Berufliche Orientierung mal anders

Live von prominenten Persönlichkeiten lernen

Mit Bestseller-Autor Benedict Wells kreative Schreibtechniken ausprobieren, Ideen für eigene Songs mit HipHop-Produzent Brenk Sinatra entwickeln oder von erfolgreichen Jungunternehmern Impulse für erste Geschäftsideen erhalten – das ist Teil des Konzepts von Teech. Das Darmstädter Start-up der Brüder Emanuele und Joel Monaco bringt auf seiner Plattform vor allem Jugendliche mit Mentoren zusammen, die ihnen einen Einblick ins Berufsleben verschaffen und so Anregungen für ihren weiteren Karriereweg geben. Das Konzept der „umgekehrten Nachhilfe“ kommt gut an. Dabei war die ursprüngliche Idee für das Start-up eine ganz andere.
Autor: Stephan Köhnlein, 27. April 2023
Als die Corona-Pandemie Anfang 2020 begann, stieß das Schulsystem mit den Einschränkungen und technischen Unzulänglichkeiten schnell an seine Grenzen. Emanuele Monaco (heute 35) und sein neun Jahre jüngerer Bruder Joel wollten Abhilfe schaffen. Nach Gesprächen mit Freunden, Lehrern, Eltern und ihrer ehemaligen Schule in Weiterstadt entwickelten sie eine Software. „Ursprünglich haben wir ein virtuelles Klassenzimmer konzipiert, das digitales Unterrichten ermöglicht“, sagt Emanuele Monaco. „Doch davon sind wir schnell abgekommen.“ Zwar habe das Thema Potenzial, doch die Genehmigungsverfahren auf den hierarchischen Ebenen des Bildungssystems hätten sich zäh gestaltet und viel Zeit gekostet – und gerade die hat ein Start-up nicht.
„Deswegen haben wir eine Lebenswelt um die Software gebaut und sind damit direkt an unsere Zielgruppe herangetreten“, erzählt der Gründer. Das Ergebnis waren zunächst die Inspiration Days. Mit dieser Veranstaltung wollte man jungen Menschen während der Pandemie Perspektiven bieten. Sie sollten sich neue Berufsbilder ansehen können und inspirieren lassen, wie erfolgreiche Menschen ihren Berufsweg gegangen sind.
Dafür gewannen die Monacos unter anderem Moderator Joko Winterscheidt, Ex-Fußball-Nationalspieler Michael Ballack, die Herzchirurgin Dilek Gürsoy oder Regisseur Arne Feldhusen, auf der Plattform mehreren Tausend Jugendlichen von sich zu erzählen. Der Gedanke dahinter: Die Kinder und Jugendlichen sollten sehen, dass der Lebensweg nicht linear sein muss, um erfolgreich zu verlaufen, und dass sich Interessen, Fähigkeiten und das Umfeld ändern können.
Die Veranstaltung kam an. Ende September 2022 zählte man schon über 100.000 Teilnehmende. Auch mehr als 600 Schulen hätten sich zuletzt beteiligt. „Die Schulen haben verstanden, dass Digitalisierung mehr bedeutet, als ein Arbeitsblatt zu scannen“, sagt Emanuele Monaco. „Digitalisierung ist auch dazu da, Hürden zu überwinden und Leute zusammenzuführen, die sonst nicht zueinanderkommen.“

Karrieretipps aus dem Wohnzimmer

So entstand auch das Live-Mentoring-Format, das heute im Zentrum bei Teech steht. Der Name Teech ist an das englische „to teach“ für „lehren“ angelehnt – „weil wir eine Plattform sind, auf der Wissen vermittelt wird“, wie Emanuele Monaco erklärt. Er spricht von einem „Konzept der umgekehrten Nachhilfe“, das sich nicht auf die Defizite, sondern auf die Stärken und Interessen konzentriere.
Bei dem Format interagieren die Mentorinnen und Mentoren und auf Augenhöhe mit dem Publikum. Eine Session dauert in der Regel 60 Minuten, die Gruppengröße liegt zwischen fünf und 15 Teilnehmenden. „Man kann es als eine große Panel-Diskussion mit Schwerpunktthema ohne strikte Agenda bezeichnen, wobei auch die Erfahrungen der Teilnehmer eine Rolle spielen und das Thema in einem Vertiefungsteil oft mit praktischen Übungen umgesetzt wird“, sagt der Jungunternehmer. Manchmal gibt es dabei auch Überraschungen. So schaltete Regisseur Arne Feldhusen den Schauspieler Bjarne Mädel („Der Tatortreiniger) in eine Session dazu, der den Kindern und Jugendlichen von seinem Zuhause aus erzählte, wie er sich selbst vom Schauspieler zum Regisseur entwickelt hat.
Teech basiert auf einen Abo-Modell. Man bezahlt einen monatlichen Beitrag und kann dafür an den Sessions zu einem ausgewählten Themenbereich wie Film, Kreatives Schreiben oder Unternehmertum teilnehmen. Ein bis zwei Sessions pro Themenbereich und Woche sind das Minimum, manchmal sind es auch bis zu acht Sessions. Mit einem Preis von aktuell 50 Euro pro Monat für Minderjährige bezahle man umgerechnet weniger als für eine gute Nachhilfestunde.
Die Mentoren, die regelmäßig dabei seien, erhielten eine Aufwandsentschädigung. „Die liegt natürlich nicht in der Höhe der üblichen Honorare, die viele von ihnen normalerweise für einen Auftritt erhalten. Aber sonst könnten wir unsere Preise für die Abonnenten nicht halten.“ An den Inspiration Days hätten auch die Stars wie Joko Winterscheidt oder Michael Ballack ohne Honorar teilgenommen.

Viel Offenheit bei den prominenten Mentoren

Beim Kontakt zu den Mentorinnen und Mentoren helfe zum einen das eigene Netzwerk, das man sich über die Jahre aufgebaut hat. Zum anderen brauche man eine gewisse Hartnäckigkeit und müsse immer wieder nachfragen, ob die Persönlichkeiten ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit jungen Menschen teilen wollten. „Meisten stoßen wir dann aber auch auf offene Ohren, weil nahezu jeder das Thema nachvollziehen kann.“
Das Angebot richtete sich zunächst an Kinder und Jugendliche, mittlerweile gibt es aber auch Kurse für Erwachsene. Meist benötigt man keine Voraussetzungen und Vorkenntnisse, doch es gibt auch Ausnahmen: HipHop-Produzent Brenk Sinatra benötigte Teilnehmende, die schon erste Vorkenntnisse mit den einschlägigen Werkzeugen hatten, um mit ihnen arbeiten zu können. Aus seiner Gruppe hat er mittlerweile schon zwei Talente unter Vertrag genommen.
Derzeit arbeiten 16 Personen bei Teech, neben Darmstadt gibt es noch einen Standort in Berlin. Für die Zukunft ist Emanuele Monaco optimistisch, will wachsen. „Mein Job ist es zuversichtlich zu sein. Wir erreichen unsere gesteckten Ziele“, sagt er und lacht. „Aber wir sind noch ein sehr junges Start-up. Das Geschäftsmodell hat sich erst im Lauf des vergangenen Jahres ergeben, und wir sind gerade dabei zu beweisen, dass es funktioniert.“
Auch wenn die Monacos die Idee vom digitalen Klassenzimmer nicht umgesetzt haben, hat sich die Entwicklung der Software ausgezahlt. Diese ist nicht nur die Basis für die Mentoring-Sessions, sondern wird mittlerweile auch von einer großen Nachhilfeorganisationen genutzt und gemeinsam mit dieser weiterentwickelt. „Eines hat auf dem anderen aufgebaut“, sagt Emanuele Monaco. „Wir haben nichts über den Haufen geworfen, sondern einfach unser Geschäftsmodell angepasst.“
„Die Lernplattform Teech hätte ich mir selber vor zehn bis 15 Jahren gewünscht. Die Möglichkeit zu haben, meine Erkenntnisse an die Teilnehmer weiterzugeben und damit ihren Werdegang positiv zu beeinflussen, macht mich sehr glücklich. Besonders im Bereich Brand Building und Unternehmensführung kann ich meine Erfahrungen, die ich mit Fidu Brands gemacht habe, ganz konkret vermitteln. Keine langweiligen Theorien, sondern ehrliche Praxistipps." Erdem Keles, Managing Director Fidu Brands in Darmstadt auf die Frage unserer Redaktion, warum er sich bei Teech als Mentor engagiert

Ein Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit

Mit seinem Geschäftsmodell trägt Teech insbesondere zu folgendem SDG bei:
Zukunftsmut: Ideen für mehr Nachhaltigkeit
Von der Chancengleichheit am Arbeitsplatz über ressourcenschonende, umweltfreundliche Produktion, neue Geschäftsideen, die Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen präsentieren, bis hin zu Sponsoring von Sportvereinen, Kultureinrichtungen und mehr: Unternehmerische Verantwortung hat viele Facetten. In dieser Artikelserie stellen wir Ihnen Good-Practices in Sachen ökonomischer, ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit aus der Region Rhein-Main-Neckar und darüber hinaus vor, die beweisen, warum wir auch in Zeiten multipler Krisen mehr Optimismus wagen sollten.

Was macht verantwortungsvolle Teilhabe im Wirtschaftsleben aus?
Im Jahr 2020 haben rund 20 Unternehmerinnen und Unternehmer dazu ein neues Leitbild für verantwortungsbewusste, vertrauenswürdige Geschäftsleute erarbeitet. Dieses Leitbild stellen wir Unternehmen in deutscher und englischer Sprache kostenfrei zum Download bereit.

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Matthias Voigt
Bereich: Kommunikation und Marketing
Themen: IHK-Magazin, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit