Hellner Moden, CJBW Schiffsmakler, Süßmosterei Steinmeier

Brücke, Schiene, Hafen – Baustelle Infrastruktur

Mit der Marschbahn, dem Flensburger Wirtschaftshafen und der Schleibrücke Lindaunis sorgen drei Infrastrukturprojekte für Unsicherheit und Ärger bei den betroffenen Unternehmen. Ein Einzelhändler, eine Schiffsmaklerin und ein Mosterei-Inhaber berichten, welche Folgen das für ihren Arbeitsalltag hat.
Der Flensburger Wirtschaftshafen bleibt wahrscheinlich am Ostufer – nach der Nachricht klingelte bei Schiffsagentin Annika-Fee Schulz sofort das Telefon. Unternehmen riefen an, die wieder ihre Ware bei ihr umschlagen wollen. Die Symbolwirkung, dass es weitergeht, sei enorm gewesen, sagt die Unternehmerin, die letztes Jahr die CJBW Schiffsmakler GmbH übernommen hat. Mit ihrem Betrieb bildet sie das Verbindungsstück zwischen Reederei und Land. Sie sorgt dafür, dass Behörden informiert sind, organisiert das Entladen der Ware und den anschließenden Abtransport per Lkw.
„In den letzten Jahren sind Kunden weggegangen, weil sie nicht wussten, ob sie hier in den nächsten fünf Jahren noch umschlagen können“, sagt Schulz. Sie wäre froh, wenn der Hafen am Harniskai bliebe, denn die Bedingungen am Westufer seien alles andere als optimal: keine direkte Lagerfläche am Pier, nur einer statt drei Liegeplätze für Schiffe, stärkere Hochwasser- Gefahr und eine Lagerhalle mit logistischen Mängeln.
Am Wirtschaftshafen kommen Baustoffe wie Split oder Agrarwaren wie Kalk, Dünger und Futtermittel an, die an Bau- und Landhandelsunternehmen im Hinterland geliefert werden. „Wenn gewünscht, können wir auch Holz oder Projektladung wie große Teile für Maschinen umschlagen“, sagt sie. Zudem sieht die Schiffsmaklerin im kleinen Kreuzfahrtsegment touristische Chancen für den Standort.
Ohne den Flensburger Wirtschaftshafen müsste die Ware von Apenrade oder den Westküstenhäfen per Lkw kommen. „So ist die regionale Wirtschaft abhängig von Dänemark und hat längere Wegstrecken, die sich auf den Preis niederschlagen und mehr Emissionen verursachen“, erklärt Schulz. „Ein Düngerschiff bringt 3.000 Tonnen Ladung, dafür braucht es 120 volle Lkw, die hin- und zurückfahren müssen, was den Verkehr auf der Straße noch stärker belasten würde.“
Ich wünsche mir das Bekenntnis von der Stadt: ‚Wir wollen Hafen.‘

Annika-Fee Schulz

Auch auf die Kritik, der Umschlag im Hafen sei stark zurückgegangen, weiß sie eine Antwort: Es gebe seit 2010 zwar 70 Prozent weniger Schiffe, aber nur 30 Prozent weniger Ladung, weil die Schiffe heute größer sind. „In den vergangenen zehn bis 15 Jahren hat die Stadt als Betreiber alles dafür getan, damit es dem Hafen schlecht geht – Kunden nicht angenommen, die Preise unattraktiv gestaltet.“ Schulz fordert, es brauche einen Hafenmanager, der den Hafen entwickelt und vermarktet. „Ich wünsche mir das Bekenntnis von der Stadt: ‚Wir wollen Hafen.‘“
Für den Sylter Unternehmer Karl Max Hellner hat ein anderes Infrastruktur-Projekt oberste Priorität: der zweigleisige Ausbau der Marschbahn in Nordfriesland. Die Bahnstecke ist die wichtigste Verkehrsader für die Insel, denn eine Straße oder deutsche Fährverbindung gibt es nicht. 4.000 Pendler nutzen die Strecke am Tag und haben täglich mit Verspätungen und Ausfällen zu kämpfen. Der Grund: Zwischen Morsum und Westerland sowie Niebüll und Klanxbüll ist sie eingleisig – einzige Ausnahme ist der zweigleisige Abschnitt am Bahnhof Lehnshallig.
„Das Problem ist, dass 56 von 60 Minuten auf der Strecke belegt sind. Verzögert sich ein Zug, müssen die anderen warten und jede noch so kurze Verspätung wirkt sich wie ein Dominoeffekt auf den ganzen Tag aus“, so Hellner, der bis vor kurzem noch Vorsitzender des Vereins Sylter Unternehmer war und sich in dieser Funktion für die Belange der Wirtschaft auf der Insel stark gemacht hat.
Von seinen 70 Mitarbeitenden im Einzelhandelsbetrieb Hellner Moden pendeln 40 vom Festland zur Insel. Wenn der Zug mal wieder zu spät kommt, geben sie kurz Bescheid. „Das lösen wir unbürokratisch. Das Problem ist nur, dass wir als Arbeitgeber nicht für die verlorene Zeit aufkommen können. Unsere Mitarbeitenden werden erst bezahlt, wenn sie bei der Arbeit sind“, sagt der Unternehmer. Mit dem Verein Sylter Unternehmer habe er bereits 100 Wohnungen für Angestellte gebaut. „Aber nicht jeder möchte auf der Insel wohnen. Zudem sind auch Krankenhäuser, die Polizei und schließlich die Touristen auf eine funktionierende Verbindung angewiesen“, erklärt er. 221 Millionen Euro soll die Zweigleisigkeit kosten. Hellner selbst ist zuversichtlich, dass der Ausbau kommt, und auch die Landespolitik ist sich einig. Nun muss der neue Bundestag entscheiden.
Für die klappbare Lindaunis-Brücke ist der Ausbau schon in vollem Gange, allerdings mit erheblichen Verzögerungen. Statt wie ursprünglich geplant 2023, gibt es aktuell keinen offiziellen Zeitplan – Gerüchten zufolge ist 2030 das neue Ziel für die Fertigstellung. Die gesperrte Brücke ist eine der wichtigsten regionalen Verbindungen für den Verkehr auf der Straße, Schiene und dem Wasser. Auch die Süssmosterei Steinmeier GmbH & Co. KG in Kiesby/Kaltoft fahren weniger Privatkunden an, die im Herbst ihre Äpfel abgeben. „Die Situation ist so nicht tragbar“, sagt Heinz Wilhelm Steinmeier.
Die Situation ist so nicht tragbar.

Heinz Wilhelm Steinmeier

Das Unternehmen liefert täglich Flaschen an Vertriebspartner in die Region aus und muss, statt den direkten Weg über die Brücke zu nehmen, über Kappeln und Eckernförde ausweichen. „Für unsere Lieferungen nach Gettorf, Großwittensee, Kiel oder Eckernförde brauchen wir pro Strecke viel länger. Das kostet Zeit und Geld und stellt gerade vor dem Hintergrund gestiegener Mautgebühren für Lkw auf Autobahnen und Bundesstraßen eine zusätzliche Belastung dar“, so der Geschäftsführer, der froh ist, dass keiner seiner elf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom anderen Ufer der Schlei zum Betrieb pendeln muss.
Zudem beschäftigen Heinz Wilhelm Steinmeier hohe Energiekosten, seit letztem Jahr nahezu verdoppelte Mautgebühren aufgrund von CO2-Abgaben für den Verkehr, gestiegene Rohwarenpreise und zurückhaltende Konsumenten. Die Brücke ist also eine von vielen Herausforderungen, die den Unternehmer belasten. Wir haben eine Plattform eingeführt, die uns genau sagt, welche Gerichte nachgefragt sind, damit wir entsprechend Lebensmittel bestellen können. Andre Cardell, Alex Kitchen Bei einem Betrieb in der Region forderte die Sperrung schon ihren Tribut: Ende 2023 schloss der Obsthof Stubbe mit dazugehörigem Café, weil die Tagesgäste ausblieben.

Autorin: Aenne Boye
Veröffentlicht: April 2025