Tourismustag

Tourismus in Schleswig-Holstein – Was geht? Was bleibt? Was kommt?

Trotz weitreichender Lockerungsschritte und einer erfolgreichen Sommersaison beherrschen die Auswirkungen der Corona-Pandemie die Tourismusbranche. Langfristige Herausforderungen erfordern einen nachhaltigeren und krisenfesteren Tourismus in Schleswig-Holstein. Diesen Entwicklungen und Chancen widmeten sich die rund 240 Branchenvertreter, die der Tourismustag Schleswig-Holstein in diesem Jahr in Husum zusammengeführt hat.
“Um den Schleswig-Holstein-Tourismus nach der Krise wettbewerbsfähig aufzustellen, benötigen wir auch in Zukunft Investitionen der öffentlichen Hand“, sagt Björn Ipsen, Hauptgeschäftsführer der IHK Schleswig-Holstein, und ergänzt: „Hierzu gehören zum einen ausreichend ausgestattete Förderprogramme für öffentliche touristische Infrastruktur durch Land und Kommunen. Zum anderen braucht die Branche, die durch die Beschränkungen in der Pandemie viel Eigenkapital verloren hat, jetzt mehr denn je eine gezielte Förderung für Innovationen wie beispielsweise für Digitalisierung, Klimaneutralität oder Technologien, die wir heute noch gar nicht kennen.“
“Die Corona-Pandemie hat den erfolgsgewohnten Schleswig-Holstein-Tourismus vor große Herausforderungen gestellt, aber auch Chancen aufgezeigt: naturnahe, kontaktarme Urlaubsformen wie Camping oder Ferienwohnungen haben erfreulich gute Übernachtungszahlen erzielen können“, sagt Tourismusminister Dr. Bernd Buchholz. Destinationen wie Eckernförde und die Schleiregion würden durch die Modellprojekte, die eine Öffnung schon ab Mitte April ermöglichten, von neuen Zielgruppen entdeckt. “In den touristischen Hotspots an den Küsten hat es ohnehin schon wieder schnell gebrummt. Der Schleswig-Holstein-Tourismus ist deshalb im Bundesvergleich mit einem blauen Auge davongekommen. Das heißt aber nicht, dass wir uns nun beruhigt wieder hinlegen können. Im Gegenteil, für die kommenden Jahre bleibt noch viel zu tun: Steigerung der Tourismusakzeptanz, kontinuierliche Qualitätsverbesserung, Digitalisierung im Tourismus und vieles mehr. Dafür brauchen wir alle Tourismus-Akteure im Land“, so Buchholz.
Andreas Tedsen, Vizepräsident DEHOGA Schleswig-Holstein, betont: “Die massive, existenzbedrohende Personalnot bereitet all unseren Betrieben landauf, landab große Sorgen. Doch auch in anderen Branchen, von denen das Gastgewerbe abhängig ist, spitzt sich die Situation um die fehlenden Arbeitskräfte zu. So mangelt es auch dem Bäcker, dem Tischler oder dem Getränkefachgroßhändler an Gehilfen, Handwerkern und Fahrern.“ Viele Veränderungen, wie die Digitalisierung unserer Gesellschaft, nähmen ihren Lauf. Daher gibt Tedsen zu bedenken, dass Aufgaben und Ansätze, die heute noch belächelt würden, übermorgen bereits Realität wären. “Wir werden viel Energie investieren müssen, um mit den laufenden Entwicklungen Schritt zu halten. Umso wichtiger ist es jetzt, zu handeln und die Gelegenheit zu nutzen, denn viele unserer Gäste haben uns in den vergangenen anderthalb Jahren neu oder wiederentdeckt. Das ist unsere Chance, uns gemeinsam als gute Gastgeber zu präsentieren“, so Tedsen.
So sieht es auch Dr. Bettina Bunge, Geschäftsführerin der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein (TA.SH) und Moderatorin des Tourismustages. Sie zeigt sich erfreut, dass Urlaubs- und auch Dienstreisen wieder vermehrt, gerade auch nach und in Schleswig-Holstein, stattfinden. “Mutig, aber besonnen, beherzt, aber nicht überstürzt“, so Bunge, arbeite die TA.SH gemeinsam mit allen Kolleginnen und Kollegen im Land daran, Schleswig-Holstein als ganzjährig attraktiven Tourismus- und Tagungsstandort dauerhaft national und international zu etablieren. „Auch wenn uns alle die Pandemie nicht mehr täglich in Atem hält, müssen wir die unterschiedlichen Bedürfnisse der Gäste, der Bevölkerung vor Ort, der Betriebe und ihrer Belegschaft sowie vor allem unserer einzigartigen schützenswerten Flora und Fauna immer wieder neu ausloten und in Einklang bringen. Stillstand bedeutet Rückschritt“, betont Bunge. “Um neue Trends zu erfahren, voneinander zu lernen, auch Konflikte zu diskutieren und uns vor allem für zukünftige Herausforderungen zu wappnen, bietet der Tourismustag Schleswig-Holstein eine optimale Plattform zum fachlichen, aber auch persönlichen Austausch.“
Kernthemen des Tages, wie Nachhaltigkeit, Qualität und Tourismusakzeptanz werden deutlich an Bedeutung gewinnen. “Diese Themen müssen die Tourismusverantwortlichen auf allen Ebenen in Zukunft noch stärker als in Vor-Corona-Zeiten in den Fokus nehmen“, betont Peter Douven, stellvertretender Vorsitzender des Tourismusverbands Schleswig-Holstein. Weiter ergänzt er: “Nachhaltigkeit darf nicht nur auf die ökologische Komponente begrenzt werden, sondern muss auch in Bezug auf die soziale und ökonomische Säule gesehen werden. In diesem Zusammenhang müssen die Akzeptanz und die positive Sicht der Bevölkerung auf den Tourismus eine größere Rolle bei den Planungen und Entscheidungen auf örtlicher und regionaler Ebene spielen.“ Die Interessen von Bevölkerung, Gästen, Mitarbeitenden und der Umwelt in Einklang zu bringen sei die Herausforderung der nächsten Jahre.  Beim Thema Qualität gelte es, erworbene Standards weiterzuentwickeln, Qualitätsmanagement auf allen Ebenen aufzubauen beziehungsweise miteinander zu verbinden und den Gast mit seinen Wünschen und Bedürfnissen konsequent in den Mittelpunkt zu stellen.
Das Deutsche Institut für Tourismusforschung (DITF) der FH Westküste geht in ihren Forschungsprojekten unter anderem der Frage nach einer nachhaltigen Tourismusentwicklung aus unterschiedlichen Perspektiven nach. “Auch in Schleswig-Holstein bewirkten Lockdowns und Reisebeschränkungen zeitweise starke Einbrüche im Tourismus; andererseits führte insbesondere die Beschränkung von Fernreisen zu lokalen und zeitlichen Überlastungen durch Tages- und Übernachtungsgäste und forderte sowohl Anbieter als auch Einwohner in hohem Maße“, weiß Prof. Dr. Bernd Eisenstein, Direktor des DITF. Wie die Auswirkungen des Tourismus auf den Wohnort und auf die persönlichen Belange allgemein wahrgenommen werden und inwieweit sie sich in den letzten Jahren verändert haben, untersucht das DITF im Rahmen seiner Tourismusakzeptanzstudie, deren Ergebnisse in einem Vortrag von Dr. Sabrina Seeler (DITF) präsentiert wurden. Mit Blick auch auf die weiteren Herausforderungen der Branche wird von verschiedenen Akteuren ein “Tourismus ohne Wachstum“ als Lösung propagiert. Mit der Frage, ob Tourismus ohne Wachstum erfolgreich sein kann, setzten sich Prof. Dr. Stefan Gössling und Minister Dr. Bernd Buchholz im Rahmen der von Prof. Dr. Julius Arnegger (DITF) moderierten Podiumsdiskussion auseinander.

Referenten

Der Tourismustag Schleswig-Holstein ist ein jährlicher Branchentreff der IHK Schleswig-Holstein und wird unterstützt von dem Hotel- und Gaststättenverband DEHOGA Schleswig-Holstein e. V., der Fachhochschule Westküste, der Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein GmbH sowie dem Tourismusverband Schleswig-Holstein e. V.

Präsentationen