CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism): Aktueller Überblick

Endlich hat die Bundesregierung die national zuständige Stelle für den Grenzausgleichsmechanismus CBAM veröffentlicht. Wie erwartet ist es die Deutsche Emissionshandelsstelle DEHSt im Umweltbundesamt. Ein aktueller Überblick sowie zahlreiche aktuelle Verlinkungen zu Rechtsgrundlagen und Hilfeseiten soll bei der Orientierung zu CBAM helfen.
Die IHK Lüneburg-Wolfsburg bietet in Zusammenarbeit mit weiteren niedersächsischen IHKs ein Online-Seminar zur praktischen Umsetzung der CBAM-Berichtspflichten an. 

          17.06.2024, 14:30 bis 16:30 Uhr

Weitere Informationen zum Programm und die Möglichkeit der Anmeldung finden Sie hier

Die DIHK steht in direktem Kontakt mit der deutschen CBAM-Behörde DEHSt und hat sich maßgeblich für einen nachsichtigen Umgang mit Blick auf Bußgelder eingesetzt. Die DEHSt hat nun folgende Informationen veröffentlicht:

„Die verzögerte Bereitstellung der Registrierungsmöglichkeiten und somit die späte Möglichkeit zur Erstellung der CBAM-Berichte in Deutschland führen für berichtspflichtige Anmelder nicht zur Verhängung von Sanktionen oder anderen Nachteilen. Die CBAM-Berichte für die ersten beiden Berichtszeiträume können bis zum 31.07.2024 abgeändert werden. Zudem sind mit der Möglichkeit der Verwendung von Standardwerten in den CBAM-Berichten bis zum 31.07.2024 Erleichterungen bei der Berichterstattung vorgesehen. Sanktionen nach Artikel 16 der EU-CBAM-Durchführungsverordnung werden grundsätzlich nicht ohne die vorherige Durchführung eines Berichtigungsverfahrens verhängt. Schließlich werden wir als zuständige Behörde für die Einleitung von Sanktionsverfahren die verzögerte Bereitstellung der Registrierungsmöglichkeiten sowie die Bereitschaft der Anmelder zur Mitwirkung bei der Anwendung der Rechtsvorschriften im Rahmen unserer Entscheidungsspielräume angemessen berücksichtigen.“  Die Originalmitteilung finden Sie hier.

Die Europäische Kommission veröffentlichte am 29.01.2024 die folgende Mitteilung: „Die Kommission ist sich der technischen Probleme bewusst, die dazu geführt haben, dass einige Unternehmen keine Daten und Berichte im Zusammenhang mit dem CO2-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) und dem Einfuhrkontrollsystem 2 (ICS2) vorlegen konnten. […]
Um einen proaktiven Ansatz zu bieten, um Unternehmen mit Problemen zu helfen, hat die Kommission Lösungen für die Meldung von Anmeldern geschaffen. Um Meldepflichtige, die möglicherweise Schwierigkeiten bei der Berichterstattung hatten und ihren vierteljährlichen CBAM-Bericht noch nicht vorgelegt haben, zu erleichtern, wird ab dem 1. Februar im Übergangsregister eine neue Funktion zur Verfügung gestellt, die es ihnen ermöglicht, „verzögerte Einreichungen zu beantragen“, wobei weitere 30 Tage für die Übermittlung ihres CBAM-Berichts vorgesehen sind.
Gemäß den Leitlinien für die nationalen zuständigen Behörden werden keine Sanktionen gegen die Meldung von Anmeldern verhängt, die Schwierigkeiten bei der Vorlage ihres ersten CBAM-Berichts hatten. […]

Meldende Anmelder, die keine wesentlichen technischen Probleme haben, werden immer noch aufgefordert, ihren CBAM-Bericht bis zum Ende des Berichtszeitraums vorzulegen. […]“

1. Bedeutung

Der Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) soll das EU-Emissionshandelssystem (EU-ETS) ergänzen und sicherstellen, dass für Importe die gleichen Emissionspreise anfallen wie für Produkte, die innerhalb der Europäischen Union hergestellt wurden.
CBAM wirkt somit dem sogenannten „Carbon Leakage“ entgegen, also der Verlagerung CO2-intensiver Produktion in Drittländer mit einem weniger strengen Klimaschutzregime als in der EU. Dies geschieht durch einen CO2-Preis, den Importeure von besonders CO2-intensiven Produkten aus Drittländern in die EU zahlen müssen. Die Kosten dieser Drittlandsimporte werden auf das gleiche Niveau wie die heimische Produktion angehoben, um Wettbewerbsnachteile der heimischen Produktion zu vermeiden.

2. Anwendungsbereich

Betroffen sind derzeit alle Unternehmen innerhalb der Europäischen Union (EU), die
  • Eisen & Stahl (weitgehend Kapitel 72 und 73),
  • Zement,
  • Aluminium (Kapitel 76),
  • Elektrizität,
  • Düngemittel (u.a. Salpetersäure, Ammoniak, Kaliumnitrat sowie mineralische oder chemische Stickstoffdüngemittel),
  • Wasserstoff,
  • sowie einige vor- und nachgelagerte Produkte
aus Nicht-EU Staaten importieren.
Gemäß Anhang I der CBAM-Verordnung VO (EU) 2023/956 werden die betroffenen Waren anhand der Zolltarifnummer eindeutig festgelegt.
Bis 2030 sollen alle Güter einbezogen werden, die unter den EU-Emissionshandel fallen. Die Kommission wird auch die Methode für das Erheben indirekter Emissionen überprüfen und sich die Möglichkeit vorbehalten, weitere Produkte einzubeziehen.

3. Ausnahmen

Ausgenommen von CBAM sind:
  • Waren aus Drittstaaten, die sich am EU-ETS beteiligen oder damit verbunden sind (Island, Liechtenstein, Norwegen, Schweiz sowie Waren mit Ursprung in den Gebieten Büsingen, Helgoland, Livigno, Ceuta und Melilla),
  • Kleinsendungen, deren Gesamtwarenwert in der Sendung 150 EUR nicht übersteigt,
  • Waren im persönlichen Gepäck von Reisenden, sofern der Wert dieser Waren 150 Euro nicht überschreitet,
  • Waren, die von den Militärbehörden der EU-Mitgliedstaaten oder im Rahmen einer Vereinbarung mit den Militärbehörden eines Nicht-EU-Landes im Rahmen der gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU oder der NATO eingeführt werden,
  • Waren mit Ursprung in der EU, die in die EU zurückkommen (Rückwaren).
Wichtig: Der Ursprung der eingeführten Waren muss künftig bekannt sein. Er bestimmt sich nach den nichtpräferenziellen Ursprungsregeln des Zollkodex der Union.

4. Funktionsweise

Bei der Einfuhr der oben genannten Produktgruppen kaufen EU-Importeure Zertifikate, die dem CO2-Preis entsprechen, der gezahlt worden wäre, wenn die Waren nach den EU-Regeln für die Bepreisung von CO2-Emissionen hergestellt worden wären.
Kann ein Nicht-EU-Hersteller nachweisen, dass er bereits einen Preis für das CO2 bezahlt hat, welches bei der Herstellung der eingeführten Ware im Drittland entstanden ist, kann der EU-Importeur sich die entsprechenden Kosten anrechnen lassen.
Importeure können beim Ermitteln der Emissionswerte auf:
  1. Standardwerte der CO2-Emissionen der jeweiligen Waren zurückgreifen:
    Veröffentlichte Standardwerte vom 22.12.2023
    Pressemitteilung der EU-Kommission oder
  2. die für den Herstellungsprozess entstandenen CO2-Emissionen durch vom Hersteller zur Verfügung gestellte Nachweise ermitteln, siehe 8.

5. Umsetzung

Am 15. September 2023 wurde die CBAM-Durchführungsverordnung 2023/1773 im Amtsblatt der EU L228 in allen Amtssprachen veröffentlicht. Die Durchführungsverordnung legt die Berichtspflichten für Importeure detailliert dar.
CBAM wird schrittweise eingeführt, beginnend mit einer Übergangsphase vom 1. Oktober 2023 bis zum 31. Dezember 2025.

6. Übergangsphase 2023 – 2025

Der Übergangszeitraum (insbesondere Art. 32 und 35 (1) und (2)) dient vor allem dazu, Daten und Erfahrungen zu sammeln, um die Abläufe für die Implementierungsphase tatsächlich praxistauglich gestalten zu können. Finanzielle Ausgleichszahlungen entstehen in dieser Phase noch nicht.

6.1 Zollanmeldung

In der Importzollanmeldung selbst müssen zu diesem Zeitpunkt keine Angaben zu CBAM gemacht werden. Der Zoll informiert hierzu.

6.2 Berichtspflicht

Berichtspflichtige Anmelder müssen in der Übergangsphase für alle seit dem 01.10.2023 eingeführten und von CBAM betroffenen Waren jedes Quartal eines Kalenderjahres einen Bericht an die EU-Kommission übermitteln. Fristen für die CBAM-Berichte (Quelle: DEHSt)
Quartal
Einreichungsfrist bis
Änderung möglich bis
2023: Oktober – Dezember
2024: 31.01.
2024: 31.07.
2024: Januar – März
2024: 30.04.
2024: 31.07.
2024: April – Juni
2024: 31.07.
2024: 30.08.
2024: Juli – September
2024: 31.10.
2024: 30.11.
2024: Oktober – Dezember
2025: 31.01.
2025: 28.02.
2025: Januar – März
2025: 30.04.
2025: 31.05.
2025: April – Juni
2025: 31.07.
2025: 31.08.
2025: Juli – September
2025: 31.10.
2025: 30.11.
2025: Oktober – Dezember
2026: 31.01.
2026: 28.02.
Wichtig: eingereichte CBAM-Berichte können bis zu zwei Monate nach Ende des Berichtsquartals korrigiert werden – u.a. sofern dem Importeur nach Ablauf der Meldefrist genauere Daten über eingebettete Emissionen zur Verfügung stehen.
Die Inhalte des Berichts definiert Artikel 35 Absatz 2 CBAM-Verordnung mit:
  • Gesamtmenge jeder Warenart (in MWh oder t) aufgeschlüsselt nach Herstellungsanlagen im Ursprungsland,
  • gesamte direkte und indirekte graue Emissionen in Tonnen CO2e-Emissionen/MWh oder CO2e-Emissionen/t jeder Warenart (gem. Anhang IV CBAM Verordnung),
  • CO2-Preis, der im Ursprungsland für die eingeführten Waren entrichtet wurde (jede verfügbare Ausfuhrerstattung oder andere Form von Ausgleich ist zu berücksichtigen).
Details zur Berichtspflicht finden Sie bei der national zuständigen Behörde – Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHSt) unter CBAM-Berichte.
Informationen der Europäischen Kommission finden Sie hier aufgesplittet nach:

7. Übergangsregister & CBAM-Portal für Unternehmen

Zur Abgabe des Berichts müssen sich berichtspflichtige Anmelder registrieren. Das Zugangsmanagement erfolgt in Deutschland über das Zoll-Portal.
Zum Vorgehen:
  • Nach der Registrierung im Zoll-Portal verknüpfen Sie dort Ihr Konto mit dem „EU-Trader-Portal und Identitätsmanagement, CBAM-Portal“. Unter „Übergreifende Leistungen“ wählen Sie dafür die Dienstleistung „EU-Trader-Portal und Identitätsmanagement, CBAM-Portal“ aus.
  • Nach der Angabe von Kontaktdaten und der Zustimmung zur Weitergabe der Daten bestätigen Sie mit „Ja“ Ihre Registrierung.
  • Im Anschluss finden Sie unter „Dienstleistung“ das „EU-Trader-Portal und Identitätsmanagement, CBAM-Portal“. Dort wählen Sie „EU-Anwendungen aufrufen“ aus, zum Menüpunkt „CBAM-Übergangsregister“ zu gelangen.
  • Von dort werden Sie auf die Seite des EU-Zollportals der Europäischen Kommission weitergeleitet. Wählen Sie dort unbedingt den Bereich „Zoll“ (nicht „Carbon Border Adjustment Mechanism“) aus.
Eine detaillierte Beschreibung darüber, wie Sie Zugang zum CBAM-Portal für Unternehmer erhalten, finden Sie auf den Hilfeseiten des Zoll-Portals.

8. Ermittlung und Dokumentation der Emissionen

Die Berechnung und Dokumentation der direkten und indirekten Emissionen, welche im Produktionsprozess der importierten Güter entstanden sind, ist nur mit den entsprechenden Daten des ausländischen Herstellers möglich.
Artikel 4 der Durchführungsverordnung beinhaltet die unterschiedlichen Berechnungsmethoden für die Emissionen und Anhang IV der Durchführungsverordnung zeigt auf, welche Daten berichtspflichtige Anmelder von Anlagenbetreibern/Lieferanten/Herstellern benötigen.
Damit diesen verständlich gemacht werden kann, welche Daten der Importeur benötigt, hat TAXUD Leitlinien für Anlagenbetreiber in Drittländern sowie eine Excel-Vorlage zur Abfrage der erforderlichen Daten innerhalb der Lieferkette vorbereitet.
Die Informationen der Europäischen Kommission dazu finden Sie hier aufgesplittet nach:

9. Was jetzt zu tun ist

  • Betroffenheit prüfen: importieren Sie die in Anhang I der CBAM-Verordnung anhand der Warentarifnummer aufgeführten Waren aus Staaten außerhalb der EU (ausgenommen aus Schweiz, Norwegen, Island, Liechtenstein und es sind keine Rückwaren)?
  • Festlegung von innerbetrieblichen Zuständigkeiten für Prüfung und Einhaltung der Meldepflichten: Je nach Bedeutung/Menge dieser Importe hat das Thema eine sehr unterschiedliche Priorität für einzelne Unternehmen.
  • Registrierung im Übergangsregister sowie dem CBAM-Portal für Unternehmen: siehe Hilfeseiten des Zoll-Portals.
  • Abstimmung mit Lieferanten hinsichtlich der Kalkulation der CO2-Emissionen: Große ausländische Hersteller beschäftigen sich mit dem Thema, da alle EU-Importeure auf sie zukommen. Erforderliche Daten vom Lieferanten sind in Anhang IV der Durchführungsverordnung zusammengestellt.
  • Hilfestellungen: Nutzen Sie die e-Learning-Angebote der EU-Kommission. Zudem hat die EU eine Excel-Vorlage zur Abfrage innerhalb der Lieferkette bereitgestellt. Falls keine Werte vorliegen oder der Lieferant diese nicht mitteilt oder mitteilen kann, können zumindest kurzfristig Standardwerte verwendet werden, die im Meldeportal hinterlegt sind.
  • Sorgen Sie dafür, dass Sie den nichtpräferenziellen Ursprung aller importierten Waren kennen. Die Verwendung eines unbekannten Ursprungs ist nicht mehr möglich.
Quellen: Verordnung (EU) 2023/956, Durchführungsverordnung (EU) 2023/1773, DEHSt, GZD, DIHK, EU Kommission
Stand: 12.01.2024