Nicht sexy aber sinnvoll

2025 stellen wir Ihnen in jeder Ausgabe eine Unternehmerin aus der Region vor: Vor vier Jahren übernahm Sarah Constanze Schubert die Florett GmbH in Cham als Geschäftsführerin im Rahmen einer Nachfolgeregelung. Das 65-jährige Traditionsunternehmen hatte es der Betriebswirtin von Anfang an angetan: Schuhe zu produzieren, das sei etwas sehr Handfestes, noch dazu im medizinischen Bereich.
Die Hallen, das Lager, die Büros – das lag alles ein klein bisschen im Dornröschenschlaf, erinnert sich Sarah Constanze Schubert, Geschäftsführerin der Florett GmbH in Cham, an ihre ersten Tage im Unternehmen. Damals noch in Regensburg ansässig, kümmerte sich „die Neue“ deshalb direkt darum, sukzessive Dinge zu verändern: „Ich habe unser Logo aufgehübscht, den Vertrieb angekurbelt, Orthopädie-Messen besucht“, erinnert sie sich an den Sommer und Herbst 2020. Alles ein bisschen, von nichts zu viel, denn schließlich lief der Laden ja passabel und sollte in seiner Existenz nicht gefährdet werden. „Retrospektiv bin ich freilich unendlich froh, dass ich die meisten Dinge unmittelbar angestoßen habe, denn die Ergebnisse und Erfolge spüren wir erst jetzt – es dauert alles unendlich lang“, so Schubert. Doch die Maßnahmen von damals waren die richtigen. Das nütze heute, wo immer mehr Hersteller und Betriebe aller Branchen schwierigeren Zeiten entgegensehen, unschätzbar viel. Doch zunächst ist es 2020, und Schubert investiert, kauft neue Maschinen, aber auch gesundheitsfördernde Bodenmatten für die Belegschaft, kümmert sich um die Zertifizierung der Schuhe als Medizinprodukte, damit sie die Krankenkassen weiterhin bezuschussen.

Sinnstiftende Produkte

Heute, nach etwas mehr als vier Jahren zeigen sich die Ergebnisse: Für die 1959 in Cham gegründete Florett GmbH bedeutet dies in Zeiten der Stagnation in Deutschland vor allem, dass sie aktuell erfolgreich auf Auslandsmärkten expandieren kann: Saudi-Arabien und das Vereinigte Königreich sind ausgelobte Ziele. Schuberts Kassenschlager sind medizinische Schuhe, vor allem die sogenannten Verbandschuhe, die Menschen tragen können, die gerade aufgrund von Krankheiten in sonst keinen Schuh passen. „Die sind zwar nicht sonderlich sexy, aber sie ermöglichen Menschen, am Leben teilzunehmen, was sie sonst nicht könnten“, sagt die Geschäftsführerin. „Sie können in den Reha-Einrichtungen zum Beispiel zum gemeinsamen Abendessen gehen.“

Diese sinnstiftenden Produkte ähneln denjenigen, die am Beginn von Schuberts Karriere standen, nur sehr bedingt. „Ich war zwar auf der Sozial-FOS, habe aber mit einem Dualen Studium bei der Parfümeriekette Douglas begonnen – und das war so eine Kaderschmiede, in der Nettigkeit ganz großgeschrieben wurde“, sagt Schubert. Dieses Mindset sei anfangs in der Mitarbeiterführung nicht nur ein Plus gewesen – schließlich gebe es auch immer wieder Situationen, in denen „nett“ nicht weiterhilft. Inzwischen habe sie gelernt, auch entschieden durchzugreifen, wenn es sein müsse – glücklicherweise nicht allzu oft.

Respektvoller Umgang

Ihr oberstes Prinzip in der Mitarbeiterführung sei, mit jedem Menschen gleich umzugehen – unabhängig seines Jobs oder seiner Qualifikation. „Alle sind mit demselben Respekt zu behandeln“, sagt Schubert, von deren 65-köpfiger Belegschaft rund 55 Frauen sind. Außerdem seien ihr Highlights wichtig: mal einen Kuchen mitbringen oder Blumen zum Valentinstag, einfach nur, um Freude und Wertschätzung zu zeigen. Die Belegschaft dankt es ihr. Im Zuge der Übernahme im Jahr 2020 blieben alle in der Firma. Jemand habe ihr damals gesagt, er sei froh, dass keine „Schuhfrau“ das Unternehmen übernommen habe, sondern jemand mit betriebswirtschaftlichem Know-how.
„Alle sind mit demselben Respekt zu behandeln.“

Sarah Constanze Schubert


Schubert, die zuvor als Unternehmensberaterin gearbeitet hatte, suchte die Herausforderung: „Ich wollte einfach länger dabeibleiben als immer nur in einem kurzen Projekt, ich wollte wirklich etwas gestalten“, sagt sie. Das gelingt ihr bis heute, die Kernidee der Florett GmbH hat sie bewahrt: Flexibilität wie eine biegsame Klinge sollte der Name in den Fünfzigern zeigen. Heute ist es kein Widerspruch, ein riesiges Never-out-of-Stock-Lager zu unterhalten – wenn man gleichzeitig eine Belegschaft hat, „bei der jeder alles kann und macht“, so Schubert.

800 Paar Schuhe pro Tag

Derzeit stellt die Florett GmbH 800 Paar Schuhe am Tag her – „wir könnten auch 1.000“, sagt Schubert, doch dazu sei noch etwas Vertrieb nötig. Der ist indes über acht Mitarbeitende organisiert, die ganz klassisch mit dem Koffer voll Schuhe durch die Lande fahren. Hauptkunden sind heute neben dem klassischen Schuhhandel Orthopädiefachgeschäfte und Sanitätshausverbünde. Die gesamte Herstellung erfolgt in Cham, mit einem kleinen Anteil in der Slowakei. Wenn nötig, könne ein spezieller Schuh aus den Rohmaterialien, die aus Spanien und Italien stammen, in einem Tag fertig sein.

Doch das sei nicht erforderlich, das Lager sei voll, denn „wenn unsere Kunden bestellen, musst du liefern können und zwar alle Größen und Farben“, erklärt Schubert. Nur so sei es möglich, den erklärten Zielen dauerhaft treu zu bleiben: „Denn unsere Vision ist es, dass jeder Mensch passende Schuhe tragen kann und die Mission dahinter, dass wir Arbeit und Ertrag in Deutschland erhalten“, sagt Schubert. „Und dafür arbeiten wir jeden Tag.“
(Autorin: Alexandra Buba)