Wege zum Berufsabschluss – oder zur Gleichwertigkeit

In der Regel weist man in Deutschland seine beruflichen Kompetenzen mit einem Berufsabschluss vor. Jährlich beenden mehr als 400.000 junge Menschen erfolgreich eine duale Berufsausbildung und das in über 300 verschiedenen Berufsbildern vom Automobilkaufmann bis zur Zerspanungsmechanikerin.
Darüber hinaus gibt es aber noch weitere Möglichkeiten, berufliche Kompetenzen zu erwerben und diese nachzuweisen. Viele Beschäftigte arbeiten als An- und Ungelernte oder wechseln das ursprüngliche Betätigungsfeld und arbeiten sich fachfremd in eine neue Tätigkeit ein – beispielsweise wenn die wirtschaftliche Situation für den Neubeginn nach der Elternzeit den Wechsel in eine andere Branche notwendig macht. Um so informell erworbene Kompetenzen – oder auch im Ausland erworbene Berufsabschlüsse – anerkennen zu lassen, gibt es verschiedene Möglichkeiten.

Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse

Relativ eindeutig ist der Rechtsanspruch auf Ankerkennung der im Ausland erworbenen Qualifikationen aufgrund des Berufsqualifikationsfeststellungsgesetzes (BQFG). Es regelt das Anerkennungsverfahren für rund 330 nicht reglementierte Ausbildungsberufe im dualen System. Für IHK-Berufsabschlüsse gibt es für die Anerkennung die eigens dafür eingerichtete Stelle IHK FOSA (Foreign Skills Approval) in Nürnberg (mehr dazu im Kasten links). Kann die Anerkennung nicht erteilt werden, gibt es eine Teilanerkennung mit Beschreibung der fehlenden Inhalte.

Anerkennung beruflicher Praxiserfahrung

Etwas komplexer ist die Anerkennung beruflicher Praxiserfahrung. Hier gibt es die Möglichkeit, aufgrund der einschlägigen Berufserfahrung einen Antrag auf Zulassung zur Abschlussprüfung nach §45,2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) zu stellen. Erfolgt die Zulassung und wird die absolvierte Prüfung bestanden, so ist man im Besitz des Berufsnachweises mit identischem Abschlusszeugnis wie in der Berufsausbildung. Herausforderung ist die Vorbereitung zur Prüfung ohne die Unterstützung der Berufsschule, wie sie Auszubildende haben.

Validierung beruflicher Kompetenzen

Um Menschen ohne Berufsabschluss neue Wege zur Einmündung in das Berufsbildungssystem und zur beruflichen Entwicklung zu eröffnen, wurde mit dem Berufsbildungsvalidierungs- und -digitalisierungsgesetz (BVaDiG) eine rechtliche Grundlage für die Validierungsverfahren in Deutschland geschaffen. Seit 1. Januar können entsprechende Anträge zur Validierung bei der IHK Bodensee- Oberschwaben gestellt werden. Der Antragstellende macht hierbei keine Abschlussprüfung für einen bestimmten Ausbildungsberuf, vielmehr werden seine Kompetenzen validiert: Anhand von Arbeitsproben bewerten die Validierer, ob die vorhandenen Kompetenzen gleichwertig mit denen eines Berufsbildes sind. Auf Basis dieser Bewertung wird ein Validierungszertifikat ausgestellt, das Arbeitssuchenden beim Bewerbungsprozess helfen kann oder dem Arbeitgeber einen objektiven Überblick über die Berufskompetenz der Mitarbeitenden bietet. Für ein Validierungsverfahren muss die Berufserfahrung – wie bei der Zulassung zur Abschlussprüfung nach §45,2 (BBiG) – das 1,5-fache der Ausbildungszeit betragen.
Markus Brunnbauer, Bereichsleiter Ausbildung, IHK Bodensee-Oberschwaben