Wertewandel prägt die Generation Z – eine Herausforderung für alle Unternehmen
Die dritte Ausgabe des IHK-Kongresses „Zukunft Ausbildung gestalten“ stand im Zeichen von „Werten als Wegweiser für eine moderne Ausbildung. Auch die direkt Betroffenen sind eindrucksvoll zu Wort gekommen.
Zuhörer beim Zukunftskongress Ausbildung
Knapper und präziser als Andrea Bosch hätte niemand das Ergebnis der dritten Ausgabe des Kongresses „Zukunft Ausbildung gestalten“ der IHK Region Stuttgart auf den Punkt bringen können: „In den ersten beiden Jahren haben wir gefragt, was wir tun müssen, damit Ausbildung in ihren Strukturen und in ihren Inhalten weiterhin modern und anspruchsgerecht ausgestaltet ist“, erklärte die stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der IHK Region Stuttgart und Leiterin der Abteilung berufliche Bildung und Fachkräfte in ihrem Schlusswort.
Andrea Bosch
Dann fügte sie hinzu: „Aber ich glaube, der heutige Tag hat gezeigt, dass es extrem wichtig ist, immer wieder auch die jungen Menschen selbst in den Fokus zu rücken und zu überlegen, welche Ordnungs- und Wertehaltung unsere Auszubildenden haben.“ Nicht umsonst hatten die Verantwortlichen als Untertitel des diesjährigen Kongresses „Werte als Wegweiser für eine moderne Ausbildung“ gewählt.
Rund 400 Gäste sind am Donnerstag der Einladung der IHK Region Stuttgart und des Kooperationspartners Südwestmetall gefolgt. Teilgenommen haben Personal- und Ausbildungsverantwortliche aus kleinen, mittleren und großen Unternehmen, Berufsschullehrerinnen und Berufsschullehrer, Expertinnen und Experten aus der dualen Berufsausbildung, sowie Sozialpartner und Vertreter aus Wissenschaft, Politik, Verbänden und Kammern.
Dafür, dass sie ihre Teilnahme an der von Michael Antwerpes souverän moderierten sechsstündigen Marathonveranstaltung im Stuttgarter IHK-Haus keine Sekunde bereut haben dürften, gab es gleich mehrere Gründe. Zum einen bekamen die Gäste jede Menge Informationen und Zahlen präsentiert, die einen guten Einblick in die aktuelle Gefühlslage der Generation Z erlauben.
1300 Azubis nahmen an IHK-Umfrage teil
So bettete Marina Kuttig, Leiterin der Nachwuchskräfteentwicklung der Deutschen Telekom AG, ihre spannenden Erkenntnisse zu den Wünschen und Bedürfnissen der 5000 Telekom-Auszubildenden – in eine Fülle von Erkenntnissen zur Gedankenwelt der Generation Z ein. Der Bielefelder Professor für Erziehungswissenschaften, Frederick de Moll, stellte die druckfrische Umfrage der IHK Region Stuttgart vor, an der sich rund 1300 Auszubildende beteiligt hatten.
Überraschend dabei, dass den Azubis in der Region ein sicherer Arbeitsplatz wichtiger ist als „genügend Freizeit“. Aufhorchen lässt auch das Ergebnis, dass ein „gutes Einkommen“ deutlich hinter diesen beiden Topwünschen folgt und sich nur knapp vor „guten Karriereaussichten“ und der „Sinnhaftigkeit“ des Jobs Platz drei der Prioritätenliste eroberte.
Auszubildende reden mit
Vor allem aber die Tatsache, dass an diesem Tag nicht nur ÜBER die Auszubildenden geredet wurde, sondern dass vier von ihnen bei einer Diskussionsrunde aus ihrer eigenen Perspektive schildern durften, was für sie eine zeitgemäße Ausbildung ausmacht, verlieh den statistischen Zahlen eine aktuelle Brisanz. Die Erkenntnis: will man junge Menschen für attraktive Stellen gewinnen, muss man auch in ihre Gefühls- und Wertewelt eintauchen.
Was sich die Jugendlichen heute wünschen, sind Vertrauen, Kommunikation auf Augenhöhe, gute Zusammenarbeiten mit den anderen Azubis aber auch mit den Ausbildern und Führungskräften: Die Auszubildenden wollen Teil des Teams sein und als solches auch wertgeschätzt werden.
Gemeinsinn steht nicht mehr so hoch im Kurs
Allerdings sind auch diese Wertvorstellungen nicht festgeschrieben, sondern sie unterliegen einem rasanten Wandel. Standen vor wenigen Jahren noch Nachhaltigkeit und Gemeinschaftssinn hoch im Kurs, gewinnen individuelle Wünsche der Jugendlichen aktuell immer mehr an Bedeutung.
Dr. Thorsten Pilgrim
Das bedauerte zum Auftakt des Kongresses auch Dr. Thorsten Pilgrim, Kinderarzt, sechsfacher Vater und Vizepräsident der IHK Region Stuttgart: „Jeder schaut auf seine eigenen Ziele und nimmt sich selbst immer wichtiger.“ Auch Werte wie Umweltbewusstsein und politisches Engagement treten immer weiter in den Hintergrund.
Ausbildungsbetriebe stehen damit nicht nur vor der Aufgabe, jungen Menschen berufliche Kompetenzen zu vermitteln, sondern auch gesellschaftliche Werte wieder stärker ins Zentrum zu rücken.
Auch das hat sicher etwas mit Kommunikation auf Augenhöhe zu tun.