SH: Nachhaltigkeitsberichterstattung

Berichts- und Registerpflichten ohne Ende?!

Nachhaltigkeitsberichterstattung, Lieferkettengesetze, Sustainable Finance und CBAM – Unternehmen sehen sich einer zunehmenden Flut von Sorgfalts-, Berichts- und Registerpflichten konfrontiert. Der folgende Übersichtsartikel gibt einen Überblick und macht den Versuch einer Einordnung. 

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) 

regelt die Verantwortung von Unternehmen für die Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards in ihren globalen Lieferketten. Es trat am 1. Januar 2023 in Kraft. Das Gesetz verpflichtet Unternehmen mit mindestens 3000 (ab 2024: 1000) Arbeitnehmern, menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in ihren Lieferketten zu identifizieren, zu vermeiden, zu minimieren oder zu beenden und darüber zu berichten. 

Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) 

trat am 5. Januar 2023 in Kraft. Die Berichtspflichten der CSRD gelten ab dem 1. Januar 2024 zunächst für einen eingeschränkten Kreis von Unternehmen, der dann nach und nach erweitert wird.  
  • Ab 2024: Unternehmen die bereits der Non-Financial Reporting Direktive (NFRD) unterliegen (ab 500 Beschäftigten) 
  • Ab 2025: Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten und einer Bilanzsumme über 20 Mio. oder Umsatzerlösen über 50 Mio. Euro 
  • Ab 2026: Börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen (KMU) und Kreditinstitute mit einer Opt-Out-Möglichkeit bis 2028 
Die Berichterstattung muss in einem separaten Abschnitt des Unternehmensberichts erfolgen und ist prüfpflichtig.

Die Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) – Europäisches Lieferkettengesetz 

verpflichtet Unternehmen zur Achtung von Menschenrechten und Umwelt in globalen Wertschöpfungsketten. 
Im sogenannten „Trilog“ haben am 14.12.2023 das EU-Parlament und der Europäische Rat eine vorläufige Einigung zur CSDDD erzielt. Die Richtlinie muss noch formal genehmigt werden und ist noch nicht in Kraft. 

Betroffene Unternehmen 

  • Unternehmen ab 500 Mitarbeiter und 150 Mio. € weltweitem jährlichen Nettoumsatz 
  • Unternehmen ab 250 Mitarbeiter mit einem Jahresumsatz von mindestens 40 Mio. €, wenn sie mindestens 20 Mio. € ihres Umsatzes in einem Risikosektor tätigen. Zu Risikosektoren zählen etwa Textil, Land- und Forstwirtschaft, Fischerei, Lebensmittel, Chemie, Gewinnung mineralischer Ressourcen (z.B. Rohöl, Erdgas, Kohle, Metalle und Erze). 
  • Unternehmen aus einem Drittstaat, wenn sie a) mehr als 150 Mio. € Nettojahresumsatz in der EU oder b) 40 - 150 Mio. € Nettojahresumsatz in der EU und mindestens 20 Mio. € ihres weltweiten Umsatzes in einem Risikosektor erzielen. 
Unternehmen müssen einen Klimaplan verabschieden, der sicherstellt, dass ihr Geschäftsmodell mit der Begrenzung der globalen Erwärmung auf 1,5°C vereinbar ist. 
Zivilrechtliche Haftung: Der Gesetzesentwurf schlägt eine Frist von fünf Jahren vor, innerhalb derer Betroffene (einschließlich Gewerkschaften und Organisationen der Zivilgesellschaft) ihre Ansprüche geltend machen können. 
Sanktionen: Unternehmen, die die vorgeschriebenen Sorgfaltspflichten nicht einhalten, erhalten Geldstrafen von bis zu 5 % ihres weltweiten Nettoumsatzes. 

Die Entwaldungsfreie Lieferketten Verordnung der EU (EUDR)  

legt fest, dass ausgewählte Produkte in der EU aus entwaldungsfreien Lieferketten (Stichtag: Ende 2020) stammen und den lokalen Gesetzen (insbesondere zu Menschenrechten) entsprechen müssen. 
Betroffen sind der Import & Export: Palmöl, Rindfleisch, Soja, Kaffee, Kakao, Holz und Kautschuk sowie daraus hergestellte Erzeugnisse wie Leder, Möbel, Papier, Gummi oder Schokolade. 
Unternehmen müssen eine Sorgfaltspflichterklärung vorlegen und präzise geografische Informationen zu den Anbauflächen erheben und nachweisen. Die Vorschriften sind ab dem 30.12.2024 anzuwenden Für KMU gelten die Regelungen ab dem 30.06.2025. 

Der CO2-Grenzausgleich - Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM) 

ist am 17. Mai 2023 in Kraft getreten und gilt seit dem 1. Oktober 2023. Er betrifft Importe in die EU von bestimmten emissionsintensiven Waren aus Drittländern, darunter Eisen, Stahl, Zement, Aluminium, Elektrizität, Düngemittel und Wasserstoff. 
In einem Übergangszeitraum vom 1. Oktober 2023 bis 31. Dezember 2025 findet die Verordnung nur mit beschränkten Verpflichtungen für die Einführer betroffener Waren Anwendung, bevor sie ab 1. Januar 2026 vollständig anzuwenden ist. 
Die Unternehmen, die diese Waren importieren, müssen alle Importe seit dem 1. Oktober 2023 gesondert quartalsweise melden. Die erste Meldung sollte bis Ende Januar 2024 abgegeben werden. Die Frist wurde kürzlich durch die EU um einen Monat verschoben. 
Ab 2026 müssen Unternehmen CBAM-Zertifikate erwerben. Der Preis der CBAM-Zertifikate wird sich aus dem wöchentlichen Mittelwert der Zertifikatspreise auf dem EU-ETS errechnen und ist somit eng mit dem europäischen Emissionshandel verknüpft. Wenn bereits ein CO2-Preis im Ursprungsland entrichtet wurde, können die Kosten auf das CBAM-Zertifikat angerechnet werden, um eine Doppelbelastung zu vermeiden. 

Fazit 

Die aktuellen und zukünftigen Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung führen zu unverhältnismäßig hohen bürokratischen Vorgaben für Unternehmen – insbesondere auch für mittelständische Unternehmen. Mittlerweile wurden viele Hilfestellungen, Handreichungen und Umsetzungsvorgaben veröffentlicht. Dies ändert aber nichts daran, dass viele Unternehmen kostenintensive externe Beratungen und Anwälte für rechtliche Prüfungen beauftragen müssen. Nach einer aktuellen Unternehmensumfrage zum LkSG beabsichtigen zahlreiche Unternehmen die Handelsbeziehungen zu beenden oder sich aus Risikoländern zurückzuziehen. Ziel sollte es daher sein, dass die Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung so bürokratiearm wie möglich und praxistauglich auszugestalten werden. Deutlich effektiver als immer mehr Umsetzungsvorgaben herauszugeben, wären Listenansätze, z.B. in Form einer Positivliste für Geschäftsbeziehungen mit Unternehmen in Regionen mit funktionierenden Rechts- und Schutzsystemen, wie etwa innerhalb der EU. Der Industriestandort Deutschland und auch Europa stehen unter einem erheblichen internationalen Wettbewerbsdruck. Daher und angesichts der Absicht vieler Unternehmen, sich aus Risikoländern zurückzuziehen, sollte die Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung im Kontext eines hochgradig unter internationalem Wettbewerbsdruck stehenden Industriestandort Deutschland und Europa grundlegend überdacht werden.

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