DIHK-Änderungsvorschläge zur Strom- und Gaspreisbremse und zur Erlösabschöpfung am Strommarkt


1.    Anhebung der Grenze für den Standorterhalt (§ 30 Absatz 1 Gaspreisbremsengesetz)
Die derzeitige Grenze von 2 Mio. Euro für den Nachweis des Standorterhalts sollte auf mindestens 4 Mio. Euro je Unternehmen angehoben werden
Begründung: Angesichts der aktuellen Preissituation am deutschen Energiemarkt sind viele Betriebe bereits im internationalen Wettbewerb benachteiligt und stellen sich die Frage, ob sie ihren Standort in Deutschland beibehalten können. Eine solche Regelung führt daher in vielen Fällen nicht zur Standortsicherung, sondern befördert eher das Gegenteil. Eine Anhebung der Grenze würde diese Gefahr mindern. 
2.    Keine Verpflichtung zum Verzicht auf Boni und Dividenden
Wie in der Kabinettsfassung zur Strom- und Gaspreisbremse vorgesehen, sollten Unternehmen trotz der Hilfen Boni und Dividenden auszahlen bzw. ausschütten können, solange der Staat sich nicht an Unternehmen beteiligt.
Begründung: Ein Verzicht auf Boni und Dividenden würde die Unternehmen zusätzlich schwächen - im Hinblick auf Fachkräftegewinnung und Finanzierungsmöglichkeiten. Die Inanspruchnahme der Bremsen könnte dadurch für viele Unternehmen unmöglich werden. 
3.    Berücksichtigung von geringeren Verbräuchen 2021 wegen Lockdowns bei leistungsgemessenen Unternehmen
Das Kontingent für alle Branchen, die 2021 im Lockdown waren, sollte auf mindestens 100 Prozent des Verbrauchs 2021 angehoben werden. Eine Liste mit entsprechenden NACE-Codes kann dem Gesetz angefügt werden. 
Begründung: Die Lockdowns haben den Strom- und Gasverbrauch drastisch sinken lassen. Um die Unternehmen angemessen zu entlasten, sollte daher das Kontingent von 70 Prozent auf Basis 2021 deutlich angehoben werden. 
4.    Anhebung der Schwellen für Meldepflichten
Die Meldepflicht ab einem monatlichen Beihilfebetrag von 150.000 Euro halten wir für zu niedrig. Gleiches gilt für die Meldepflicht beim Netzbetreiber bis 30.06.2024 ab einer Grenze von 100.000 Euro Gesamthilfebetrag. Sie sollte auf 1 Mio. Euro angehoben werden. 
Begründung: Da sowieso eine Spitzabrechnung im Nachhinein erfolgt, regen wir an, die Grenze für die monatliche Beihilfesumme zu erhöhen, ab der gemeldet werden muss und dadurch Bürokratie bei den Letztverbrauchern und den Energieversorgern einzusparen. Gleiches gilt für die Meldegrenze nach Ablauf der Bremsen. Erst ab einem Betrag von mehr als 2 Mio. Euro werden schließlich Nachweise von Seiten der EU gefordert. 
5.    Anhebung der Bagatellgrenze für Eigenversorgungsanlagen bei der Erlösabschöpfung
Anlagen, die überwiegend zur Eigenversorgung genutzt werden, sollten erst ab 10 MW und nicht schon ab 1 MW in die Erlösabschöpfung einbezogen werden. Hierfür können Vorgaben für den Grad der Eigennutzung sinnvoll sein. 
Begründung: Bei solchen Anlagen handelt es sich in der Regel um Einzelanlagen, sodass der bürokratische Aufwand für die Anlagenbetreiber unverhältnismäßig hoch wäre und eine Ausnahme schon aus diesem Grund gerechtfertigt ist. Lediglich Reststrommengen werden am Markt verkauft. 
6.    Keine Einbeziehung von förderfreien PPAs in die Erlösabschöpfung
Für Direktlieferverträge (Power Purchase Agreements, PPAs) zwischen Anbieter und Abnehmern von erneuerbaren Energien ohne staatliche Förderung sollten Ausnahmen von der Einbeziehung in die Erlösabschöpfung festgelegt werden. Dies sollte sowohl für Bestandsanlagen als auch für Neuanlagen gelten und physische wie auch finanzielle Verträge berücksichtigen.
Begründung: Direktlieferverträge garantieren einen marktwirtschaftlichen Ausbau erneuerbarer Energien. Power Purchase Agreements (PPAs) beschleunigen nicht nur den kostengünstigen Ausbau, sondern ermöglichen der Wirtschaft, betriebliche Klimastrategien erfolgreich umzusetzen. Erlösobergrenzen für Direktlieferverträge würden bestehende Verträge aufkündigen und Zahlungsausfälle provozieren. Projekte in der Planungsphase würden eingefroren oder an anderen Standorten ohne Erlösobergrenzen verwirklicht und Neuabschlüsse ohne Förderung ließen sich wirtschaftlich nicht mehr finanzieren. Im Ergebnis würde der junge PPA-Markt in Deutschland austrocken und die Transformation der Wirtschaft an entscheidender Stelle ausbremsen.
7.    Klares Enddatum mit Rechtssicherheit für Unternehmen bei der Erlösabschöpfung
Die Bundesregierung sollte die Maßnahmen zur Abschöpfung von sogenannten Zufallsgewinnen nicht durch Verordnung im Sommer 2023 bis zum 31.12.2024 verlängern können. Die Branche braucht ein planbares und rechtssicheres Enddatum.
Begründung: Die mögliche Verlängerung über den 30. Juni 2023 hinaus sollte gestrichen werden, um den Vertrauensverlust in der Wirtschaft zu begrenzen. Grundsätzlich hält der DIHK eine Zusatzbesteuerung von Gewinnen, wie sie etwa für Raffinerien vorgesehen sind, für die bessere Alternative, weil Verwerfungen am Strommarkt vermieden und Unternehmen zu Investitionen insbesondere in erneuerbare Energien angereizt werden.
8.    Kein Ende der vermiedenen Netznutzungsentgelte für Bestandsanlagen
Auf die Streichung der vermiedenen Netznutzungsentgelte (vNNE) für Bestandsanlagen sollte verzichtet werden, da Neuanlagen ab 2023 diese sowieso nicht mehr erhalten sollen.
Begründung: Die Streichung der vNNE für Bestandsanlagen führt dazu, dass Anlagen ggf. nicht mehr wirtschaftlich betrieben werden können. Sie stellt einen massiven Eingriff in den Vertrauensschutz der Anlagenbetreiber dar.