Wie funktionieren die Strom- und Gaspreisbremsen?

Für das Jahr 2023 gelten Preisobergrenzen für Strom, leitungsgebundenes Gas, Wärme und Dampf. Diese gelten für ein bestimmtes Kontingent und sind an unterschiedliche Meldepflichten und durch das europäische Beihilferecht an vorgegebene Höchstgrenzen geknüpft. Wir haben den komplexen Sachverhalt – ohne Gewähr – für Sie zusammengetragen. 

Aktuelles

Die Prüfbehörden PwC und athene haben ihre Arbeit aufgenommen und eine Internetpräsenz aufgebaut. Die Prüfbehörde überwacht die Einhaltung der beihilferechtlichen Höchstgrenzen, die Verpflichtung zum Erhalt der Arbeitsplätze sowie das Boni- und Dividendenverbot. Die Prüfbehörden bearbeiten außerdem die Anträge sog. atypischer Verbräuche

Mitteilungspflichten

​​​Für die gesetzlich vorgesehenen Mitteilungspflichten an die Prüfbehörde stehen die bekannten Mail-Adressen zur Verfügung:
Für Rückfragen erreichen Sie die Prüfbehörde unter +49 30 2636 1111 bzw. de_pruefbehoerde_epb@pwc.com

Entlastungsbeträge zum Ausgleich atypischer Minderverbräuche

Über das digitale Antragsportal der Prüfbehörde wurde die Möglichkeit zur Beantragung zusätzlicher Entlastungsbeträge bei atypischen Verbräuchen nach § 12b StromPBG bzw. § 37a EWPBG geschaffen. Weitere Informationen dazu wurden kürzlich veröffentlicht: https://pruefbehoerde.pwc.de/assets/20230920_Pruefbehoerde_Antragsportal_vf.pdf.
Die Regelungen zum atypischen Verbrauch richten sich an Letztverbraucher von Strom und leitungsgebundenem Erdgas sowie (End-)Kunden von Wärme, deren Verbrauch in Folge der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie oder in Folge der Flutkatastrophe in 2021 um mindestens 40 % geringer als in 2019 gewesen ist. Damit wird möglichen negativen Effekten der Ableitung des Entlastungsbetrages auf der Basis des Verbrauchs des Jahres 2021 Rechnung getragen.
Leistungsgemessene Gas- und Stromkunden (RLM) sowie Wärmekunden > 1.500.000 kWh können bei der Prüfbehörde einen Antrag auf Gewährung eines zusätzlichen Entlastungsbetrages stellen, wenn
  • Corona-Überbrückungshilfen oder Mittel aus dem Fonds „Aufbauhilfe 2021“ bzw. entsprechende Versicherungsleistungen bezogen wurden.
  • Der gemessen Energieverbrauch an der Entnahmestelle 2021 mindestens 40 % niedriger war als 2019.
  • Die Höchstgrenze von 2 Mio. Euro voraussichtlich nicht überschritten wird.
  • Der zusätzliche Entlastungsbetrag mindestens 10.000 Euro (Gas und Wärme) bzw. 1.000 Euro (Strom) beträgt sowie
  • die sonstigen beihilferechtlichen Regelungen eingehalten werden.
Der Antrag ist im Zeitraum 1. bis 30. September 2023 bei der Prüfbehörde zu stellen, die den zusätzlichen Entlastungsbetrag nach einer bestimmten Formel festlegt.
Weitere Änderungen zu den Klarstellungen im Boni- und Dividendenverbot, der Anpassung des Entlastungsbetrages für von Betriebsschließungen während der Corona-Zeit betroffenen Unternehmen sowie zum Rückforderungsmechanismus finden Sie hier

Wie hoch ist die Preisbremse?

Alle Preisbremsen funktionieren ähnlich. Es werden zwei Verbrauchergruppen unterschieden. Die Grenze bildet jeweils ein definierter Verbrauch an der Netzentnahmestelle. Verbraucher, die sich unter dieser Grenze befinden, haben einen einheitlichen Deckel, ebenso wie die Verbraucher darüber. Dieser Deckel wird für ein bestimmtes Kontingent gewährt.
Bei den Strompreisbremsen profitieren etwa Unternehmen mit einem Stromverbrauch von maximal 30.000 kWh im Jahr von einer Preisobergrenze von 40 Cent/kWh (brutto) für eine Verbrauchsmenge, die 80 Prozent des prognostizierten Jahresverbrauchs entspricht. Darüber hinaus gehende Verbräuche werden zu den Konditionen des aktuellen Versorgungsvertrages abgegolten. Für Verbraucher oberhalb von 30.000 kWh im Jahr gilt eine Preisobergrenze von 13 Cent/kWh (netto). 
Eine grundsätzliche Orientierung bietet die folgende Abbildung:
Die Energiepreisbremsen werden erklärt
In Paragraph 14 Absatz 2 des Gas- und Wärmepreisbremsengesetzes ist festgelegt, dass die Bremse auch für den Bezug von Dampf gilt. Dies ist besonders für zahlreiche Industriebetriebe von Relevanz. Die Herstellung von Dampf auf verschiedenen Druckstufen erfordert in der Regel deutlich mehr Erdgas als zur Fernwärmeerzeugung und ist damit entsprechend kostspieliger. Vor diesem Hintergrund soll Kunden, die unmittelbar mit Dampf versorgt werden, ein Nettopreis von 9 Cent/kWh für ein Kontingent von 70 Prozent der jährlichen Referenzmenge garantiert werden. 

Besonderheit KWK

Für selbst genutzte Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen oder deren Kunden, die im Bereich der Wärme nicht gefördert werden, gilt die Gaspreisbremse auch. Allerdings müssen die an Dritte gelieferten Strom- und Wärmemengen von der Entlastung abgezogen werden. Gleiches gilt für Gas, das zur Erzeugung von Kondensationsstrom benötigt wird. Die maximale Entlastung für Netzentnahmestellen mit KWK-Anlagen beträgt allerdings 2 Millionen Euro. Reine Stromerzeugungsanlagen auf Gasbasis sind von einer Förderung ausgeschlossen.

Besonderheit Weiterleitung an Dritte

Als Verpflichtete zur Weiterleitung der Preisbremsen kommen nicht nur “klassische Versorger” in Betracht. Vor allem bei der Drittbelieferung bzw. Weiterleitung von Energie können Anlagenbetreiber von Kundenanlagen zu Lieferanten werden und damit bestimmten Pflichten unterliegen. 
Bei der Weiterleitung an Dritte gibt es je nach Art der Bremse unterschiedliche Betrachtungsweisen; eine erste Einschätzung:  
  • Weiterleitung von Gas: Der Weiterverkauf von Gas macht Betreiber von Kundenanlagen zum Lieferanten. Der Letztverbraucher der Kundenanlage hat dann Anspruch auf Entlastung. 
  • Weiterleitung von Fernwärme: Die Ermäßigung gilt für eigene Zwecke sowie für Miet- und Pachtverhältnisse, allerdings nicht beim Weiterverkauf ohne Mietverhältnis.
  • Weiterleitung von Strom: Handelt es sich nicht um ein öffentliches Netz, wird der Kundenanlagenbetreiber nicht als Lieferant eingestuft. Es entsteht keine Entlastungspflicht bei der Weiterleitung.
Es sollte also intensiv geprüft werden, ob man sich in einer Konstellation befindet, selbst Preisbremsen gewähren zu müssen. Dann sollte man sich u. a. auch rechtzeitig um die Einreichung von Vorauszahlungs-/Erstattungsanträgen kümmern. 

Wie erhalte ich die Preisbremse?

Der Energielieferant ist verpflichtet, die monatlichen Abschlagszahlungen an die neuen gesetzlichen Regelungen anzupassen, d. h. die Abschläge reduzieren sich für die Verbraucher, ohne dass es dazu eines gesonderten Antrags bedarf. Allerdings müssen Verbraucher, deren
  • jährliche Entlastung über 100.000 Euro und/oder
  • monatliche Entlastung über 150.000 Euro
an einer Entnahmestelle liegt, in einer Selbsterklärung bestimmten Meldepflichten nachkommen (siehe § 22 EWPG und § 30 StromPBG).
Bei Mietern erfolgt die Abrechnung i.d.R. über die Betriebskostenabrechnung. 

Welche Höchstgrenzen gelten?

Für die Summe aller staatlich gewährten Entlastungen (im Unternehmensverbund) greifen verschiedene Höchstgrenzen, die mit zusätzlichen Zugangsvoraussetzungen verbunden sind (siehe § 18 ff. EWPBG und § 9 StromPBG). 
Für die besonders großen industriellen Verbraucher mit einer Gesamtentlastung von mehr als 4 Mio., 50 Mio., 100 Mio. und bis zu 150 Mio. Euro gelten unterschiedliche Regelungen abhängig vom Gewinnrückgang des Unternehmens, der Einordnung als energieintensiver Betrieb oder der Energie- und Handelsintensität der jeweiligen Branche. Für Förderungen ab einer Höhe von 150 Mio. Euro sind Einzelnotifizierungen bei der Europäischen Kommission erforderlich.

Absolute Höchstgrenzen

... gelten für sämtliche Entnahmestellen im Unternehmensverbund, summieren sich über alle staatlichen Beihilfen für krisenbedingte Energiemehrkosten - insbesondere alle Preisbremsen, Dezember-Soforthilfe und das Energiekostendämpfungsprogramm. Sie stehen darüber hinaus in Bezug zu relativen Höchstgrenzen und damit einhergehenden maximalen Entlastungshöhen. 
Die Anforderungen sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst: 
Grenze
Anforderung 
bis 150 Mio. Euro
  • besondere Betroffenheit
  • energieintensiv
  • Branche nach Anlage 2 (ausgewählte Sektoren der Grundstoffindustrie)
bis 100 Mio. Euro
  • besondere Betroffenheit
bis 50 Mio. Euro
  • besondere Betroffenheit
  • energieintensiv

Relative Höchstgrenzen 

… gelten auf der Ebene der Letztverbraucher, kaprizieren auf krisenbedingte Energiemehrkosten und stehen in Bezug zur absoluten Höchstgrenze. Sie beschreiben im Grunde, welcher Teil der krisenbedingten Mehrkosten erstattungsfähig ist und welche Voraussetzungen daran geknüpft sind.
Die Mehrkosten berechnen sich nach einer Formel in der Anlage 1: Sie ergeben sich vereinfacht aus der Summe der berücksichtigungsfähigen Energiemehrkosten im Zeitraum 1. Februar 2022 bis 31. Dezember 2023. Übersteigen diese Kosten im betrachteten Monat das 1,5 fache der durchschnittlichen Kosten im Referenzmonat, dann werden diese je nach Auflage bis zur maximalen Höchstgrenze erstattet (siehe folgende Tabelle). 
Grenze 
Auflage 
bis 150 Mio. Euro
  • max. 80 % der krisenbedingten Energiemehrkosten und
  • EBITDA Entlastungszeitraum kleiner/gleich 70 % EBITDA 2021 oder EBITDA Entlastungszeitraum kleiner/gleich Null wenn EBITDA 2021 kleiner Null
ab 100 Mio. Euro
  • max. 40 % der krisenbedingten Energiemehrkosten und
  • EBITDA* Entlastungszeitraum kleiner/gleich 70 % EBITDA 2021 oder EBITDA Entlastungszeitraum kleiner/gleich Null wenn EBITDA 2021 kleiner Null
bis 50 Mio. Euro
  • max. 65 % der krisenbedingten Energiemehrkosten und
  • EBITDA Entlastungszeitraum kleiner/gleich 70 % EBITDA 2021 oder EBITDA Entlastungszeitraum kleiner/gleich Null wenn EBITDA 2021 kleiner Null
bis 4 Mio. Euro
  • max. 50 % der krisenbedingten Energiemehrkosten
bis 2 Mio. Euro
  • max. 100 % der krisenbedingten Energiemehrkosten
* EBITDA: siehe § 9 Absatz 7 StromPBG
Zur Berechnung des EBITDA soll es eine Berechnungshilfe des BMWK geben. 
ACHTUNG: Je nach der Strom- und Erdgaskostenentwicklung und dem EBITDA-Verlauf ergeben sich unternehmensindividuelle Entlastungszeiträume. Die Höchstgrenzen teilen sich verbundene Unternehmen untereinander auf.

Was muss gemeldet werden?

  • Bei einer zu erwartenden Entlastung von mehr als 2 Mio. Euro im Jahr müssen die Verbraucher (die Summe gilt einschließlich verbundener Unternehmen) gegenüber ihrem Energielieferanten und der Prüfbehörde dies mitteilen (Angaben und weitere Details siehe § 30 (2) StromPBG bzw. § 22 (2) EWPBG). Bis zum 31. Mai 2024 muss dies unter Angabe der  tatsächlichen Entlastungsbeträge noch einmal final gemeldet werden. 
  • Unternehmen, die einen Entlastungsbetrag von mehr als 150.000 Euro im Monat erhalten, müssen dies bis zum 31. März 2023 ihren Lieferanten melden. Die tatsächlich in Anspruch genommene Menge ist dann bis zum 31. Mai 2024 an den ÜNB (bei Strom) oder den Lieferanten (bei Gas) zu melden (zu Inhalten und Anforderungen der Meldung siehe § 30 (1) StromPBG und § 22 (1) EWPBG). 
  • Bei Entlastungsbeträgen von mehr als 50 Mio. Euro im Jahr müssen die Unternehmen bis zum 31. Dezember 2023 einen Energieeffizienzplan vorlegen und erklären, welche Maßnahmen sie im Rahmen des Umweltschutzes oder der Versorgungssicherheit der Letztverbraucher ergreifen (§ 30 (6) StromPBG). Nach der Wärme- und Gaspreisbremse gilt der 31. Dezember 2024 als Grenze (§ 22 (6) EWPBG).
  • Betreiber von KWK-Anlagen müssen ihren Lieferanten bis zum 1. März 2023 über mögliche Ansprüche und deren Voraussetzungen informieren (§ 10 (4) EWPBG).
  • Unternehmen, die einen Entlastungsbetrag von mehr als 100.000 Euro im Kalenderjahr 2023 in Anspruch nehmen werden, müssen dies bis zum 30. April 2024 an ihren Übertragungsnetzbetreiber melden. 

Welche weiteren Pflichten gibt es?

  • Nach § 37 Strompreisbremse müssen Unternehmen, die  Hilfen von mehr als 2 Millionen Euro (pro rechtlich selbstständigem Unternehmen) in Anspruch nehmen, einen Nachweis zum Erhalt des Standorts und von Arbeitsplätzen gegenüber einer noch zu definierenden Prüfbehörde erbringen. Sie können das über Betriebsvereinbarungen regeln oder über eine Selbsterklärung. Dies muss bis zum 15. Juli 2023 gegenüber der Prüfbehörde gemeldet werden. 
  • Bis zu 25 Millionen Euro Entlastungsbetrag dürfen Unternehmen eingeschränkt Boni und Dividenden auszahlen; zwischen 25 und 50 Millionen Euro dürfen vereinbarte Boni nicht erhöht werden. Ab 50 Millionen Euro ist die Auszahlung von Boni und Dividenden ganz verboten (§ 29a EWPBG oder § 37 StromPBG). Bei der Auszahlung von Boni gelten Opt-Out-Regelungen, d. h. verzichtet ein Unternehmen auf höhere Entlastungsbeiträge (mehr als 25 Mio. Euro) und zahlt höhere Boni aus, muss dies gegenüber der Prüfbehörde bis zum 31. März 2023 gemeldet werden. 

FAQ und weitere Hinweise

Das DIHK-Energie-Team hat im Dezember 2022 zu den Grundlagen der Preisbremsen ein Webinar durchgeführt. Die Aufzeichnung dieses Webinars finden sie hier: https://www.dihk.de/energiekrise.
Außerdem hat die DIHK die häufigsten Fragen auf ihrer Internetseite zusammengetragen.
Die Gesetzestexte finden Sie hier: 
Das BMWK informiert auf seiner Internetseite und hat dort auch zahlreiche FAQ veröffentlicht.
Die dena betreibt eine kostenfreie Hotline zur Funktions- und Wirkungsweise der Energiepreisbremsen unter der Telefonnummer 0800 78 88 900. 
Der Artikel wird fortlaufend ergänzt und überarbeitet. Er wurde mit größter Sorgfalt erstellt. Aufgrund der hohen Komplexität können sich allerdings Fehler einschleichen. Sollten Sie Fehler/Ungereimtheiten feststellen, geben Sie uns bitte einen Hinweis, damit wir dies korrigieren können. Vielen Dank!