Die mit Luxuswohnungen und -hotels bebaute Palm Jumeirah gehört zu den weltgrößten künstlichen Inseln. Mit rund 87 Millionen Passagieren landete der Flughafen Dubai International im Jahr 2023 weltweit auf Rang zwei nach Dallas in den USA. Die Polizei jagt (auch) in Ferraris, Maserati und Porsche Verkehrssünder. Sieben- Sterne Hotels, deren Bau Milliarden verschlang, glänzen innen mit Gold und Luxus im Überfluss. Und wenn es in dem kleinen Emirat Dubai mal zu eng wird für ein neues Prestigeprojekt, trotzt der Staat dem Meer
neue Fläc en ab. Dem Beispiel folgt selbst das benachbarte Abu Dhabi, das flächenmäßig bei weitem größte und dünn besiedelste der sieben Emirate. Dabei zeigt der 360-Grad-Ausblick vom Etihad Tower, dem höchsten Aussichtspunkt der Stadt: Hier ist so viel freies Bauland, dass Investoren noch viele Projekte verwirklichen können.
Deutsches Know-how ist gefragt
Die einstigen Wüstenstaaten sind zu einem attraktiven Investitionsstandort aufgestiegen. Und auch global zeigen die Vereinigten Arabischen Emirate immer stärker Flagge, traten zum Beispiel 2024 dem Wirtschaftsbündnis BRICS bei, das einst Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika gründeten und das zuletzt starken Zulauf erhielt. In Deutschland übernahm mit dem staatlichen Ölkonzern Adnoc erstmals ein Unternehmen aus den VAE die Mehrheit an einem Dax-Konzern, dem Kunststoffhersteller Covestro. Dass Geld da ist, lassen die Emirate auch mit prestigeträchtigen Projekten wissen. Um etwa ein in Abu Dhabi gebautes Museum Louvre nennen zu dürfen, zahlte der Golfstaat allein 400 Millionen Euro an Frankreich, gleich nebenan baut das Land aktuell das weltgrößte Guggenheim Museum. Doch die Abhängigkeit von den Petro-Dollars soll sinken, deshalb wird kräftig in andere Branchen investiert. Und da kommen die deutschen Unternehmen ins Spiel. Sehr gefragt sei deutsches Knowhow aus dem Automobilbereich, dem Bausektor, Maschinen- und Anlagenbau sowie Lösungen rund um das Thema Energie, sagt Martin Henkelmann, der seit Anfang 2025 Hauptgeschäftsführer der Deutsch- Emiratischen Handelskammer ist.
Die „Nichtölwirtschaft“ als Wachstumstreiber
Unter den sechs Staaten des Golfkooperationsrates (Saudi-Arabien, VAE, Katar, Kuwait, Bahrain, Oman) gehören die VAE zu den Ländern mit dem höchsten Wirtschaftswachstum. Das wird von gerade mal rund elf Millionen Einwohnern erwirtschaftet, von denen nur rund 10 Prozen Staatsangehörige der VAE sind. Der Löwenanteil entfällt auf Arbeitsmigranten. Die emiratische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds (IWF) kalkulieren für 2024 mit einem Anstieg des Wirtschaftswachstums auf 4 Prozent. Dabei gilt die Nichtölwirtschaft mit plus 5,2 Prozent als maßgeblicher Wachstumstreiber. Aktuell schätzt der IWF, dass sich das reale BIP-Wachstum 2025 sogar auf 5,1 Prozent beschleunigt. Die Erholung der deutschen Lieferungen in die VAE hat sich 2024 fortgesetzt. Im Corona-Jahr 2020 waren die Ausfuhren auf 6,9 Milliarden Euro eingebrochen. Für 2024 zeichnet sich ab, dass die Marke von 8,7 Milliarden Euro aus dem Jahr 2019 überschritten wird. Einen Platz am Golf wollen sich immer mehr Unternehmen sichern, das gilt für deutsche Konzerne ebenso wie für Mittelständler. In der Dubai Mall – mit 350.000 Quadratmetern Verkaufsfläche und mehr als 1.200 Geschäften inklusive Schlittschuhbahn und begehbarem Aquarium selbstverständlich die größte Mall der Welt – werben deutsche Unternehmen für Wertarbeit Made in Germany. Ein Gütesiegel, das laut Henkelmann auch in den VAE hohes Ansehen genießt. In den smart gestylten Boutiquen verkaufen die Händler unter anderem Luxuskarossen von Maybach, Koffer von Rimowa, Mode von Boss, Kameras von Leica oder Uhren von Lange & Söhne.
Die Märkte und Kulturen unterscheiden sich
Die Pfleiderer Group, Premiumhersteller von Holzwerkstoffen aus Bayern, ist bereits seit Anfang 2024 mit einer Niederlassung in Dubai vertreten. Nach Ansicht von Hauptgeschäftsführer Frank Herrmann müssten sich Unternehmen in allen Auslandsmärkten intensiv auf die Kultur und das typische Geschäftsverhalten einstellen und ein Vertrauensverhältnis mit den Kunden vor Ort aufbauen: „Das gelingt mit einer eigenen Niederlassung vor Ort besser und sendet auch ein klares Signal an den Markt.“ Die deutsche und arabische Geschäftskultur unterscheiden sich deutlich, bestätigt auch Alexander Botar, der seit Anfang 2023 für die Frankfurter Lunatec GmbH den Vertrieb in den VAE aufbaut: „Während es in Deutschland oft schwierig ist, überhaupt in Kontakt mit potenziellen Kunden oder Partnern zu kommen, geschieht dies in Dubai sehr leicht. Allerdings bedeutet ein erster positiver Austausch hier wenig – rund 80 bis 90 Prozent der Leads verlaufen im Sande.“
Eine weitere Herausforderung sei die Zahlungsmentalität: „Es gibt viele Unternehmen, die Dienstleistungen beauftragen, diese erhalten – und dann verschwinden, ohne zu zahlen“, ergänzt Botar. Daher arbeiten die meisten etablierten Dienstleister in Dubai nur auf Vorkasse. Diese verbreitete Unsicherheit führe dazu, dass viele seriöse Unternehmen neue Anbieter erst einmal kritisch beäugten. Zudem gebe es hohe Anfangskosten: Mieten etwa müssten in der Regel für mehrere Monate im Voraus bezahlt werden.
Große Herausforderungen und große Chancen
„Die Emirate zielen darauf, neue Wirtschaftsbereiche zu erschließen, und unterstützen daher industrielle und dienstleistungsorientierte Ansiedlungen in vielen Sektoren“, erklärt AHK-Hauptgeschäftsführer Martin Henkelmann „Gleichzeitig werden Importe, auch für die wachsende Bevölkerung, weiterhin wichtig bleiben.“ Doch das Umfeld sei sehr innovationsfreundlich. Wer etwas Neues ausprobieren möchte, bekomme den roten Teppich ausgerollt.
Und auch der Tourismus freut sich über die steigende Beliebtheit bei Reisenden. Die Metropole mit der spektakulären Skyline lockt Geschäftsreisende und Touristen gleichermaßen. Indoor-Skipisten, Infinity-Pools in luftiger Höhe, die weltlängste urbane Seilrutsche sowie lange saubere Sandstrände ziehen auch verwöhnte Globetrotter an. Laut Marktforscher Euromonitor International lag Dubai im Jahr 2024 mit 18,2 Millionen Einreisenden auf Rang sieben der meistbesuchten Städte der Welt. Die Guides vor Ort werden auch künftig gut beschäftigt sein.
Eli Hamacher