Region - Ausgabe November 2023

Für mehr ausländische Fachkräfte

Der Arbeitskräftemangel ist überall zu spüren. In Bayern lag die Zahl der offenen Stellen im Jahresdurchschnitt 2022/2023 bei knapp 160.000. Mithilfe von Zuwanderung aus dem Ausland soll der Bedarf zumindest teilweise gedeckt werden. Die Bundesregierung hat bereits 2020 versucht, die Möglichkeiten zur Einreise ausländischer Fachkräfte zu erleichtern und das Fachkräfteeinwanderungsgesetz verabschiedet. In diesem Jahr hat sie das Gesetz überarbeitet und weiterentwickelt. Es wurde im August veröffentlicht und tritt ab November 2023 bis Juni 2024 schrittweise in Kraft.
Die drei Säulen der Gesetzesnovelle lauten Qualifikation, Erfahrung und Potenzial. Grundsätzlich soll Fachkräften mit Berufsausbildung und Arbeitserfahrung durch die neuen Regelungen die Zuwanderung nach Deutschland erleichtert werden. „Das Gesetz geht in die richtige Richtung“, sagt IHK-Hauptgeschäftsführer Dr. Jürgen Helmes. Er zeigt sich jedoch skeptisch, ob die Novelle in der Praxis große Wirkung entfalten kann. Denn mit einem progressiv gestalteten Gesetz allein sei es nicht getan. „Die langwierigen Prüfprozesse und die schleppende Visavergabe schrecken ausländische Fachkräfte ab.“ Hinzu komme die mitunter fehlende Willkommenskultur hierzulande. „Der Erfolg qualifizierter Einwanderung wird auch davon abhängen, ob die Menschen beim Start vor Ort, beim Deutschlernen und bei der Integration begleitet werden.“
Stephan K. Fischer, Fischer Licht & Metall GmbH & Co. KG
Der Unternehmer Stephan K. Fischer von der Fischer Licht & Metall GmbH & Co. KG in Mühlhausen sieht darüber hinaus die Verfügbarkeit von Wohnraum als entscheidend. „Wenn keine angemessenen und vor allem bezahlbaren Wohnmöglichkeiten zur Verfügung stehen, wird es nicht gelingen, Fachkräfte aus dem Ausland zu gewinnen. Wir brauchen hier auch einfach gebauten Wohnraum, der schnell zur Verfügung steht. Dafür gibt es tolle Lösungen.“ Hier brauche es mehr staatliche Anstrengungen, um das Bauen zu fördern und zu erleichtern, zusätzliches Bauland zur Verfügung zu stellen, Genehmigungsverfahren zu beschleunigen, das Bauordnungsrecht zu vereinfachen.

Qualifikations-Säule

Ab November 2023 gilt: Wer über einen in Deutschland anerkannten Berufsabschluss (Ausbildung oder Studium) verfügt, soll künftig jede qualifizierte Beschäftigung ausüben dürfen. Die Gehaltsschwelle für die Blaue Karte (diese gilt nur für Akademiker und IT-Spezialisten) wird deutlich abgesenkt auf aktuell ca. 40.000 Euro brutto für Engpassberufe und Berufsanfänger sowie ca. 44.000 Euro brutto jährlich für alle anderen Berufe. Die Liste der Engpassberufe wird erweitert. Ab März 2024 wird es die Möglichkeit der Einreise zur Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikation (Anerkennungspartnerschaft) geben. Voraussetzung ist, dass der Abschluss im Herkunftsland anerkannt wird und die Ausbildung mindestens zwei Jahre gedauert hat sowie hinreichende deutsche Sprachkenntnisse (A2-Niveau) vorhanden sind. Möglich ist für die Dauer des Verfahrens eine Beschäftigung von bis zu 20 Stunden pro Woche. Ähnliches gilt für      die Einreise für Qualifizierungs-/Anpassungsmaßnahmen.

Erfahrungs-Säule

Ab November 2023 wird für IT-Spezialisten (Blaue Karte), die über keinen Hochschulabschluss verfügen, die Dauer der notwendigen Berufserfahrung auf drei Jahre gesenkt. Sie müssen auch keine Deutschkenntnisse mehr nachweisen. Ab März 2024 kann jeder, der über eine im Herkunftsland anerkannte mindestens zweijährige Ausbildung sowie zwei Jahre Berufserfahrung verfügt, als Fachkraft einreisen, ohne den Abschluss in Deutschland anerkennen lassen zu müssen. Bei erstmaliger Einreise sowie bei über 45-Jährigen gilt im Regelfall ein Bruttomindestgehalt von aktuell etwa 40.000 Euro jährlich.

Potenzial-Säule

Ab Juni 2024 wird es dann möglich sein, auch ohne konkretes Jobangebot einzureisen und ein Visum zur Arbeitssuche zu erhalten. Hierfür wird für zwölf bis maximal 24 Monate eine sogenannte Chancenkarte erteilt, die für vorhandene Qualifikationen, Deutsch- und Englischkenntnisse, Berufserfahrung, Deutschlandbezug, Alter und Potenzial der Ehepartner Punkte vergibt. Möglich sind sowohl eine zweiwöchige Probebeschäftigung als auch eine Nebenbeschäftigung von 20 Stunden pro Woche.
Dr. Jürgen Helmes, IHK Regensburg für Oberpfalz / Kelheim

Weitere Regelungen

Ab März 2024 wird es für Asylbewerber die Möglichkeit zum Spurwechsel geben, sofern sie über eine entsprechende Qualifikation verfügen und sich bereits in einem Arbeits- oder Ausbildungsverhältnis befinden bzw. ein konkretes Angebot haben. Dann können sie den Asylantrag zurücknehmen und eine Aufenthaltserlaubnis als Fachkraft beantragen. Im Juni 2024 wird die Westbalkanregelung entfristet und das Kontingent der Zulassungen auf 50.000 erhöht. Damit können zusätzliche Staatsangehörige der sechs Westbalkanstaaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Republik Nordmazedonien, Montenegro und Serbien auch ohne Qualifikationsnachweis für jede Beschäftigung eine Einreiseerlaubnis erhalten. Grundsätzlich gilt, dass künftig für die Einreise als Fachkraft keine deutschen Sprachkenntnisse nötig sind, nur für die Einreise zur Ausbildung, Anerkennung und/oder Nachqualifizierung.

Weitere Infos
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Ansprechpartnerin
Karen Fisher | 0941 5694-258 | fisher.karen@regensburg.ihk.de

Autorin: Karen Fisher