu werden. Bei der Nutzung der Zukunftstechnologie Grüner Wasserstoff können wir sogar international Technologieführer werden. Hier ist entschlossenes und gemeinsames Handeln Voraussetzung. Wir dürfen unsere gute Ausgangsposition nicht durch dezentrale Initiativen oder Behördenzuständigkeitsdiskussionen verspielen.“
Auch bei der Entwicklung der Innenstadt gebe es zu viele einzelne Interessenvertretungen, derzeit würden sechs verschiedene Behörden und mehr als 25 verschiedene Gesprächskreise an dem Thema arbeiten. „Wir brauchen eine ganzheitliche Strategie und ein zentrales Transformationsmanagement. Wir müssen die Funktion der Innenstadt neu denken und unkonventionelle Ideen zulassen“, so Aust. „Der Fokus auf den Einzelhandel wird nicht mehr ausreichen. Und es muss allen Akteuren klar sein: Ein paar Parkbänke, schöne Fassaden und neue Büros am Hauptbahnhof werden für eine tatsächliche Transformation der Innenstadt nicht reichen.“ Auch die Verkehrssituation in Hamburg müsse hier mitgedacht werden. „Aktuelle Strassenumbauplanungen, das Anwohnerparkprogramm oder das Baustellenmanagement zeigen, dass nicht alle Verkehrsteilnehmer gleichermaßen beachtet werden. Der Wirtschaftsverkehr muss dringend wieder stärker in den verkehrspolitischen Fokus rücken, damit die Mobilitätswende nicht zum Mobilitätsende für die Wirtschaft wird.“
Die Aufzeichnung, die Rede des Präses und Impressionen finden Sie unter www.hk24.de/veek